Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260013/3/Gf/Hm

Linz, 15.06.1992

VwSen - 260013/3/Gf/Hm Linz, am 15. Juni 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Kurt Wegschaider sowie den Berichter Dr. Alfred Grof und den Beisitzer Dr. Gustav Schön als Stimmführer über die Berufungen des Dipl.Ing. S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E und Dr. F, und des Dr. H vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 10. Dezember 1991, Zl. Wa-1010-1991, zu Recht erkannt:

I. Die Berufungen werden gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Berufungswerber haben gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in I. Instanz jeweils 1.500 S und als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens jeweils 3.000 S, sohin insgesamt jeweils 4.500 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Den vorliegenden Beschwerden liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit dem auf § 138 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes, BGBl.Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 252/1990 (im folgenden: WRG) gestützten Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Februar 1991, Zl. Wa-300190/12-1991/Fo/Ga, wurde der Fa. "L M Vertriebs- und VerwertungsGmbH" (im folgenden kurz: L-GmbH) in R aufgetragen, die Ableitung der betrieblichen Abwässer aus dem Werk R, M, in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde R sofort einzustellen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Landund Forstwirtschaft vom 5. August 1991, Zl. 512.778/02-I-5/91, abgewiesen. Dieser Bescheid wurde der L-GmbH am 21. August 1991 zugestellt und ist mit diesem Tag - wobei insbesondere auch keine mit einem Antrag auf aufschiebende Wirkung verbundene Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben wurde in Rechtskraft erwachsen.

1.2. Am 16. September 1991 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. im Auftrag des Amtes der O.ö. Landesregierung ein Lokalaugenschein durchgeführt, bei dem von einem Amtssachverständigen festgestellt wurde, daß nach wie vor betriebliche Abwässer der L in die Ortskanalisation der Gemeinde R abgeleitet werden. Gleichzeitig gaben die Vertreter der L bekannt, daß als gewerberechtlicher Geschäftsführer Dipl.Ing. E bzw. als handelsrechtliche Geschäftsführer die nunmehrigen Beschwerdeführer Dr. H und Dipl.Ing. P fungieren sowie daß verantwortliche Beauftragte i.S.d. § 9 VStG nicht bestellt sind.

1.3. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 10. Dezember 1991, Zl. Wa-1010-1991, wurde über die Beschwerdeführer jeweils eine Geldstrafe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Tage) verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufene Organe der L dafür verantwortlich seien, daß am 16. September 1991 aus dem Betrieb der L in der M in R entgegen dem rechtskräftigen bescheidmäßigen Auftrag des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Februar 1991, Zl. Wa-300190/12-1991/Fo/Ga, nach wie vor Abwässer in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde R eingeleitet worden wäre, und sie dadurch den Bestimmungen des § 137 Abs. 4 lit.i i.V.m. § 138 Abs. 1 lit.a WRG zuwidergehandelt hätten.

1.4. Gegen dieses den Beschwerdeführern am 3. Jänner 1992 bzw. am 8. Jänner 1992 zugestellte Straferkenntnis richten sich die vorliegenden, am 16. Jänner 1992 bzw. am 14. Jänner 1992 - und damit jeweils rechtzeitig - zur Post gegebenen Beschwerden.

2.1. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis begründend aus, daß der Tatbestand der Verwaltungsübertretung im vorliegendenden Fall durch das Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik zweifelsfrei als erwiesen anzusehen sei und von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten werde. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschwerdeführer folge gemäß § 9 Abs. 2 VStG zum einen aus deren Funktion als handelsrechtliche Geschäftsführer der L und zum anderen daraus, daß verantwortliche Beauftragte nach den Anforderungen dieser Bestimmung nicht bestellt worden seien.

