Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-260087/4/Wei/Bk

Linz, 30.08.1994

VwSen-260087/4/Wei/Bk Linz, am 30. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine dritte Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des E B, geb. ..., P, vertreten durch Dr. H K, Rechtsanwalt in L, M, vom 18. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30. September 1993, Zl. Wa 96/25/1991/G, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 3 lit d) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I.1. Die Berufung wird bezüglich der angelasteten Tat vom 5.

September 1991 (Spruchpunkt 2.) als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

I.2. Hinsichtlich der Tat vom 29. August 1991 (Spruchpunkt 1.) wird das angefochtene Straferkenntnis aus Anlaß der Berufung aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat als weiteren Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens im Strafverfahren zu I. 1.

den Betrag von S 5.000,-- zu leisten. Im Strafverfahren zu I.2. sind keine Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, §§ 64 Abs 1 und 2, 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 30.

September 1993 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben 1. am 29.8.1991 gegen 21.00 Uhr und 2. am 5.9.1991 gegen 21.30 Uhr die aus ihrem S in P, E, anfallenden Abwässer - es handelte sich hiebei um eine übel riechende stark rötlich verfärbte Flüssigkeit - in den zwischen den Anwesen E und E gelegenen Gießgraben abgeleitet, wodurch es zu einer das Maß der Geringfügigkeit bei weitem überschreitenden Verunreinigung des Gießgrabens gekommen ist. (Die Verunreinigungen konnten zu den o.a. Zeiten in einem 2 x 1m großen Tümpel, welcher sich nur durch die Straße getrennt unmittelbar am eingezäunten Grundstück ihres Schlachtbetriebes in nördlicher Richtung befand, festgestellt werden.) Sie haben somit durch Außerachtlassung der zur Reinhaltung der Gewässer gebotenen Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. und 2: § 31 Abs. 1 iVm. § 137 Abs. 3 lit. d Wasserrechtsgesetz 1959 idF. BGBl.Nr. 252/1990" Wegen dieser Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde gemäß § 137 Abs 3 WRG 1959 je eine Geldstrafe in Höhe von S 25.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 84 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde ein Betrag von S 5.000,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Rechtsvertreter des Bw am 4. Oktober 1993 zugestellt worden ist, richtet sich die am 18. Oktober 1993 zur Post gegebene - und damit rechtzeitige - Berufung vom 18. Oktober 1993, mit der das Straferkenntnis "seinem ganzen Inhalte nach" angefochten wird.

2.1. In der Begründung ihres Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus, daß die Verwaltungsübertretung durch die Zeugenaussage des Gendarmeriebeamten sowie durch die Analyse der gezogenen Wasserprobe des Amtssachverständigen für Chemie und die zeugenschaftlichen Angaben mehrerer Personen aus der Nachbarschaft erwiesen sei. Es stehe demnach fest, daß Abwässer des Schlachtbetriebes des Bw, die stark organisch belastet waren, am betreffenden Tag in den Gießgraben abgeflossen sind.

Den Bestreitungen des Bw hielt die belangte Behörde die Aussage des Gendarmeriebeamten und die für glaubwürdig befundenen Angaben der Zeugen entgegen, wonach die im Gießgraben vorgefundenen Abwässer von keinem anderen Betrieb herrühren konnten. Weiters bestätige auch die Probenanalyse, daß die gezogene Wasserprobe stark organisch belastet war.

Für die belangte Behörde habe kein Anlaß bestanden, die Zeugenangaben und den Analysenbericht zu bezweifeln. Es sei erwiesen, daß die festgestellte Verunreinigung des Gießgrabens durch Abwässer aus dem Betrieb des Bw erfolgt ist. Der Umstand, daß das Abfließen nicht direkt beobachtet werden konnte, ändere daran nichts.

