Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260133/2/Wei/Bk

Linz, 26.06.1995

VwSen-260133/2/Wei/Bk Linz, am 26. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J V, Bürgermeister, vom 7. Juli 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. Mai 1994, Zl. Wa 96/124/1993/Me, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 3 lit g) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 20. Mai 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Die Marktgemeinde M hat als Betreiberin der kommunalen Kläranlage an folgenden Tagen Ableitungen mit nachstehenden Werten abgeführt:

BSB 5 mg/l 01.12.1992 950 mg/l 03.12.1992 76 mg/l 05.12.1992 358 mg/l 12.12.1992 238 mg/l Mit Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 21.9.1970, Wa-2521/3-1970/Ob, und vom 29.8.1973, Wa-189/5-1973, wurde die max. BSB 5 Konzentration beim Ablauf aus der biologischen Reinigungsstufe der Kläranlage mit 30 mg/l festgesetzt. Für die oben angeführte über das genehmigte Maß hinausgehende Ableitung lag keine wasserrechtliche Bewilligung vor.

Folglich wurde durch diese Einleitungen eine Einwirkung auf Gewässer vorgenommen, welche unmittelbar oder mittelbar die Beschaffenheit beeinträchtigen.

Als Bürgermeister der Marktgemeinde M sind sie für die obigen Übertretungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 32 Abs. 1 und 2 lit. a WRG 1959 iVm. § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959, BGBl.Nr. 215/1959 idF. BGBl.Nr. 252/1990 und § 9 Abs. 1 VStG 1991" Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Strafbehörde gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 (gemeint Einleitungssatz) eine Geldstrafe von S 5.000,-(Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 500,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 1. Juli 1994 eigenhändig zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung vom 7. Juli 1994, die am 11. Juli 1994 und damit rechtzeitig bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung bekämpft erkennbar den Schuldspruch und strebt erschließbar die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens an.

2. Der Aktenlage ist der folgende entscheidungswesentliche S a c h v e r h a l t zu entnehmen:

2.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. September 1970, Wa-2521/3-1970/Ob, wurde der Marktgemeinde M, die die Fertigstellung einer mit Bescheid vom 20. Juli 1959, Wa-936/4-1959, genehmigten Kanalisationsanlage zur wasserrechtlichen Überprüpfung angezeigt hatte, die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für eine vollbiologische Kläranlage anstelle einer mechanischen unter Vorschreibungen erteilt.

Unter Spruchpunkt I wurde u.a. bestimmt:

1. Das Maß der Wasserbenutzung zur Ableitung der häuslichen Abwässer wird mit max. 530 m3/Tag bzw. 44 m3/Std. bzw. 12 l/s und zur Ableitung der Niederschlagswässer mit max.

5.000 l/s neu festgesetzt.

4. Beim Ablauf aus der biologischen Stufe der Kläranlage darf ein BSB 5 von 30 mg/l nicht überschritten werden.

Da die Anlage im fertiggestellten Zustand vorgefunden wurde, entfällt eine w.r. Überprüfung gemäß § 121 WRG 1959.

Im Spruchpunkt II. wurde gemäß §§ 99 und 121 WRG 1959 festgestellt, daß die ausgeführte Kanalisationsanlage mit der erteilten Bewilligung im wesentlichen übereinstimmt.

Nachträglich genehmigt wurden die in der Verhandlungsschrift vom 3. September 1970 als geringfügig beschriebenen Erweiterungen des Kanalnetzes und geringfügige Trassenänderungen. Der Verhandlungsschrift ist zu entnehmen, daß die Leistungsfähigkeit der Kläranlage das genehmigte Maß der Wasserbenutzung zugelassen habe. Die Vorschreibung eines Grenzwertes für absetzbare Stoffe im Punkt 15) des Bewilligungsbescheids vom 20. Juli 1959 erschien den Amtssachverständigen durch die Errichtung der biologischen Kläranlage gegenstandslos (vgl Verhandlungsschrift, Seite 7).

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 28. August 1973, Wa-189/5-1973/Th, wurde der Marktgemeinde M die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung ihrer mit Bescheid vom 20. Juli 1959 genehmigten Kanalisationsanlage durch Erschließung des Gebietes westlich der Bahnlinie Braunau-Steindorf mit 4 Kanalsträngen sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiefür erforderlichen Anlagen unter Vorschreibungen erteilt. Im Spruchpunkt I heißt es u.a. :

2. Das Maß der Wasserbenutzung für die gesamte Ortskanalisation M wird mit der Einleitung der nachstehend angeführten Abwasserarten und -mengen in die M wie folgt neu festgelegt:

a) häusliche Abwässer im Höchstausmaß von 930 m3/Tag bzw.

66,5 m3/Std. im Mittel der Tagesstunden (Q/14) bzw.

18,5 l/s.

b) Niederschlagswässer im Gesamtausmaß von max. 6.200 l/s.

Der Beschreibung im Befund ist zu entnehmen, daß für die Ortskanalisation eine Entwässerung im Mischsystem vorgesehen war. Die der Kläranlage durch die Erweiterung zugeführte max. Abwassermenge wurde mit 287 l/s errechnet. Dabei ging man davon aus, daß wesentliche Anteile der max.

Gesamtabflußmenge von insgesamt ca 1.200 l/s aus dem Erweiterungsgebiet durch Regenabscheider in den Brunnbach (650 l/s) und die M (300 l/s) "abgeworfen" werden. Von den insgesamt vorgesehenen 3 Regenwasserentlastungen münden zwei in den B und einer in die M. Ob die bestehende Kläranlage die zusätzlichen Abwassermengen wird aufnehmen können, konnte der wasserbautechnische Amtssachverständige aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht beurteilen. Dazu wäre eine umfassende Untersuchung in quantitativer und qualitativer Hinsicht erforderlich gewesen.

Im Spruchpunkt I 18 wurde daher vorgeschrieben:

18. Die bestehende Kläranlage M ist noch vor Einleitung der Abwässer aus dem ggst. Erweiterungsgebiet hinsichtlich ihrer dzt. Belastung bzw. ihrer Aufnahmefähigkeit für die zusätzlichen Abwässer aus dem ggst. Erweiterungsprojekt untersuchen zu lassen. Das Untersuchungsergebnis ist der Wasserrechtsbehörde unaufgefordert und schriftlich mitzuteilen.

Für die Bauvollendung sah Punkt I 20 eine Frist bis 31.12.1980 vor.

Ob dieser Nachweis erbracht worden ist, ist zwar nicht aktenkundig, aber wohl ebenso anzunehmen wie der Umstand der wasserrechtlichen Überprüfung der Ausführung der Kanalisationserweiterung gemäß § 121 WRG 1959.

2.2. Die Unterabteilung Gewässerschutz des Amtes der o.ö.

Landesregierung (vgl im einzelnen den Bericht vom 8. März 1993, Zl. U-GS-310034/44-1993/Spe/Trau/Pi) hat in der Zeit vom 26. November 1992 bis 27. Dezember 1992 die Kläranlage Mauerkirchen überprüft, an 31 Tagen Messungen vorgenommen und Proben gezogen. Beurteilungsgrundlage waren mengenproportionale, gekühlte 24-stündige Mischproben vom Zu- und Ablauf der Kläranlage.

Im genannten Zeitraum wurden Zuflußmengen von 382,9 bis 1730,1 m3/d gemessen. Der maximale Zufluß bei Trockenwetter betrug 927 m3/d. Die Amtssachverständigen erachteten daher die Begrenzung in der wasserrechtlichen Bewilligung vom 28.

August 1973 von 930 m3/d für den Trockenwetterzufluß als eingehalten. Im übrigen wurde an einigen Tagen eine Überschreitung des bescheidmäßig für den Ablauf der Kläranlage vorgeschriebenen BSB 5 - Grenzwertes von 30 mg/l (biochemischer Sauerstoffbedarf in fünf Tagen, berechnet als O2; es handelt sich dabei um die Menge an gelöstem Sauerstoff, die zum oxidativen biologischen Abbau organischer Stoffe im Wasser in 5 Tagen bei 20 Grad C benötigt wird) sowie weitere Überschreitungen von Grenzwerten der 1. Emissionsverordnung für kommunales Abwasser festgestellt, wobei die wasserrechtliche Bewilligung auf diese Parameter aber noch nicht Bedacht nahm.

Der organische Schmutzfrachten betreffende BSB 5-Konsens von 30 mg/l im Ablauf wurde bedingt durch Schlammabtrieb (Belebtschlammaustritte aus dem Nachklärbecken) bis zum 32-fachen an den folgenden 4 Tagen überschritten:

01.12.1992 950 mg/l 03.12.1992 76 mg/l 05.12.1992 358 mg/l 12.12.1992 238 mg/l An diesen Tagen wurden absetzbare Stoffe im Ablauf der Kläranlage von 15 bis 90 ml/l gemessen, während der Grenzwert bei 0,3 ml/l liegt. Die Amtssachverständigen resümierten, daß Schlammabtriebsituationen aus dem Nachklärbecken eine akute negative Beeinträchtigung des F B als Vorfluters darstellten und daß (insofern) schon mehrere Jahre kein konsensgemäßer Betrieb vorliege.

Nach der zusätzlichen Äußerung des Amtssachverständigen für Chemie vom 11. März 1993 (Akt, Seiten 3 ff) wurde die konsentierte Abwassermenge an drei Trockenwettertagen auch quantitativ überschritten, und zwar mit 18,73 bis 19,91 l/s statt 18,5 l/s. Eine Überprüfung der Regenentlastung habe aus technischen und personellen Gründen nicht stattfinden können. Der Amtssachverständige kritisierte die wiederholt aufgetretenen hydraulischen Überlastungen, den instabilen Betrieb der Kläranlage und den Mangel einer ordnungsgemäßen Regenwasserbehandlung, ohne dies aber näher darzulegen.

2.3. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. April 1993 hat die belangte Behörde den von den Amtssachverständigen mitgeteilten Sachverhalt betreffend die festgestellten Konsensüberschreitungen dem Bw vorgeworfen und eine Einschätzung seiner persönlichen Verhältnisse mitgeteilt.

Der Bw hat in seiner Rechtfertigung vom 28. Oktober 1993 im wesentlichen wie in seiner Berufung vorgebracht und 4 Beilagen in Kopie angeschlossen. Dabei handelte es sich um folgende Unterlagen:

a) Überprüfungsbericht des Dipl.-Ing. Dr. A B, Zivilingenieur für technische Chemie und gerichtlich beeideter Sachverständiger, vom 4. Februar 1991 betreffend die Auswertung von Messungen am 22. Jänner 1991; b) Gemeinsame Stellungnahme der Amtssachverständigen für Biologie und Chemie vom 4. Juni 1991 zum Überprüfungsbericht; c) Gegenäußerung des Dipl.-Ing. Dr. A B vom 25. Juni 1991 an die Marktgemeinde M; d) Stellungnahme des Baumeisters Dipl.-Ing. E P, gerichtlich beeideter Sachverständiger für Bauwesen, Zivilingenieur für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, betreffend die festgestellten Konsensüberschreitungen und den Zustand der Kläranlage.

Die belangte Strafbehörde hat die Rechtfertigung des Bw dem Amt der o.ö. Landesregierung zur fachkundigen Stellungnahme übermittelt. Mit Äußerung des Amtssachverständigen für Chemie vom 13. Dezember 1993, Zl.

U-GS-310043/83-1993/Ne/Sta, wurde zum einen auf "Feststellungen zu 1." in der Stellungnahme vom 9. März 1993, Zl. U-GS-310043/52-1993, verwiesen und zum anderen klargestellt, daß in der Stellungnahme zum Überprüfungsbericht nicht behauptet worden sei, die Messungen des Zivilingenieurs Dr. B wären falsch gewesen. Es sei lediglich angezweifelt worden, ob das Überprüfungsergebnis einen repräsentativen Zustand wiedergibt.

Zu dieser bekanntgemachten Stellungnahme vom 13. Dezember 1993 holte der Bw eine weitere Stellungnahme des Zivilingenieurs und Baumeisters Dipl.-Ing. E P vom 19. Jänner 1994 ein, die er mit seiner eigenen Äußerung vom 25. Jänner 1994 vorlegte. Im vorgelegten Akt befindet sich auch die Stellungnahme der Unterabteilung Gewässerschutz vom 9. März 1993, Zl. U-GS-310043/52-1992/Ne/Sta. In weiterer Folge erging dann das angefochtene Straferkenntnis vom 20.

Mai 1994.

In seiner Berufung brachte der Bw im wesentlichen wie im Strafverfahren erster Instanz vor und legte neuerlich die Stellungnahme des Dipl.-Ing. E P vom 19. Jänner 1994 und eine weitere Stellungnahme dieses Zivilingenieurs vom 5. Juli 1994 zum ergangenen Straferkenntnis vor, welche Unterlagen er ausdrücklich zu seiner eigenen Berufungsbegründung erhob. Aus der Stellungnahme vom 5. Juli 1994 ist erschließbar, daß Baumeister Dipl.-Ing. E P offenbar als Projektant für die von der Gemeinde Mauerkirchen seit 1985 betriebene Sanierung und Erweiterung der Kläranlage fungierte, weil er zum Gang des wasserrechtlichen Verwaltungsverfahrens und zu den Projekten 1985 und 1990 eingehend berichtete.

2.4. Dem Überprüfungsbericht des Dipl.-Ing. Dr. B lagen mengenproportionale 2-Stunden-Mischproben über einen Zeitraum von 24 Stunden zugrunde. Im Labor wurden die 2-Stunden-Mischproben auch zu einer mengenproportionalen Tagesmischprobe zusammengesetzt und diese analysiert. Auch Mengenmessungen und eine biologische Untersuchung der Auswirkungen des Ablaufes der Kläranlage auf den Vorfluter wurde durch einen beigezogenen Limnologen vorgenommen.

Zum Betriebszustand der Kläranlage berichtet Dr. B, daß die maschinelle und elektrotechnische Ausrüstung funktionsfähig ist. Zu den Ergebnissen der Analysen vertrat der Ziviltechniker die Ansicht, daß die Kläranlage insgesamt gesehen, was den Abbau der organischen Schmutzfracht betrifft, ein ausgezeichnetes Reinigungsergebnis erbrachte.

Im Untersuchungszeitraum betrug der Wirkungsgrad bezogen auf BSB 5 91,2 % und bezogen auf CSB (chemischer Sauerstoffbedarf) 75,5 %. Zu bemängeln war lediglich der fallweise erhöhte Gehalt an absetzbaren Stoffen im Ablauf der Kläranlage. Das gute Reinigungsergebnis habe sich auch in den Vorfluter-Untersuchungen ausgedrückt, wo kaum eine negative Einwirkung durch die Ableitung feststellbar gewesen wäre.

In der dazu erstatteten gemeinsamen Stellungnahme der Amtssachverständigen für Biologie und Chemie vom 4. Juni 1991 wird auf den in drei 2-Stunden-Mischproben ermittelten hohen Gehalt an absetzbaren Stoffen von 0,5, 0,8 und 1,2 ml/l hingewiesen, der deutlich über dem Emissionsgrenzwert von 0,3 ml/l liegt. Auch der in der Tagesmischprobe ermittelte Gehalt an ungelösten Stoffen läge mit 36 mg/l bereits über dem Emissionsgrenzwert von 30 mg/l.

Auffallend niedrig sei die am Untersuchungstag ermittelte Abwassermenge von 295 m3/d. Sie stehe im Gegensatz zum durchschnittlichen Trockenwetterzulauf zwischen 400 und 800 m3/d, der im Zeitraum September bis November 1990 von der Unterabteilung Gewässerschutz ermittelt worden wäre. Bei Hochrechnung (200 l/EW und 60 g BSB 5/EW) eines Anschlußgrades von 2200 Einwohnern müßte sich ein Abwasseranfall von 440 m3/d (anstatt 295 m3/d) bzw eine BSB 5-Fracht von 132 kg/d (anstatt 29,4 kg/d) ergeben.

Deshalb wird bezweifelt, ob das Untersuchungsergebnis Dris.

B als repräsentativ angesehen werden kann. Auch fehle eine genaue Angabe der Entnahmestelle im Zulauf.

Die Analyse der Stichproben aus dem Vorfluter zeige eine deutliche Vorbelastung des F B und trotz der hohen Verdünnung des Kläranlagenablaufes sei ein bemerkenswerter Anstieg der CSB und BSB 5 Parameter erkennbar. Die Lage der Probenahmestellen sei nicht näher bezeichnet. Das Analyseergebnis der oberhalb der Kläranlage aus dem F B gezogenen Stichprobe stehe im krassen Widerspruch zu jenem der Unterabteilung betreffend eine Stichprobe vom 22.4.1991, die eine wesentlich geringere organische Belastung aufweise (CSB < 5 mg/l gegenüber 18 mg/l und keine nachweisbare Sauerstoffzehrung gegenüber BSB 5 Wert von 6 mg/l). Somit erhebe sich die Frage, ob die Vorflutuntersuchung Dris. B überhaupt als repräsentativ angesehen werden könne. Außerdem sei den Anforderungen an eine hydrobiologische Gewässeruntersuchung nicht entsprochen worden, die in ihrer Gesamtheit (Probenahme, Aufarbeitung und Diskussion) von einer fachkundigen Person durchzuführen sei. Das Gutachten habe auch einen genauen Ortsbefund über die Entnahmestellen zu enthalten. Die zur Erstellung einer Organismenliste übermittelten Biologieproben gäben nicht zwangsläufig die tatsächlichen Verhältnisse im Gewässer wieder. Sie könnten bestenfalls einen groben Anhaltspunkt ohne exakte Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen einer Abwassereinleitung bilden.

Im Ergebnis wird das gemäß § 134 WRG 1959 erstattete Gutachten Dris. Begert als nicht repräsentativ und aus hydrobiologischer Sicht hinsichtlich der Angaben über die Vorflutverhältnisse als nicht den Anforderungen entsprechend bewertet.

In seiner Äußerung vom 25. Juni 1991 stellte Dr. B zunächst klar, daß eine 24-Stunden-Untersuchung einer Kläranlage nur für den Untersuchungszeitraum und nicht für das gesamte Jahr repräsentativ sein kann. Im Untersuchungszeitraum war eben die Abwassermenge und die Belastung durch die Schmutzfracht niederiger als an anderen Tagen. Dasselbe gelte auch für die chemische Untersuchung des Vorfluters. Die Analysenergebnisse der oberhalb der Kläranlage gezogenen Stichproben stünden in keinem krassen Widerspruch, sondern gäben nur die tatsächlichen Verhältnisse an, weil der Bach einmal mehr und einmal weniger verunreinigt sein könne. Die unterschwelligen Behauptungen, daß das Analysenergebnis falsch bzw nicht repräsentativ sei, werden zurückgewiesen.

Es sei auch in keiner Weise erforderlich, daß von der fachkundigen Person Probenahme und Analyse sowie Ausarbeitung des Gutachtens persönlich durchgeführt werden müßte. Es sei möglich und üblich, die Probenahme von ausgebildeten Mitarbeitern vornehmen zu lassen. Die Mitarbeiter Dris. B seien vom Limnologen Dr. H ausgebildet worden, weshalb die dafür erforderliche Kenntnisse vorgelegen wären. Dem Gutachten liegt an sich auch ein Probeentnahmeprotokoll Formblatt nach ÖNORM M 6232 bei, von dem neuerlich eine Kopie übermittelt werde. Die Forderungen, die für die chemische und biologische Untersuchung üblicherweise angestellt werden, seien zu 100 Prozent erfüllt worden.

2.5. In der dazu ergangenen, bereits oben erwähnten Stellungnahme des Amtssachverständigen für Chemie vom 13.

Dezember 1993 wird weiter auf die Stellungnahme der Unterabteilung Gewässerschutz vom 9. März 1993 verwiesen. In dieser Stellungnahme wird darauf verwiesen, daß der Gehalt an absetzbaren Stoffen (2 Stunden Absetzzeit) im Bewilligungsbescheid vom 20. Juli 1959 für die damals bewilligte mechanische Kläranlage mit 0,5 ml/l nach oben begrenzt war. Im Bescheid vom 21. September 1970 betreffend die vollbiologische Kläranlage wurde auf eine Festlegung dieses Grenzwertes verzichtet (vgl Verhandlungsschrift vom 3. September 1970, Seite 7). Der Schluß des Bw, daß beide Größen (BSB 5 und absetzbare Stoffe) für die Ablaufqualität herangezogen werden müßten, wird daher zutreffend als unrichtig bezeichnet. Nach den geltenden Analysenvorschriften zur Bestimmung des biochemischen Sauerstoffbedarfs sei auch keine Probenvorbehandlung hinsichtlich Sedimentation vorgesehen.

Der Wirkungsgrad von 91,2 % (BSB 5) und 75,5 % (CSB) laut Überprüfungsbericht Dris. B könne nicht als ausgezeichnetes Reinigungsergebnis angesehen werden, wenn man zum Vergleich die 1. Emissionsverordnung für kommunales Abwasser heranzieht, die Mindestwirkungsgrade von 95% (BSB 5) und 85 % (CSB) vorsieht.

Falls zur BSB 5-Messung die Meinung vertreten werde, man müsse bei Schlammabtrieb die abgesetzte Probe messen, so würde diese Meßmethode die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Abwasserreinigung inklusive Feststoffrückhaltung und Klärschlammentsorgung in Frage stellen.

2.6. Der Zivilingenieur und Baumeister Dipl.-Ing. E P stellte in seinem aktenkundigen Schreiben an die Marktgemeinde M vom 4. Dezember 1992 zu durchgeführten Messungen im September 1992 fest, daß als Ergebnis ersichtlich sei, daß die Kläranlage bei Trockenwetter einwandfreie Ablaufwerte aufweise und nach Regentagen Schlammabtrieb auftrete. Diese Situation ergebe sich aus der Bauart der Kanalisation und sei seit geraumer Zeit ein Faktum. Die Meßauswertungen der Unterabteilung Gewässerschutz betrachtete er mit Rücksicht auf eine nach seiner Ansicht falsche Meßmethode als unzutreffend. Er vertrat die Ansicht, daß bei Schlammabtrieb eine abgesetzte Probe und keine homogenisierte Probe ausgewertet werden dürfte. In der Stellungnahme dieses Sachverständigen vom 19.

Jänner 1994 wird abermals der wesentliche Betrachtungspunkt betont, wonach die Kläranlage bei Trockenwetter weitgehend bescheidkonforme Ergebnisse erbringe und bei Regenwetter oft Schlammabtrieb auftrete. Der in homogenisierten Mischproben erfaßte Schlammabtrieb sei als massive Überschreitung des Kläranlagenablaufes dargestellt worden, die auf eine Nichtfunktion der Kläranlage schließen ließe. Diese Betrachtungsweise sei nicht richtig. Nur durch Vergleich einer homogenisierten Probe mit einer abgesetzten Probe könne ermittelt werden, ob die Ursache der überhöhten Ablaufwerte in einer Nichtfunktion der Kläranlage oder im Schlammabtrieb und einer an sich funktionierenden, mit eingeschränkter Reinigungsfunktion arbeitenden Kläranlage liegt.

Dazu ist nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates festzustellen, daß in den Überprüfungsberichten der Amtssachverständigen ohnehin zum Ausdruck kommt, daß die massiven Konsensüberschreitungen der BSB 5-Schmutzfrachten auf Schlammabtriebssituationen aus dem Nachklärbecken und auf mangelhafte Regenentlastung zurückzuführen sind (vgl oben Punkt 2.2.).

2.7. Zum Vorwurf des Bw, der im September 1985 eingebrachte Antrag der Gemeinde M auf wasserrechtliche Bewilligung von Sanierungs- und Anpassungsmaßnahmen sei erst 1991, also nach sechs Jahren, positiv erledigt worden, wird im Straferkenntnis der Gang des Administrativverfahrens ergänzend dargestellt und als Ergebnis festgestellt, daß das im Jahre 1990 eingereichte Projekt von dem im Jahre 1985 unabhängig sei. Das Projekt wurde 1985 in Erfüllung eines wasserpolizeilichen Auftrages des Landeshauptmannes vom 17.

Mai 1985 eingebracht. Die Wasserrechtsbehörde kritisierte konstruktive Mängel der projektierten Kläranlage, vor allem wegen nicht ausreichend dimensionierter Mischwasserbehandlung, worauf eine Gegendarstellung der Marktgemeinde M erfolgte, das Projekt erneut vorgelegt und ergänzt und präzisiert worden sei. Die Meinungsverschiedenheiten betreffend die kritisierten Mängel des Projekts bei der Mischwasserbehandlung verzögerten die Angelegenheit. Die Gemeinde stellte dann mit Schreiben vom 23. September 1987 den Antrag, über die Projektsteile Kläranlagenerweiterung, Anpassung der Regenüberfälle einschließlich Regenbecken und Ableitung zur M getrennt abzusprechen und weitere fachliche Vorprüfungen zu unterlassen. Mit Bescheid vom 26. Juli 1988, Zl.

Wa-952/11-1988, wurde der Antrag der Gemeinde abgewiesen.

Der Berufung gab das Bundesministerium für Land und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 18. Jänner 1990 keine Folge.

Dazu wird in der vom Bw vorgelegten Stellungnahme des Projektanten Dipl.-Ing. E P vom 5. Juli 1994 erläutert, daß der technische Amtssachverständige des Bundesministeriums bei ihm anfragte, ob statt dem ursprünglich im Projekt dargestellten Vorfluter "F B" die M als Vorfluter angestrebt werde. Dies habe er akzeptiert, worauf das Projekt von der Berufungsbehörde zuständigkeitshalber wieder an den Landeshauptmann zur Klärung der Vorfluterfrage zurückverwiesen worden wäre. Da damals schon die Vorabzüge der Abwasseremissionsverordnungen diskutiert wurden, habe man dann ein neues Projekt entsprechend den geänderten Bestimmungen ausgearbeitet.

Nach den Feststellungen im Straferkenntnis brachte die Marktgemeinde M mit Eingabe vom 6. April 1990 neuerlich einen Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung zum Kläranlagenausbau sowie zur Regenwasserbehandlung ein. Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 23. Mai 1991, Zl.

Wa-100023/21-1991, ist dann diesem Projekt die wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden.

Dipl.-Ing. P berichtet zu den kritisierten Mängeln bei der Mischwasserbehandlung, daß die Bemessungsgröße für die Kläranlage bei Mischwasserzuflüssen (nämlich: doppelter Trockenwetterabfluß zuzüglich Fremdwasseranteil mit 13 l/s je 1000 Einwohner) im Projekt 1985 und im Projekt 1990 gleich war. Im Vorprüfungsverfahren wäre nur bemängelt worden, daß die Regenwasserentsorgung im Ortsnetz der Gemeinde dem Stand der Technik nicht entsprach, weil Regenüberfälle mit niedriger Wehrschwelle vorhanden waren.

Die Anpassung der Regenüberfallshöhen hätte aber von der Kläranlagenanpassung getrennt werden können, wie Beispiele in zahlreichen Gemeinden zeigten. Nach Ansicht dieses Zivilingenieurs war es eine unzulässige Verknüpfung, daß dem Kläranlagenprojekt die Genehmigung verwehrt wurde, weil im Ortsnetz noch Kanäle alter Bauart vorhanden waren. Dies bedeutete, daß eine Kläranlage nicht angepaßt werden könnte, solange nicht alle Kanäle auf neuesten Stand umgebaut wurden.

2.8. In der Berufung bezieht sich der Bw auf die verschiedenen Stellungnahmen der beigezogenen privaten Sachverständigen und erhebt sie zu seiner eigenen Begründung. Die angelasteten Grenzwertüberschreitungen hält er für eine Frage der Meßdateninterpretation, die nicht zu einer Verwaltungsstrafe führen könne.

Die Austragungen (von Klärschlamm) bei Regenüberfällen sei ein altes Faktum, das im Genehmigungsbescheid toleriert worden wäre. In den letzten Jahren habe man die Abwassermengen wesentlich (um 1.377 EGW) reduzieren können.

Die Regenentlastung und die Rechenanlagen seien bereits im Zuge der Errichtung eines Regenklärbeckens dem Stand der Technik angepaßt worden. Mit Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten hätte die Marktgemeinde M bereits wesentlich früher begonnen, wären der Antrag der Gemeinde nicht erst nach sechs Jahren positiv erledigt und die Förderungsmittel aus dem Umweltfonds eher gegeben worden.

Trotz des Schlammabtriebs bei stärkeren Regenfällen sei es noch nie zu einem Fischsterben gekommen. Durch das mittlerweile fertiggestellte Regenauffangbecken sei bereits eine wesentliche Verbesserung der Kläranlagensituation eingetreten.

Auch eine Strafanzeige sei von der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis nach Einholung eines Gutachtens mit Benachrichtigung vom 15. Februar 1994, Zl. 3 St 138/93, zurückgelegt worden. Dies beweise doch eindeutig, daß keine strafbaren Tatbestände gesetzt wurden. Er beantrage die Anforderung des Sachverständigengutachtens.

Abschließend erklärt der Bw, daß er keinesfalls bereit sei, die über ihn verhängte Verwaltungsstrafe zu bezahlen.

2.9. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 12. Juli 1994 die Berufung samt ihrem Verwaltungsstrafakt, Seiten 1 bis 180, kommentarlos zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage mit hinreichender Klarheit abzuleiten ist. Da in erster Linie Rechtsfragen zu beurteilen waren und das Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben war, erübrigte sich die Durchführung einer Berufungsverhandlung.

3.2. Der erkennende Verwaltungssenat ist der Ansicht, daß sämtliche Überprüfungsberichte und Stellungnahmen der Sachverständigen im wesentlichen nachvollziehbar und aus der jeweiligen Betrachtungsweise auch schlüssig waren. Die Kritik der Amtssachverständigen am Überprüfungsbericht vom 4. Februar 1991 wurde durch die Erwiderung Dris. B, der grundsätzlich zu folgen ist, doch stark relativiert.

Andererseits ist nicht zu verkennen, daß den von der Unterabteilung Gewässerschutz durchgeführten Messungen an 31 Tagen insgesamt gesehen eine größere Repräsentativität zukommt als der Untersuchung Dris. B am 22. Jänner 1991. Die Richtigkeit der gemessenen und analysierten Daten konnte aber wechselseitig nicht in Zweifel gezogen werden.

Was die anzuwendenden Methodenvorschriften betrifft geht aus Anlage B Z 1 der 1. Emissionsverordnung für kommunales Abwasser (BGBl Nr. 180/1991 zuletzt geändert durch BGBl Nr.

537/1993) eindeutig hervor, daß Konzentrationen und Frachten von Abwasserinhaltsstoffen (Eigenschaften) an Hand mengenproportionaler nicht abgesetzter homogenisierter Tagesmischproben zu bestimmen sind. Die Ansicht des Dipl.-Ing. P widerspricht demnach dieser Vorschrift.

Dennoch ist ihm zuzugeben, daß durch die Analyse einer homogenisierten Mischprobe, die wegen mangelnder Regenentlastung abgetriebenen Klärschlamm enthält, keine gesicherte Aussage über die Reinigungsleistung der Kläranlage unter normalen Verhältnissen möglich ist. Die Überschreitung der Grenzwerte um ein Vielfaches ist in einer solchen Situation keine Überraschung und vermag auch über die Reinigungsleistung der Kläranlage bei Trockenwetterverhältnissen nichts auszusagen.

Diese Umstände waren sicherlich auch den Amtssachverständigen bekannt, auch wenn das nicht immer so deutlich zum Ausdruck kam. In der Äußerung des Amtssachverständigen für Chemie vom 11. März 1993 ist ausdrücklich von hydraulischen Überlastungen und einer fehlenden ordnungsgemäßen Regenwasserbehandlung die Rede. Es kann demnach als unbestritten angesehen werden, daß die Konsensüberschreitungen auf diese Umstände und nicht etwa auf einen grundsätzlichen Mangel in der Reinigungsleistung zurückzuführen sind. Dabei handelt es sich aber doch um einen Mangel beim Betrieb der Kläranlage und der Kanalisationsanlage selbst, der zu Beeinträchtigungen der ökologischen Funktionsfähigkeit des Vorfluters führt.

3.3. Im übrigen folgt der unabhängige Verwaltungssenat der glaubhaften Tatsachenschilderung des Dipl.-Ing. E P zum Verwaltungsgeschehen in Verbindung mit den eingereichten Projekten 1985 und 1990. Seine Angaben lassen sich weitgehend widerspruchsfrei mit der Darstellung der Strafbehörde in Einklang bringen und stellen geradezu eine notwendige Ergänzung zum besseren Verständnis der Vorgänge dar. Die belangte Behörde hat dagegen auch nichts vorgebracht. Die schon im erstinstanzlichen Verfahren gewählte und in den wesentlichen Zügen unveränderte Einlassung des Bw ist in ihren Tatsachenschilderungen gut nachvollziehbar. Sie erscheint mangels bedeutsamer Widersprüche auch wahrheitsgemäß und glaubhaft.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz, sofern die Tat nicht nach Abs 4 oder 5 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs 1 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs 2 WRG) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8 WRG) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (§ 32 Abs 8 WRG), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Der Bewilligung im Sinne des § 32 Abs 1 WRG 1959 bedürfen nach § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959 jedenfalls die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer mit den dafür erforderlichen Anlagen.

Der Maßstab für die Reinhaltung der Gewässer ergibt sich aus der Zielvorschrift des § 30 Abs 2 WRG 1959, wonach jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens als Verunreinigung gilt.

Geringfügige Einwirkungen auf Gewässer liegen nur vor, wenn sie einer zweckentsprechenden Nutzung des Gewässers nicht entgegenstehen. Darunter ist eine Nutzung zu verstehen, die dem Ziel der Reinhaltung iSd § 30 Abs 1 WRG 1959 nicht widerspricht (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], § 32 Rz 14; Rossmann, Wasserrecht, 2. A [1993], 112 Anm 3).

4.2. Für die Bewertung der Emissionen der gegenständlichen Kläranlage Mauerkirchen sind die vorgeschriebenen Emissionsbegrenzungen nach der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung maßgeblich. Aus dem Bescheid des Landeshauptmannes vom 21. September 1970 ergibt sich in qualitativer Hinsicht, daß beim Ablauf aus der biologischen Stufe der Kläranlage ein BSB 5-Wert von 30 mg/l nicht überschritten werden darf. Ein zusätzlicher Grenzwert für absetzbare Stoffe wurde wegen Gegenstandslosigkeit nicht vorgeschrieben (vgl Stellungnahme vom 9. März 1993, Akt, Seite 135 f). Auch in der 1. Emissionsverordnung für kommunales Abwasser heißt es in der Anlage B unter Punkt 2.2. lit f) betreffend Ablaufkonzentrationen, daß die Festlegungen für die Parameter BSB 5 und CSB Festlegungen für die Parameter "Abfiltrierbare Stoffe" und "Absetzbare Stoffe" erübrigen. Ein solcher Grenzwert, dem neben dem BSB 5 Wert offenbar kaum eigenständige Bedeutung zukäme, spielt daher entgegen der Ansicht des Bw gegenständlich keine Rolle.

In quantitativer Hinsicht wird im Bescheid des Landeshauptmannes vom 28. August 1973 das Maß der Wasserbenutzung für die gesamte Ortskanalisation bei häuslichen Abwässern mit dem Höchstmaß von 930 m3/d bzw 18,5 l/s und bei Niederschlagswässern mit maximal 6.200 l/s vorgeschrieben. Im vorangegangenen Bewilligungsbescheid vom 21. September 1970 war das Maß der Wasserbenutzung zur Ableitung der häuslichen Abwässer noch mit maximal 530 m3/d bzw. 12 l/s und zur Ableitung von Niederschlagswässern mit maximal 5.000 l/s festgelegt. Im Bewilligungsbescheid aus 1973 betreffend eine Erweiterung der Ortskanalisation wurde aber kein neuer BSB 5-Grenzwert festgelegt. Bemerkenswert ist dabei, daß der damalige wasserbautechnische Amtssachverständige aufgrund der vorliegenden Projektsunterlagen nicht beurteilen konnte, ob die bestehende Kläranlage, die nicht erweitert oder angepaßt worden war, die zusätzlichen Abwassermengen überhaupt aufnehmen kann (vgl Verhandlungsschrift vom 15. März 1973, Seite 6). Diese Unsicherheit führte damals nicht etwa zur Abweisung oder zum Aufschub der Bewilligung hinsichtlich der beantragten Erweiterung der Kanalisation, sondern lediglich zur Auflage I/18, in der vorgeschrieben wurde, die Aufnahmefähigkeit der bestehenden Kläranlage noch vor Einleitung von Abwässern aus dem Erweiterungsgebiet untersuchen zu lassen und das Untersuchungsergebnis der Wasserrechtsbehörde unaufgefordert und schriftlich mitzuteilen.

Festzuhalten ist, daß die strengeren Emissionsbegrenzungen in der Anlage A der 1. Emissionsverordnung für kommunales Abwasser (vgl BGBl Nr. 180/1991, zuletzt geändert durch BGBl Nr. 537/1993) schon im Hinblick auf die Übergangsfrist von 10 Jahren nicht maßgeblich sind. Außerdem wurde durch BGBl Nr. 554/1992 das Inkrafttreten dieser Verordnung nachträglich je nach Größenordnung der Anlagen hinausgeschoben. Für die gegenständliche Größe der Anlage zwischen 2000 und 15.000 EGW trat die Verordnung erst mit 1.

Jänner 1995 in Kraft, was bedeutet, daß ab diesem Zeitpunkt die Übergangsfrist zu laufen beginnt. Den Bewertungsmaßstab bilden daher ausschließlich die erwähnten Bewilligungsbescheide.

4.3. Unbestritten und nach der Aktenlage unzweifelhaft ist, daß die Kläranlage M den Emissionsgrenzwert für organische Schmutzfrachten im Ablauf, der durch den biochemischen Sauerstoffbedarf in fünf Tagen von 30 mg/l begrenzt worden ist, am 1., 3., 5. und 12. Dezember 1992 massiv überschritten hat. Damit ist das Tatbild des Ungehorsamsdelikts nach dem § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 (vgl Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, § 137 Rz 8, 565) in der Variante "entgegen einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959" an sich erfüllt, weil die Einwirkungen auf den Vorfluter durch den Betrieb der Kläranlage an den genannten Tagen feststehen. Nach § 5 Abs 1 Satz 2 VStG konnte die Fahrlässigkeit des Zuwiderhandelns ohne weiteres angenommen werden, wenn der Täter nicht glaubhaft machte, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die belangte Strafbehörde hat den Bürgermeister als das nach außen vertretungsbefugte Organ (vgl § 58 Abs 1 O.ö.

Gemeindeordnung 1990) der Marktgemeinde M, des Betreibers der Kläranlage und der Ortskanalisation, iSd § 9 Abs 1 VStG zur Verantwortung gezogen und sein Verschulden bejaht, weil er trotz des Gutachtens Dris. B wegen des entgegenstehenden Gutachtens des Amtssachverständigen nicht von der ordnungsgemäßen Funktion der Kläranlage hätte ausgehen dürfen. Dazu ist zunächst zu bemängeln, daß die Strafbehörde nicht klargestellt hat, welches Gutachten eines Amtssachverständigen gemeint ist. Die aktenkundigen Stellungnahmen und Berichte der Amtssachverständigen sind alle erst nachträglich erstattet worden. So gesehen konnte sich der Bw zunächst einmal auf den Überprüfungsbericht Dris. B vom 4. Februar 1991 verlassen, der der Kläranlage immerhin eine ausgezeichnete Reinigungsleistung bescheinigte. Inwieweit der Bericht Dris. B weniger repräsentativ als die spätere Überprüfung durch Amtssachverständige war, oblag nicht der laienhaften Beurteilung des Bw und spielte daher für ihn keine Rolle.

4.4. Das eigentliche Problem der Ortskanalisation Mauerkirchen liegt darin, daß die Kläranlage bei längerem Regenwetter hydraulisch überlastet wird, wodurch es zur Austragung von Klärschlamm aus dem Nachklärbecken kommt, der dann naturgemäß im Ablauf eine Überschreitung der Emissionsgrenzwerte um ein Vielfaches bewirkt. Der erkennende Verwaltungssenat teilt die Kritik des Dipl.-Ing P, daß allein mit dem Hinweis auf Mängel bei der Mischwasserbehandlung wenig ausgesagt wird. Es erscheint nach den Beweisergebnissen klar, daß die Regenwasserentlastung in der gesamten Ortskanalisation nicht ordnungsgemäß funktioniert. Der Grund dafür liegt in der Bauart der Kanalisation und der Kläranlage. Diese Mängel in der Projektierung, die wohl von Anfang an bestanden haben, wurden in den Bewilligungsbescheiden der Jahre 1970 und 1973 nicht angesprochen. Die damaligen Amtssachverständigen haben die technischen Probleme der Kanalisation bezüglich der Regenwasserbehandlung offenbar nicht erkannt oder zumindest unterschätzt. Die Aufnahmefähigkeit der Kläranlage konnte der wasserbautechnische Amtssachverständige im Jahr 1973 aufgrund der vorliegenden Projektsunterlagen nicht beurteilen. Dennoch wurde die Erweiterung der Kanalisation bewilligt und lediglich mit Auflage I/18 eine (private) Untersuchung zu einer Frage vorgeschrieben, die unbedingt der amtswegigen wasserrechtsbehördlichen Überprüfung bedurft hätte, weil sie den Hauptinhalt der Bewilligung gemäß § 111 WRG 1959 betrifft.

Erst im Jahr 1985 wurde die Wasserrechtsbehörde offenbar Näheres ist dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen - durch Erlassung eines wasserrechtlichen Alternativauftrages gemäß § 138 Abs 2 WRG 1959 tätig. Der Anlaß waren Maßnahmen zur Sanierung und Anpassung an den Stand der Technik. Die in diesem Zusammenhang geäußerte Ansicht der belangten Strafbehörde, wonach das Projekt des Jahres 1985 von dem des Jahres 1990 unabhängig gewesen wäre, wird durch die glaubhafte Darstellung des Dipl.-Ing. P in seiner Stellungnahme vom 5. Juli 1994, die der Bw zu seinem eigenen Vorbringen erhoben hat, widerlegt. Auch der unabhängige Verwaltungssenat ist mit dem Bw der Meinung, daß das Kläranlagenprojekt von der Anpassung der Regenüberfälle im Ortskanalnetz getrennt ausgeführt und bewilligt hätte werden können. Es wäre sinnvoll gewesen, statt eines jahrelangen Streites über einzelne technische Fragen des Gesamtprojekts, zunächst als ersten Abschnitt eine wesentliche Verbesserung der Kläranlagensituation durch gesonderte Bewilligung eines Regenklärbeckens zuzulassen, zumal die Bemessungsgröße der Kläranlage nicht strittig war.

Einen entsprechenden Antrag hat die Marktgemeinde M eingebracht. Insofern ist daher das Argument des Bw nicht widerlegbar, daß die Marktgemeinde M mit Sanierungsarbeiten bereits wesentlich früher hätte beginnen können, wäre zumindest ein Teil ihres eingereichten Projektes 1985 positiv erledigt worden. Abgesehen davon erscheint die erstinstanzliche Verfahrensdauer von nahezu drei Jahren bis zum abweisenden Bescheid des Landeshauptmannes vom 26. Juli 1988 angesichts der Sanierungsbedürftigkeit der Kläranlage unangemessen lange.

4.5. Im Ergebnis muß der erkennende Verwaltungssenat der Ansicht der belangten Strafbehörde widersprechen, wonach die lange Verfahrensdauer im wesentlichen auf Versäumnisse der Gemeinde M zurückzuführen wäre. Tatsächlich ist davon auszugehen, daß wasserrechtsbehördliche Versäumnisse bereits in den Siebziger Jahren vorlagen, zumal Mängel des Erweiterungsprojekts 1973 keiner intensiven amtswegigen Überprüfung unterzogen wurden. Mit zunehmender Erweiterung der Kanalanschlüsse führten die nach dem Dafürhalten des unabhängigen Verwaltungssenats von Anfang an bestehenden bauartbedingten Mängel zu einer zunehmenden hydraulischen Überlastung der Kläranlage bei Regenwetter, die sich auf den Vorfluter zwangsläufig negativ auswirken mußte. Es wäre daher notwendig gewesen, zielführende Maßnahmen zur Verbesserung der Regenentlastung der Kläranlage frühzeitig zu bewilligen. Die sicherlich ebenfalls notwendige Sanierung der Regenüberfälle im Ortskanalnetz hätte auch nachträglich erfolgen können. Die erhebliche Dauer des Administrativverfahrens, während der nichts zur Verbesserung der Kläranlagensituation geschehen konnte, wurde daher weder von der Gemeinde provoziert noch sonst verschuldet. Die Wahrnehmung von Verfahrensrechten kann überdies nur ausnahmsweise bei erwiesener Verschleppungstendenz als rechtswidrig und schuldhaft betrachtet werden.

Aufgrund der dargestellten Verhältnisse ist anzunehmen, daß dem Bw die ihm obliegende Entlastung gemäß § 5 Abs 1 Satz 2 VStG gelungen ist. Er war auf die Bewilligung eines Sanierungsprojektes angewiesen und konnte bauartbedingt gar keine Vorsorgemaßnahmen treffen, die die Einhaltung des wasserrechtlich vorgeschriebenen BSB 5-Grenzwertes trotz Regenwetters gewährleistet hätte. Damit scheidet aber ein Verschulden des Bw aus und war spruchgemäß zu entscheiden.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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