Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260143/5/Wei/Bk

Linz, 24.11.1994

VwSen-260143/5/Wei/Bk Linz, am 24. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlaß der Berufung der I. Gesellschaft m.b.H. & Co KG, vertreten durch den Einzelprokuristen Dipl.Kfm. E B, vom 20. Oktober 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Oktober 1994, Zl. Wa 96-270-1994, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 2 lit h) des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) den Beschluß gefaßt:

Die Berufung wird mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

B e g r ü n d u n g :

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 10. Oktober 1994 hat die belangte Behörde den handelsrechtlichen Geschäftsführer der I. Ges.m.b.H., Herrn M S B wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie sind als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer und somit gem. § 9 VStG. Verantwortlicher - der I. Gesellschaft m.b.H. dafür verantwortlich, daß seit 1.5.1993, zumindest aber am 25.6.1993, die betrieblichen Abwässer aus der Schleiferei und der Härterei des Betriebes in der G, Gemeinde V, in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde V eingeleitet wurden, obwohl eine wasserrechtliche Bewilligung, die nach den Bestimmungen des § 32 Abs.4 des Wasserrechtsgesetzes 1959 erforderlich ist, nicht vorliegt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 137 Abs.2 lit.h i.V.m. § 32 Abs.4 WRG 1959 (BGBl.Nr.

215/1959 i.d.F. BGBl.Nr. 252/1990)" Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 eine Geldstrafe von S 4.000,-- und setzte für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen fest. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von S 400,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Beschuldigte am 19. Oktober 1994 eigenhändig übernommen hatte, wurde die als Einspruch fehlbezeichnete Berufung der I. Ges.m.b.H. & Co KG vom 20. Oktober 1994, gezeichnet von Dipl.Kfm. E B, erhoben und bei der Erstbehörde am 20. Oktober 1994 rechtzeitig überreicht.

Die Berufung bekämpft unter Vorlage von Urkunden erkennbar den Schuldspruch und ersucht im Punkt 4) "von der Bestrafung unseres Geschäftsführers Abstand zu nehmen oder, wenn Ihnen dies nicht möglich erscheint, den Unterzeichneten in Haft zu nehmen". Dieser sei zwar jetzt 70 Jahre alt und 49 Jahre berufstätig, ohne jemals eingesperrt worden zu sein, aber es sei nicht aller Tage Abend.

1.3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 24. Oktober 1994 ihren Verwaltungsstrafakt und die eingebrachte Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

2.1. Mit Schreiben vom 10. November 1994 erteilte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich dem nach dem äußeren Anschein für die I. Ges.m.b.H. & Co KG einschreitenden Dipl.Kfm. E B einen Mängelbehebungsauftrag und forderte ihn unter Hinweis auf bestehende Zweifel auf, dem O.ö. Verwaltungssenat binnen zwei Wochen Inhalt und Umfang seiner Vertretungsbefugnis durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachzuweisen, widrigenfalls beabsichtigt sei, die Eingabe zurückzuweisen.

Der unabhängige Verwaltungssenat wies darauf hin, daß Dipl.Kfm. E B für die I. Ges.m.b.H. & Co KG firmenmäßig gezeichnet hat und daß dieser Kommanditgesellschaft keine Parteistellung zukommt. Außerdem machte er auf einige Ungereimtheiten im Auftreten und Vertretungsverhalten des einschreitenden Dipl.Kfm. E B aufmerksam. Dieser hatte im vorangegangenen Strafverfahren VwSen 260077/1993 (Wa 96-100-1993 der belangten Behörde) erklärt, daß er seit 1991 in Pension sei.

Er zeichnete seinerzeit firmenmäßig für die I. Ges.m.b.H., obwohl er nach dem eingeholten Firmenbuchauszug vom 23. März 1994 zur Firmenbuchnummer 3604 des Landesgerichts Wels nie handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H. gewesen ist.

2.2. Mit Schreiben der I. Ges.m.b.H. & Co KG vom 15. November 1994, gezeichnet per procura von Dipl. Kfm.

E B, wurde mitgeteilt, daß Herr Dipl.Kfm. E B früher geschäftsführender Gesellschafter der Firma I.

B S und dann Alleininhaber gewesen sei. Ab dem Eintritt des M S B als Geschäftsführer sei Dipl.Kfm. E B Handelsbevollmächtigter (gemeint:

Handlungsbevollmächtigter) gewesen und seit 16. März 1994 vertrete er als Prokurist die Firma I. B S Ges.m.b.H. & CO KG. Dazu wurde die Kopie des Beschlusses des Landesgerichts Wels vom 31. März 1994 zur Firmenbuchnummer 52951 w vorgelegt, aus der hervorgeht, daß Herr Dipl.Kfm.

E B, seit 16. März 1994 die I.

B Gesellschaft m.b.H. & CO KG als Prokurist selbständig mit dem Recht zur Belastung und Veräußerung von Grundstücken vertritt. Außerdem wurde eine Kopie des Entwurfes der eingebrachten Berufung angeschlossen, auf dem die Worte "Einspruch" auf "Berufung" abgeändert und vor der Namensangabe des Unterzeichners Dipl.Kfm. E B nach der Firmenbezeichnung der Zusatz "ppa." ergänzt worden ist.

Ferner werden ergänzende Mitteilungen zur Sache gemacht, die gegenständlich nicht entscheidungsrelevant sind.

Sowohl die Berufung vom 20. Oktober 1994 als auch die schriftliche Verbesserung vom 15. November 1994 wurden in der "Wir"-Form auf Briefpapier der I. B S Ges.m.b.H & CO KG abgefaßt und für diese Kommanditgesellschaft gezeichnet und eingebracht.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorliegenden Akten, insbesondere in die Berufung und das Verbesserungsschreiben, festgestellt, daß die Berufung bereits nach der Aktenlage zurückzuweisen ist. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war daher nicht anzuberaumen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Bereits in seinem Erkenntnis vom 28. März 1994, VwSen-260077/5/Wei/Shn, hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich den Einschreiter Dipl.Kfm. E B auf die Problematik der Zurechnung von Prozeßhandlungen wegen seiner unkorrekten Vorgangsweise aufmerksam gemacht. Er zeichnete damals seine Berufung nicht im eigenen Namen, sondern nach dem äußeren Anschein für die I. B Gesellschaft m.b.H. . Damals konnte der O.ö. Verwaltungssenat im Zweifel für den eingeschrittenen Dipl.Kfm. E B noch annehmen, daß dieser die Berufung im eigenen Namen einbrachte, weil er selbst Beschuldigter war und eigenhändig unterschrieben hatte. Die Verwendung des Geschäftspapiers und die firmenmäßige Zeichnung konnte damals noch mit geschäftlichen Gepflogenheiten des Dipl.Kfm.

E B erklärt werden.

Das nunmehr angefochtene Straferkenntnis hat eine Verwaltungsübertretung des gemäß § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen, handelsrechtlichen Geschäftsführers der I. Braun's Söhne Gesellschaft m.b.H. M S B zum Gegenstand. Obwohl sich das Straferkenntnis ausdrücklich gegen diese Person richtet, hat nicht dieser Beschuldigte, sondern die I. B Gesellschaft m.b.H. & Co KG, augenscheinlich vertreten durch Herrn Dipl.Kfm. E B, die Berufung vom 20. Oktober 1994 eingebracht. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Problematik der Zurechnung von Prozeßhandlungen (vgl verst Sen VwSlg 11625 A/1984; VwGH 3.5.1993, 93/18/0004) hat der O.ö. Verwaltungssenat dem Einschreiter Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt und ihn zwecks endgültiger Klärung, für wen er einschreitet, aufgefordert, Inhalt und Umfang seiner Vertretungsbefugnis durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen. Daraufhin bekräftigte er durch die Vorlage des Firmenbuchbeschlusses und die Ergänzung des Zusatzes "ppa" im vorgelegten "verbesserten Berufungsentwurf", daß er als einzelvertretungsbefugter Prokurist für die oben genannte Kommanditgesellschaft eingeschritten ist.

4.2. Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist nicht die juristische Person, sondern ausschließlich die nach außen zur Vertretung berufene physische Person Beschuldigter. Ein Straferkenntnis gegen einen Geschäftsführer stellt noch keinen gegenüber der Gesellschaft wirksamen Haftungsbescheid dar (vgl VwSlg 11212 A/1983) Die Solidarhaftung gemäß § 9 Abs 7 VStG kann vielmehr erst nach rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens durch eigenen Bescheid ausgesprochen werden (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 760 Anm 10 zu § 9 VStG).

Deshalb kann gegenständlich die I. B Gesellschaft m.b.H., deren Geschäftsführer M S B von der belangten Behörde bestraft worden ist, durch das Straferkenntnis nicht in ihren Rechten verletzt worden sein. Sie ist daher auch nicht Partei im Strafverfahren gegen ihren Geschäftsführer. Es versteht sich von selbst, daß der Kommanditgesellschaft I. B Ges.m.b.H. & Co KG umso weniger Parteistellung zukommt. Beide Gesellschaften haben demnach auch kein Recht, gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde Berufung zu erheben.

Aufgrund des dargestellten Sachverhaltes war davon auszugehen, daß Herr Dipl.Kfm. E B als Einzelprokurist für die I. B Gesellschaft m.b.H.

& Co KG eingeschritten ist und in deren Vertretung Berufung gegen das den Geschäftsführer der I. B Gesellschaft m.b.H. betreffende Straferkenntnis vom 10.

Oktober 1994 eingebracht hat. Da der Kommanditgesellschaft aber keine Parteistellung und damit kein Berufungsrecht zukam, war die von ihr eingebrachte Berufung ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

Da der Beschuldigte keine Berufung gegen das ergangene Straferkenntnis eingebracht hat, ist dieses nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen und verbindlich geworden. Es war dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, auf das Sachvorbringen der Berufung einzugehen.

5. Eine Kostenentscheidung im Grunde des § 64 Abs 1 VStG war nicht zu treffen, weil der unabhängige Verwaltungssenat mit der gegenständlichen Entscheidung das Straferkenntnis der belangten Behörde nicht bestätigt und damit keine verurteilende Sachentscheidung getroffen hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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