Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260075/2/Wei/Shn

Linz, 15.03.1994

VwSen-260075/2/Wei/Shn Linz, am 15. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Ing. H J, vertreten durch Dr. R F, Rechtsanwalt in V, S, vom 7. Juli 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. Juni 1993, Zl. Wa 96-458-1992, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG 1991 eingestellt.

II. Die Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991
Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 14. Juni 1993 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt für schuldig befunden:

"Sie sind im Sinne des § 9 VStG der H GesmbH als Komplementär der H KG, R, dafür verantwortlich, daß zumindest am 17.7.92 die häuslichen Abwässer aus dem Büro- und Werkstättengebäude in den R abgeleitet werden, obwohl mit Bescheid des Amtes der o.ö.L.Reg., Wa-3621/3-1979/Spi/Kep, die wasserrechtl. Bewilligung für die Ableitung der häuslichen Abwässer aus dem Bürogebäude befristet bis zum 31.12.1985 und aus dem Werkstättengebäude befristet bis zum 31.12.1990 erteilt worden und somit bereits erloschen ist." Der Bw habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 verletzt und werde wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs 3 lit g leg.cit. über ihn eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen) verhängt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 23. Juni 1993 zugestellt worden ist, richtet sich die am 8. Juli 1993 bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung vom 7. Juli 1993. Diese Berufung wurde höchstwahrscheinlich (Nachweis im Akt fehlt) noch am 7. Juli 1993 - und damit rechtzeitig zur Post gegeben.

2.1. Begründend führt die belangte Behörde aus, daß mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18.

Dezember 1979, Wa-3621/3-1979, der H GesmbH & Co KG unter Spruchabschnitt I die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung der häuslichen Abwässer in den Redlbach aus dem Bürogebäude befristet bis 31. Dezember 1985 und aus dem Werkstättengebäude befristet bis 31. Dezember 1990 erteilt worden sei. Die wasserrechtliche Bewilligung sei infolge Fristablaufes erloschen, weshalb jede Ableitung ab den genannten Zeitpunkten konsenslos erfolgte.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. August 1992 wurde gegen Herrn Ing. J H als gemäß § 9 VStG Verantwortlichen der Fa. H KG wegen der konsenslosen Ableitung am 17. Juli 1992 ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. In seiner niederschriftlichen Rechtfertigung vom 3. November 1992 teilte der Bw mit, daß gegen einen gemäß § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 erteilten wasserpolizeilichen Auftrag des Landeshauptmannes vom 27.

August 1992, wonach u.a. die Einleitung der Abwässer in den R unverzüglich, längstens aber bis zum 20. September 1992 einzustellen war, Berufung eingebracht worden wäre. Das Verwaltungsstrafverfahren werde erst nach rechtskräftiger Berufungsentscheidung fortgeführt werden können. Die belangte Behörde hat in der Folge die Berufungsentscheidung vom 8. Jänner 1993 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Zl. 511.915/02-I 5/92, abgewartet, mit der die Frist zur Einstellung der Einleitung von häuslichen Abwässern aus dem Büro- und Werkstättengebäude auf den Grundstücken Nr. und Nr. je der Katastralgemeinde R in den R bis Ende 1995 erstreckt worden ist.

Darüber berichtete die Wasserrechtsbehörde mit Schreiben vom 6. April 1993, Zl. Wa-100345/44-1993/Spi/Lin, unter Hinweis auf die erloschenen wasserrechtlichen Bewilligungen und die Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 durch bewilligungslose Ableitung der häuslichen Abwässer.

Die belangte Strafbehörde begründete ihren Schuldspruch damit, daß unabhängig von der ergangenen Berufungsentscheidung das Wasserbenutzungsrecht für die Ableitung der häuslichen Abwässer in den R mit den Terminen 31. Dezember 1985 bzw 31. Dezember 1990 erloschen ist. Anläßlich des Lokalaugenscheines am 17. Juli 1992 sei festgestellt worden, daß die Abwässer weiterhin in den Redlbach eingeleitet werden. Der konsenslose Zustand sei am 17. Juli 1992 somit zweifelsfrei erwiesen worden. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei als erwiesen anzunehmen, daß der Bw als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher der H KG eine bewilligungspflichtige Maßnahme im Sinne des Wasserrechtsgesetzes ohne die erforderliche Bewilligung vorgenommen hat.

2.2. Mit der Berufung wird das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und das Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Verschuldens bestritten.

Das Erlöschen der wasserrechtlichen Bewilligungen durch Zeitablauf am 31. Dezember 1985 bzw am 31. Dezember 1990 sei schlicht und einfach übersehen worden. Im Jahr 1985 sei der Bruder des Bw, F H, mit dem er zusammen das Unternehmen geleitet habe, verstorben. Dieser sei für die Überwachung der wasserrechtlichen Bewilligungen im Betrieb zuständig gewesen. Nach dem unvorhergesehenen Ableben habe der Bw auch noch die Agenden des Bruders übernehmen müssen, zumal dessen Kinder noch minderjährig waren. Der Bw wäre damals stark überlastet gewesen, da nicht nur Fragen der Betriebsführung, sondern auch schwierige erbrechtliche Fragen wegen der minderjährigen Kinder hätten gelöst werden müssen. Im Zuge dieser angespannten Situation habe man das Auslaufen der wasserrechtlichen Bewilligung am 31. Dezember 1985 übersehen. Offensichtlich fiel auch der Behörde das Ende der wasserrechtlichen Bewilligung 7 Jahre lang nicht auf und wäre ihr wahrscheinlich auch noch länger nicht aufgefallen, wenn nicht anläßlich eines in ganz anderem Zusammenhang durchgeführten Lokalaugenscheines am 17. Juli 1992 das Erlöschen festgestellt worden wäre. Daher müsse man auch dem Bw ein entschuldbares Versehen zubilligen. Das Erlöschen der Bewilligung für die Einleitung der Abwässer aus dem Werkstättengebäude sei ebenfalls erst anläßlich des Lokalaugenscheines hervorgekommen. Auch in diesem Fall liege nur eine entschuldbare Fehlleistung, die nicht einmal den Grad einer Fahrlässigkeit erreiche, vor.

Die Berufung schildert in weiterer Folge den Ablauf des wasserrechtlichen Administrativverfahrens und leitet aus der Fristerstreckung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ab, daß bis zum Ende dieser Frist ein strafrechtlich relevantes Verhalten nicht gesetzt werden könne, da die Einleitung der Abwässer mit Zustimmung der Behörde erfolge. Es könne nicht sein, daß bei Einhaltung der Frist das bescheidkonforme Verhalten eine Verwaltungsübertretung darstelle. Diese rechtliche Situation versuche die Strafbehörde durch bloßes Abstellen auf den 17.

Juli 1992, also auf einen Tag vor der Erlassung der Berufungsentscheidung, zu umgehen. Durch die Entscheidung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft sei aber die konsenslose Einleitung der Abwässer in den Redlbach gerechtfertigt, zumindest werde aber eine allfällige Strafbarkeit im nachhinein aufgehoben, wobei wesentlich sei, daß das angefochtene Straferkenntnis erst nach Vorliegen des Berufungsbescheides erlassen wurde.

Zum besseren Verständnis bringt die Berufung vor, daß sich die Sachbearbeiterin der Wasserrechtsbehörde I. Instanz (Landeshauptmann für Oberösterreich) offensichtlich fürchterlich über die Berufungsentscheidung geärgert und diese dadurch zu unterlaufen versucht habe, daß sie bereits am 28. Jänner 1993 der H GmbH als persönlich haftenden Gesellschafterin der H KG angedroht hätte, das Erlöschen der Wasserbenutzungsrechte bescheidmäßig festzustellen und als letztmalige Vorkehrung die Demolierung der Kläranlage kurzfristig vorzuschreiben. Dagegen habe sich der Bw unter Hinweis auf die Berufungsentscheidung ausgesprochen, was in der Folge zur Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses geführt habe. Die ganze Angelegenheit drohe dahin auszuarten, daß gewisse Animositäten zwischen Unter- und Oberbehörde auf dem Rücken des Bw ausgetragen werden.

Aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage bestehe weder in spezial- noch in generalpräventiver Hinsicht Bedarf für eine Bestrafung. Im Zuge des betrieblichen Schotterabbaus seien zahlreiche wasserrechtliche Bewilligungen erteilt worden und sei es bisher zu keinerlei Beanstandungen gekommen. Dieser Umstand sei zumindest als Milderungsgrund heranzuziehen, weshalb es unrichtig sei, wenn der angefochtene Bescheid ausführt, es lägen keine Milderungsgründe vor.

Abschließend werden die Berufungsanträge gestellt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die I. Instanz zurückzuverweisen, im Falle der Bestätigung die Strafe herabzusetzen und eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

2.3. Die belangte Behörde hat die Berufung und den bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt unstrittig ist und ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen sind. Deswegen, und weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war keine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat keiner strengeren Strafe nach Abs 4 oder 5 unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Unbestritten ist der folgende im wasserrechtlichen Auftragsverfahren nach § 138 Abs 1 lit a) WRG 1959 festgestellte Sachverhalt:

Die gegenständliche Einleitung von nur teilbiologisch in einer Dreikammerfaulanlage gereinigten häuslichen Abwässern in den R (Ausmaß: Bürogebäude ca 50 EGW, Werkstätte 6,5 EGW) entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Die in der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung bzw in der 1.

Emissionsverordnung für kommunales Abwasser festgelegten Reinigungsleistungen können nur zu 15 bis 20 % erzielt werden, wodurch angefaultes Abwasser in den Vorfluter gelangt und mit einer mehr als geringfügigen Beeinträchtigung zu rechnen ist. Die Ableitung über die bestehenden Vorreinigungsanlagen wird den erhöhten Anforderungen an den Gewässerschutz nicht gerecht und verletzt öffentliche Interessen an der Erhaltung bzw Verbesserung der Wassergüte (vgl die Bescheide des LHOÖ vom 27.8.1992 und des BMLF vom 8.1.1993).

Es kann daher kein Zweifel bestehen, daß die Einbringung der Abwässer über die bestehende Anlage im Sinne des § 32 Abs 1 und 2 lit a) WRG 1959 eine bewilligungspflichtige Maßnahme bzw Einwirkung ist. Die früheren wasserrechtlichen Bewilligungen waren befristet und sind die entsprechenden Wasserbenutzungsrechte mit 31. Dezember 1985 bzw 31.

Dezember 1990 durch Zeitablauf erloschen (vgl § 27 Abs 1 lit c WRG 1959). Seit diesen Terminen darf daher grundsätzlich keine weitere Einleitung der Abwässer in den Redlbach erfolgen.

4.2. Gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 ist unabhängig von einer Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen des WRG 1959 übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fällt unter den weiten Begriff der eigenmächtigen Neuerungen jede bewilligungsbedürftige Maßnahme, für die keine Bewilligung vorliegt (vgl dazu näher m Nw Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], § 138 Rz 6). Deshalb ist auch die konsenslose Einleitung der häuslichen Abwässer in den Redlbach eine solche eigenmächtige Neuerung, die die Wasserrechtsbehörde im öffentlichen Interesse veranlaßt hat, einen wasserpolizeilichen Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu erteilen. Durch einen solchen wasserpolizeilichen Auftrag ändert sich am konsenswidrigen Zustand nichts. Wie die Einleitung des § 138 Abs 1 WRG 1959 ausdrücklich klarstellt, ist dieses Auftragsverfahren unabhängig von einer strafrechtlichen Verfolgung durchzuführen. Die Fälle des § 138 WRG 1959 setzen aber eine nach dem WRG rechtswidrige Situation voraus, in der die Wasserrechtsbehörde verpflichtet ist, die Beseitigung bewilligungsbedürftiger Maßnahmen oder sonst die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufzutragen (vgl zum Ganzen Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, § 138 Rz 1 ff, insb Rz 3 u 4).