Zur Bestellungsurkunde vom 4. Dezember 1989 betreffend die Bestellung des Betriebsleiters E E zum Verantwortlichen "in puncto Schlächterei und Fleischzerlegung" hat die belangte Strafbehörde festgestellt, daß damit die Belange der Abwasserbeseitigung nicht von dieser Person zu vertreten sind. Da es früher schon zu ähnlichen Verunreinigungen des Gießgrabens gekommen wäre, hätte dem Bw das Problem der Abwasserbeseitigung bekannt sein müssen. Er habe offenkundig nicht ausreichend vorgesorgt, daß Abwässer nicht abfließen und eine Verunreinigung des Gießgrabens herbeiführen können. Dies zeige auch die Häufigkeit der Verunreinigungen, wobei den Angaben der Nachbarn, daß es viel häufiger zu Ableitungen und Verunreinigungen gekommen sei, besondere Bedeutung zukomme. Der Bw habe damit wenigstens fahrlässiges Verhalten zu verantworten.

Bei der Strafbemessung berücksichtigte die Strafbehörde einschlägige Vormerkungen und meinte, daß offenbar auch empfindliche Geldstrafen den Bw nicht zu mehr Sorgfalt bei der Abwasserbehandlung bewegen können. Es bedürfe daher einer noch strengeren Bestrafung, um ihn zu einem rechtmäßigen Verhalten zu bringen. Der Milderungsgrund des § 35 Z 18 (richtig: § 34 Z 18) StGB komme dem Bw nicht zugute, da erst kürzlich wegen Ableitung von Abwässern sogar dem Gericht Anzeige hätte erstattet werden müssen.

Schließlich sei auch zu berücksichtigen, daß es zu einer erheblichen Verunreinigung des Gießgrabens gekommen war und die öffentlichen Interessen des Gewässerschutzes stark beeinträchtigt wurden. Der anzuwendende Strafrahmen in Höhe von S 100.000,-- sei entsprechend auszuschöpfen.

Bezüglich der persönlichen Verhältnisse des Bw ging die belangte Behörde von der in ihrer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Oktober 1991 bekanntgegebenen und unwidersprochen gebliebenen Schätzung aus. Danach legte sie ihrer Entscheidung zugrunde: ca. S 20.000,-Monatseinkommen, Besitzer eines Schlachtbetriebes und einer Landwirtschaft, für Gattin und vier Kinder sorgepflichtig.

2.2. In der Berufung wird dem Straferkenntnis entgegengehalten, daß die Verunreinigung in einem Tümpel festgestellt worden sei, der sich rund 200 Meter vom Schlachthaus des Bw entfernt auf dem Grundstück des Anzeigers Franz Bernroitner und jenseits einer öffentlichen Straße befunden hätte, die sich somit zwischen dem Schlachthaus und dem Tümpel befunden hätte. Obwohl von den erhebenden Gendarmeriebeamten in bezug auf die Entfernung des Tümpels vom Schlachthaus gänzlich verschiedene Entfernungsangaben gemacht worden wären und die geschilderte örtliche Situation eher gegen eine Verunreinigung durch Abwässer aus dem Schlachtbetrieb des Bw spreche, zumal es sich beim sogenannten Gießgraben um kein fließendes Gerinne sondern um eine Abflußmulde handle, die die meiste Zeit über trocken sei und durch eine Weide führe, habe die belangte Behörde den Anträgen auf Durchführung eines Lokalaugenscheines keine Folge gegeben. Der Bw erblickt darin einen Verfahrensmangel, weil ohne Besichtigung der Örtlichkeit keine verläßliche Beurteilung erfolgen könne, ob die Verunreinigung des doch in beträchtlicher Entfernung vom Schlachthaus gelegenen Tümpels von Schlachtabwässern herrührt oder nicht. Dies gelte umso mehr, als sich der Gießgraben in einem landwirtschaftlich genutzten Bereich befinde und die Strecke zwischen Schlachthaus und Tümpel über eine Weide führe, auf der ständig Pferde und bisweilen auch Rinder weiden. Die beiden Anwesen E und E seien landwirtschaftliche Betriebe mit entsprechenden Mistablagerungsstätten und Bereichen, über die ständig Rinder getrieben werden, sodaß die festgestellte Gewässerverunreinigung auch durchaus natürliche landwirtschaftliche Ursachen haben könne und keineswegs allein auf Abwässer des Betriebes des Bw zurückzuführen sei.

Kein Chemiker und umso weniger ein Laie könne durch bloßen Augenschein feststellen, ob ein verunreinigtes Wasser, sei es auch rotbraun verfärbt, mit Blut vermengt ist und welche Ursachen eine hohe Konzentration an organischen Inhaltsstoffen habe. Dies sei laut Auskunft eines vom Beschuldigten befragten Fachmannes nicht einmal einem Chemiker ohne entsprechende Blutanalyse beispielsweise durch eine sogenannte Billi Rubinprobe möglich. Die rotbraune Verfärbung könne durchaus auch eisen- oder manganhaltige Stoffe zur Ursache haben. Die organischen Inhaltsstoffe könnten auch von Fäkalien stammen, wie sie sich im landwirtschaftlichen Bereich auf jeder Wiese und auf jedem Weg befinden können, wo Tiere weiden oder zur Weide getrieben werden. Insoweit sei der Analysenbericht des Amtssachverständigen für Chemie keineswegs exakt und lasse insbesondere die Möglichkeit unerörtert, ob nicht auch landwirtschaftliche Fäkalien die festgestellte Gewässerverunreinigung bewirkt haben können.

Daß es sich bei der Verunreinigung nicht um Abwässer aus dem Betrieb des Bw handeln könne, ergebe sich insbesondere daraus, daß direkt im Anschluß an das Schlachthaus drei flüssigkeitsdichte Senkgruben sämtliche Schlachtabwässer aufnehmen, sodaß es gar nicht möglich sei, daß solche Schlachtabwässer in den Gießgraben abfließen. Dies hätte die Behörde durch einen Lokalaugenschein einwandfrei feststellen können. Auch hätte sie beantragte Sachverständigengutachten einholen müssen, die ergeben hätten, daß die Verunreinigung auch durch landwirtschaftliche Fäkalien geschehen sein konnte. Es stehe fest, daß entgegen der Annahme des Amtssachverständigen für Chemie keine Blutreste auf bloßes Anschauen hin hätten festgestellt werden können. Auch in der Nichtbeiziehung des beantragten Sachverständigen werde ein Verfahrensmangel erblickt.

Aus all diesen Gründen beantragt der Bw, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

2.3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 25. Oktober 1993 ihren Verwaltungsstrafakt mit der Berufungsschrift zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint und das Vorbringen des Bw nicht geeignet ist, die erstbehördliche Beweiswürdigung zu erschüttern. Da auch keine relevanten Verfahrensmängel aufgezeigt wurden, konnte der erkennende Verwaltungssenat seiner Entscheidung bedenkenlos die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde zugrundelegen.

3.2. Die Berufung bringt einerseits unbegründete Behauptungen vor, die der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen, und führt andererseits Umstände an, die an den erstbehördlichen Feststellungen nichts ändern können.

Es spielt keine Rolle, ob der Tümpel übelriechenden Abwassers in einer Entfernung zum Schlachthaus des Bw von rund 200 m oder darunter vorgefunden wurde, weil auch eine Entfernung von 200 m als Nahebereich anzusehen ist.

Wesentlich ist, daß sich der Tümpel im Ablauf des quer über ein Grundstück des Bw führenden Gießgrabens nach einem Durchlaß unter der Gemeindestraße auf dem angrenzenden Grundstück des Nachbarn F B gebildet hat, der auch das Abfließen auf sein Grundstück beobachtet und wegen wiederholter Vorfälle die Anzeige erstattet hatte. Die Berufung bezeichnet dieses Grundstück als Weide, der Zeuge B spricht von der Pferdekoppel des Bw.

Im Verfahren der belangten Behörde zur Zahl Wa 96/16/1991/Me betreffend einen gleichgelagerten Vorfall vom 12. Jänner 1991 hat der Bw durch seinen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 22. Oktober 1991 3 Lichtbilder vorgelegt, aus denen die örtlichen Verhältnisse im Bereich der Pferdekoppel hervorgehen. Zum Lichtbild 1 erläutert die Eingabe, daß dieses Bild mit Blick in südlicher Richtung das Anwesen des Beschuldigten und nördlich davon die Pferdekoppel zeige, in die der sogenannte Gießgraben mündet. Der im Vordergrund ersichtliche Koppelzaun befinde sich am Rand der auf Lichtbild 2 ersichtlichen Straße. Nördlich davon im Bereich des Durchflußrohres (unter der Straße) befinde sich die Probeentnahmestelle. Das Lichtbild 3 zeige nochmals das Anwesen mit dem im Hintergrund ersichtlichen Schlachthaus und die nördlich gelegene Pferdekoppel, in die der Gießgraben mündet.

Durch diese aktenkundigen Lichtbilder, auf die auch der Zeuge Bernroitner Bezug nimmt, erscheinen die örtlichen Verhältnisse hinreichend geklärt. Daß der Gießgraben nur in Form einer Abflußmulde über die Pferdekoppel führt und häufig trocken ist, ändert nichts an der Tatsache des Abfließens der Abwässer über die Weide bzw Pferdekoppel des Bw und das Durchlaßrohr unter der Gemeindestraße auf das benachbarte Grundstück des Zeugen B. Auch das Naheverhältnis zum Schlachtbetrieb wird durch die Lichtbilder dokumentiert. Entgegen der Berufung ist auf den Lichtbildern auch keine Mistablagerungsstätte ersichtlich, durch die der Gießgraben bzw die Abflußmulde fließen und verunreinigt werden könnte. Daß allein durch die Beweidung abfließendes Schmutzwasser im gegenständlichen Ausmaß entstehen könnte, ist eine vollkommen unhaltbare Behauptung, die jeder Lebenserfahrung widerspricht.

Das Berufungsvorbringen zur Feststellbarkeit der Abwasserherkunft kann die erkennende Kammer ebenfalls nicht teilen. Vielmehr ist anzunehmen, daß mit Schlachtabfällen kontaminiertes Abwasser von Pferde- oder Kuhmist sowohl im Aussehen als auch im Geruch unterscheidbar ist. Den Geruch verfaulenden Blutes und von verwesenden Fleischresten kann man durchaus von Pferde- oder Kuhmist unterscheiden. Im gegenständlichen Fall ist es allerdings möglich und wahrscheinlich, daß in den Senkgruben des Bw Schlachtabwässer und Fäkalabwässer vermischt werden und gemeinsam zur Ableitung gelangen. Dafür spricht die Aussage des Zeugen B vom 18. August 1993 und der Vorakt Wa 96/16/1991 der belangten Behörde (vgl Gendarmerieanzeige vom 14.1.1991; Analysenbericht des Amtssachverständigen für Chemie vom 28.1.1991 und Zeugenaussage des GI F M vom 2.8.1993), wo von mit Blut vermischten Fäkalabwässern die Rede ist. Auch der verfahrensgegenständliche Analysenbericht vom 19. September 1991 (vgl Akt, Seite 7) geht von einer Vermischung von Schlächtereiabwässern mit häuslichen Abwässern bzw Jauche aus. Damit ist aber für den Bw nichts gewonnen, weil er auch nicht Schlachtabwässer, die mit Jauche vermischt wurden, ableiten darf.

Die Behauptung, daß wegen der im Anschluß an das Schlachthaus befindlichen 3 Senkgruben, die angeblich flüssigkeitsdicht seien und sämtliche Schlachtabwässer aufnehmen, keine Möglichkeit des Abfließens in den Gießgraben bestünde, ist schlechthin falsch. Der Bw hat damit nicht schlüssig dargetan, welche Sicherungen er etwa gegen ein jederzeit mögliches Überlaufen der Senkgruben vorgesehen hat. Im Gegensatz zu dieser Behauptung stehen die belastenden Aussagen der von der belangten Behörde vernommenen Zeugen, die teilweise bestätigen, schon oft, ja sogar jahrelang rötlich gefärbte und stinkende Abwässer aus dem Schlachtbetrieb des Bw im Gießgraben abfließen gesehen zu haben. Aufgrund der telefonischen Anzeige vom 5.

September 1991 ist als Meldungsleger Revierinspektor E unmittelbar gegen 21.30 Uhr eingeschritten und hat eine Verunreinigung des Gießgrabens ab dem Schlachtbetrieb bzw den Senkgruben des Bw sowie einen Tümpel von ca. 2 x 1 m auf dem Grundstück des Nachbarn und Zeugen B feststellen können (vgl Wahrnehmungsbericht vom 6.9.1991, Akt Seiten 21 ff).

Es spricht alles dafür, daß der Bw die mit Jauche vermischten betrieblichen Abwässer in zeitlichen Abständen wiederholt aus seinen Senkgruben in den Gießgraben abgeleitet hat. Im Verfahren Wa96/41/1992 (= VwSen-260086-1993) der belangten Behörde stellte GI O ein Ablaufrohr in den Gießgraben im Bereich des Schlachthauses fest. Laut Vorakt Wa 96/16/1991 der belangten Behörde stellte der Meldungsleger GI M am 12.1.1991 an Ort und Stelle fest, daß die Senkgrube voll war. Aus seiner Skizze anläßlich der Zeugenaussage ist zu entnehmen, daß sich nach dem Schlachthaus ein Vorplatz mit Senkgruben befindet und im Anschluß daran ein Abflußrohr bis zum Gießgraben geführt wird. Obwohl GI M seinerzeit eine rötlich braune, stark getrübte und "fürchterlich" stinkende Flüssigkeit im Gießgraben feststellen und keine andere Einleitungsstelle erkennen konnte, floß aus dem Abflußrohr optisch reines Wasser. Die Erklärung dafür gab der Meldungsleger, indem er auf die vom Anzeiger geschilderte Vorgangsweise des Bw hinwies, wonach dieser zunächst Senkgrubenabwässer ableite und dann zur Neutralisation frisches Wasser nachpumpe. Darin läge freilich sogar ein planmäßiges vorsätzliches Verhalten des Bw, das die Erstbehörde aber nicht als erwiesen angenommen hat. Ein von der belangten Behörde nachgereichter Gendarmeriebericht vom 25. November 1993, in dem über weitere Aussagen von Arbeitnehmern des Bw berichtet wird, deutet ebenfalls darauf hin, daß der Bw möglicherweise ganz bewußt Schlachtabwässer in den Gießgraben ableitet.

Ein am 1. April 1993 von der Wasserrechtsabteilung des Amtes der o.ö. Landesregierung in Anwesenheit des Bw durchgeführter Lokalaugenschein hat nach den Ausführungen der Amtssachverständigen bezeichnenderweise grobe Mißstände bei der Abwasserbeseitigung verbunden mit einer Beeinträchtigung des Grundwassers ergeben. Der Amtssachverständige für Chemie stellte etwa fest, daß die mangelhaft vorgereinigten betrieblichen Abwässer in einem Senkgrubensystem von fragwürdigem baulichen Zustand gesammelt und die organisch hochbelasteten Senkgrubeninhalte bei Bedarf auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht werden, was keinesfalls bewilligungsfähig erscheint (vgl Niederschrift vom 1.4.1993, Zl. Wa-100161-1993/Spi/Wab, Akt Seiten 61 ff, 69).

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach Abs 4 oder 5 strengerer Strafe unterliegt, und ist gemäß Abs 3 mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs 1 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.

Nach § 31 Abs 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen und Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297 oder zutreffendenfalls des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Aufgrund der oben dargestellten gesicherten Beweislage besteht für die erkennende Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates nicht der geringste Zweifel, daß der Bw seine Abwassereinrichtungen zumindest fahrlässig unter Außerachtlassung von Sicherheitsvorkehrungen betrieben hat, weshalb auch wiederholt mit Fäkalabwässern vermischte Schlachtabwässer aus dem Senkgrubenbereich über das in den Gießgraben mündende Abflußrohr abgeleitet wurden. Die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor, weil die Berufung substantiell keine entscheidungswesentlichen Tatsachen vorbrachte, sondern nur schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung unhaltbare Behauptungen aufstellte.

Der Gießgraben ist ein Gewässer im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959. Der Begriff Gewässer umfaßt bei Tagwässern die Wasserwelle, das Ufer und das Bett des Gewässers (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], Rz 6 zu § 1 WRG). Für die Annahme der Gewässereigenschaft genügt es, wenn eine Geländevertiefung bloß fallweise (jahreszeitlich) durchflossen wird (vgl VwGH 28.1.1992, 90/07/0138). Deshalb ist der Gießgraben bzw die Abflußmulde auf der Pferdekoppel des Bw ein Gewässer, auch wenn er nur fallweise Wasser führt.

Daß die gegenständliche Verunreinigung mit organisch stark belasteten Abwässern aus dem Senkgrubenbereich des Bw nicht geringfügig ist, sondern dem Ziel und Begriff der Reinhaltung des § 30 WRG 1959 eklatant zuwiderläuft, ist offenkundig und bedarf keiner weiteren Begründung.

4.2. Die vom Bw ohnehin nicht ausdrücklich bekämpfte Strafbemessung der belangten Behörde kann angesichts von vier einschlägigen Vorstrafen und zahlreichen weiteren Vorstrafen, die offenkundig im Zusammenhang mit dem Schlachthausbetrieb stehen, nicht beanstandet werden.

Besonders aus spezialpräventiven Gründen bedarf es höherer Geldstrafen, um den Bw zu rechtstreuem Verhalten zu bewegen.

Der Strafrahmen des § 137 Abs 3 WRG 1959 wurde zu 25 % ausgeschöpft. Dies erscheint durchaus dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Bw angemessen. Die von der belangten Strafbehörde geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Bw weder korrigiert noch bestritten. Sie konnten daher zulässigerweise als Grundlage für die Strafbemessung herangezogen werden. Auch unter dem Aspekt dieser persönlichen Verhältnisse bestehen keine Bedenken gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe.

Auch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe, die gemäß § 16 Abs 2 VStG festzusetzen war, entspricht im Sinne der ständigen Judikatur des O.ö. Verwaltungssenates verhältnismäßig der primären Geldstrafe. Sie war daher ebenfalls nicht zu beanstanden.

4.3. In bezug auf den gleichgelagerten Vorfall vom 29.

August 1991 gegen 21.30 Uhr war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, weil Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.

Gemäß § 31 Abs 3 erster Satz iVm § 31 Abs 2 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre vergangen sind. Dieser Fall ist mittlerweile eingetreten, weshalb ein Strafaufhebungsgrund vorliegt, der zur Einstellung im Grunde des § 45 Abs 1 Z 2 VStG führen mußte.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw für das Berufungsverfahren wegen der Tat vom 5. September 1991 gemäß § 64 Abs 2 VStG ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 5.000,--, vorzuschreiben. Bezüglich der verjährten Tat vom 29. August 1991 sind keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum