Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260178/2/Wei/Bk

Linz, 03.04.1996

VwSen-260178/2/Wei/Bk Linz, am 3. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dipl.-Ing. P K, H, vertreten durch Dr. P K und Mag. M, Rechtsanwälte in M, vom 4. April 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16. März 1995, Zl. Wa 96-653-1994, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 137 Abs 2 lit h) und dem § 137 Abs 3 lit d) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr.

215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und es werden die Strafverfahren zu 1.a, 2.a und 3.a gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG und die Strafverfahren zu 1.b, 2.b und 3.b gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 16. März 1995 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie sind als nach außen berufenes und somit als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ der Firma K dafür verantwortlich, daß 1. am 21.11.1994, um ca. 11.00 Uhr, 2. am 22.11.1994 um ca. 8.00 Uhr und um ca. 14.00 Uhr, sowie 3. am 6.12.1994 vormittags im Zuge von Bauarbeiten beim Zubau der Fa. B, M, W, verunreinigtes Wasser durch einen Oberflächenwasserkanal in den M eingeleitet wurde.

a) Für diese Einleitungen lag keine wasserrechtliche Bewilligung vor.

b) Durch diese Einleitungen wurden im M Gewässerverunreinigungen verursacht." Durch die so umschriebenen Tatanlastungen erachtete die Strafbehörde zu 1.a, 2.a, 3.a jeweils den § 137 Abs 2 lit h) iVm § 32 Abs 4 WRG 1959 und zu 1.b, 2.b, 3.b jeweils den § 137 Abs 3 lit d) iVm § 31 Abs 1 WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte folgende Strafen:

Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) Strafnorm zu 1.a) S 2.000,-- (24 Stunden) § 137 Abs 2 lit h) zu 2.a) S 2.000,-- (24 Stunden) § 137 Abs 2 lit h) zu 3.a) S 2.000,-- (24 Stunden) § 137 Abs 2 lit h) zu 1.b) S 3.500,-- (36 Stunden) § 137 Abs 3 lit d) zu 2.b) S 3.500,-- (36 Stunden) § 137 Abs 3 lit d) zu 3.b) S 3.500,-- (36 Stunden) § 137 Abs 3 lit d) Anstelle getrennt ausgewiesener Kostenbeiträge wurde ein einheitlicher "Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens" in Höhe von S 1.650,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seiner Rechtsvertreter am 21. März 1995 zugestellt worden ist, richtet sich die am 4. April 1995 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung, hilfsweise ein Absehen von Strafe nach § 21 VStG, hilfsweise die ao. Strafmilderung nach § 20 VStG angestrebt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Über Anzeige des M W überprüfte der Gendarmerieposten M am 21. November 1994 um ca. 12.50 und am 22. November 1994 um ca 15.30 Uhr Uhr die Situation auf der Baustelle in M, D.

Am 21. November 1994 konnte die Gendarmerie feststellen, daß verschmutztes Wasser über einen Oberflächenkanal auf Höhe des Gewerbeparks M in den M eingeleitet wurde. Die Färbung des Wassers entsprach etwa einer Verschmutzung mit aufgewirbeltem Erdreich (helle Lehmfärbung). Am 22. November 1994 konnte noch verschmutztes Wasser im M, jedoch keine direkte Einleitung mehr festgestellt werden.

Nach den Erhebungen der Gendarmerie pumpten Arbeiter der bauausführenden Firma K im Zuge der Verlegung von Drainagerohren auf der Baustelle der Fa B das sich in den Künetten sammelnde Regenwasser ab. Dieses Wasser wäre durch Erdreich und Zement verschmutzt gewesen. Der für die Bauarbeiten bei der Fa B zuständige Baumeister W S stoppte nach dem Einschreiten der Gendarmerie die Einleitung der Oberflächenwässer in den M. Am 22. November 1994 um ca 08.00 Uhr und um ca 14.00 Uhr wären neuerlich kurzfristige Einleitungen aus den Künetten in den M erfolgt.

2.2. Der Anzeiger hatte mit Dr. E K von der Bundesanstalt für Fischereiwirtschaft, S, am 21. November 1994 Kontakt aufgenommen. Dieser führte einen Lokalaugenschein durch und stellte fest, daß aus einem Kanalrohr am rechten Ufer, bachabwärts der Brücke beim Industriegelände, stark getrübtes Wasser in einer Menge von rund 100 bis 200 cm3/s in den M gelangte. Auch Dr. K war der Meinung, daß es sich nur um ein durch lehmig-erdiges Material verunreinigtes Wasser handelte. Er entnahm nur eine Wasserprobe direkt aus dem Kanalrohr. Die Laboruntersuchung zeigte allerdings, daß der pH-Wert 11,70 betrug. Ein solches stark alkalisches Wasser wäre in kurzer Zeit tödlich für Organismen (vgl Berichtsschreiben vom 30.11.1994). Dr. K konnte den Schaden für den Krebsbestand im M nicht abschätzen, da nicht bekannt war, wie lange und in welcher Menge alkalisches Abwasser eingeleitet worden war. Er befürchtete aber eine Beeinträchtigung des Krebsbestandes flußabwärts auf einige 100 m. Eine genaue Schadensfeststellung sei zur Zeit sehr schwierig, da die Krebse bei den derzeitigen Wassertemperaturen sehr inaktiv wären und sich nur schwer fangen ließen.

2.3. Am 6. Dezember 1994 um 12.00 Uhr erstattete Matthias W neuerlich Anzeige wegen Einleitung von verschmutztem Wasser in den M. Daraufhin wurde sogleich eine Überprüfung durch Insp. S von der Außendienstpatrouille M an Ort und Stelle durchgeführt. Dieser Gendarmeriebeamte konnte jedoch keine Verunreinigung des Wassers des M feststellen. Über Vorhalt erklärte der Anzeiger, daß am Vormittag noch starke Verschmutzungen feststellbar gewesen wären. Auf der Baustelle wurde von den verantwortlichen Personen entschieden in Abrede gestellt, daß in den letzten Stunden Sickerwasser in den M eingeleitet worden wäre. Da die Gendarmerie keine Feststellungen zur angeblichen Verunreinigung treffen konnte, wurde nur ein Bericht vorgelegt. In den Vormittagsstunden hatte es stark geregnet.

2.4. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28. Dezember 1994 machte die belangte Strafbehörde den Bw "als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ der Firma K" dafür verantwortlich, daß von der genannten Baustelle zu den angeführten Zeiten mit Zement verunreinigtes Wasser durch einen Oberflächenwasserkanal in den M eingeleitet wurde, ohne daß dafür eine wasserrechtliche Bewilligung vorlag.

Durch diese Tatanlastung sah die Strafbehörde die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 3 lit d) iVm § 31 WRG 1959 verwirklicht.

Mit Schreiben vom 9. Jänner 1995 nahm die K GmbH & Co KG, F, S, für die der Bw firmenmäßig zeichnete, zur strafbehördlichen Aufforderung Stellung. Dabei wurde betont, daß es sich bei dem abgepumpten Wasser ausschließlich um Oberflächenwasser gehandelt hätte, das wegen der Regenfälle abgepumpt werden mußte, um Hinterfüllungsarbeiten fertigzustellen. Das Oberflächenwasser wäre über neu errichtete Sickerschächte, an denen Drainageschläuche angeschlossen waren, abgepumpt worden. Nach Rücksprache mit Herrn K W, dem zuständigen Polier der Firma vor Ort, hätte es sich bei den Verunreinigungen nur um aufgewühlten Lehm handeln können, der durch das Abpumpen über den Drainagekies herausgefiltert worden wäre. Auf Rückfrage hätten der Bauherr und dessen örtliche Bauleitung, Baumeister S, die Ableitung der Oberflächenwässer über den Schacht, der in den Oberflächenwasserkanal M mündet, vorgesehen. Da es sich nur um Regenwasser handelte, hätte man keine wasserrechtliche Bewilligung benötigt. Bereits beim bestehenden Parkplatz hätte man laut Baumeister S die Drainagewässer in diesen Schacht eingeleitet.

Unverständlich erschien es der Firma K, daß sich Zementrückstände im Oberflächenwasser befunden haben sollen, weil ausschließlich Lieferbeton verwendet wurde. In diesem Zusammenhang wurde um Übermittlung des einschlägigen Gutachtens gebeten. Als Zeugen für die ordnungsgemäße Vorgangsweise vor Ort wurden der für die Firma K zuständige Polier W K und der zuständige Bauleiter C N genannt. Die Einleitung der Oberflächenwässer erfolgte in Rücksprache mit der örtlich zuständigen Bauleitung des Baumeisters S. Die dafür vorgesehenen Kanäle wären vom Reinhalteverband genehmigt und auch vom Vorbesitzer zur Ableitung der Oberflächenwässer genutzt worden.

Die belangte Behörde unternahm daraufhin keine weiteren Ermittlungsschritte, sondern erließ das angefochtene Straferkenntnis vom 16. März 1995. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, daß dem Gutachten des Dr. K größere Glaubwürdigkeit beigemessen werde als der Aussage des Bw.

Der Strafbemessung wurde ein monatliches Einkommen in Höhe von S 20.000,-- zugrundegelegt. Weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände wurden festgestellt.

2.5. In der Berufung wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit gerügt. Die Strafbehörde hätte die zur Entlastung beantragten Zeugenbeweise nicht aufgenommen. Sie wäre verpflichtet gewesen, die entlastenden Umstände ebenso aufzunehmen wie die belastenden. Die belangte Behörde hätte von Amts wegen den für die Beurteilung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt erheben und einen Ortsaugenschein durchführen müssen, um die Angaben des Beschuldigten an Ort und Stelle zu überprüfen.

Die beantragten Zeugen zum Beweis dafür, daß lediglich durch den Drainagekies gefiltertes Regenwasser und kein zementhältiges Wasser eingeleitet wurde, werden in der Berufung aufrechterhalten. Außerdem werden Amtssachverständigengutachten aus dem Bereich des Wasserwesens und der Bodenkunde zum Beweis dafür beantragt, daß die Einleitung von durch Drainagekies gefiltertem Oberflächenwasser im Bereich der gegenständlichen Baustelle nicht geeignet war, dem M stark alkalisches Wasser zuzuführen.

Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird gerügt, daß keine strafmildernden Umstände wahrgenommen wurden, obwohl die Unbescholtenheit des Bw strafmildernd zu werten gewesen wäre. Der festgestellte Sachverhalt wäre auch rechtlich unrichtig beurteilt worden, weil für die Einleitung von Oberflächenwasser keine wasserrechtliche Bewilligung nötig wäre und vom Beschuldigten keine Gewässerverunreinigungen verursacht worden wären.

2.6. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war daher entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, wenn die Tat nicht einer strengeren Strafe nach den Abs 3 bis 5 unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs 4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt.

Nach § 32 Abs 4 WRG 1959 idF der WR-Novelle 1990 bedarf keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wer mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt (Indirekteinleiter), wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind. Das (zustimmende) Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, daß seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird.

4.2. Die Unterstellung des angelasteten Tatverhaltens unter § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 ist von vornherein unschlüssig, weil es gegenständlich nicht um Einleitungen in eine bewilligte öffentliche Kanalisation geht, die von einem Kanalisationsunternehmer gemeinsam mit einer Abwasserreinigungsanlage betrieben wird. Da die belangte Behörde von einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht ausging, hätte sie aus ihrer Sicht grundsätzlich den Tatbestand der konsenslosen Einwirkung auf Gewässer gemäß § 137 Abs 3 lit g) 1. Fall WRG 1959 heranziehen müssen.

Allerdings ist die wasserrechtliche Vorfrage der Bewilligungspflicht zu klären. In Betracht kommt allenfalls § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959, wonach Einbringungen in Gewässer mit den dafür erforderlichen Anlagen der Bewilligung bedürfen. Fraglich ist die Bewilligungspflicht schon deshalb, weil lediglich das sich in den Künetten sammelnde Oberflächenwasser abgepumpt wurde. Für eine solche Maßnahme bedarf es für gewöhnlich keiner Bewilligung, weil im Regelfall nur an eine geringfügige Einwirkung iSd § 32 Abs 1 WRG 1959 zu denken wäre. Nimmt man andererseits an, daß das Oberflächenwasser mit Zementrückständen verunreinigt war und deshalb einen stark alkalischen pH-Wert aufwies, so dürfte ein solches Abwasser ohne vorhergehende Neutralisation nie in ein Gewässer abgepumpt werden. Die Maßnahme wäre gar nicht bewilligungsfähig. Schon diese Überlegungen zeigen, daß im Falle einer vereinzelt gebliebenen Gewässerverunreinigung eigentlich kein Fall des § 32 WRG 1959, sondern nur einer des § 31 WRG 1959 vorliegen kann.

Zur Abgrenzung der Tatbestände des § 32 WRG 1959 von jenen des § 31 WRG 1959 vertritt der Verwaltungsgerichtshof für die Anwendbarkeit des § 32 WRG die Auffassung, daß es sich um einen konkret wirksamen und beabsichtigten Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser handeln müsse, der planmäßig durch Einbringung von wassergefährdenden Stoffen unter Verwendung von Anlagen erfolgt. Zielt eine Maßnahme nicht projektsgemäß auf eine Gewässereinwirkung ab, scheidet eine Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 aus. Kommt es dennoch zu einer Gewässerverunreinigung, so ist dieser nach § 31 WRG 1959 zu begegnen (vgl näher mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], Rz 13 zu § 32 WRG).

Bei dieser Rechtslage war in den vorliegenden Fällen von vornherein nicht an eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht nach § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959, sondern an die allgemeine Sorgfaltspflicht zur Reinhaltung von Gewässern nach § 31 Abs 1 iVm § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 zu denken.

4.3. Gemäß § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach Abs 4 oder 5 strengerer Strafe unterliegt, und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs 1 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.

Nach § 31 Abs 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen und Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297 oder zutreffendenfalls des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Gemäß § 30 Abs 2 WRG 1959 wird unter Verunreinigung der Gewässer jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte) und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.

Das Erfolgsdelikt des § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 setzt den Eintritt einer Gewässerverunreinigung voraus. Nach der strengen Richtlinie des § 30 Abs 2 WRG 1959 genügt schon jede Beeinträchtigung der Wassergüte.

4.4. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates leidet das angefochtene Straferkenntnis unter gravierenden Ermittlungs- und Aufklärungsmängeln, die auch wesentliche Feststellungsmängel zur Folge hatten.

Durch den aktenkundigen Bericht des Dr. E K von der Bundesanstalt für Fischereiwirtschaft ist erwiesen, daß am Nachmittag des 21. November 1994 trübes, augenscheinlich durch Lehm oder Erde verunreinigtes Wasser aus dem Kanalrohr am rechten Ufer in den M floß. Die Untersuchung der Probe aus dem Kanalrohr ergab einen weit überhöhten pH-Wert von 11,70, der auf stark alkalisches Abwasser hindeutete.

Ungeklärt ist geblieben, in welcher Menge und Zeit Abwasser dieser Art in den M gelangten. Der für den M entstandene Schaden konnte daher von Dr. K nicht genau abgeschätzt werden. Daß eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung der Wassergüte des M am 21. November 1994 stattgefunden hat, erscheint aber ausreichend dokumentiert.

Für die nach der Gendarmerieanzeige am 22. November 1994 nur kurzfristigen neuerlichen Einleitungen von Regenwasser aus den Künetten in den M liegt keine pH-Wert Untersuchung vor.

Insofern ist nach der Gendarmerieanzeige lediglich eine augenscheinliche lehmige Verschmutzung des Wassers objektiviert. Ungeklärt geblieben ist die entscheidungswesentliche Frage, ob das aus den Künetten am 22. November 1994 abgepumpte Regenwasser ebenfalls einen weit überhöhten pH-Wert aufwies oder nicht. Die belangte Behörde hat die abermalige stark alkalische Eigenschaft des abgepumpten Künettenwassers offenbar unterstellt. Welche objektiven Anhaltspunkte auch am 22. November 1994 für diese Annahme sprachen, hat die Strafbehörde nicht dargelegt. Ein Grund könnte die Herkunft des abgepumpten Wassers aus den gleichen Künetten wie am Vortag sein. Dies wäre aber keinesfalls zwingend, zumal neues sich dort ansammelndes Oberflächenwasser andere chemische Eigenschaften haben konnte wie am Vortag. Um solcherart Schlüsse ziehen zu können, wäre es zumindest erforderlich gewesen, aufzuklären, ob und warum sich das in den Künetten am 21. November 1994 sammelnde Oberflächenwasser durch Zementrückstände verunreinigt sein konnte. Zu dieser Frage hat die belangte Strafbehörde keinerlei Ermittlungen veranlaßt. Solche hätten aber frühzeitig und sinnvollerweise unter Beiziehung von geeigneten Amtssachverständigen an Ort und Stelle durchgeführt werden müssen, um eine umfassende Aufklärung und Beweissicherung zu erreichen. Völlig offen geblieben ist etwa die entscheidungswesentliche Beweisfrage, ob damals frische Betonierungsarbeiten durchgeführt wurden und dabei die Möglichkeit der Auswaschung von Beton und der Anreicherung von Zementschlempe im Oberflächenwasser bestand. Nicht einmal die Stellungnahme der Firma K vom 9.

Jänner 1995, in der die mit der örtlichen Bauleitung abgesprochene Art der Beseitigung des Oberflächenwassers angesprochen und die Kontamination des abgepumpten Regenwassers durch Zementrückstände wegen der bloßen Verwendung von Lieferbeton als nicht verständlich angesehen wurde, hat die belangte Behörde zu weiteren Erhebungsschritten veranlaßt.

Es liegt auf der Hand, daß derart substanzielle Versäumnisse der Strafbehörde nicht nach Jahren in einer Berufungsverhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat saniert werden können. Die Erinnerungsfähigkeit von Zeugen nimmt erfahrungsgemäß schon nach Monaten stark ab und ein Lokalaugenschein kann im Hinblick auf längst veränderte örtliche Verhältnisse kein relevantes Beweisergebnis mehr erbringen. Bei realistischer Betrachtung kann daher für den 22. November 1994 nicht als erwiesen angesehen werden, daß die an diesem Tag abgepumpten Künettenwässer stark alkalisch und damit schädlich für den M waren. Bloße Verschmutzungen des Wassers durch Erdreich oder Lehm können unter den gegebenen Umständen nur als geringfügig betrachtet werden.

Der erkennende Verwaltungssenat hält diesen Aspekt im vorliegenden Fall für unerheblich, weil damit auch nach dem Bericht des Dr. K keine nachteiligen Auswirkungen auf den M verbunden gewesen wären. Auch durch Regenfälle gelangt immer wieder mit Erdreich oder Schotter angereichertes Oberflächenwasser in Gewässer, ohne daß deshalb die Wassergüte spürbar beeinträchtigt wird.

Was den angelasteten Vorfall vom 6. Dezember 1994 (Spruchpunkt 3.) betrifft, konnte der einschreitende Gendarmeriebeamte trotz unverzüglichen Einschreitens an Ort und Stelle um 12.00 Uhr die Behauptung des Anzeigers über eine neuerliche starke Verschmutzung des M nicht einmal ansatzweise bestätigt finden. Deshalb wurde auch nur ein Bericht und keine weitere Anzeige erstattet. Dieser Vorfall entbehrt nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates von vornherein jeglicher gesicherten Beweisgrundlage und bedarf daher keiner weiteren Erörterungen.

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, daß für den 22.

November 1994 und den 6. Dezember 1994 eine relevante Gewässerverunreinigung des M nach der Aktenlage nicht objektiviert werden kann. Die belangte Strafbehörde hat kein brauchbares Ermittlungsverfahren durchgeführt, weshalb Beweise nicht rechtzeitig erhoben und gesichert wurden und die mittlerweile noch wesentlich verschlechterte Beweislage keine sachdienlichen Sachverhaltsfeststellungen mehr erwarten läßt.

4.5. Wie es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht und auch aus der Stellungnahme der Firma K vom 9. Jänner 1995 klar hervorgeht, war nicht der Bw als Geschäftsführer und vertretungsbefugtes Organ iSd § 9 Abs 1 VStG, sondern der vor Ort tätige Polier oder allenfalls der Bauleiter der Firma K, welche Personen als Zeugen für die ordnungsgemäße Vorgangsweise namhaft gemacht wurden, für die konkret durchgeführte Entsorgung des Oberflächenwassers verantwortlich. Die Behauptung in der Gendarmerieanzeige, daß der Bw als verantwortlicher Bauleiter die Einleitung des verschmutzten Oberflächenwassers bewilligte, entbehrt einer aktenkundigen Grundlage. Der belangten Strafbehörde, die sich diese Behauptung unkritisch und unüberprüft zu eigen gemacht hat, ist entgegenzuhalten, daß sie die schriftliche Rechtfertigung vom 9. Jänner 1995 offenbar weitgehend mißverstanden und rechtlich falsch beurteilt hat, wenn sie dazu nur lapidar ausführt, daß der Bw die Einleitung von Oberflächenwässern bestätigt habe. Mit dieser Feststellung ist noch überhaupt nichts über die strafrechtliche Verantwortlichkeit ausgesagt.

Täter des fahrlässigen Erfolgsdelikts gemäß § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 ist, wer sorgfaltswidrig eine Gewässerverunreinigung bewirkt. Diese Haftung für Gewässerverunreinigungen beruht auf einer Reinhaltepflicht für jedermann und hat mit der Verantwortlichkeit iSd § 9 Abs 1 VStG des vertretungsbefugten Geschäftsführers, der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person einzustehen hat, nichts zu tun (vgl bereits das h. Erkenntnis vom 22.04.1994, VwSen-260117/2/Wei/Bk, im Anlaßverfahren Wa 96-589-1992 der belangten Behörde). Es war daher schon im Ansatz verfehlt, daß die Strafbehörde auch für die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 die Verantwortlichkeit des Bw auf § 9 VStG stützte.

Die belangte Strafbehörde hätte mangels Anwendbarkeit der Beweislastregel des § 5 Abs 1 Satz 2 VStG alle für einen Fahrlässigkeitsvorwurf in objektiver und subjektiver Hinsicht erforderlichen Tatsachen ermitteln und die entscheidungswesentlichen Feststellungen treffen müssen. In welchem konkreten Verhalten des Bw eine Verletzung von Sorgfaltspflichten gelegen war, wird im angefochtenen Straferkenntnis überhaupt nicht angeführt. Ein bestimmter Sorgfaltsverstoß wurde weder im Spruch noch in der Begründung ausgeführt. Aufgrund des äußerst oberflächlichen Verfahrens fehlte es bereits an der Ermittlung einer ausreichenden Tatsachengrundlage für einen konkreten Verhaltensvorwurf. Die bloße Nacherzählung der Gendarmerieanzeige konnte ein ordentliches Ermittlungsverfahren zu der allein entscheidungswesentlichen Tatfrage der Einhaltung der unter den konkreten Umständen gebotenen Sorgfalt nicht ersetzen. Dabei wäre nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates vor allem das Verhalten des für die Baustelle verantwortlichen Poliers der Firma K auf allfällige Sorgfaltsmängel näher zu untersuchen gewesen.

Die belangte Behörde hat im Ergebnis eine unzutreffende Erfolgshaftung des Bw angenommen. Sie hätte einzelfallbezogene Feststellungen treffen müssen und für die Sorgfaltsanforderungen auf das Verhalten abstellen müssen, das nach dem anerkannten Sorgfaltsmaßstab eines einsichtigen und besonnenen Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters (sog differenzierte Maßfigur) in der konkreten Situation verlangt werden kann (vgl dazu mwN Burgstaller, Wiener Kommentar, § 6 Rz 36 und 38; Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, Besonderer Teil I, 3. A [1990], § 80 Rz 16; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A [1992], § 6 Rz 6 und 12; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 706).

4.6. Die belangte Strafbehörde hat keine hinreichend konkretisierte und unverwechselbare Tatanlastung iSd § 44a Z 1 VStG vorgenommen (vgl näher mwN zur Konkretisierungspflicht Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 937 ff). Der Vorwurf stellt nur auf den eingetretenen Erfolg ab. Das maßgebliche sorgfaltswidrige Verhalten und die näheren Umstände, die am 21. November 1994 zur Verunreinigung des Moosbaches führten, werden nicht konkretisiert. Vielmehr fehlen jegliche Anhaltspunkte über allfällige Sorgfaltsmängel des Bw oder anderer Personen, die zur Gewässerverunreinigung führten.

Der Schuldspruch läßt keine eindeutige und unverwechselbare Zuordnung zu den Fahrlässigkeitsmerkmalen des § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 zu, weil er unter gravierenden Feststellungsmängeln leidet, die eine rechtsrichtige Subsumtion unter den Fahrlässigkeitsbegriff von vornherein ausschließen.

Nach der Aktenlage hat die belangte Strafbehörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt gar nicht erhoben.

Selbst nach der schriftlichen Rechtfertigung des Bw wurde kein ordentliches Ermittlungsverfahren zur rechtserheblichen Frage der nach den konkreten (!) Umständen gebotenen Sorgfalt durchgeführt, sondern einfach das Straferkenntnis erlassen. Es verwundert daher nicht, daß als Folge der versäumten Beweisaufnahmen entscheidungsrelevante Feststellungsmängel unterlaufen sind.

4.7. Im Ergebnis waren die Strafverfahren zu 1.a, 2.a und 3.a gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG schon aus rechtlichen Gründen einzustellen, weil der beschuldigte Bw weder die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 2 lit h) noch jene nach § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begangen hat. Hinsichtlich der Strafverfahren zu 1.b, 2.b und 3.b fehlt es an einem ausreichenden Tatvorwurf und geeigneten Feststellungen, wobei mittlerweile mangels tauglicher Verfolgungshandlung auch längst Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Außerdem konnte für die Strafverfahren zu 2.b und 3.b nicht einmal eine relevante alkalische Verunreinigung des M erwiesen werden. All diese Strafverfahren waren daher gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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