Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260074/5/Wei/Shn

Linz, 10.03.1994

VwSen-260074/5/Wei/Shn Linz, am 10. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des G F, vertreten durch Dr. P W, Rechtsanwalt in L, K, vom 22. Juni 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 8.

Juni 1993, Zl. Wa 96/3/1993-He, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch zu lauten hat:

G F ist schuldig, er hat vom 19. November 1992 (Tag der Überprüfung der Abwassersituation) bis zum 8. Juni 1993 (erstinstanzliches Entscheidungsdatum) als Inhaber des Fleisch-, Wurst- und Selchwarenverarbeitungsbetriebes im Standort L, F, auf dem Grundstück Nr. der Katastralgemeinde Freistadt entgegen der mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich, Zl. Wa-2399/3-1988/Fo/Kes, erteilten wasserrechtlichen Bewilligung vom 20. Juni 1988, und zwar entgegen der Beschränkung der Tagesabwassermenge im Spruch, Punkt I.1.a), betriebliche Abwässer aus der Fleischverarbeitung und der Wurstproduktion sowie Reinigungswässer aus den Produktions- und Verarbeitungsräumlichkeiten in einer Menge von mehr als maximal 18 m3/d, nämlich in einer Tagesabwassermenge von zumindest 90 m3/d, in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde Freistadt eingeleitet.

Er hat dadurch die Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 begangen und wird hiefür über ihn nach dem Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959 eine Geldstrafe in Höhe von S 6.000,-- verhängt.

II. Im Strafausspruch wird der Berufung teilweise Folge gegeben und die gemäß § 16 Abs 2 VStG festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 3 Tagen herabgesetzt.

III. Im Berufungsverfahren entfällt die Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens. Im erstinstanzlichen Strafverfahren hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag in Höhe von S 600,--, ds 10 % der verhängten Strafe, zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG 1991 iVm § 66 Abs 4 AVG 1991; § 65 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 8. Juni 1993 hat die belangte Behörde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen) verhängt, weil er in seinem Fleisch-, Wurst- und Selchwarenverarbeitungsbetrieb auf Grundstück Nr. ..., KG F, Stadtgemeinde F, ohne Bewilligung bzw.

entgegen der Bewilligung vom 20. Juni 1988 (Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung, Zl. Wa-2399/3-1988/Fo/Kes) eine Tagesabwassermenge von zumindest 90 m3/d in die Ortskanalisation Freistadt einleite.

Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 32 Abs 4 WRG 1959 verletzt und werde wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn gemäß § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 die oben genannte Geldstrafe verhängt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 9. Juni 1993 zugestellt worden ist, richtet sich die am 22. Juni 1993 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung vom 22. Juni 1993.

2.1. Im Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß anläßlich der Überprüfung der Abwassersituation im Fleisch-, Wurst- und Selchwarenverarbeitungsbetrieb des Bw in den Monaten November und Dezember 1992 das strafbare Verhalten durch ein Organ des Amtes der o.ö. Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, festgestellt und der belangten Behörde unter Anschluß des Überprüfungsberichtes vom 14. Jänner 1993 angezeigt worden ist. Im Überprüfungsbericht sei festgestellt worden, daß das wasserrechtlich bewilligte quantitative Maß der Wasserbenutzung für die Einleitung in die Ortskanalisation um ein Vielfaches überschritten wird.

Wegen fehlender Meßeinrichtungen zur Erfassung der Abwassermenge sei diese anhand der verschiedenen in den Nutzwasserzuleitungen installierten Meßuhren sowie nach internen Betriebsaufzeichnungen auf ca. 550 m3/Woche grob geschätzt worden, was auf 5 bis 6 Arbeitstage verteilt ca.

90 bis 110 m3/d ergebe. Die Berechnung aufgrund des täglichen Produktionsumfanges von 20 bis 30 Tonnen Schlachtfleisch ergebe laut einschlägiger Literatur (Lehrund Handbuch der Abwassertechnik, 3. Auflage, Band V, Organisch verschmutzte Abwässer der Lebensmittelindustrie, Kapitel 6.1. Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe, Seiten 320 bis 382), wonach pro Verarbeitung von 100 kg Schlachtgewicht in Fleischwarenfabriken 500 bis 700 l spezifische Abwassermenge anfallen, bei einer mittleren Verarbeitungsmenge von 25 to/d und Verwendung des untersten Richtwertes einen Abwasseranfall von 125 m3/d. Nach dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 20. Juni 1988 betrage das Maß der Abwassereinleitung jedoch nur max. 18 m3/d.