4.3. Im vorliegenden Fall erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat problematisch, daß der Landeshauptmann als Wasserrechtsbehörde erster Instanz in dem ergangenen wasserpolizeilichen Auftrag überhaupt eine - wenn auch ursprünglich nur ganz kurze - Frist für die Einstellung der Einleitung der häuslichen Abwässer in den Redlbach bestimmt und sich nicht auf die befristete Anordnung von Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Einleitungen und zur Beseitigung der entsprechenden Anlagen beschränkt hat. Da sich die fehlende Erlaubnis zur Abwassereinleitung schon aus der allgemeinen Rechtslage ergibt, hätte es keines Gebotes oder Verbotes mehr bedurft. Der bewilligungslosen Einleitung von Abwässern ist ohnehin im Wege eines Verwaltungsstrafverfahrens zu begegnen. Die strafbewehrte Pflicht zur Unterlassung der Einleitung bzw das Verbot der bewilligungslosen Einleitung iSd § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 ist keine gemäß § 138 WRG 1959 vorzuschreibende Leistung.

Die durch einen Endtermin festgelegte aufschiebende Befristung der Einstellung der Einleitung ist aber schädlich, weil damit bei objektiver Auslegung des Wortsinnes entgegen der Wasserrechtslage und dem Normzweck des § 138 WRG 1959 die Einleitung befristet zugelassen und damit letztlich eine Bewilligung zur Einleitung bis zum festgelegten Endtermin geschaffen wird. Diese Situation wurde im Berufungsverfahren durch die Abänderung des Bescheides der Wasserrechtsbehörde erster Instanz und die wesentliche Verlängerung der gewährten Frist zur Einstellung der Einleitung bis Ende 1995 noch verschärft.

Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist im wasserrechtlichen Verwaltungsverfahren eine zwar rechtswidrige aber rechtskräftige und im Wege des § 68 AVG nicht behebbare Bewilligung zur Einleitung der Abwässer in den Redlbach geschaffen worden, wobei zunächst eine Befristung bis zum 20. September 1992 und danach bis Ende 1995 vorgesehen wurde. Der erkennende Verwaltungssenat kann im normativen Gehalt keinen wesentlichen Unterschied zwischen einer befristeten Bewilligung zur Einleitung der häuslichen Abwässer und dem befristeten Auftrag zur Einstellung der Einleitung der Abwässer bis zu einem bestimmten Endtermin erkennen. Denn der letztgenannte Auftrag setzt implizit voraus, daß bis zu dem Termin die Einleitung erfolgen darf, weil er andernfalls überhaupt sinnlos wäre.

Der Begründung der Berufungsentscheidung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (vgl näher den Bescheid vom 8.1.1993, Seiten 4 und 5) ist auch zu entnehmen, daß wegen der bislang noch nicht vorhandenen Möglichkeit eines Kanalanschlusses eine angemessene, moderate Frist vorgeschrieben werden sollte, die auf die künftige Entwicklung Rücksicht nimmt. Dabei habe die Rücksprache mit dem Projektanten der Gemeinde ergeben, daß mit einem Anschluß der Anlagen des Bw an das öffentliche Kanalnetz innerhalb von drei Jahren zu rechnen sei. Da somit eine gute Lösung absehbar sei und ein Umbau bis dahin wirtschaftlich nicht mehr vertretbar erscheine, sollte nach Ansicht des im Berufungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik die Frist zur Einstellung der Einleitung bis Ende 1995 erstreckt werden. Dieser Argumentation, die eindeutig von einer weiterhin zuzulassenden Einleitung der häuslichen Abwässer in den Redlbach bis zur Schaffung einer Kanalisation ausgeht, hat sich die Berufungsbehörde vollinhaltlich angeschlossen und unter dem teilweise (in bezug auf die Einleitung, nicht aber in bezug auf die schon erstbehördlich angeordneten Beseitigungsmaßnahmen) verfehlten Aspekt des § 59 Abs 2 AVG eine Verlängerung der Frist zur Leistung bzw Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ausgesprochen. Dies bedeutet aber gleichzeitig, daß die Wasserrechtsbehörde zweiter Instanz die fortgesetzte Einleitung der Abwässer zulassen wollte. Auch die zur Auslegung der objektiven Grenzen des Spruches herangezogene Begründung des Bescheides läßt daher seine gesetzeskonforme Interpretation nicht zu (zur Auslegung von Bescheiden vgl näher Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. A [1991], Rz 414 u 481).

Entgegen der Berufung bedeutet die Entscheidung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft zwar keinen Rechtfertigungsgrund ieS aber immerhin eine Bewilligung für die Einleitung der Abwässer in den Redlbach bis Ende 1995, die das Tatbestandsmerkmal der bewilligungslosen Einwirkung auf Gewässer im § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 und damit die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift ausschließt. Sie wirkt ab dem Zeitpunkt ihrer Erlassung durch Zustellung an den Bw.

Die Aufhebung der Strafbarkeit im nachhinein kann daraus nicht abgeleitet werden.

4.4. Nach der Lösung der dargelegten Vorfragen steht fest, daß der angelastete 17. Juli 1992 jedenfalls kein Termin war, zu dem die Einleitung der häuslichen Abwässer über die bestehende Anlage in den R zulässig sein konnte.

Dennoch war das angefochtene Straferkenntnis mangels hinreichender Konkretisierung iSd § 44a Z 1 VStG ersatzlos aufzuheben. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (seit verst Sen v 13.6.1984 VwSlg 11466 A/1984; vgl dazu eingehend m Nw Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 937 ff) muß im Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, und daß er rechtlich davor geschützt wird, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Zu der erforderlichen Konkretisierung und Individualisierung des inkriminierten Verhaltens gehört auch die Angabe von Tatzeit und Tatort.

Im gegenständlichen Fall hat es die belangte Strafbehörde unterlassen, im Spruch des Straferkenntnisses den Tatort zu umschreiben, obwohl dieser aus den im wasserrechtlichen Auftragsverfahren ergangenen Bescheiden eindeutig hervorgeht. Der Spruch stellt lediglich auf die Ableitung der häuslichen Abwässer aus dem Büro- und Werkstättengebäude in den Redlbach ab und führt die Grundstücke Nr. und Nr. je der KG Redlham nicht an, auf denen sich dieses Gebäude befindet. Die bloße Umschreibung eines so wesentlichen Tatbestandsmerkmales in der Begründung genügt aber im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht (vgl etwa VwSlg 11069 A/1983 uva). Damit kann von einem unverwechselbaren Feststehen der Identität der Tat keine Rede sein. Da auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. August 1992 keine taugliche Verfolgungshandlung enthält, ist mittlerweile die im Gegenstand maßgebliche einjährige Frist des § 137 Abs 9 1. Satz ungenützt verstrichen und Verfolgungsverjährung in bezug auf das spruchmäßig angelastete Verhalten der Ableitung von Abwässern in den Redlbach am 17. August 1992 eingetreten. Ein anderer Sachverhalt, etwa die naheliegende Frage eines fortgesetzten Deliktes, war vom erkennenden Verwaltungssenat nicht zu berücksichtigen, weil er gemäß dem § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG nicht befugt ist, dem Beschuldigten eine andere als die von der Strafbehörde als erwiesen angenommene Tat, die Gegenstand des Straferkenntnisses war, anzulasten (vgl ua VwGH 23.11.1993, 93/04/0169; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 30.10.1991, 91/09/0111; VwSlg 9222 A/1977).

Aus den dargelegten Gründen war das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen. Auf das weitere Berufungsvorbringen brauchte nicht mehr eingegangen werden.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung des Bw zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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