Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260072/2/Wei/Shn

Linz, 20.12.1993

VwSen-260072/2/Wei/Shn Linz, am 20. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des V H, geb. ..., Landwirt, M vom 12. Mai 1993 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 26. April 1993, Zl. Wa/1056-6/1992-Ra, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs 3 lit d) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis der belangten Behörde mit der Maßgabe bestätigt, daß der Schuldspruch zu lauten hat:

Der Berufungswerber ist schuldig, er hat am 18. September 1992 in der Zeit von 19.00 bis 21.00 Uhr und am 19. September 1992 in der Zeit von 08.30 bis 10.30 Uhr anläßlich der Ausbringung von Jauche auf seinem östlich der Ortschaft Mühlberg gelegenen Feld von ca 2,5 Joch durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung des Pöttenheimerbaches bewirkt, indem er ohne Rücksicht auf die Boden- und Geländeverhältnisse und ohne Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen innerhalb kurzer Zeit eine so große Jauchemenge auf dem Feld verteilte, daß die Jauche infolge der erschöpften Aufnahmefähigkeit und der Neigung des Bodens teilweise in den nahen Pöttenheimerbach abfloß und diesen auf mehrere hundert Meter so stark verunreinigte, daß ein Fischsterben die Folge war.

II. Im Strafausspruch wird der Berufung teilweise Folge gegeben und die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 27 Stunden herabgesetzt.

III. Gemäß § 65 VStG entfällt im Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG 1991 iVm § 66 Abs 4 AVG 1991; § 65 VStG 1991. Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 26. April 1993 des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, daß er bei der Jaucheausbringung am 18. und 19. September 1992 auf einem östlich der Ortschaft Mühlbach gelegenen Feld durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt hat, da aufgrund zu intensiver Ausbringung der Jauche, der Neigung des Feldes und der Bodenverdichtung Jauche in den P abfloß, wodurch dieses Gewässer erheblich verunreinigt worden wäre.

Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 verletzt und wurde wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 51 Stunden) verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von S 150,-- (10% der Strafe) festgesetzt.

1.2. Gegen dieses am 4. Mai 1993 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung vom 12. Mai 1993, die rechtzeitig am 17. Mai 1993 bei der belangten Behörde persönlich eingebracht worden ist.

2.1. Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Berufungswerber am 18. und 19. September 1992 ein östlich der Ortschaft Mühlberg gelegenes und kurz zuvor abgeerntetes Feld, das eine starke Neigung in Richtung zum Pöttenheimerbach besitzt, mit Jauche gedüngt hatte. Auf dem relativ stark verdichteten Boden floß die Jauche ab und sammelte sich am Tiefpunkt des Feldes bzw am Rand eines Weges und gelangte anschließend über diesen Weg und eine steile Böschung in den Pöttenheimerbach. Dieser Bach wurde auf eine Strecke von mehreren hundert Metern bis zur Einmündung in den Höftbach verunreinigt, wobei in diesem Zusammenhang auch ein Fischsterben festzustellen war. Diese Gewässerverunreinigung, deren Verursachung der Berufungswerber nicht bestritten habe, sei auch durch die Feststellungen der Gendarmerieorgane erwiesen.

Die Strafbehörde führte in rechtlicher Hinsicht zu der den Berufungswerber gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 treffenden Sorgfaltspflicht aus, daß diese alle jene Obsorgen umfasse, die das Abfließen von Jauche vermieden hätten. Der Berufungswerber hätte die Jauche unter Bedachtnahme auf die Standortgegebenheiten wie die starke Neigung des Feldes und die relativ starke Verdichtung der Erdoberfläche nur so aufbringen dürfen, daß es nicht zum Abfließen der Jauche kommt. Diese gebotene und zumutbare Sorgfaltspflicht habe der Berufungswerber mißachtet, weshalb es zum Abfließen der Jauche in den Pöttenheimerbach gekommen wäre.

Die Rechtfertigung des Berufungswerbers in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 29. März 1993, wonach es zu einem Verrinnen der ausgebrachten Jauche in Richtung Bach nur deshalb gekommen wäre, weil der Wirtschaftsweg mit seinen Ableitungseinrichtungen wieder desolat war und es daher zu einer Fehlableitung der Jauche kam, erachtete die belangte Strafbehörde als unzureichend. Die Jauche hätte nicht in der praktizierten Weise ausgebracht werden dürfen.