2.2. Nach der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.

Februar 1993 durch die belangte Behörde und nach Akteneinsicht durch den Rechtsvertreter wurde mit Schriftsatz vom 30. März 1993 eingewendet, daß die im Überprüfungsbericht berechnete Abwassermenge unzutreffend sei. Die spezifische Abwassermenge sei viel zu hoch angegeben und für einen Schlachtereibetrieb, nicht aber für einen bloß fleischverarbeitenden Betrieb realistisch. Die belangte Behörde gab daraufhin mit Schreiben vom 28. April 1993 antragsgemäß die herangezogene Fachliteratur bekannt und übermittelte auch eine Ablichtung der relevanten Tabelle auf Seite 344 bezüglich der spezifischen Schmutzwassermengen. In der Rechtfertigung vom 26. Mai 1993 bekräftigte der Bw seinen Standpunkt, daß die vom Amtssachverständigen herangezogene Literatur für seinen Fleischereibetrieb nicht maßgebend sei, weil sich aus der ersten Zeile der übermittelten Ablichtung bereits ergebe, daß diese Literaturstelle von einem Schlachthof handle, in dem sämtliche Abfälle - und zwar auch das Blut - mit Wasser verdünnt abgeschwemmt werden.

Die belangte Behörde führt dazu in ihrer Begründung aus, daß die angegebene Fachliteratur das Kapitel 6.1. und nicht bloß die Seite 344 sei. Diese Seite enthalte aber die für die Berechnung der Abwassermenge herangezogene Tabelle 6.1.-10 für die spezifischen Abwassermengen und Schmutzfrachten bei Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben bezogen auf Schlachtung, Verarbeitung, Zerlegung u.dgl. Die zitierte Zeile beziehe sich im wesentlichen auf die Tabelle 6.1.-8.

Die Tabelle 6.1.-10 gebe die spezifischen Abwassermengen und Schmutzfrachten bei Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben, unterteilt in Schlachtung, Verarbeitung usw., an.

Für die Berechnung der Tagesabwassermenge sei im gegenständlichen Fall auch richtigerweise die spezifische Schmutzwassermenge für die Verarbeitung von 100 kg Schlachtgewicht in Fleischwarenfabriken und nicht etwa für die Schlachtung herangezogen worden. Der Meinung des Beschuldigten könne daher nicht zugestimmt werden. Im übrigen stimmen die anhand dieser Tabelle errechneten Abwassermengen ziemlich gut mit der anhand des Nutzwasserverbrauches ermittelten Abwassermenge überein.

Die belangte Behörde ging davon aus, daß die in die Ortskanalisation eingeleitete Abwassermenge von zumindest 90 m3/d zweifelsfrei angenommen werden konnte, was eine Überschreitung des bewilligten Ausmaßes von maximal 18 m3/d um das Fünffache darstellt.

2.3. In der Strafbemessung erachtete die belangte Behörde den Umstand der erheblichen Überschreitung des bewilligten Ausmaßes der Abwassereinleitung als erschwerend. Als strafmildernd könne die mit Schreiben vom 30. März 1993 mitgeteilte Projektserstellung und somit angekündigte Bereitschaft, einen konsensmäßigen Zustand herzustellen, gewertet werden. Die verhängte Strafe entspreche dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und sei den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschuldigten angepaßt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit sei eine angemessene Ersatzarreststrafe verhängt worden.

2.4. Die Berufung bekämpft die Feststellung der in die Ortskanalisation eingeleiteten Tagesabwassermenge von 90 m3/d mit der Begründung, daß diese bloß aufgrund grober Schätzungen, welche auf den Ausführungen der angegebenen Fachliteratur beruhen, getroffen worden wären, ohne Messungen durchzuführen. Diese hätten ergeben, daß die bewilligte Tagesabwassermenge von 18 m3/d nicht überschritten werde.

Im Unterschied zu der von der belangten Behörde herangezogenen Literatur und zu Schlachthöfen würden im Betrieb des Bw die Abfälle und das bei Schlachtungen anfallende Blut nicht in die Kanalisation geleitet. Zur Illustration der anfallenden Wassermengen in einem Schlachtbetrieb verweist der Bw darauf, daß bei einem Rind mit einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von 500 bis 600 kg etwa 5-6 % des Gewichtes an Blut anfallen. Dies bedeute, daß etwa 30 l Blut pro Rind mit Wasser verdünnt in eine Kanalisation geleitet werden müssen. Bei der angenommenen Fleischverarbeitungsmenge von 25 to täglich, ergebe dies etwa 1365 l Blut, welches mit einer vielfachen Menge von Wasser vermischt werde. Darüber hinaus würden in einer Schlachterei die Abfälle, wie die Inhalte der Mägen mit Wasser abgespült. Diese Blutmengen und Abfälle fielen im Betrieb des Bw eben nicht an, weshalb die von der belangten Behörde herangezogene Literatur auf den Betrieb des Bw nicht anzuwenden wäre.

2.5. Die Berufung rügt ferner, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, im Spruch festzustellen, anhand welcher eingeleiteter Tagesfrachten der Abwasserinhaltsstoffe der Schluß gezogen werde, daß zumindest 90 m3/d in die Ortskanalisation von Freistadt geleitet wird. Der angefochtene Bescheid entspreche daher nicht den Erfordernissen des § 44a VStG, wonach im Bescheidspruch alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, anzuführen seien. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reiche nicht aus.

Die Berufung weist dann auf § 32 Abs 4 iVm § 33b Abs 5 WRG hin, wonach die Regelungen über die bei der Überwachung zu beachtenden Verfahren und Methoden, über Referenzanalyseverfahren sowie über sonstige für die Aussagekraft von Überwachungsergebnissen maßgeblichen Gesichtspunkte in Verordnungen des Bundesministers für Land und Forstwirtschaft zu treffen sind. Im gegenständlichen Fall sei die Verordnung über Abwasseremissionen aus Schlachtbetrieben und fleischverarbeitenden Betrieben (BGBl Nr. 182/1991) heranzuziehen. § 3 dieser Verordnung lege fest, daß eine Abwassereinleitung grundsätzlich anhand der eingeleiteten Tagesfrachten der Abwasserinhaltsstoffe zu beurteilen ist (§ 6 der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung).

Der Spruch des Straferkenntnisses vom 8. Juni 1993 entspreche nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG, weil eine Verwaltungsübertretung nicht darin bestehe, daß ohne Bewilligung bzw. entgegen der Bewilligung vom 20. Juni 1988 (Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung, Zl.

Wa-2399/3-1988/Fo/Kes) eine Tagesabwassermenge von zumindest 90 m3/d in die Kanalisation geleitet wird. Gemäß § 6 der Allgemeinen Abwasserverordnung ergebe sich die höchstzulässige Tagesfracht eines Abwasserinhaltsstoffes aus der Multiplikation der im Bewilligungsbescheid festzulegenden Größen maximaler Tagesabwassermenge, maximaler Tagesproduktion oder maximal täglich eingesetzter Rohstoffmenge mit den Emissionswerten (Konzentration oder spezifische Schmutzfracht). In der Überschreitung der im Bewilligungsbescheid bestimmten Tagesabwassermenge könne keine Verwaltungsübertretung nach § 32 Abs 4 WRG erblickt werden.

2.6. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenäußerung erstattet, in der sie im wesentlichen den Standpunkt des Straferkenntnisses zusammenfaßte und auch auf dessen ausführliche Begründung verwies.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde und unter Berücksichtigung der eingebrachten Berufung festgestellt, daß die entscheidungswesentlichen Tatsachen substanziell nicht bestritten wurden und daher im wesentlichen nur Rechtsfragen zu beurteilen sind. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die mangels geeigneter Beweisthemen keine weiteren Aufklärungen hätte erwarten lassen, konnte abgesehen werden.

3.2. Der erkennende Verwaltungssenat legt seiner Entscheidung die großteils unbestrittenen Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zugrunde, die von der belangten Behörde in einem mängelfreien Verfahren schlüssig und mit der gebotenen Vorsicht getroffen wurden. Mit den gegen die angenommene Tagesabwassermenge vorgebrachten Einwänden hat sich die belangte Behörde schon in der Begründung ihres Straferkenntnisses ausreichend und folgerichtig auseinandergesetzt. Ihre Feststellungen konnte die belangte Behörde auf die unbedenklichen und fachkundigen Ausführungen des Amtssachverständigen der Abteilung Umweltschutz des Amtes der o.ö. Landesregierung im Überprüfungsbericht vom 14. Jänner 1993 stützen. Aus diesem Bericht und den angeschlossenen Analyseergebnissen geht hervor, daß am 19.

November 1992 und danach in den Monaten November und Dezember 1992 eine umfassende Überprüfung der Abwassersituation des Betriebes des Bw vorgenommen wurde.

Dabei konnten auch über den Gegenstand dieses Verfahrens hinausgehende Mißstände im Hinblick auf nach dem heutigen Stand der Technik anzunehmende qualitative Ablaufgrenzwerte festgestellt werden. Derartige qualitative Grenzwerte wurden allerdings im rechtskräftigen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1988 für die Einleitung in die Ortskanalisation Freistadt (noch) nicht festgelegt bzw vorgeschrieben.

Da im Betrieb des Bw keine Meßeinrichtungen zur Erfassung der Abwassersituation vorhanden waren, konnte der Abwasseranfall zunächst einmal anhand von Meßuhren in den betrieblichen Nutzwasserzuleitungen grob geschätzt werden.

Nach internen Betriebsaufzeichnungen, in die der Amtssachverständige Einsicht genommmen hatte, ergab sich eine Abwassermenge von ca. 550 m3/Woche. Diese Angaben des Amtssachverständigen, aus denen bereits folgt, daß keineswegs nur grobe Schätzungen vorgenommen wurden, hat der Bw nicht bestritten. Überdies konnte durch die in der einschlägigen Literatur angeführte spezifische Abwassermenge von 500 l bis 700 l pro Verarbeitung von 100 kg Schlachtgewicht in Fleischwarenfabriken bei der unbestrittenen mittleren Produktionsmenge von 25 Tonnen pro Tag im Betrieb des Bw und unter bloßer Verwendung des unteren Richtwertes rechnerisch ein Abwasseranfall in Höhe von 125 m3/d ermittelt werden, der auf eine Woche hochgerechnet gut zu den internen Betriebsaufzeichnungen paßte, die - wie die belangte Behörde richtig festgestellt hat - zunächst einen Abwassermengenbereich von 90 m3/d bis 110 m3/d ergaben. Aufgrund dieser Beweisergebnisse konnte ohne Bedenken mit der für ein Strafverfahren gebotenen Sicherheit davon ausgegangen werden, daß die Abwassermenge zumindest im untersten Bereich von 90 m3/d liegt.

Die dagegen in der Berufung neuerlich vorgebrachten Einwände sind völlig unberechtigt und beruhen auf Unterstellungen und nicht fachkundig fundierten Annahmen. Die Behauptung, daß die von der belangten Behörde herangezogene Literatur bzw.

die einschlägige Richtwerttabelle 6.1.-10 auf Seite 344 nur für Schlachtbetriebe und nicht für den fleischverarbeitenden Betrieb des Bw Anwendung finde, wird schon durch die bloße Einsichtnahme in diese Tabelle widerlegt. Die Ausführungen zum Abwasseranfall in Schlachtbetrieben gehen ins Leere, weil die belangte Behörde niemals derartige Bezüge hergestellt hat. Daß für Schlachtbetriebe naturgemäß ein noch höherer Abwasseranfall anzunehmen ist, kann ohnehin nicht zweifelhaft sein.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, wenn die Tat nicht einer strengeren Strafe nach den Abs 3 bis 5 unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs 4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt.

Nach § 32 Abs 4 WRG 1959 idF der WR-Novelle 1990 bedarf keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wer mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt (Indirekteinleiter), wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind. Das (zustimmende) Kanalisationsuntenehmen bleibt dafür verantwortlich, daß seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird.

§ 32 Abs 4 bestimmt weiter, daß der Landeshauptmann durch Verordnung für bestimmte Stoffe Grenzwerte festlegen kann, bei deren Einhaltung eine Bewilligung für Indirekteinleiter nicht erforderlich ist, sofern anläßlich der Bewilligung der Kanalisationsanlage nicht andere Regelungen getroffen wurden. Hinsichtlich der bei der Überwachung zu beachtenden Verfahren und Methoden, Referenzanalyseverfahren sowie sonstiger für die Aussagekraft von Überwachungsergebnissen maßgeblichen Gesichtspunkte gelten die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 33b Abs 5 verordneten Regelungen.

Für die wasserrechtliche Bewilligung einer Einleitung von Abwasser in Fließgewässer oder in eine öffentliche Kanalisation hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit der in BGBl Nr. 182/1991 kundgemachten und zuletzt durch BGBl Nr. 537/1993 geänderten Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus Schlachtbetrieben und fleischverarbeitenden Betrieben vorzuschreibende Emissionswerte, Überwachungsvorschriften, Beurteilungskriterien und Analysemethoden festgelegt, wobei subsidiär auch die Allgemeine Abwasseremissionsverordnung (BGBl Nr. 179/1991, zuletzt geändert durch BGBl Nr.

537/1993) heranzuziehen ist.

Aus § 3 der Verordnung BGBl Nr. 182/1991 iVm § 6 der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung geht hervor, daß eine Abwassereinleitung grundsätzlich an Hand der eingeleiteten Tagesfrachten der Abwasserinhaltsstoffe (qualitativ) zu beurteilen ist. Dabei ergibt sich die höchstzulässige Tagesfracht eines Abwasserinhaltsstoffes aus der Multiplikation der im Bewilligungsbescheid festzulegenden Größen der maximalen Tagesabwassermenge, der maximalen Tagesproduktion oder der täglich maximal eingesetzten Rohstoffmenge mit dem jeweiligen Emissionswert (Konzentration oder spezifische Schmutzfracht).

4.2. Die belangte Behörde hat zu Unrecht den § 32 Abs 4 WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschrift angesehen. Tatsächlich ist auch der wesentliche Inhalt des Tatbestandes der gegenständlichen Verwaltungsübertretung dem § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 zu entnehmen, der allerdings im Zusammenhang mit dem Merkmal der bewilligungspflichtigen Einleitung in eine Kanalisation auf die Ausnahmevorschrift des § 32 Abs 4 WRG 1959 verweist. Diese Gesetzesstelle umschreibt die Voraussetzungen, unter denen eine indirekte Einleitung ausnahmsweise nicht bewilligungspflichtig ist. So gesehen ist das Nichtvorliegen dieser Bedingungen (negatives) Tatbestandsmerkmal des § 137 Abs 2 lit h WRG 1959, was positiv in dem Merkmal der bewilligungspflichtigen Einwirkung zum Ausdruck kommt. Daß im vorliegenden Fall keine bewilligungspflichtige Einleitung anzunehmen sei, kann angesichts der festgestellten Tatsachen nicht ernsthaft behauptet werden.

Zu berichtigen war auch die unscharfe Formulierung im Spruch des Straferkenntnisses "...ohne Bewilligung bzw. entgegen der Bewilligung...", weil diese gesetzliche Alternative des grundsätzlich im Spruch zu Recht ausgeführten § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 auf diese Weise nicht verwischt werden darf.

Im Hinblick darauf, daß der Spruch auch die wasserrechtliche Bewilligung vom 20. Juni 1988 nicht genau darstellte, hat der erkennende Verwaltungssenat bei Wahrung der Identität der angelasteten Tat eine präzisere Umformulierung vorgenommen. Dabei war auch im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine zeitliche Eingrenzung des zur Last gelegten Dauerdelikts der quantitativ überhöhten Einleitung in die Ortskanalisation entgegen dem Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes vorzunehmen, wobei im Zweifel zugunsten des Beschuldigten als Beginn das Überprüfungsdatum 19. November 1992 und als Ende das Entscheidungsdatum erster Instanz maßgeblich sein mußte.

4.3. Dem Berufungsvorbringen, das unter Hinweis auf die oben dargestellten Abwasseremissionsverordnungen eine mangelnde Konkretisierung gemäß § 44a VStG rügt, weil eine Abwassereinleitung grundsätzlich anhand der eingeleiteten Tagesfrachten der Abwasserinhaltsstoffe zu beurteilen sei, kann nicht gefolgt werden. Die Berufung verkennt dabei, daß es nach der wasserrechtlichen Bewilligung im gegenständlichen Fall nicht um festgelegte Emissionswerte und damit um die qualitative Beurteilung der Abwassermenge nach höchstzulässigen Tagesfrachten geht, sondern nur auf die Überschreitung der höchstzulässigen Tagesabwassermenge von 18 m3/d und damit auf einen rein quantitativen Aspekt ankommt. Aus diesem Grund ist die Rüge einer fehlenden Spruchkonkretisierung in bezug auf höchstzulässige Tagesfrachten, die weder vorgeschrieben noch angelastet wurden, schon im Ansatz verfehlt.

4.4. Aus Anlaß der eingebrachten Berufung war von amtswegen die Strafbemessung der belangten Behörde zu überprüfen (vgl dazu verst Sen VwSlg 12489 A/1987). Als mangelhaft fällt auf, daß nur pauschal festgestellt wurde, die verhängte Strafe sei den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschuldigten angepaßt worden. Der Bw hat seine persönlichen Verhältnisse der belangten Behörde nicht mitgeteilt, obwohl anläßlich der Akteneinsicht im Rechtshilfeweg durch den Bürgermeister der Stadt Linz die Aufforderung zur Bekanntgabe erging und für den Fall der Nichtentsprechung die Schätzung eines monatlichen Nettoeinkommens von S 20.000,-- bei fehlenden Sorgepflichten mitgeteilt worden ist. Die belangte Behörde durfte bei dieser Sachlage von der mitgeteilten Schätzung ausgehen, weil der Bw der Mitwirkungspflicht zur Feststellung seiner persönlichen Verhältnisse nicht entsprochen und der Schätzung auch nicht unter Vorlage von geeigneten Beweismitteln widersprochen hat.

Im Ergebnis erachtet der erkennende Verwaltungssenat die verhängte Geldstrafe für tat- und schuldangemessen, zumal ein Deliktszeitraum im Ausmaß von rund einem halben Jahr vorliegt und als erschwerend die erhebliche Überschreitung um das Vierfache (Gesamteinleitung beträgt das Fünffache der höchstzulässigen Abwassermenge) ins Gewicht fällt. Die bloße Bereitschaft zur Herstellung eines konsensmäßigen Zustandes kann entgegen der Erstbehörde noch nicht als Milderungsgrund gewertet werden, weil dazu ohnehin eine gesetzliche Verpflichtung besteht. Außerdem liegt nach dem Überprüfungsbericht des Amtssachverständigen gegenständlich auch eine sanierungspflichtige Anlage iSd § 33c WRG 1959 iVm der oben erwähnten Abwasseremissionsverordnung für Schlachtbetriebe und fleischverarbeitende Betriebe vor, sodaß der Bw schon gemäß § 33c Abs 2 WRG 1959 als Wasserberechtigter verpflichtet ist, innerhalb von zwei Jahren nach Erlassung der Verordnung ein Sanierungsprojekt zur wasserrechtlichen Bewilligung vorzulegen oder die Anlage mit Ablauf der festgelegten Sanierungsfrist von fünf Jahren (vgl § 5 der VO BGBl Nr. 182/1991) stillzulegen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde im groben Mißverhältnis zur verhängten Geldstrafe festgesetzt, womit der belangten Behörde ein Ermessensfehler unterlaufen ist. Sie war nach dem § 16 Abs 2 VStG in der Höhe von höchstens zwei Wochen festzusetzen. Insofern hat die belangte Behörde ohne jede Begründung für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine unverhälnismäßige Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen festgelegt. Nach der ständigen Judikatur des O.ö.

Verwaltungssenates ist die Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip des Art 1 Abs 3 PersFrSchG 1988 (BGBl Nr. 684/1988) grundsätzlich in Relation zu der verhängten Geldstrafe festzusetzen, wobei das Verhältnis der höchstmöglichen Geldstrafe zur höchstmöglichen Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend ist. Nur mit besonderer Begründung können ausnahmsweise aufgrund der Umstände des Einzelfalls aus Rücksicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie die Sorgepflichten des Täters Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe abweichend von dieser Relation bemessen werden. Da derartige besondere Gründe nicht vorliegen, sieht sich der erkennende Verwaltungssenat daher veranlaßt, die Ersatzfreiheitsstrafe auf das nach dem Unrechts- und Schuldgehalt vertretbare Maß von 3 Tagen herabzusetzen.

5. Bei diesem Ergebnis hatte gemäß § 65 VStG die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem erkennenden Verwaltungssenat zu entfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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