Da zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und die Beschuldigten nicht hätten glaubhaft machen können, daß sie an der Nichteinhaltung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden getroffen habe, seien diese unter Beachtung der Grundsätze des § 19 VStG - dabei insbesondere des Umstandes, daß bereits ein Sanierungsprojekt zwecks wasserrechtlicher Genehmigung eingereicht wurde, als mildernd - zu bestrafen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer Dipl.Ing. Peter Sr vor, daß nicht er, sondern Dipl.Ing. E als gemäß § 9 Abs. 2 VStG zum verantwortlichen Beauftragten bestellte Person für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die L verantwortlich sei. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde sei dessen Bestellung nämlich nicht schon allein deshalb als unwirksam anzusehen, weil dieser darin nicht auch ausdrücklich auf die strafrechtliche Verantwortung für die Nichteinhaltung von allen den Betrieb betreffenden Vorschriften hingewiesen worden sei. Dies deshalb, weil Dipl.Ing. Fmit Punkt 7 der von ihm unterzeichneten Stellenbeschreibung nämlich ausdrücklich dazu verhalten worden sei, "fachspezifische, gewerberechtliche Vorschriften zu beachten und in allen Angelegenheiten des Betriebes den Fachvorgesetzten zu vertreten". Allein schon aus dem Wortsinn gehe damit die beabsichtigte Bestellung gemäß § 9 Abs. 2 VStG hervor. Dies werde weiters dadurch erhärtet, daß der Beschwerdeführer seinen tatsächlichen Dienstort in E habe und schon deshalb die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten unumgänglich scheine. Ein persönliches Verschulden treffe den Beschwerdeführer jedenfalls schon deshalb nicht, weil er Herrn Dipl.Ing. F laufend zur Berichtslegung aufgefordert habe. Zudem sei zu berücksichtigen, daß die lückenlose Einhaltung des Verbotes der Einleitung der Abwässer in die Ortskanalisationsanlage unausweichlich die Stillegung der Betriebsanlage nach sich gezogen hätte und der L diese Maßnahme daher nicht zumutbar gewesen wäre.

Aus diesen Gründen wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen bzw. die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

2.3. Der Beschwerdeführer Dr. H bringt gegen das angefochtene Straferkenntnis ebenfalls mit im wesentlichen inhaltsgleicher Begründung vor, daß nicht er, sondern der gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellte Dipl.Ing. E für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich war.

Aus diesen Gründen wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen bzw. die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. zu Zl. Wa-1010-1991; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit den vorliegenden Beschwerden bloß eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs. 4 lit.i i.V.m. § 138 Abs. 1 lit.a WRG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 250.000 S zu bestrafen, der einem ihm erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nicht nachkommt.

Gemäß § 9 Abs. 1 und 2 VStG sind für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen die zur Vertretung nach außen Berufenen strafrechtlich verantwortlich; diese sind wiederum berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen bzw. für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen. Verantwortlicher Beauftragter kann gemäß § 9 Abs. 4 jedoch nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

4.2. Die im Verwaltungsakt erliegende und auch mit den Beschwerden vorgelegte Stellenbeschreibung für Dipl.Ing. E, von diesem und anderen Personen - darunter der Beschwerdeführer Dr. H - unterzeichnet am 18. Mai 1987 bzw. am 29. Juli 1987, regelt in ihrem Abschnitt D unter der Überschrift "Bereich Personal-, Versicherungs- und Rechtsangelegenheiten" u.a.:

"Allfällige rechtliche Agenden sind vom Stelleninhaber soweit als möglich - wahrzunehmen; Angelegenheiten, die über eine routinemäßige Erledigung hinausgehen, bedürfen der Klärung im Zusammenwirken mit dem Fachvorgesetzten und bei Notwendigkeit durch diesen mit dem Leiter des zuständigen Verbandsressorts 'Rechtsangelegenheiten'." und in ihrem Abschnitt F unter der Überschrift "Einschlägige Obliegenheiten" u.a.:

"Der Stelleninhaber ist gehalten - fachspezifische, gewerberechtliche Vorschriften zu beachten, - Vorsorge zu treffen, daß die vom Werk erzeugten Produkte den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprechen, - die Einhaltung der einschlägigen preisrechtlichen Bestimmungen sowie der Kennzeichnungsverordnung sicherzustellen, - die einschlägigen arbeitsrechtlichen (kollektivvertraglichen) Bestimmungen laufend zu überprüfen, - die Verantwortung für die Einhaltung der Eichvorschriften, insbesondere hinsichtlich der im Werk vorhandenen Hohlmaße, Waagen, Gewichte und sonstigen Maßeinheiten, zu übernehmen, - die Preisfestsetzungen der Sparte und des Verbandes zu beachten." Soweit in dieser Vereinbarung überhaupt eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG erblickt werden kann - nämlich (lediglich) hinsichtlich der Regelung in Abschnitt F der Stellenbeschreibung, wobei den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang zuzugestehen ist, daß es nicht darauf ankommt, daß der Beauftragte hiebei auch ausdrücklich auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit hingewiesen wird; hingegen entspricht die Vereinbarung in Abschnitt D nicht dem in § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG normierten Erfordernis nach einem sachlich abgrenzten Verantwortungsbereich -, erfolgte diese doch der Bestimmung des § 9 Abs. 4 VStG entsprechend lediglich für einen "klar abgegrenzten Bereich", der allerdings die Belange des im vorliegenden Fall allein in Rede stehenden WRG nicht umfaßt. Es ist somit davon auszugehen, daß insoweit eine Bestellung eines verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen nicht vorliegt. Damit kommt aber für den vorliegenden Fall die Anordnung des § 9 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen die zur Vertretung nach außen Berufenen, also die beiden Beschwerdeführer als handelsrechtliche Geschäftsführer der L, verantwortlich sind.

Die belangte Behörde hat daher das angefochtene Straferkenntnis nicht dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet, daß es gegen die falschen Personen als Beschuldigte gerichtet war.

4.3. Die Tatbestandsmäßigkeit i.S.d. § 137 Abs. 4 lit.i i.V.m. § 138 Abs. 1 lit.a WRG ist durch das Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik erwiesen und wird von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, die Tat sei deshalb als entschuldigt anzusehen, weil eine unmittelbare Entsprechung des behördlichen Auftrages unweigerlich die Stillegung des Betriebes zur Folge gehabt hätte, diese Konsequenz aber unverhältnismäßig erscheine und ihnen daher auch unzumutbar gewesen wäre, ist festzustellen, daß die L bereits mit Schreiben des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. August 1990, Zl. Wa-300190/2-1990/Fo/Ga, aufgefordert wurde, unter Vorlage eines dem Stand der Technik entsprechenden Einreichprojektes um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Einleitung der betrieblichen Abwässer in die Ortskanalisation der Gemeinde R anzusuchen; tatsächlich wurde diesem Auftrag jedoch erst am 8. Oktober 1991, also nach Rechtskraft der oben unter 1.1. angeführten bescheidmäßigen Vorschreibung und nach Durchführung des Lokalaugenscheines durch die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I., entsprochen. Die von den Beschwerdeführern geltendgemachte Notlage war daher als selbstverschuldet anzusehen, sodaß ihnen ein schuldausschließender Notstand i.S.d. § 6 VStG nicht zugebilligt werden konnte.

4.4. Wenn die belangte Behörde diesen Umstand aber im Zuge der Strafbemessung gemäß § 34 Z. 11 StGB ohnehin berücksichtigt hat und weiters unter Beachtung der durch § 19 VStG vorgegebenen Grundsätze eine Geldstrafe verhängt hat, die ohnedies weniger als 10% des gesetzlichen Strafrahmens beträgt, so kann ihr darin vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht entgegengetreten werden. In diesem Zusammenhang kann auch nicht gefunden werden, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht entsprechend berücksichtigt worden wären, blieben doch die von der Behörde angenommenen Umstände (insbesondere Nettoeinkommen jeweils 30.000 S; vgl. die Aufforderungen der BH Ried i.I. vom 19. September 1991, Zlen. Wa- 1010-1991 und Wa-1010-1991+1) während des gesamten ordentlichen Verfahrens unbestritten und wird auch mit den vorliegenden Beschwerden lediglich unsubstantiiert vorgebracht, daß die Geldstrafe als zu hoch erscheine.

4.5. Aus allen diesen Gründen waren daher die vorliegenden Beschwerden gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war den Beschwerdeführern gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG jeweils ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 1.500 S, und zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 3.000 S, sohin insgesamt in Höhe von jeweils 4.500 S, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 15. Juni 1992 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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