Den Verhältnissen im Bereich des Weges komme in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu.

Da das Wasser des Pöttenheimerbaches auf mehrere hundert Meter verunreinigt und auch eine größere Anzahl von Fischen getötet worden seien, könnten die Folgen des Fehlverhaltens des Berufungswerbers nicht mehr als geringfügig beurteilt werden. Das Strafausmaß erscheine unter Berücksichtigung der - von der belangten Behörde nicht näher dargelegten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse als schuldangemessen. Als mildernd berücksichtigte die Strafbehörde die bisherige Unbescholtenheit, die Einsicht des Berufungswerbers und den Umstand, daß der Fischereischaden vergütet worden ist. Erschwerend war kein Umstand.

2.2. In der Berufung wird ein lückenhaftes Ermittlungsverfahren, insbesondere die Umgehung des Rechtes auf Gehör gemäß § 37 AVG gerügt. Die Beachtung des Gesetzes hätte zu anderen Tatsachen- und Schuldfeststellungen geführt.

Seine Arbeit als Landwirt verrichte der Berufungswerber seit vielen Jahren sorgfältig und ordnungsgemäß. Bislang habe er bei der Gülleausbringung trotz der vielen Bachwiesen, die er bewirtschafte, keine Wasserverunreinigungen verursacht. Auch am 18. und 19. September 1992 habe er die Gülle sach- und sorgfaltsgemäß ausgebracht. Daß dabei dennoch Jauche in den Pöttenheimerbach abgeleitet wurde, wäre für ihn nicht vorhersehbar gewesen. Die Jauche sei vielmehr über den kurz zuvor errichteten Wirtschaftsweg, dessen Wasserableitungssystem schon wieder desolat war, in den Bach abgeflossen. Daß auf diesem Weg Jauche in den Bach gelangte, wäre für den Berufungswerber unter den gegebenen Umständen und unter Einhaltung der gebotenen Sorgfalt nicht voraussehbar gewesen. Unter Berücksichtigung dieses außergewöhnlichen Umstandes könne ihm die eingetretene Gewässerverunreinigung nicht zugerechnet werden und treffe ihn der Schuldvorwurf zu Unrecht.

Obwohl dem Berufungswerber kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden könne, habe er sich bemüht, das Schadensausmaß so gering wie möglich zu halten und Wiedergutmachung zu leisten. Den Fischereischaden habe er zur Gänze ersetzt. Sein Bemühen um Schadensgutmachung, der Charakter seines Verhaltens als "Fehlleistung", die Geringfügigkeit des Schadens und seine Unbescholtenheit hätte die belangte Behörde nicht entsprechend gewürdigt.

Sein Rechtsanspruch gemäß § 21 VStG auf Absehen der Strafe sei mit dem angefochtenen Straferkenntnis zu Unrecht abgelehnt worden.

Der Berufungswerber beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses und hilfsweise vom Ausspruch einer Strafe zur Gänze abzusehen.

2.3. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt und mitgeteilt, daß eine Berufungsvorentscheidung nicht getroffen wird. Hinsichtlich des gerügten Mangels an Parteiengehör weist die Behörde auf einen Aktenvermerk vom 20. April 1993 hin.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt, Zl. Wa/1056/1992-Ra, der belangten Behörde festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage hinreichend geklärt erscheint und mit der vorliegenden Berufung im Ergebnis lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird. Gemäß § 51 e Abs 2 VStG konnte daher eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

Die gerügten Mängel des Ermittlungsverfahrens und des mangelnden Parteiengehörs liegen in Wahrheit nicht vor. Der Berufungswerber hat zunächst anläßlich der niederschriftlichen Einvernahme vom 20. September 1992 am Gendarmerieposten Gaspoltshofen eine mit den Sachverhaltsannahmen der belangten Strafbehörde durchaus im Einklang stehende Darstellung des Vorfalles gegeben. Im behördlichen Strafverfahren hatte er weiters im Einspruch vom 6. April 1993 gegen die ergangene Strafverfügung die Gelegenheit genutzt, seinen Standpunkt darzulegen. Dabei brachte er bereits sinngemäß den in der Berufung wiederholten Einwand betreffend den neu errichteten Wirtschaftsweg mit desolater Abwasseranlage vor, mit dem sich die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis auch auseinandersetzte. Schließlich geht aus dem Aktenvermerk vom 20. April 1993 hervor, daß der zuständige Sachbearbeiter der belangten Behörde mit dem Berufungswerber einen Lokalaugenschein durchgeführt hat, bei dem ihm auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zur Kenntnis gebracht wurde. Auch wenn es besser gewesen wäre, eine förmliche Niederschrift über den Lokalaugenschein anzufertigen, ändert dies nichts daran, daß jedenfalls keine Verfahrensmängel vorliegen, bei deren Vermeidung die Strafbehörde zu anderen Tatsachenfeststellungen hätte gelangen können.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat legt nach Einsicht in die vorgelegten Akten unter Berücksichtigung der Berufung den im angefochtenen Straferkenntnis im wesentlichen mängelfrei festgestellten Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde. Der Berufungswerber hat die entscheidungswesentlichen Tatsachen substantiell nie bestritten. Wie sich aus der Gendarmerieanzeige vom 3. November 1992 ergibt ist lediglich zu berichtigen, daß der Pöttenheimerbach nicht in den Höftbach, sondern in den Aubach einmündet.

Aufgrund der Gendarmerieanzeige bzw der Aussage des Berufungswerbers vor der Gendarmerie am 20. September 1992 werden im folgenden ergänzende, den strafbehördlich angenommenen Sachverhalt hauptsächlich präzisierende und modifizierende Feststellungen getroffen:

Am 18. September 1992 hat der Berufungswerber zwischen 19.00 und 21.00 Uhr auf seinem ca 2,5 Joch großen Feld östlich der Ortschaft Mühlberg, das gegen das Auholz abfällt, insgesamt 5 Fuhren mit einem Jauchefaß von 3500 l Fassungsvermögen ausgebracht. Dabei sah er in der Dunkelheit nicht, daß die Schwemmgülle abfloß. Am folgenden Tag fuhr er zwischen 08.30 und 10.30 Uhr weitere 5 Fuhren aus, wobei er sah, daß geringe Mengen das abfallende Feld hinunterflossen. Er dachte sich aber nicht viel dabei und überzeugte sich nach der letzten Fuhre nicht mehr, ob die Gülle auch über den Weg rinnen wird. Während der letzten Fahrten sah er, daß beim Kanal, der sich gleich neben seinem Feld befindet, eine kleine Lache Gülle stand.

Der Berufungswerber bewirtschaftet mehrere Maisfelder, die auch zum Teil abfallend sind. Es ist ihm bewußt, daß die darauf ausgebrachte Gülle abfließt. Mit dem Einfließen in den Bach hat er aber nicht gerechnet. Er führte das darauf zurück, daß der Schotter der Straße ausgeschwemmt war und sich unterhalb seines Feldes keine Wiese befand. In seiner Aussage vor der Gendarmerie berichtete er, daß etwa 14 Tage vor dem Vorfall ein starker Regen den Kanal, der sich gleich neben dem Feld befindet, zugeschwemmt hatte.

Der Berufungswerber erklärte sich bereit, den Schaden durch Meldung an seine Haftpflichtversicherung gutzumachen. In einem Schreiben vom 13. Oktober 1992 an die Gendarmerie Gaspoltshofen hat Herr Bern Blidon den ihm durch das Fischsterben von der Einleitung der Gülle bis zur Einmündung in den Aubach entstandenen Schaden mit S 3.000,-- beziffert.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers wird festgestellt, daß er gemeinsam mit seiner Gattin in Mühlberg, Gemeinde Gaspoltshofen, eine Landwirtschaft mit ca 15 ha Grund betreibt. Er hat Sorgepflichten für 4 Kinder.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs 1 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.

Gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297 ABGB (Sorgfaltsmaßstab für jedermann) oder gegebenenfalls des § 1299 ABGB (Sorgfaltsmaßstab für Sachverständige) gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 (Ziel und Begriff der Reinhaltung) zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Nach § 30 Abs 1 WRG 1959 sind alle Gewässer einschließlich des Grundwassers im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen so reinzuhalten, daß die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet, Grundund Quellwasser als Trinkwasser verwendet, Tagwässer zum Gemeingebrauche sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt, Fischwässer erhalten, Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und sonstige fühlbare Schädigungen vermieden werden können.

Unter Reinhaltung der Gewässer wird nach der Legaldefinition des § 30 Abs 2 WRG 1959 die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte), unter Verunreinigung jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.

Daß der Berufungswerber durch sein Verhalten eine Gewässerverunreinigung im Sinne der Vorschriften der §§ 30 Abs 2, 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 herbeigeführt hat, bestreitet er grundsätzlich nicht. Dieser Umstand wird auch durch das Fischsterben auf eine Länge von mehreren hundert Metern und durch die geltend gemachte Schadenshöhe von S 3.000,-hinreichend dokumentiert.

4.2. Zur Schuldfrage:

Der Berufungswerber bestreitet sein Verschulden und behauptet, daß er die Gülle sach- und sorgfaltsgemäß ausgebracht hätte. Die Ableitung in den Pöttenheimerbach wäre wegen des desolaten Wirtschaftsweges für ihn nicht vorhersehbar gewesen.

Diese Behauptungen sind nicht geeignet, den Berufungswerber zu entlasten. Maßfigur für die objektiv gebotene Sorgfalt ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Demnach ist ein Verhalten objektiv sorgfaltswidrig, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises des Täters an seiner Stelle anders verhalten hätte (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A, 1990, 706; VwGH 12.6.1989, 88/10/0169; aus der strafrechtlichen Literatur vgl mwN Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, Besonderer Teil I, 3. A, 1990, § 80 Rz 16 und Leukauf/Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 3. A, 1992, § 6 Rz 6 ff, 12). Im Prinzip das Gleiche meint auch § 1297 ABGB, wenn er etwas veraltet von einem solchen Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit spricht, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann.

Ein einsichtiger und besonnener Landwirt hätte sich in der Lage des Berufungswerbers und mit dessen Wissen über die örtlichen Verhältnisse anders verhalten. Er hätte bei Ausbringung der Jauche die eingeschränkte Aufnahmefähigkeit des Erdreiches aufgrund der Verdichtung des Bodens, die starke Neigung des Feldes und die steile Böschung nach dem am Feldrand gelegenen Wirtschaftsweg zum Pöttenheimerbach berücksichtigt und deshalb damit gerechnet, daß eine übermäßige Düngung zum teilweisen Abfließen der Jauche bis in den tiefer gelegenen Bach führen wird. Abgesehen davon, daß die Abwassereinrichtung des Weges nicht den Zweck haben kann, überschüssige Jauche von den Feldern abzuleiten, ist dem Berufungswerber auch entgegenzuhalten, daß ihm der starke Regen, der den Kanal zuschwemmte, bewußt war, weshalb er erst recht Anlaß gehabt hätte, die örtlichen Verhältnisse sorgfältig zu prüfen und Vorkehrungen gegen das Abfließen zu treffen. Er hätte die Jauche nur so vorsichtig ausbringen dürfen, daß das Abfließen und die damit verbundene Verunreinigung des Baches vermieden worden wäre. Dies wäre durch das Ausbringen von wesentlich geringeren Mengen in größeren Zeitabständen und gegebenenfalls auch durch Einhaltung eines geeigneten Sicherheitsabstandes zu dem gegen den Pöttenheimerbach abfallenden Rand des Feldes zu erreichen gewesen. Hätte die begleitende Kontrolle eine Erschöpfung der Aufnahmefähigkeit des Bodens ergeben, so hätte keine weitere Jauche auf diesem Feld ausgebracht werden dürfen. Derartige Sorgfaltsanforderungen sind an einen Landwirt bei der potentiell wassergefährdenden Tätigkeit des Ausbringens von Jauche bedenkenlos zu stellen.

Anstelle der gebotenen Sorgfalt hat der Berufungswerber am Abend des 18. Septembers 1993 bei eingeschränkten Sichtverhältnissen und innerhalb kürzester Zeit insgesamt 17.500 l (5 Jauchefässer à 3.500 l) und bereits wenige Stunden später am frühen Vormittag des 19. Septembers 1992 weitere 17.500 l Jauche auf dem stark zum Pöttenheimerbach geneigten Feld ausgebracht, ohne sich viel dabei zu denken.

Daß er dabei nicht mit dem Einfließen in den Bach gerechnet hat, beweist gerade seine Sorglosigkeit, weil ein einsichtiger und besonnener Landwirt unter den gegebenen Umständen diese Möglichkeit nicht nur erkannt, sondern ihr auch vorgebeugt hätte.

