Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260147/6/Wei/Bk

Linz, 13.02.1995

VwSen-260147/6/Wei/Bk Linz, am 13. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des I K, Gastwirt, W vom 22. November 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 19. Oktober 1994, Zl. Wa 96-14/7-1994, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 3 lit g) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch zu lauten hat:

I K ist schuldig, er hat in der Zeit vom 25. April 1994 bis 19. Oktober 1994 die auf dem Grundstück Nr. , KG T, anfallenden betrieblichen und häuslichen Abwässer seines Gastgewerbebetriebs und seiner Fremdenpension, W, nach unzureichender Vorreinigung in zwei bestehenden 3-Kammer-Faulanlagen mit Nutzinhalten von 24 m3 und 50 m3 über den Begleitgraben zum Koglerhof in den Paukengraben, einen rechtsufrigen Zubringer der Enns, abgeleitet, ohne für diese Einwirkungen auf Gewässer über die gemäß § 32 Abs 1 und 2 lit a) WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung zu verfügen.

I K hat dadurch die Verwaltungsübertretung des § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begangen und wird über ihn nach dem Strafrahmen des § 137 Abs 3 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 5.000,-- verhängt.

II. Im Strafausspruch wird aus Anlaß der Berufung die für den Fall der Uneinbringlichkeit nach § 16 Abs 1 und 2 VStG festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf das angemessene Maß von 17 Stunden reduziert.

III. Im Strafverfahren erster Instanz hat der Bw einen Kostenbeitrag von S 500,-- zu leisten. Im Berufungsverfahren entfällt ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, §§ 64 f VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 19.

Oktober 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie leiten, wie die Wasserrechtsbehörde beim Ortsaugenschein am 25.4.1994 feststellte, die häuslichen und betrieblichen Abwässer über den Begleitgraben in den Paukengraben, einen rechtsufrigen Zubringer der Enns, ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 Wasserrechtsgesetz [WRG] 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung ein." Dadurch erachtete die Strafbehörde § 137 Abs 3 lit g) iVm § 32 Abs 2 WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte nach dem Strafrahmen des § 137 Abs 3 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 5.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde ein Betrag von S 500,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 11.

November 1994 durch Ersatzzustellung zugegangen ist, richtet sich die als Einspruch bezeichnete Berufung vom 22. November 1994, die am 24. November 1994 - und damit rechtzeitig - zur Post gegeben wurde.

2.1. Dem erstbehördlichen Straferkenntnis liegt der folgende entscheidungswesentliche S a c h v e r h a l t zugrunde:

Der Bw und seine Gattin sind Miteigentümer des bebauten Grundstückes Nr. , KG T, auf dem sich ein Gasthaus und eine Fremdenpension befinden. Das Gasthaus weist eine Kapazität von 230 Sitzplätzen und 40 Pensionsbetten auf. Es wird von drei Personen ständig bewohnt. Drei bis vier Personen Gastgewerbepersonal werden zeitweise beschäftigt. Neben dem Gasthof befindet sich eine Fremdenpension mit einer Kapazität von 20 Betten und einer Wohnung für zwei Personen.

Die Abwässer des Gastgewerbebetriebs werden in einer rund 15 m südlich des Hauses bestehenden 3-Kammer-Faulanlage mit einem Nutzinhalt von 24 m3 gesammelt und vorgereinigt. Von der dritten Kammer fließen die Abwässer in südwestlicher Richtung zu einem Kontrollschacht und von dort in den Begleitgraben zum Koglerhof, über den sie in den Paukengraben, einen rechtsufrigen Zubringer der Enns, gelangen. Für die Abwasserbeseitigung aus der Fremdenpension besteht eine weitere 3-Kammer-Faulanlage mit einem Nutzinhalt von ca. 50 m3. Die Abwässer werden über einen Überlauf und einen PVC-Rohrkanal in südlicher Richtung bis zum Begleitgraben geführt, von wo sie weiter in den Paukengraben gelangen.

Anläßlich des Lokalaugenscheins vom 25. April 1994 konnte die Erstbehörde Spuren regelmäßiger Abwassereinleitungen im Begleitgraben feststellen. Eine wasserrechtliche Bewilligung wurde nie erteilt. Der Amtssachverständige beurteilte die Abwassersituation äußerst negativ und betonte, daß die 3-Kammer-Faulanlagen nicht dem Stand der Technik entsprechen und daher nicht bewilligungsfähig sind. Er schlug vor eine vollbiologische Abwasserreinigungsanlage zu errichten.

Mit Bescheiden vom 26. April 1994, Wa 10-9/9-1992 und Wa 10-10/9-1992, wurde den Ehegatten I und R K gemäß § 138 Abs 1 lit a) WRG 1959 aufgetragen, die Ableitung der häuslichen Abwässer spätestens bis zum 1. Jänner 1995 einzustellen und nicht wieder aufzunehmen. Die gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen hat der Landeshauptmann von Oberösterreich mit den Bescheiden vom 30. September 1994, Wa-202675/2/Lab/Hau und Wa-202675/3/Lab/Hau, abgewiesen.

2.2. In rechtlicher Hinsicht erachtete die Strafbehörde die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 als erfüllt und verwies auf § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959, wonach die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer mit den dafür erforderlichen Anlagen jedenfalls einer Bewilligung bedarf.

Zum Einwand des Bw in erster Instanz, daß die Kläranlagen den baurechtlichen Vorschriften entsprechen und einwandfrei funktionieren, hat die belangte Strafbehörde festgestellt, daß eine 3-Kammer-Kläranlage baurechtlich nie bewilligt wurde, weshalb die Sonderregelung des § 33g Abs 1 WRG 1959 nicht greifen könne.

Bei der Strafbemessung ging die Strafbehörde von einem monatlichen Pensionseinkommen von S 8.900,-- und davon aus, daß dem Bw mit seiner Gattin der K gehört.

Sorgepflichten wurden nicht angenommen. Erschwerend wurde der lange Zeitraum der Nichtherstellung des gesetzmäßigen Zustandes, mildernd die bisherige Unbescholtenheit gewertet.

2.3. In seiner Berufung nimmt der Bw auf den mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. April 1994 erteilten wasserpolizeilichen Auftrag Bezug und erklärt es für vollkommen ungerechtfertigt, wenn schon vor Ablauf der gesetzten Frist bis 1. Jänner 1995 eine Bestrafung betrieben wird. Außerdem sei mehrmals eine Klärgrubenentleerung durchgeführt worden, die von der Behörde gar nicht vorgeschrieben war.

Der Bw verweist auch darauf, daß sich er und seine Gattin wegen früherer Bautätigkeit eine größere Investition nicht leisten könnten. Sie seien daher genötigt den Betrieb einzustellen und den K zu verkaufen.

Abschließend wird ebenso höflich wie dringend ersucht, aus den angeführten Gründen, dem Einspruch gegen das Straferkenntnis stattzugeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht und nur Rechtsfragen zu beurteilen sind. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war daher entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs 1 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs 2 WRG) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8 WRG) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (§ 32 Abs 8 WRG), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Der Bewilligung im Sinne des § 32 Abs 1 WRG 1959 bedürfen nach § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959 jedenfalls die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer mit den dafür erforderlichen Anlagen.

4.2. Die Berufung hat den maßgeblichen Sachverhalt nicht bestritten. Nach den Beweisergebnissen steht fest, daß der Bw im angelasteten Tatzeitraum die nach dem Stand der Technik in 3-Kammer-Faulanlagen nur unzureichend (zu etwa 20 %) vorgereinigten betrieblichen und häuslichen Abwässer in bedeutender Menge über den Begleitgraben und den Paukengraben in die Enns abgeleitet hat, obwohl er für diese fortgesetzten Einwirkungen auf die genannten Gewässer keine wasserrechtliche Bewilligung hat und auch nie um eine solche angesucht hat. Der Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes vom 30. September 1994 ist zu entnehmen, daß in dem die Fremdenpension betreffenden Bauverfahren aus dem Jahr 1986 eine flüssigkeitsdichte, 60 m3 große Senkgrube vorgeschrieben worden ist. Es liegen keine tatsächlichen Umstände vor, die die Bewilligungsfiktion des § 33g Abs 1 WRG 1959 anwendbar erscheinen lassen. Im Gegenteil schließt schon die Größenordnung der bestehenden 3-Kammer-Faulanlagen die Anwendung dieser mit der Wasserrechtsnovelle 1993 eingeführten Übergangsvorschrift aus. Sie ist nur für baubehördlich bewilligte Kleinanlagen mit einem täglichen Schmutzwasseranfall von nicht mehr als 10 Einwohnergleichwerten (vgl dazu § 1 Abs 1 der 1.

Emissionsverordnung für kommunales Abwasser BGBl Nr.

180/1991, zuletzt geändert durch BGBl Nr. 537/1993) anwendbar.

Der Schuldspruch war auf der Grundlage des erstbehördlich festgestellten Sachverhalts bei Wahrung der Identität der Tat präziser zu umschreiben.

4.3. Die Berufung hat keine entlastenden Umstände vorgebracht. Der unabhängige Verwaltungssenat kann auch nach der Aktenlage keine erkennen. Der Bw irrt, wenn er die im wasserpolizeilichen Auftrag angeführte Frist bis 1. Jänner 1995 in der Weise deutet, daß er bis zu diesem Termin seine Abwassereinrichtungen weiterbetreiben dürfte. Diese Frist ist lediglich eine Leistungsfrist, nach deren Ablauf Vollstreckungsmaßnahmen gesetzt werden können. Sie ändert nichts am unrechtmäßigen konsenslosen Zustand der Abwasserbeseitigung auf dem bebauten Grundstück des Bw.

Gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht wasserpolizeiliche Aufträge zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu erteilen, wenn es das öffentliche Interesse erfordert oder der Betroffene verlangt. Deshalb vermag die Fristeinräumung grundsätzlich nichts an der Strafbarkeit des Verhaltens des Bw zu ändern. Ebensowenig ändert daran der Umstand etwas, daß es dem Bw aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, eine dem Stand der Technik entsprechende Abwassersituation zu schaffen. Bei seinen früheren Ausgaben als Bauherr war der Bw offenbar schlecht beraten, wenn er die Notwendigkeiten einer ordnungsgemäßen Abwassereinrichtung verkannte. Er hätte sich bei geeigneten Fachleuten oder der belangten Behörde als Wasserrechtsbehörde entsprechend erkundigen müssen. Seine Fehlplanung kann ihn nicht entlasten.

4.4. Zur Strafbemessung ist zunächst entgegen der belangten Behörde festzustellen, daß der angenommene Erschwerungsgrund nicht zutrifft, weil die Zeit der Untätigkeit des Bw vor dem angelasteten Tatzeitraum nicht Gegenstand des Strafverfahrens ist und daher auch nicht als erschwerend gewertet werden darf. Der angelastete Zeitraum ist zwar nicht unbeträchtlich, aber für die Annahme eines besonderen Erschwerungsgrundes iSd § 33 Z 1 2. Alt StGB iVm § 19 Abs 2 VStG bei weitem nicht ausreichend. Dieser Irrtum der Strafbehörde wirkt sich aber auf die konkret ausgemessene Strafhöhe nicht aus, weil diese ohnehin im untersten Bereich des anzuwendenden Strafrahmens bis S 100.000,-- angesetzt worden ist. Diese Geldstrafe erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat jedenfalls tat- und schuldangemessen. Auch an der Leistungsfähigkeit des Bw bestehen keinerlei Zweifel.

Wie dem unabhängigen Verwaltungssenat aus dem h. Verfahren VwSen-260101/1994 bekannt ist, trifft die Unbescholtenheit ebenfalls nicht zu, zumal der Bw bereits mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 14. Februar 1992, Zl Wa-579/1991, rechtskräftig bestraft worden ist. Der Einspruch des Bw wurde als verspätet zurückgewiesen und die Berufung dagegen mit h. Erkenntnis vom 20. Jänner 1995 als unbegründet abgewiesen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen hat die belangte Strafbehörde im krassen Mißverhältnis zur primären Geldstrafe offenbar nach dem nicht gesetzmäßigen Verhältnis S 1.000,-- = 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Dies widerspricht eklatant der ständigen Judikatur des O.ö.

Verwaltungssenates, wonach die Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip des Art 1 Abs 3 PersFrSchG 1988 ( BGBl Nr.

684/1988) grundsätzlich in Relation zu der verhängten Geldstrafe festzusetzen ist, wobei das Verhältnis der höchstmöglichen Geldstrafe zur höchstmöglichen Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend ist. Nur mit besonderer Begründung darf davon abweichend aus Rücksicht auf die schlechten persönlichen Verhältnisse des Täters eine unverhältnismäßige Ersatzfreiheitsstrafe bemessen werden, die aber noch im Rahmen der Schuld des Täters vertretbar erscheinen muß.

Der unabhängige Verwaltungssenat sieht sich daher veranlaßt, die gegenständlich gemäß § 16 Abs 2 VStG mit höchstens 2 Wochen zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe auf das in Relation zur verhängten Geldstrafe (bloß 5% des Strafrahmens) angemessene Maß von 17 Stunden zu reduzieren.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw im Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG keinen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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