Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260070/2/Wei/Shn

Linz, 05.10.1993

VwSen - 260070/2/Wei/Shn Linz, am 5.Oktober 1993 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Ing. G gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn, Wa96/115/1993/Sch, vom 26. April 1993 wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs.3 lit.g) des Wasserrechtsgesetzes 1959 (BGBl.Nr.215/1959 idF BGBl.Nr.252/1990; im folgenden nur WRG 1959) zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG 1991 eingestellt.

II: Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt die Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber sinngemäß vorgeworfen, daß ihn als verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 VStG 1991 die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für konsenswidrige (entgegen dem Bescheid des Amtes der Landesregierung - richtig: des Landeshauptmannes von vom 2. Juni 1989, Wa-2543/3-1989/Spi/Wab) Ableitungen in den Weißenbach durch die C treffe.

Am 15. Oktober 1992 habe man bei einer Überprüfung der Abwasserbeseitigung festgestellt, daß im Ablauf der Kläranlage der CSB-Wert 110 mg/l, der BSB5-Wert 26 mg/l und der Wert hinsichtlich der Tenside gesamt 2,2 mg/l betrug, während in der wasserrechtlichen Bewilligung der CSB-Wert mit maximal 75 mg/l im 24-Stundenmittel, der BSB5-Wert mit maximal 20 mg/l im 24-Stundenmittel und der Wert hinsichtlich der Tenside gesamt mit maximal 1,0 mg/l im Ablauf der Kläranlage festgesetzt worden sei. Im Teilstrom der betrieblichen Abwässer nach der Sandfiltration für die Waschwässer hätte der Fluorid-Wert maximal 1,0 mg/l betragen dürfen. Tatsächlich sei ein Fluorid-Wert von 1,3 mg/l festgestellt worden. Darüber hinaus hätte eine konsenslose Ableitung von Blei nachgewiesen werden können (nähere Angaben über Bezugnahme auf die wasserrechtliche Bewilligung fehlen). Der Bleigehalt im untersuchten Sediment habe im Gegensatz zu ca 40 mg Pb/kg TS Sediment an einer Stelle oberhalb des Ablaufes der Kläranlage an einer Stelle unterhalb des Ablaufes der Kläranlage 794 mg Pb/kg TS betragen. Durch die Einleitung dieser betrieblichen Abwässer in den Weißenbach sei über die bestehende wasserrechtliche Bewilligung hinaus eine Einwirkung auf ein Gewässer vorgenommen worden.

Immer noch im Spruch führt die belangte Behörde wörtlich aus:

"Da Sie von der Firma C, bereits in drei früheren ähnlich gelagerten Verwaltungsstrafverfahren als verantwortlicher Beauftragter bekanntgegeben worden sind, trifft Sie demnach iSd § 9 VStG 1991 die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit." Die belangte Behörde erachtete den § 32 Abs.1 und 2 lit.a) WRG 1959 iVm dem erwähnten wasserrechtlichen Bescheid und § 9 VStG 1991 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte gemäß § 137 Abs.3 lit.g) WRG 1959 eine Geldstrafe von S 10.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden.

1.2. Begründend führt die belangte Strafbehörde aus, daß die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung durch die Anzeige des Amtes der Landesregierung, Wa-100176/67-1993/Spi/Wab, vom 13. Jänner 1993, als erwiesen anzusehen sei. Der am 4. Februar 1993 zugegangenen Aufforderung zur Rechtfertigung sei der Berufungswerber nicht nachgekommen, obwohl seinem Rechtsvertreter am 4. März 1993 beim Stadtamt Mattighofen Akteneinsicht gewährt worden sei.

Das Nichteinlangen einer Stellungnahme wertete die Behörde gemäß § 45 Abs.2 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991 als Beweis dafür, daß der Beschuldigte der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nichts entgegenzuhalten hätte. Für die belangte Behörde hätte kein Grund bestanden an den Angaben in der erwähnten Anzeige zu zweifeln.

Bei der Strafzumessung habe die belangte Behörde auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht genommen. Sie ging von einem monatlichen Einkommen von S 38.000,-- und Sorgepflichten für die Gattin und zwei Kindern sowie einem Vermögen im Wert von einer Million Schilling aus. Das verhängte Strafausmaß bewege sich beim vorgegebenen Strafrahmen ohnehin im untersten Bereich und erscheine dem Unrechtsgehalt der Übertretung angepaßt und schuldangemessen. Eine geringere Strafe wäre aus generalpräventiven Erwägungen nicht möglich gewesen.

2.1. Gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn hat der Berufungswerber durch seine Rechtsvertreter rechtzeitig die Berufung vom 13. Mai 1993 samt Beilagen bei der Erstbehörde eingebracht, in der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2.2. In der Begründung weist die Berufung zunächst darauf hin, daß bereits in anderen Verfahren gleichartige Tatvorwürfe von der Verwaltungsstrafbehörde erhoben worden seien. In diesen Verfahren habe der Berufungswerber umfassende Rechtfertigungen erstattet. Es sei daher nicht nachvollziehbar, daß die Bezirkshauptmannschaft Braunau angenommen hat, der Berufungswerber hätte den Tatvorwürfen nichts entgegenzuhalten. In allen bisherigen Verfahren seien Analyseergebnisse vorgelegt worden, die mit den amtlichen Meßergebnissen völlig in Widerspruch stehen. Die belangte Behörde habe es bislang verabsäumt, dazu Stellung zu nehmen bzw ein Gutachten einzuholen. Die bereits in großer Zahl vorgelegten Analyseergebnisse des Sachverständigen Dr. B hätten keine Überschreitungen des wasserrechtlichen Konsenses ergeben, weshalb die belangte Behörde schon von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre, die Haltbarkeit der Tatvorwürfe zu überprüfen.

Der Berufungsschrift wurde eine gutachtliche Stellungnahme zur Kläranlagensituation der Firma C.J. R vom 29. März 1993 des Dipl.Ing. A beigelegt, in dem ausgeführt wird, daß die wasserrechtlich bewilligte biologische Kläranlage laufend von der Firma Purator (Umwelttechnik Ges.m.b.H.) gewartet worden und die gezogenen Proben im Labor des Dr. Begert, Zivilingenieur für technische Chemie und gerichtlich beeideter Sachverständiger, analysiert worden seien. Die untersuchten Proben hätten dabei durchwegs Meßwerte ergeben, die im Rahmen der wasserrechtlichen Bewilligung lagen. Aus den mit der Berufung vorgelegten Überprüfungsberichten des Zivilingenieurs Dr. B, gerichtlich beeideter Sachverständiger für technische Chemie, ergibt sich, daß am 16. Mai 1990, am 12. Juli 1990, am 29. August 1991, am 12. November 1991, am 4. Februar 1992, am 23. März 1992, am 28. April 1992, am 26. Mai 1992, am 14. August 1992, am 9. September 1992 und am 15. Februar 1993 jeweils Proben entnommen wurden, die vom genannten Sachverständigen untersucht worden sind.

Mit der Berufung wird auch der neueste klärtechnische Inspektionsbericht der Firma Purator Umwelttechnik Ges.m.b.H. vom 4. Mai 1993 in Kopie vorgelegt, der als Überprüfungsbericht Nr. 5 betreffend die Anlage in Schneegattern der Firma R Überprüfungsdatum 23. März 1993, gekennzeichnet worden ist. Nach dem Berufungsvorbringen soll anläßlich der Überprüfung der Anlage am 23. März 1993 eine Probe gezogen worden sein, die in weiterer Folge von dem Sachverständigen Dr. Begert analysiert worden ist. Dem ebenfalls beiliegenden Schreiben vom 23. April 1993 des Zivilingenieurs Dr. B an die Firma P Umwelttechnik Ges.m.b.H. sind diesbezüglich die Analysewerte zu entnehmen, wobei hinsichtlich der von der belangten Behörde angesprochenen Parameter keine konsenswidrigen Werte feststellbar sind.

Lediglich die absetzbaren Stoffe im Ablauf der Kläranlage überschreiten mit 0,8 mg/l den bewilligten Grenzwert von 0,3 mg/l und die gesamten ungelösten Stoffe im Teilstrom der betrieblichen Abwässer nach Sandfiltration der Waschwässer überschreiten mit 360 mg/l den Grenzwert von 30 mg/l. Dieser Umstand kommt auch im erwähnten Inspektionsbericht der Purator Umwelttechnik Ges.m.b.H. auf Seite 3 unter dem Titel "Gesamtbeurteilung der Anlage" zum Ausdruck.

2.3. Der Sachverständige Dr. Begert führt in seiner Stellungnahme vom 29. März 1993 an, daß am 12. November 1991 ein Lokalaugenschein in Anwesenheit von Vertretern des Amtes der Landesregierung, der Firma Purator und der Firma C.J. R stattgefunden hätte, um Diskrepanzen bei früheren Probeanalysen zu klären. Es sei beschlossen worden, eine parallele Probenahme durchzuführen. Eine Probe habe der Sachverständige in seinem Labor zu Protokoll - Nr.: W 243-30/91 vom 20. November 1991 analysiert und dabei einen CSB-Wert von 43 mg/l und einen BSB5-Wert von 18 mg/l festgestellt. Das Amt der Landesregierung habe die Meßdaten zunächst nicht bekanntgegeben, obwohl vereinbart gewesen wäre, daß bei einem unterschiedlichen Meßergebnis eine neuerliche Diskussion durchgeführt hätte werden sollen. Vielmehr habe das Amt der Landesregierung mit Schreiben (Bescheid) vom 29. Jänner 1992 zu Wa-100176/48-1992 der Firma C.J. R das Wasserrecht entzogen, was mit dem Ergebnis der Analyse der Probe vom 12. November 1991 begründet worden sei. Zu dem im Anhang des Gutachtens beigelegten Analyseergebnis vom 12. Dezember 1991 sowie der Stellungnahme von Dipl.Ing. G vom 21. Jänner 1992, die drastisch von der Analyse der Parallelprobe abweichen, nimmt Dr. Begert sehr kritisch Stellung. Das Meßprotokoll zeige deutlich, daß bei der Untersuchung keinerlei Sorgfalt angewendet worden sei. Die im maschingeschriebenen Protokoll ausgewiesenen Werte für den BSB5-Gehalt von 440 mg/l und für den CSB von 199 mg/l seien nicht möglich, da der BSB5-Wert nie größer als der CSB sein könne. Dies sei dann auch offensichtlich jemandem aufgefallen, da der BSB5-Wert kommentarlos handschriftlich durchgestrichen und mit 90 mg/l angegeben wurde. Da die Probe vom 12. November 1991 nach dem Analyseprotokoll erst am 21. November 1991 zur Analyse einlangte, lasse dieser lange Zeitraum vermuten, daß die Probe bereits sehr stark angefault und es zu Zurücklösungen aus dem Belebtschlamm gekommen war, wodurch das Untersuchungsergebnis wertlos sei. Daß ein derartiges Analyseergebnis Basis für die Entziehung eines Wasserrechtes sein kann, empfindet der Sachverständige als einen Skandal. Dazu kommt noch, daß der Sachverständige Dr. Begert bei der Parallelprobe ein vollkommen unterschiedliches Analyseergebnis erhalten habe.

Im gegebenen Zusammenhang berichtet Dr. Begert dann, daß Hauptursache für die unterschiedlichen Analysenwerte meist die Tatsache sei, daß bei der Probenahme vom Ablauf der Kläranlage Schwimmschlamm mitgenommen werde. Im Nachklärbecken komme es nämlich relativ leicht zu Denitrifikationsvorgängen, was zum Aufschwimmen von Belebtschlamm führe. Wird eine Probe mit diesem Belebtschlamm homogenisiert und analysiert, dann bekomme man für die Beurteilung der Kläranlage ein vollkommen falsches Ergebnis. Die ÖNORM B 2502 "Kleinkläranlagen" fordere daher auch immer eine Untersuchung der abgesetzten Probe, um eine richtige Beurteilung zu ermöglichen.

2.4. Zum Fluoridwert im Teilstrom der betrieblichen Abwässer nach der Sandfiltration für die Waschwässer führt die Berufung aus, daß der Grenzwert im wasserrechtlichen Bewillungsbescheid im Hinblick darauf festgelegt worden wäre, weil in der Säurepolitur mit Flußsäure gearbeitet worden wäre, wobei im Zuge dieser Arbeit verschiedene Fluorkomplexe entstanden, die theoretisch in den Vorfluter hätten gelangen können. Seit März 1992 sei die Säurepolitur in Schneegattern geschlossen. Sämtliche Vorräte an Flußsäure hätte man nach Kufstein gebracht und die restlichen mit Fluor verunreinigten Abfälle bzw Waschwässer der Sondermüllentsorgung zugeführt. Die Auflassung der Säurepolitur sei der Bezirkshauptmannschaft Braunau angezeigt worden. Ein Amtssachverständiger habe sich von der ordnungsgemäßen Entsorgung überzeugt und alles in Ordnung befunden.

Im gesamten Betriebsbereich werde nicht mehr mit Fluor oder mit Fluorverbindungen gearbeitet. Der beprobte Abwasserstrom setze sich aus dem Abwasser zweier Handwaschbecken und den Schleifabwässern der Mundrandverarbeitung zusammen. An keiner dieser Stellen könne es zum Eintrag von Fluor kommen. Sieben Monate nach Einstellung der Säurepolitur könnten die überhöhten Fluorwerte auch nicht mit dem früheren Bereich der Säurepolitur im Zusammenhang stehen.

Der Bleigehalt im Teilstrom der betrieblichen Abwässer nach der Sandfiltration für die Waschwässer wurde nach der wasserrechtlichen Bewilligung mit maximal 0,5 mg/l festgelegt. Unabhängig von der Frage, ob die Sedimentproben richtig analysiert worden sind, habe der Wasserrechtsbescheid jedenfalls keine Grenzwerte für die Trockensubstanz von Sedimenten festgelegt. Es sei aber nicht möglich, daß der Bleigehalt im Bachsediment durch Ableitungen der Firma Riedel zustandegekommen wäre. Die Analyse des Dr. B vom 23. April 1993 betreffend den Bleigehalt im Teilstrom zeige, daß der Bleiwert wesentlich unter dem bescheidmäßig festgelegten Maximalwert liegt. Der der Berufung beiliegende Bericht von Dr. B vom 25. März 1993 betreffend die Untersuchung von Bachsedimentproben (3 Bodenproben aus dem Weißenbach, die am 15. Februar 1993 durch einen Mitarbeiter eines Sachverständigen entnommen worden sind) weist für den Bleigehalt Werte von 0,01 bis 0,1 mg/l aus.

2.5. Die Berufung bestreitet auch in objektiver Hinsicht, daß iSd § 137 Abs.3 lit.g) WRG 1959 eine Einwirkung auf Gewässer vorgenommen worden ist. Überdies wird unter dem Aspekt der subjektiven Tatseite (hilfsweise) bestritten, daß die Verletzung der Verwaltungsvorschrift verschuldet worden ist. Aufgrund der dargelegten Umstände sei iSd § 5 Abs.1 VStG glaubhaft, daß den Berufungswerber an der Verletzung der angelasteten Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Im Auflagepunkt 22 der wasserrechtlichen Bewilligung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Juni 1989 wurde die Konsenswerberin nur verpflichtet, einmal jährlich von einer unabhängigen und befugten Stelle vom Ablauf der Kläranlage sowie vom Ablauf der Sandfiltration eine Probe zu ziehen und eine Analyse vorzunehmen. Mit der laufenden Funktionsüberwachung sei die Firma P, Umwelttechnik Ges.m.b.H., M, beauftragt worden, wobei nicht nur einmal jährlich eine Probe gezogen und analysiert worden ist. Auf die Richtigkeit der vom gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. B, einem anerkannten Fachmann auf diesem Gebiet, vorgenommenen Analysen, habe man sich verlassen dürfen. Den Auflagepunkt 22 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides habe man sogar übererfüllt. Es sei nicht möglich, die Einhaltung des eingeräumten Maßes der Wasserbenutzung ständig zu überprüfen, weil hiefür hochtechnische Laboratorien nötig wären, über die kein derartiger Betrieb verfüge. Es sei zulässig, einen Ziviltechniker in regelmäßigen Abständen mit der Auswertung von Proben zu beauftragen. Dazu komme noch, daß das Amt der Landesregierung im Schreiben vom 22. Oktober 1990 mitgeteilt hat, daß die Grenzwerte eingehalten werden. Weitere Überwachungsmaßnahmen wären unter diesen Umständen weder zumutbar noch nötig gewesen. Ein Verschulden an der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei daher nicht gegeben.

2.6. Zur Strafbemessung führt die Berufung vollständigkeitshalber aus, daß das Verschulden an der in Abrede gestellten Übertretung jedenfalls sehr gering wäre, weshalb die verhängte Strafe auch zu hoch ausgefallen sei.

3.1. Die belangte Strafbehörde hat dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Berufung samt den Strafakten vorgelegt, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen. Auch eine Gegenäußerung wurde nicht erstattet.

3.2. Für den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich war bereits nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Wa 96/115/1993/Sch ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist. Gemäß § 51e Abs.1 VStG konnte daher von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs.3 lit.g) WRG 1959 idF BGBl.Nr.252/1990 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach Abs.4 oder Abs.5 einer strengeren Strafe unterliegt, wer ohne die gemäß § 32 Abs.1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Das Maß der wasserrechtlich bewilligten Ableitung der anfallenden Abwässer in den Weißenbach ergibt sich aus dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Juni 1989, Wa-2543/3-1989/Spi/Wab. Zum Begriff der Beeinträchtigung der Beschaffenheit von Gewässern verweist der § 32 Abs.1 WRG 1959 auf den Begriff der Reinhaltung nach § 30 Abs.2 WRG 1959. Gleichzeitig ordnet das Gesetz jedoch einschränkend an, daß bloß geringfügige Einwirkungen - bis zum Beweis des Gegenteils - nicht als Beeinträchtigung gelten.

Die belangte Behörde geht aufgrund des von ihr zugrundegelegten Sachverhalts davon aus, daß § 32 Abs.1 und 2 lit.a) WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschrift in Betracht kommt. Dies ist unrichtig, zumal seit der Wasserrechtsnovelle 1990 (BGBl.Nr.252/1990) der § 137 WRG 1959 völlig neu gefaßt und das bisherige Konzept der Blankettstrafnormen weitgehend verlassen wurde. Die gegenständlich relevanten Verwaltungsübertretungen ergeben sich unmittelbar aus § 137 Abs.3 lit.g) WRG 1959, der insofern zwei Fälle der verbotenen Einwirkung auf Gewässer unterscheidet, und zwar zum einen die ohne die gemäß § 32 Abs.1 und 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung und zum anderen die entgegen einer wasserrechtlichen Bewilligung vorgenommene Einwirkung. Obwohl die belangte Behörde erkennbar in ihrer Sachverhaltsdarstellung davon ausgeht, daß über die bestehende wasserrechtliche Bewilligung hinaus bzw entgegen dieser Einwirkungen vorgenommen worden seien, nimmt der Spruch des Straferkenntnisses auf § 32 Abs.2 lit.a) WRG 1959 Bezug, der aber nur einen Fall der bewilligungslosen Einwirkung und damit den ersten Deliktsfall des § 137 Abs.3 lit.g) betrifft. Richtigerweise hätte die Strafbehörde den zweiten Deliktsfall des § 137 Abs.3 lit.g) WRG 1959 annehmen und auch im Spruch unmißverständlich zum Ausdruck bringen müssen. Dabei ergibt sich im Zusammenhang mit § 32 Abs.2 lit.e) WRG 1959, daß die Überschreitung der bescheidmäßig festgelegten Grenzwerte auf eine erhebliche Änderung von Menge oder Beschaffenheit der bewilligten Einwirkung hinauslaufen muß. Eine bloß geringfügige Überschreitung hat ebenso wie eine geringfügige Einwirkung iSd § 32 Abs.1 WRG 1959 grundsätzlich nicht als Beeinträchtigung der Wassergüte zu gelten. Dies ergibt eine Wertungswidersprüche zwischen den beiden Deliktsfällen des § 137 Abs.3 lit.g) WRG 1959 vermeidende Auslegung vor dem Hintergrund der durch § 32 WRG 1959 vorgesehenen Erheblichkeitsschwelle. Dabei ist die Frage der geringfügigen Einwirkung immer relativ im Verhältnis zur tatsächlich vorhandenen Wassergüte zu sehen.

4.2. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird nicht berücksichtigt, daß nach der wasserrechtlichen Bewilligung vom 2. Juni 1989 das qualitative Maß der Wasserbenutzung im Ablauf der Kläranlage für die organischen Summenparameter BSB5 und CSB mit maximal 20 mg/l bzw 75 mg/l im 24-Stundenmittel festgelegt wurde. Eine Überschreitung dieser Grenzwerte kann nur durch eine entsprechende Meßtechnik bewiesen werden. Eine einzige Stichprobe kann dafür nicht genügen.

Da der Spruch jedenfalls keine Überschreitungen der oben genannten Werte bezogen auf das Stundenmittel vorwirft, fehlt im konkreten Fall eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung für den zweiten Deliktsfall des § 137 Abs.3 lit.g) WRG 1959. Insoweit ist das Straferkenntnis unschlüssig geblieben.

4.3. Der Spruch des Straferkenntnisses ist im übrigen auch deswegen mangelhaft, weil er nicht ausgewählte Sachverhaltselemente mit den gesetzlichen Deliktsmerkmalen kombiniert, sondern mehr oder minder wahllos und unsystematisch Sachverhaltsfeststellungen sowie Begründungselemente aneinanderreiht, ohne einen deutlich erkennbaren Bezug zur verletzten Verwaltungsvorschrift herzustellen. Die Vorschrift des § 44a VStG erfordert im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine so genaue Umschreibung der Tatumstände, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur verletzten Verwaltungsvorschrift bezüglich aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl dazu näher die Erkenntnisse zweier verst Sen in VwSlg 11894 A/1985 und VwSlg 11466 A/1984). Diese Konkretisierungspflicht bedeutet, daß die belangte Strafbehörde die subsumtionsrelevanten Sachverhaltselemente zur Konkretisierung der abstrakten gesetzlichen Deliktsmerkmale in die spruchmäßige Umschreibung des Tatvorwurfes aufzunehmen hat, weil die bloße Wiedergabe der verba legalia aus rechtsstaatlichen Gründen unzureichend ist. Andere als subsumtionsrelevante Umstände oder umfangreiche Sachverhaltsdarstellungen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Deliktstatbestand stehen, gehören in die Bescheidbegründung. Dem Konkretisierungsgebot kann sinnvoll nicht durch Aufnahme von möglichst umfangreichen Begründungselementen in den Spruch des Straferkenntnisses entsprochen werden, weil dadurch die rechtlichen Zusammenhänge zwischen Straftatbestand und subsumtionsrelevanten Sachverhaltsmerkmalen eher verdunkelt werden und die belangte Behörde damit nicht bewiesen hat, den rechtlich richtigen Subsumtionsvorgang vollzogen zu haben.

4.4. Aus prozeßökonomischen Gründen weist der unabhängige Verwaltungssenat darauf hin, daß die Ausführungen der vorliegenden Berufung in Verbindung mit den vorgelegten Urkunden hinreichenden Anlaß für die belangte Strafbehörde geboten hätten, gemäß § 51b VStG offenbar dringend notwendige weitere Ermittlungen durchzuführen und daraufhin eine Berufungsvorentscheidung zu treffen. Die in der Berufung vorgetragenen Einwände gegen die Richtigkeit der von den Amtssachverständigen des Amtes der Landesregierung durchgeführten Analysen erscheinen dem O.ö. Verwaltungssenat vor allem deswegen besonders erheblich, weil sie durch die gutachtliche Stellungnahme sowie die Überprüfungsberichte des gerichtlich beeideten Sachverständigen, Dipl.Ing. Dr. B, in schlüssiger Weise dargelegt wurden. Soweit die belangte Behörde schon tatsächlich aufgrund von gleichgelagerten Parallelverfahren Kenntnis von den nunmehr vorgetragenen oder ähnlichen Einwendungen des Berufungswerbers haben sollte, durfte sie diese auch nicht einfach unter Hinweis auf den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG bzw die unterlassene Stellungnahme im konkreten Verfahren ignorieren. Vielmehr hätte sie von Amts wegen zur Aufklärung des Sachverhaltes tätig werden müssen. Dies folgt vor allem daraus, daß aufgrund der gewichtigen Einwände des Berufungswerbers auch der objektive Tatbestand des Ungehorsamsdeliktes des § 137 Abs.3 lit.g) WRG 1959 nicht bedenkenlos festgestellt werden kann. Im übrigen sind auch die Ausführungen der Berufung zur Verschuldensfrage nach Ansicht des O.ö. Verwaltungssenates geeignet, den Berufungswerber zu entlasten, sofern sie nicht durch Sachverständigenbeweis widerlegbar sind.

Der unabhängige Verwaltungssenat konnte jedoch von der näheren Klärung der Sachlage in einem umfangreichen Beweisverfahren absehen, zumal sich aus den im nächsten Punkt dargestellten Gründen eindeutig ergab, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

4.5. Aus der Aktenlage geht eindeutig hervor, daß der Berufungswerber nicht als verantwortlicher Beauftragter im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG in Betracht kommen kann. Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987 (vgl VwSlg 12.375 A/1987) vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung die Auffassung, daß der verantwortlich Beauftragte erst ab dem Zeitpunkt seiner nachweislichen Zustimmung an die Stelle des sonst Verantwortlichen tritt, wobei der Nachweis durch ein Beweisergebnis zu erbringen ist, das schon vor Begehung der Tat etwa in Form einer Urkunde oder Zeugenaussage vorhanden war. Es genügt nicht, wenn sich der Beschuldigte auf eine erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Aussage des verantwortlichen Beauftragten beruft, mit der dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (vgl ua VwGH 12.12.1991, 91/06/0084). Die Auslegung, wonach die Zustimmung des verantwortlich Beauftragten schon vor der Tat belegbar erteilt und nicht bloß im nachhinein bewiesen worden sein muß, ergibt sich im Interesse der Rechtstaatlichkeit und zum Schutz des verantwortlichen Beauftragten (vgl dazu näher VwGH 12.12.1991, 91/06/0084).

Im Straferkenntnis wird lediglich darauf hingewiesen, daß der Berufungswerber bereits in drei früheren ähnlich gelagerten Verwaltungsstrafverfahren als verantwortlicher Beauftragter bekanntgegeben worden sei, weshalb ihn die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit treffe. Diese Ausführungen sind schon nach dem Wortlaut des § 9 Abs.4 VStG unschlüssig, weil nicht einmal auf die Zustimmung des Berufungswerbers selbst abgestellt wurde. Im vorgelegten Verwaltungsstrafakt erliegen zwei Mitteilungen der C Glashütte Schneegattern Ges.m.b.H. 5212 Schneegattern vom 6. Juni 1992 und vom 17. April 1992, mit denen jeweils der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter namhaft gemacht wird, wobei in einer Mitteilung dessen Bestellung schon vor dem Jahr 1990 behauptet wird. Beide Mitteilungen sind schon deshalb unzureichend, weil der verantwortliche Beauftragte selbst nachweislich zustimmen muß und eine spätere Mitteilung über die angeblich erfolgte Zustimmung nicht genügt. Überdies muß diese Zustimmung aus einer Zeit vor Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung stammen. Die nachträgliche Einvernahme des verantwortlichen Beauftragten kommt insoweit nach der eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Betracht.

Ein den Anforderungen der dargestellten Rechtslage entsprechender Zustimmungsnachweis des Berufungswerbers liegt nach der Aktenlage nicht vor. Deshalb durfte die belangte Strafbehörde aufgrund der gegenständlichen Beweislage nicht einfach den Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG behandeln, sondern hätte ohne geeigneten Zustimmungsnachweis grundsätzlich gemäß § 9 Abs.1 VStG davon ausgehen müssen, daß die zur Vertretung nach außen berufenen Geschäftsführer der C Schneegattern Ges.m.b.H. für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese juristische Person strafrechtlich verantwortlich sind. Da somit feststeht, daß der Berufungswerber nicht als Beschuldigter der angelasteten Verwaltungsübertretung angesehen werden kann, war das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG 1991 zu verfügen.

5. Im Grunde des § 66 Abs.1 VStG ist weder ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens nocht ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß 6

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