Objektive Sorgfaltswidrigkeit und objektive Vorhersehbarkeit des Erfolges liegen eindeutig vor. Im sorglosen Verhalten des Berufungswerbers war jenes Risiko angelegt, das sich im Eintritt des konkreten Erfolges auch tatsächlich verwirklicht hat. Deshalb ist ihm die Gewässerverunreinigung auch objektiv zuzurechnen.

Auch die subjektive Sorgfaltswidrigkeit und subjektive Vorhersehbarkeit, die im Regelfall durch die objektive Tatseite indiziert werden (vgl Burgstaller, Wiener Kommentar zum StGB, § 6 Rz 88 und 95; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 6 Rz 15 und 19a; Kienapfel, Strafrecht AT, 4. A, 1991, Z 25 Rz 22 und 31) sind zu bejahen. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, daß der Berufungswerber nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen nicht fähig gewesen wäre, den objektiven Sorgfaltsanforderungen zu genügen und die Gefahr des Erfolgseintrittes zu erkennen. Es gilt ein objektiviert-subjektiver Maßstab im Rahmen der Fahrlässigkeitsschuld. Deshalb kann sich der Berufungswerber auf die Unkenntnis dessen, was zum allgemeinen Erfahrungsund Wissensstandard eines Landwirtes gehört, nicht schuldbefreiend berufen. Vielmehr hätte er sich das erforderliche Wissen und Können rechtzeitig verschaffen müssen (vgl dazu Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3.

A, § 6 Rz 16). Dieser Maßstab kommt im § 1297 ABGB im gleichen Sinne zum Ausdruck, weil nach dieser Vorschrift vermutet wird, daß jeder, welcher den Verstandesgebrauch besitzt, eines solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit fähig sei, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann. Die Aufwendung der gebotenen Sorgfalt war dem Berufungswerber in der gegebenen Situation auch zumutbar, weshalb an seinem Verschulden keine Zweifel bestehen können.

4.3. Zur Straffrage:

4.3.1. Absehen von Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG Der Berufungswerber beantragt hilfsweise, daß von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden möge, weil er davon ausgeht, daß die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 VStG erfüllt seien und er daher einen Rechtsanspruch habe. Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Weder das eine noch das andere kann der Berufungswerber für sich in Anspruch nehmen.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs 1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

Das sorgfaltswidrige Verhalten des Berufungswerbers kann keinesfalls als minderes Versehen beurteilt werden. Die oben näher dargestellte übermäßige Düngung ohne Rücksicht auf die Bodenverhältnisse und ohne Vorsichtsmaßnahmen gegen das Abfließen in den Pöttenheimerbach entspricht einem durchschnittlichen fahrlässigen Handlungsunwert. Von einem erheblichen Zurückbleiben hinter dem im § 137 Abs 3 lit d) WRG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt kann keine Rede sein. Entgegen der Ansicht der belangten Strafbehörde kann der unabhängige Verwaltungssenat weder aus der Aktenlage noch aus der Berufung erkennen, daß dem Berufungswerber mildernd die Einsicht in das begangene Unrecht zugutezuhalten ist. Deshalb erscheint auch der die Strafzumessungsschuld mitbestimmende Gesinnungsunwert nicht als geringfügig.

Ebensowenig können bloß unbedeutende Folgen der Übertretung angenommen werden. Angesichts der erheblichen Verunreinigung des Baches mit Jauche auf eine Strecke von mehreren hundert Metern verbunden mit einem Fischsterben, das allein einen finanziellen Schaden von ca S 3.000,-- ergab, liegt auch ein nicht unbeträchtlicher Erfolgsunwert vor.

4.3.2. Zur Strafzumessung Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der durch die Tat geschädigten oder gefährdeten Interessen und die Frage, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach § 19 Abs 2 VStG ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen und sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Bei der Bemessung von Geldstrafen sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat trotz eines primären Geldstrafrahmens von bis zu S 100.000,-- lediglich eine Geldstrafe von S 1.500,-- verhängt und damit den Strafrahmen nur mit 1,5 % ausgeschöpft. Ohne dies entsprechend darzulegen, ging die Strafbehörde offenbar von einem äußerst geringen Einkommen und Vermögen sowie von beträchtlichen Sorgepflichten aus. Dies ist nach der Aktenlage naheliegend, zumal der Berufungswerber gemeinsam mit der Gattin eine relativ kleine Vollerwerbslandwirtschaft mit ca 15 ha Grund besitzt und für 4 Kinder sorgepflichtig ist. Die von der Erstbehörde angenommenen Milderungsgründe der Unbescholtenheit und der Schadensgutmachung durch Vergütung des Fischereischadens erscheinen dem erkennenden Verwaltungssenat unbedenklich. Der Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses kann aber nicht zugunsten des Berufungswerbers gebucht werden, zumal er die dafür notwendige Schuldeinsicht vermissen hat lassen. Bloße Tatsachenzugeständnisse reichen nicht aus. Unter Berücksichtigung des oben dargelegten Ausmaßes der Schuld erachtet der unabhängige Verwaltungssenat auch angesichts der niedrigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse die verhängte Strafe als zu gering bemessen. Auch wenn das Verschlechterungsverbot des § 51 Abs 6 VStG eine höhere Bemessung im Berufungsverfahren ausschließt, erlaubt sich der erkennende Verwaltungssenat anzumerken, daß nach seiner Ansicht eine deutlich höhere Geldstrafe zu verhängen gewesen wäre.

Was die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe von 51 Stunden anbelangt, ist der Strafbehörde offensichtlich ein Ermessensfehler unterlaufen. Gemäß § 16 Abs 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen nicht übersteigen, soweit - wie gegenständlich der Fall - in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates (vgl ua VwSen - 230036/10/Gf/Hm vom 9.11.1992; VwSen 260069/2/Wei/Shn und 260076/2/Wei/Shn vom 24.8.1993; VwSen 230229/9/Kei/Shn vom 3.9.1993) ist die Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip (vgl Art 1 Abs 3 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl Nr. 684/1988) grundsätzlich in Relation zu der verhängten Geldstrafe festzusetzen, wobei das Verhältnis der höchstmöglichen Geldstrafe zur höchstmöglichen Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend ist. Wegen eines (vermeintlichen) gesetzlichen Mißverhältnisses zwischen dem primären gesetzlichen Geldstrafrahmen und dem der Ersatzfreiheitsstrafe darf von vornherein keine höhere (unverhältnismäßige) Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 5.11.1987, 87/18/0087) ist es allerdings zulässig die Geldstrafe mit Rücksicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und Sorgepflichten des Täters abweichend von der gesetzlich vorgegebenen Relation niedriger zu bemessen. Insofern bedarf es aber einer näheren Begründung im Einzelfall.

Während die verhängte Geldstrafe nur 1,5 % des primären Strafrahmens ausmacht, beträgt die Ersatzfreiheitsstrafe von 51 Stunden rund 15 % des gemäß § 16 Abs 2 VStG anzuwendenden Strafrahmens von zwei Wochen. Die belangte Strafbehörde hat dafür keine Argumente angeführt. Dieses krasse Mißverhältnis kann nicht mit den schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie umfangreichen Sorgepflichten des Berufungswerbers begründet werden. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß abgesehen von den besonderen Strafzumessungsfaktoren für die Bemessung der Geldstrafe die tat- und schuldangemessene Strafe im Bereich von etwa 8 % der Strafrahmen anzusiedeln ist.

Dementsprechend war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 27 Stunden zu reduzieren.

4.4. Die Neuformulierung des Schuldspruchs diente der Verdeutlichung des vorgeworfenen fahrlässigen Verhaltens, wobei ergänzende Modifikationen vorgenommen wurden, die schon aus der Anzeige der Gendarmerie Gaspoltshofen, GZ P-539/92, vom 3. November 1992 hervorgehen. Unter Bezugnahme auf diese Anzeige hat die belangte Behörde rechtzeitig Verfolgungshandlungen vorgenommen, indem sie bei der Staatsanwaltschaft Wels im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel des § 137 Abs 7 WRG 1959 telefonisch am 17. November 1992 und schriftlich am 16. Februar 1993 um Mitteilung ersuchte, ob ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt.

5. Gemäß § 65 VStG waren dem Berufungswerber die Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen, weil der unabhängige Verwaltungssenat seiner Berufung im Strafausspruch teilweise Folge gegeben und die Ersatzfreiheitsstrafe auf ein vertretbares Maß herabgesetzt hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. Weiß

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