Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-260048/2/Gf/La

Linz, 17.11.1993

VwSen-260048/2/Gf/La Linz, am 17. November 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Ing. G M, vertreten durch die RAe Dr. H E und Dr. T W, vom 16. Dezember 1992 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 20.

November 1992, Zl. Wa96/96/1992, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG. Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 20. November 1992, Zl. 96/96/1992, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Stunden) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer GmbH zu vertreten habe, daß am 4. März 1992 aus der Betriebsanlage dieser GmbH eine konsenslose Ableitung von Tensiden und Blei in den Weißenbach vorgenommen worden sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 2. Dezember 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16.

Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde ua. begründend aus, daß ihr der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 6. Juni 1992 als verantwortlicher Beauftragter bekanntgegeben worden sei und ihn daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit treffe.

2.2. Der Rechtsmittelwerber bestreitet dagegen in seiner Berufung - erstmals - sowohl den Tatvorwurf als auch sein Verschulden und beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Zl.

Wa96/96/1992; da aus diesem bereits hervorging, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Bei einer am 4. März 1992 von Sachverständigen des Amtes der Oö.

Landesregierung durchgeführten stichprobenartigen Überprüfung des Kläranlagenablaufes der Betriebsanlage der GmbH wurde festgestellt, daß hinsichtlich der Tenside eine Ableitung von 1,5 mg/l vorgenommen wurde, obwohl hiefür im Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Juni 1989, Zl. Wa-2543/31989/Spi/Wab, eine Obergrenze von 1,0 mg/l festgelegt ist; außerdem wurde eine konsenslose Ableitung von Blei im Ausmaß von 0,22 mg/l festgestellt.

Auf eine entsprechende Anfrage der belangten Behörde vom 1. Juni 1992, Zl. Wa9600/Schw, hin wurde mit Schreiben der GmbH vom 6.

Juni 1992 bekanntgegeben, daß der Rechtsmittelwerber für die ihm zur Last gelegte Übertretung "damals verantwortlich war. Ing.

Mader hat seiner Bestellung zum Verantwortlichen zugestimmt und ist auch ein tauglicher Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG".

Ein sonstiger Bestellungsnachweis ist im Akt nicht enthalten. Der Rechtsmittelwerber fungiert(e) bei der verfahrensgegenständlichen GmbH als Prokurist.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Nach § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten zu bestellen. Verantwortlicher Beauftragter kann gemäß § 9 Abs. 4 VStG jedoch nur eine Person sein, die ua. ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat.

Seit dem Erkenntnis VwSlg 12375 A/1987 vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß der verantwortliche Beauftragte erst ab dem Zeitpunkt seiner nachweislichen Zustimmung an die Stelle des sonst Verantwortlichen tritt, wobei dieser Nachweis durch ein Beweisergebnis zu erbringen ist, das schon vor der Begehung der Tat, etwa in Form einer Urkunde oder einer Zeugenaussage, vorhanden war. Die Auslegung, wonach die Zustimmung schon vor der Tat belegbar erteilt und nicht bloß im nachhinein bewiesen worden sein muß, ergibt sich im Interesse der Rechtsstaatlichkeit und zum Schutz des verantwortlichen Beauftragten (vgl. dazu näher VwGH v. 12. Dezember 1991, Zl.

91/06/0084).

4.2. Im angefochtenen Straferkenntnis wird lediglich auf die oben unter 3. angeführte Mitteilung der GmbH vom 6. Juni 1992 hingewiesen. Darin wird jedoch - was die belangte Behörde offensichtlich verkannt hat - der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter bloß namhaft gemacht, nicht jedoch zu einem solchen bestellt (wobei eine derartige, nach dem Tatzeitpunkt gelegene Bestellung ohnedies unwirksam gewesen wäre), weil eine eigenständige Zustimmung des zum verantwortlichen Beauftragten in Aussicht genommenen Rechtsmittelwerbers in dieser Mitteilung nicht zum Ausdruck kommt (vgl. dazu auch VwSen-260070 vom 5. Oktober 1993).

Ein den durch die dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes präzisierten Anforderungen des § 9 VStG genügender Zustimmungsnachweis des Rechtsmittelwerbers liegt sohin nicht vor.

Als Prokurist ist dieser aber auch nicht unmittelbar als eine zur Vertretung der GmbH nach außen berufene Person anzusehen (vgl. die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 755 f).

Die belangte Behörde durfte daher bei dieser Sachlage den Rechtsmittelwerber nicht als verantwortlichen Beauftragten behandeln, sondern hätte ohne geeigneten Zustimmungsnachweis davon ausgehen müssen, daß im gegenständlichen Fall die zur Vertretung nach außen berufenen Geschäftsführer der GmbH für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich sind.

4.3. Aus diesen Gründen war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Strafer kenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum