Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260077/5/Wei/Shn

Linz, 28.03.1994

VwSen-260077/5/Wei/Shn Linz, am 28. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dkfm. E B vom 16. Juli 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. Juni 1993, Zl. Wa 96-100-1993, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG 1991 eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991
Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 24. Juni 1993 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt:

"Sie sind im Sinne des § 9 VStG. für die B GesmbH, V, verantwortlich, daß zumindest seit 1.4.1993 die betrieblichen Abwässer aus der Schleiferei und der Härterei des Betriebes in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde Vöcklabruck eingeleitet werden, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung zu sein." Dadurch habe der Bw die Rechtsvorschriften der §§ 137 Abs 2 lit h iVm 32 Abs 4 WRG 1959 verletzt. Gemäß der gleichen Vorschriften verhängte die belangte Behörde eine Geldstrafe von S 5.000,-- und, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das laut Rückschein von der I. B Ges.m.b.H. am 7. Juli 1993 übernommen worden ist und dem Bw offenbar am 8. Juli 1993 tatsächlich zugegangen ist (vgl Rechtsmittelschrift), richtet sich die als Einspruch bezeichnete rechtzeitige Berufung vom 16. Juli 1993, eingelangt am 19. Juli 1993, der I. B Ges.m.b.H., gezeichnet von Dipl. Kfm. E B.

2.1. Begründend hat die belangte Behörde ausgeführt, daß nach einer Äußerung des Amtssachverständigen für Chemie problematische Abwässer aus der Schleiferei und Härterei des Betriebes über eine betriebsinterne Kanalisation in den Vorfluter, den Schöndorfer Werkskanal, und in weiterer Folge in die Ager abgeleitet wurden. Mit Bescheid des Landeshauptmannes für Oberösterreich vom 28. Jänner 1993 sei die Einstellung der Ableitung der Abwässer mit Ausnahme der bewilligten Kühlwässer bis 30. April 1993 aufgetragen worden. Seit Ende März 1993 werden die Abwässer ohne wasserrechtliche Bewilligung in die Ortskanalisation eingeleitet. In den Rechtfertigungsangaben vom 18. Mai 1993 sei ausführlich geschildert worden, daß man seit 2 Jahren an einer Lösung für die Einleitung der betrieblichen Abwässer in die Ortskanalisation arbeite, der angelastete Sachverhalt aber nicht bestritten worden.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens könne als erwiesen angenommen werden, daß die Ableitung der betrieblichen Abwässer in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde Vöcklabruck zumindest seit 1. April 1993 ohne wasserrechtliche Bewilligung erfolge. Das Erfordernis der wasserrechtlichen Bewilligung sei nach Angaben der Stadtgemeinde Vöcklabruck bereits im Baubescheid vom 24.

Oktober 1991 (die I. B Ges.m.b.H. betreffend) aufgezeigt worden.

In rechtlicher Hinsicht wird erkennbar auf § 9 Abs 1 VStG abgestellt, wonach der zur Vertretung nach außen Berufene für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich ist. Im übrigen werden die Vorschriften der §§ 32 Abs 4 und 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 dargestellt.

2.2. In der Berufung wird unter Hinweis auf § 32 Abs 4 WRG 1959 im einzelnen unter Vorlage von Urkunden dargelegt, welche Sanierungs- und Überprüfungsmaßnahmen in den vergangenen Jahren ergriffen wurden, um die Einleitung der betrieblichen Abwässer in die öffentliche Kanalisation zu ermöglichen. Die I. B Ges.m.b.H. könne beim besten Willen nicht erkennen, worin ein strafbarer Tatbestand gegeben sein soll. Es wird die Frage aufgeworfen, wie man anders hätte handeln können. Das Sanierungsprojekt 387/1989 liege schon seit 1989 vor und sei nicht erst nach dem Baubescheid vom 24. Oktober 1991 erstellt worden.

Der Bw arbeite seit 1991 kostenlos und lebe von der Pension.

Nicht viele Menschen wären bereit, ohne Lohn oder Gehalt für einen Betrieb zu arbeiten, um ihn für die Mitarbeiter zu erhalten. Es werde daher gebeten, die Betriebe entsprechend zu unterstützen anstatt einen unbescholtenen Bürger 7 Tage einsperren zu lassen wegen möglicher Formfehler.

2.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt mit der Berufung zur Entscheidung vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der Sachverhalt im wesentlichen unstrittig feststeht.

Ergänzend war im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die insofern leider unvollständige Aktenlage durch Einholung eines Firmenbuchauszuges zu erheben, wer im Sinne des § 9 Abs 1 VStG als zur Vertretung nach außen Berufener der I.

B Ges.m.b.H. für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich ist.

Da daraufhin schon nach der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war keine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Zunächst fällt auf, daß die vorliegende Berufung nach dem äußeren Anschein von der I. B Ges.m.b.H.

vertreten durch den von der belangten Strafbehörde beschuldigten Dkfm E B eingebracht worden ist. Bei formaler Betrachtungsweise könnte man argumentieren, daß Herr Dkfm E B im eigenen Namen Berufung hätte erheben müssen und nicht im Namen der I. B S Ges.m.b.H., der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Verwaltungsstrafverfahren keine Parteistellung zukommt. Mit der Problematik der Zurechnung von Prozeßhandlungen hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon beschäftigt und ausgesprochen, daß im Zweifel Klarheit verschafft werden müsse, indem den Parteien gemäß § 37 AVG Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen gegeben wird (vgl verst Sen VwSlg 11625/1984; VwGH 3.5.1993, 93/18/0004). Da das Straferkenntnis an Dkfm E B persönlich adressiert ist, er mitgeteilt hat, daß er seit 1991 in Pension sei, und die ergänzende Erhebung durch Einholung eines Firmenbuchauszuges ergab, daß er nie vertretungsbefugter Geschäftsführer war, geht der erkennende Verwaltungssenat davon aus, daß er im eigenen Namen Berufung einbringen wollte und nur aufgrund geschäftlicher Gepflogenheiten das Briefpapier der I. B S Ges.m.b.H. und eine firmenmäßige Zeichnung gewählt hat.

4.2. Aus dem eingeholten Firmenbuchauszug vom 23. März 1994 zur Firmenbuchnummer des Landesgerichts Wels ergibt sich, daß die mit dem Gesellschaftsvertrag vom 18. September 1989 gegründete I. B Gesellschaft m.b.H. und Herr M S als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer seit dem 6. November 1989 im Firmenbuch eingetragen sind, ohne daß seither eine Änderung erfolgt wäre. Herr Dkfm E B war demnach nie handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft m.b.H.

Das angefochtene Straferkenntnis bringt im Spruch nicht ordnungsgemäß zum Ausdruck, in welcher Eigenschaft dem Bw die Verwaltungsübertretung angelastet wird. Es ist nur pauschal und damit unzureichend die Rede von dem Verantwortlichen im Sinne des § 9 VStG. In der Begründung wird allerdings der § 9 Abs 1 VStG wiedergegeben, woraus zu schließen ist, daß die Strafbehörde angenommen hat, der Bw sei als zur Vertretung nach außen Berufener anzusehen. Dies trifft nach herrschender Auffassung aber nur für Organe (handelsrechtliche Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder) der juristischen Person zu, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung zur Vertretung berufen sind. Die bloße Bevollmächtigung oder die Erteilung der Prokura genügen insofern nicht (vgl näher mN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens [1990], 755 f).

Gemäß § 9 Abs 2 und 4 VStG besteht die Möglichkeit der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten, der nicht dem Kreise der zur Vertretung nach außen Berufenen angehört, für einen bestimmten räumlich oder sachlich abgegrenzten Unternehmensbereich. Nach § 9 Abs 4 VStG muß der verantwortlich Beauftragte seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung (seit verst Sen v 16.1.1987 VwSlg 12375 A/1987), daß der verantwortliche Beauftragte erst ab dem Zeitpunkt seiner nachweislichen Zustimmung an die Stelle des sonst gemäß § 9 Abs 1 VStG Verantwortlichen tritt. Dabei ist der Nachweis durch ein Beweisergebnis zu erbringen, das schon vor Begehung der Tat etwa in Form einer Urkunde oder Zeugenaussage vorhanden war. Es genügt nicht, wenn sich der Beschuldigte auf eine erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlichen Beauftragten beruft, mit der dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (vgl näher VwGH 12.12.1991, 19/06/0084).

4.3. Nach der Aktenlage ist nicht der geringste Hinweis vorhanden, daß der Bw als verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich sein könnte. Da er auch nicht als verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer in Betracht kam und ihm die Begehung der Verwaltungsübertretung als unmittelbaren Täter nicht angelastet wurde, steht jedenfalls fest, daß der Bw nicht hätte bestraft werden dürfen. Auf die vorgeworfene bewilligungslose Einleitung der betrieblichen Abwässer in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde Vöcklabruck nach dem Tatbild des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 war daher inhaltlich nicht mehr einzugehen. Das Strafverfahren gegen den Bw war gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung des Bw zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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