Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-260034/2/Gf/Hm

Linz, 06.08.1992

VwSen-260034/2/Gf/Hm Linz, am 6. August 1992

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung der Karin S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 17. Juni 1992, Zl. WA/1054-3/1991-Gi, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 17. Juni 1992, Zl. Wa/1054-3/1991-Gi, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von jeweils 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 24 Stunden) verhängt, weil sie es am 16. Mai 1991 als verantwortliche Person unterlassen habe, nach dem Abfließen von Kartoffelwaschwasser in einen Regenwasserkanal unverzüglich Maßnahmen zur Vermeidung einer Verunreinigung zu treffen und den Bürgermeister oder die nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen, obwohl sie von der Gefahr einer Gewässerverunreinigung durch das mit verfaulten organischen Inhaltsstof- fen belastete Abwasser Kenntnis gehabt habe; dadurch habe sie eine Übertretung des § 137 Abs. 2 lit. f des Wasserrechtsgeset- zes, BGBl.Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 252/1990 (im folgenden: WRG) begangen, weshalb die Beschwerdeführerin zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 23. Juni 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. Juli 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß das Ermittlungsverfahren ergeben habe, daß die schwimmgesteuerte Pumpe am 16. Mai 1991 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin durch Kartoffeln verstopft worden sei, wodurch sich der Schieber des Kartoffellagerbeckens in der Pommes-Frites-Erzeugung ihres Vaters geöffnet habe, sodaß etwa 5 Kubikmeter Abwasser ausgeflossen und zum Teil über einen Regenwasserkanal und ein unbenanntes Gerinne in den Werksbach der Klingermühle gelangt seien. Obwohl die Beschwerdeführerin diesen Vorfall mitangesehen haben mußte, habe sie weder die zu einer Vermeidung der Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen ergriffen noch den Bürgermeister oder den nächstgelegenen Gendarmeriedienstposten verständigt. Ein aufgrund entnommener Gewässerpr- oben erstelltes Gutachten der Abteilung Gewässerschutz des Amtes der O.ö. Landesregierung habe schließlich gezeigt, daß das unbe- nannte Gerinne und der Werksbach massiv durch verfaulte organi- sche Stoffe verunreinigt gewesen sei.

Da die Beschwerdeführerin die erforderlichen Maßnahmen leicht vorsätzlich unterlassen habe, sei unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, daß der Spruch des Straferkenntnisses nicht ausreichend bestimmt sei. Außerdem sei die Beschwerdeführerin nicht Inhaberin der Anlage i.S.d. § 31 Abs. 1 WRG. Schließlich sei es auch unzutreffend, daß sie die Verunreinigungen gesehen hätte, weil die diesbezüglich in der Niederschrift enthaltenen Angaben unrichtig seien.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zl. Wa/1054-3/1991; da bereits aus diesem hervorging, daß das angefochtene Straferkennt- nis aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 1 VStG von der Durch- führung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen wer- den.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs. 2 lit. f i.V.m. § 31 Abs. 1 und 2 WRG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der als Anlageninhaber oder zur Setzung von Maßnahmen oder Unterlassungen Verpflichteter im Falle der Gefahr für eine Gewässerverunreinigung nicht die erfor- derlichen Maßnahmen trifft und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr in Verzug den Bürgermeister oder die nächste Sicher- heitsdienststelle, verständigt.

Im übrigen muß der Tatvorwurf im Spruch des Straferkenntnisses in einer dem § 44a VStG entsprechenden Weise konkretisiert sein.

4.2. Diesem letzteren Erfordernis entspricht das angefochtene Straferkenntnis im Lichte der - ho. zwar nicht geteilten, weil im Vergleich zur ordentlichen Strafgerichtsbarkeit weit überzoge- nen, aus Zweckmäßigkeitsgründen aber dennoch zu befolgenden - hiezu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. jüngst VwGH v. 10.6.1992, Zl. 92/04/0055) nicht. Zum einen fehlt nämlich im Spruch, der sich auf die Zitierung der Sanktionsnorm beschränkt, die Anführung jener Rechtsvorschrift, die das gesetz- liche Verbot enthält, dessen Übertretung dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wird. Aber auch mit einer bloßen Zitierung des § 31 Abs. 1 und 2 WRG wäre dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG noch nicht entsprochen, weil dieses nach der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fordert, daß bereits im Spruch jene Tatumstände angeführt werden, die die jeweilige Zuordnung des Tatverhaltens zu den einzelnen im Gesetz normier- ten Tatbestandsmerkmalen ermöglichen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet sich unter dem Aspekt, daß dem Beschwerdeführer anson- sten die Möglichkeit genommen würde, sich auch bereits im Verfah- ren vor der belangten Behörde im Hinblick auf den konkreten Tat- vorwurf ausreichend zu verteidigen, nicht für befugt, derartige wie die aufgezeigten Mängel des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses zu sanieren, würde der Beschwerdeführer doch durch die solcherart resultierende faktische Übergehung einer Instanz in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt (vgl. z.B. VfGH v. 1.10.1991, B 976/90; VwSen-200022 v. 18.5.1992).

4.3. Schon aus diesem Grund war daher das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG aufzuheben; ob das Strafverfahren fortzuführen oder im Hinblick auf eine allenfalls eingetretene Verfolgungsverjährung einzustellen ist, hat die belangte Behörde hingegen aus eigenem zu beurteilen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfah- rens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum