Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260233/3/WEI/Bk, VwSen260234/2/WEI/Bk

Linz, 03.05.1999

VwSen-260233/3/WEI/Bk, VwSen-260234/2/WEI/Bk Linz, am 3. Mai 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) und durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des O gegen Spruchabschnitt I. (Einzelmitglied) und gegen Spruchabschnitt II. (3. Kammer) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 2. Juni 1998, Zl. Wa 96-11-1997-Lac, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990 und BGBl I Nr. 74/1997) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis sowohl im Spruchabschnitt I. als auch im Spruchabschnitt II. aufgehoben und werden alle bezughabenden Strafverfahren gemäß dem § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991 Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 2. Juni 1998 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

I. Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P, dafür verantwortlich, daß folgende im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25.6.1997, Wa-600492/74/Kes/Pir, betreffend Ihre Abwasseranlage beim Betrieb R, gemäß § 105 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) vorgeschriebene Auflagen bzw. Nebenbestimmungen nicht eingehalten wurden: 1. Spruchabschnitt I, Nebenbestimmungen, A) Abwassereinleitungskonsens, 1.:

Zur Ableitung in die Verbandsanlagen dürfen betriebliche Abwässer in einer Menge von max. 17 m3/d bzw. 3m3/h (rd. 1,0 l/s) mit einer Schmutzfracht von max. 15 kg CSB bzw 9 kg BSB5 pro Tag (150 EW) gelangen.

Abgeleitet wurden am 3.10.1997 in die Anlagen des RHV M 50 m3 Abwässer.

2. Spruchabschnitt I, Nebenbestimmungen, F) 5 (abwassertechnische Auflagen):

Für die Endkontrolle der betrieblichen Abwässer ist die bereits installierte Endmeßstation mit - registrierender Mengenmessung und Tagessumme und - die registrierende pH-Messung zu betreiben und instandzuhalten.

Die Endmeßstation des Betriebes (Mengen- und pH-Registrierung) war am 6.10.1997 nicht in Betrieb.

3. Spruchabschnitt, Nebenbestimmungen, F) (chemische Auflagen) 5.:

Im Zuge der Abwasserreinigung abgetrennte Feststoffe (zB Schlammablagerungen bzw. über Siebe abgetrennte Flusen) sind entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vom Abwasser getrennt entsorgen zu lassen. Aufzeichnungen darüber sind zu führen.

Über die Verbringung des Räumgutes bzw. des Klärschlammes aus der alten Abwasserreinigungsanlage lagen am 6.10.1997 keine Unterlagen auf.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 137 Abs. 3 lit. j i.V.m. § 105 Wasserrechtsgesetz 1959 II. Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P, dafür verantwortlich, daß entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25.6.1997, Wa-600492/74/Kes/Pir, betreffend Ihre Abwasseranlage beim Betrieb R, eine Einwirkung auf Gewässer vorgenommen wurde. Es wurde am 16.9.1998 (richtig: 1997) der Abwasserinhalt von mindestens einem der 10 Abwassersammelbecken (Kubatur: zwischen 26 und 96 m3) Ihres Betriebes in, mittels eines verlegten Schlauches mit einem Durchmesser von ca 5 cm, der in einen Ablaß in den Boden mündete, in die S abgelassen. Dadurch wurde am 16. und 17.9.1997 im Gewässerabschnitt der S - 50 m unterhalb des Kläranlagenauslaufes bis zur K (1,5 km unterhalb Ihres Betriebes) eine erhebliche Gewässerverunreinigung bewirkt, die sich in der Schädigung des Fischbestandes bemerkbar machte:

- diverse tote Fische (2 1-sö. Bachforellen, 1 ca 2 bis 3-sö. Äsche) bei der K am 16.9.1997 - tote Fische unterschiedlicher Größe (Bachforellen, Äschen) am Gewässergrund ca. 50 m unterhalb des Kläranlagenauslaufes am 17.9.1997 - massenhaft Fischkadaver von der Einleitungsstelle bis Fußgängersteg ca. 150 - 200 m flußabwärts am 17.9.1997 - größere Anzahl von Fischkadavern unterschiedlicher Größe im Bereich der Brücke bei der K am 17.9.1997 Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 137 Abs. 5 lit. e i.V.m. § 32 Abs. 1 und 2 lit. a WRG 1959 Wegen der angelasteten Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde folgende Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen):

Zu den Spruchpunkten I. 1. bis 3. wurden gemäß § 137 Abs. 3 lit j WRG 1959 (richtig: Strafrahmen des § 137 Abs 3 WRG 1959) je S 2.000,-- Geldstrafe und je 6 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Zum Spruchpunkt II. sprach die belangte Behörde gemäß § 137 Abs 5 lit e WRG 1959 (richtig: Strafrahmen des § 137 Abs 5 WRG 1959) eine Geldstrafe in Höhe von S 30.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden aus.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 4. Juni 1998 zugestellt wurde, richtet sich die Berufung vom 18. Juni 1998, die am 19. Juni 1998 rechtzeitig bei der belangten Behörde einlangte. Sie strebt die Aufhebung aller Spruchpunkte des Straferkenntnisses und die Einstellung der Strafverfahren an.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Der Fischereisachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung schildert im Erhebungsbericht vom 22. September 1997, Agrar-440215/11-1997-I/Hr/Be, daß ihm der Obmann des Fischereireviers R im Zuge eines Außendienstes am 17. September 1997 von einem erheblichen Fischsterben in der S am Vortag berichtete. Am Nachmittag des 16. September 1997 fand Herr J auf Höhe der ehemaligen K diverse tote Fische in der S. Drei tote Fische wurden zur Untersuchung entnommen. Die gekühlten Fischkadaver wurden dem Amtssachverständigen am 17. September 1997 vorgelegt, der keine Anzeichen von Krankheit oder Parasitenbefall erkennen konnte. Die Mäuler waren leicht geöffnet. Auffallend war eine extreme Verkrampfung der völlig angelegten Kiemendeckel. Nach Öffnung der Kiemendeckel war erkennbar, daß die Kiemen angeschwollen und stark verschleimt waren. Die Öffnung der Bauchhöhle zeigte keine Auffälligkeiten. Der Amtssachverständige führte in der Folge ab 09.45 Uhr noch einen Ortsaugenschein durch. Vom Betriebsareal K abwärts, etwa beginnend 50 m unterhalb des Kläranlagenauslaufs wurden immer wieder tote Fische unterschiedlicher Größe (Bachforellen, Äschen) am Gewässergrund vorgefunden. Oberhalb des Kläranlagenauslaufs fand man keine Fischkadaver. Flußaufwärts war der Fischbestand unversehrt. Der Bereich ab der Einleitungsstelle K bis etwa 150 m - 200 m flußabwärts war nahezu fischleer und es befanden sich massenhaft Fischkadaver am Gewässergrund. Bis zur etwa 1,5 km unterhalb des Betriebs liegenden K waren tote Fische vorzufinden, die abgeschwemmt wurden oder nach Vorschädigung abwanderten und in der Folge verendeten. Da der Ernährungszustand gut war, muß der Tod rasch eingetreten sein. Sauerstoffmangel schloß der Amtssachverständige wegen der nicht ausgebildeten Erstickungsstellung (weit aufgerissenes Maul und weit abgespreizte Kiemendeckel) aus. Grundsätzlich müsse die Einleitung einer toxischen Substanz in Betracht gezogen werden, die eine Verdünnung erfahren habe. Es könne davon ausgegangen werden, daß eine Fließwasserstrecke der S von etwa 1 km Länge fischereilich geschädigt worden ist. Auch ein Teil der Benthosorganismen, welche einen wesentlichen Bestandteil der Fischnahrung im Gewässer darstellen, sei vernichtet worden, weshalb eine völlige Neubesiedelung erst nach entsprechender Regenerationszeit möglich sein werde. Ein weiterer ungünstiger Faktor sei der Beginn der Bachforellenlaichzeit gewesen. Es müsse davon ausgegangen werden, daß auch laichreife Bachforellen getötet wurden, wodurch die natürliche Reproduktion dieser Fischart im betroffenen Gewässerabschnitt schwer beeinträchtigt worden ist. Neben den fischereiökologischen Auswirkungen sei auch ein massiver vermögensrechtlicher Nachteil für die Fischerberechtigten entstanden.

2.2. Der Amtssachverständige für Chemie teilte der belangten Behörde seine Einschätzung der Aktenlage mit der Äußerung vom 4. Februar 1998, Zl. U-GS-320427/55/56-1998/Br/St, mit. Die Beurteilung der Abwässer vom 16. September 1997 aus chemischer Sicht war mangels vorhandener Analysedaten nicht möglich. Da aber die anfallenden Abwässer über das Beckensystem gesammelt werden, konnten die Werte der analysierten Proben vom 23. September 1997 und vom 6. Oktober 1997 Anhaltspunkte für eine Bewertung der Fischtoxizität liefern. Auffallend bei diesen Proben waren die Meßwerte für den pH-Wert und für Ammonium-Stickstoff NH4-N. Die Fischtoxizität hänge im wesentlichen vom pH-Wert ab, wobei auch die Temperatur von entscheidender Bedeutung sei. Bei 25°C sei die Giftwirkung viermal so hoch wie bei 5°C. Es seien folgende Grenzkonzentrationen für den freien Ammoniak (NH3) zu beachten:

0,1 - 0,6 mg/l NH3 (untere Schädlichkeitsgrenze für Forellen) 0,8 mg/l (Schwellwert für Bachforellen) 1,0 mg/l (Forelle, letal).

Aus den Meßwerten der Proben vom 23. September 1997 und 6. Oktober 1997 errechnete der Amtssachverständige für Chemie folgende Konzentrationen an Ammoniak für verschiedene Temperaturen:

Datum pH-Wert NH4-N NH4 NH3 (mg/l) (mg/l) (mg/l) 20°C 15°C 10°C 5°C 23.9.97 9,5 750 968 539 449 359 274 6.10.97 9,1 480 619 Berechnung mit pH 9,0 176 133 97 69 Aus dieser Aufstellung des Amtssachverständigen geht hervor, daß die Abwässer K die für Forellen letalen Grenzkonzentrationen deutlich überschreiten konnten. Die tatsächlichen Auswirkungen hängen vom Verdünnungseffekt und der abgeleiteten Gesamtfracht ab. Über die Nitrifikation (Umsetzung mit Sauerstoff) könne auch Nitrit (NO2) gebildet werden, welches ebenfalls fischtoxische Wirkungen hat. Der Amtssachverständige stellte daher aus chemischer Sicht fest, daß die Abwässer des Betriebs K durchaus als fischtoxisch einzustufen sind, wobei die Rahmenbedingungen (Abwassermenge, Wasserführung) eine wesentliche Rolle spielten.

2.3. Am 9. Dezember 1997 erfolgte eine niederschriftliche Rechtfertigung zu den Anlastungen in der strafbehördlichen Aufforderung vom 13. November 1997, die Herr A, der Vater des Bw, in Anwesenheit und mit Zustimmung des Bw vornahm. Die Übertretung betreffe die P mit dem Sitz in W, hinsichtlich der A als Bevollmächtigter verantwortlich sei und auch der strafrechtlichen Verantwortung zustimme. Zur Ableitung in die Verbandskläranlage habe am 30. September 1997 eine Begehung mit einem Vertreter des Reinhalteverbandes (RHV) M und der Wasserrechtsbehörde stattgefunden, bei der festgelegt worden wäre, daß die Abwässer nach Vorreinigung ohne mengenmäßige Begrenzung eingeleitet werden dürften. Nach Vorlage von Abwasseruntersuchungen bzw Gutachten sei dies erlaubt worden. Im Zuge der Begehung am 6. Oktober 1997 wurde neuerlich eine Wasserprobe genommen. Die Meßstation für Menge und pH-Wert wäre am Mittag durch die Fa H instandgesetzt worden. Der Klärschlamm-entsorgungsnachweis sei eine Woche nach dem Lokalaugenschein der Wasserrechtsabteilung zugeschickt worden. Herr A behauptete, daß vom Abwasser K kein Fischsterben entstehen könne. Er verwies auf Gutachten des Farbstofflieferanten Fa B aus der Schweiz. Er werde veranlassen, daß diese Firma ein Schreiben mit Untersuchungsbericht der belangten Behörde übermitteln werde. Eine mengenmäßige Abgrenzung der in die S eingeleiteten Abwässer wäre ihm nicht möglich.

Vorgelegt wurden das Schreiben des RHV M vom 16. Oktober 1997, ein Überprüfungsbericht vom 16. Oktober 1997 des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, Unterabteilung Gewässerschutz und ein von A unterzeichnetes Schreiben der P GmbH vom 30. September 1997 an den RHV M und die Gemeinde H.

Im Schreiben des RHV M vom 16. Oktober 1997 wird eine Genehmigung per 3. Oktober 1997 für die Einleitung der vorgereinigten Abwässer in den Verbandssammler unter Auflagen erteilt. Der Wasserrechtsbescheid vom 25. Juni 1997, Zl. Wa-600492/74/Kes/Pir, müsse eingehalten werden, lediglich die einzuleitende Menge wurde in Abänderung des Bescheides mit ca. 40 m3 täglich festgelegt. Eine Abweichung müsse dem RHV gemeldet werden. Die im Schreiben vom 30. September 1997 festgelegten Abläufe und Verpflichtungen wurden zum Bestandteil der Genehmigung erklärt.

2.4. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. Juni 1997, Wa-600492/74/Kes/Pir, wurde der Original P zur Entsorgung der beim Betrieb R, anfallenden vorgereinigten Abwässer die wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung in die Kanalisationsanlagen des RHV M sowie für die Errichtung und den Betrieb der hiezu dienenden Anlagenteile unter Vorschreibungen erteilt. Unter "A) Abwassereinleitungskonsens:"wurde im Punkt 1. die mengenmäßige Begrenzung von max. 17 m3/d bzw. 3 m3/h (rd. 1,0 l/s) sowie eine höchstzulässige Schmutzfracht von 15 kg CSB bzw. 9 kg BSB5 pro Tag (150 EW) und im Punkt 2. bestimmte Grenzwerte vorgeschrieben.

Dem Aktenvermerk der Wasserrechtsbehörde über einen Lokalaugenschein vom 29. September 1997 ist zu entnehmen, daß seit Ende 1993 kein Ableitungsrecht für Betriebsabwässer mehr bestand, weil das Wasserbenutzungsrecht entzogen wurde. Der folgende Verbleib der Abwässer blieb ungeklärt. Die innerbetriebliche Aufbereitungsanlage wurde seit 23. September 1997 im Probebetrieb gefahren. Nach Auskunft des Amtssachverständigen Ing. M waren bei der Kontrolle am 16. September 1997 durch die Unterabteilung Gewässerschutz 6 Stapelbecken randvoll, die beiden erstgelegenen jeweils nur ca. zu einem Drittel gefüllt. Beim Lokalaugenschein vom 29. September 1997 waren die 8 Stapelbecken im Keller des Betriebsgebäudes voll. Zuletzt dürften am 23. September 1997 Ableitungen von Rohabwässern in die Anlagen des RHV M erfolgt sein. Eine Fertigstellungsmeldung für die innerbetriebliche Reinigungsanlage wurde zwar übergeben, die Anlage war aber tatsächlich noch nicht zur Gänze fertiggestellt (Endmeßstation, Alarmeinrichtungen, Betriebs- und Wartungsvorschriften, Wartungsbuch).

Nach dem Aktenvermerk der Wasserrechtsbehörde vom 6. Oktober 1997 über einen Lokalaugenschein vom gleichen Tage wurde am 3. Oktober 1997 nach den eigenen Angaben der Fa. P eine vorgereinigte Abwassermenge von 50 m3 in die Anlagen des RHV M abgeleitet, wobei die Zustimmung des Verbandes vorlag. Die Ableitungsmenge lag über dem wasserrechtlichen Konsens von 17 m3/d. Die Zustimmung des Verbandes wurde im Hinblick darauf erteilt, daß die Untersuchung einer Abwasserprobe durch Dipl.-Ing. B Schwermetallgehalte unter den Grenzwerten ergab.

Die Endmeßstation (Mengen- und pH-Registrierung) war nicht in Betrieb, weshalb eine Dokumentation der Ableitung nicht gegeben war. In den Speicherbecken lagerten erhebliche Mengen betrieblicher Abwässer. Das Sammelbecken 1 und Übergabebecken 10 waren nur etwa zu 20% gefüllt. Die Aufbereitungsbecken der alten Kläranlage waren voll. Insgesamt war eine Gesamtabwassermenge von rund 350 m3 gelagert. Abwasserproben wurden vom Amtssachverständigen genommen.

Nach den wasserrechtsbehördlichen Feststellungen an Ort und Stelle wurde die alte biologische Kläranlage zur Herstellung eines neuen Verbindungskanales in die Aufbereitungsanlage integriert, was mittels Wasserprüfung mit Farbzusatz kontrolliert wurde. Eine Ableitung betrieblicher Abwässer in die S über bestehende Anlagen (fest verlegte Rohrleitungen) erschien daher nicht möglich. Die Ableitung vom 16. September 1997 erfolgte nach Auskunft des Amtssachverständigen Ing. M mittels Pumpe und fliegender Schlauchleitung. Über die Verbringung des Räumgutes bzw Klärschlammes aus der alten Abwasserreinigungsanlage lagen keinerlei Unterlagen auf. Die nunmehr vorhandene Vorreinigungsanlage lasse eine ausreichende Reinigung der betrieblichen Abwässer erwarten. Der Entsorgungsweg der gelagerten 350 m3 Abwassermenge müsse aber verfolgt werden.

Laut Aktenvermerk der belangten Behörde vom 8. Oktober 1997 wurde der Klärschlammentsorgungsnachweis an die Wasserrechtsbehörde nachgereicht.

2.5. Aus Anlaß des Fischsterbens vom 16. September 1997 hat die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich gegen Herrn A die Strafanzeige vom 11. Mai 1998, Zl. P 48/97-23, wegen des Verdachts des Vergehens der vorsätzlichen Beeinträchtigung der Umwelt nach § 180 StGB und wegen des Verdachts des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 126 StGB an die Staatsanwaltschaft Linz erstattet. In der Anzeige wird ihm vorgeworfen, ohne wasserrechtliche Bewilligung mit Hilfe eines Plastikschlauches in der Zeit vom 13. Oktober 1995 bis 16. September 1997 wöchentlich ca. 200 m3 an betrieblichen Abwässern aus den Belüftungsbecken im Keller über einen im Boden befindlichen Ablauf direkt in die S abgeleitet zu haben, wodurch dieser Vorfluter einer ständigen Beeinträchtigung ausgesetzt gewesen wäre. Dadurch sei es am 16. September 1997 im Zeitraum zwischen 11.00 Uhr und 18.00 Uhr auf einer Länge von 1,5 km von der Einleitungsstelle flußabwärts zu einem massiven Fischsterben bzw einer schweren und nachhaltigen Beeinträchtigung des betroffenen Lebensraumes gekommen. Es bestehe daher der Verdacht, daß A vorsätzlich das Gewässer über einen längeren Zeitraum nachhaltig beeinträchtigte, wodurch eine Gefährdung des Tierbestandes entstehen konnte und auch tatsächlich die Vernichtung des Fischbestandes und dessen Lebensraumes herbeigeführt wurde. Die Inhaber der Fischereirechte hätten einen Schaden von S 60.000 bis S 100.000,-- erlitten.

Aus der mit A als Verdächtigem aufgenommenen Niederschrift vom 5. Februar 1998 ergibt sich, daß dieser am 16. September 1997 eigenhändig einen Schlauch zum Ablassen von betrieblichen Abwässern in die S verlegte. Er wüßte nicht mehr in welches Becken und wie lange er den Schlauch legte, weil diese Vorgangsweise schon beinahe eine ständige Einrichtung darstellte. Die Ablaufmenge gab er im Vergleich zur Einleitungsmenge in den RHV M mit ca 200 m3 pro Woche an. Er erklärte die Ableitungen aus der Notsituation, um den Betrieb nicht schließen zu müssen. Eine Entsorgung der abgeleiteten Mengen wäre finanziell nicht tragbar gewesen. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung wäre ihm aber bekannt gewesen, daß die betrieblichen Abwässer, die hauptsächlich aus Farbe und Färbehilfsmittel bestünden, keinerlei Schaden im Gewässer hervorrufen könnten. Erstmals im November 1997 hätte man festgestellt, daß das Abwasser fallweise mit Stickstoff oder Ammoniak belastet sei. Der eingesetzte Harnstoff wäre nach längerem Verweilen mit der Lauge in den Pufferbecken eine Reaktion eingegangen. Deshalb habe man das Färbeverfahren so geändert, daß Harnstoff zu 100% nicht mehr eingesetzt werde.

2.6. Die Berufung bringt zu Spruchpunkt I.1. des angefochtenen Straferkenntnisses vor, daß die Entscheidung über das Ausmaß der Abwassereinleitung zum Tatzeitpunkt dem RHV M zustand. Diesen Standpunkt hätte der RHV M anläßlich einer Vereinbarung über erweiterte Ableitungsrechte vom 29. September 1997 vertreten, weshalb der Bw und sein Vater jedenfalls davon hätten ausgehen können. Zum Vorwurf der Verletzung der abwassertechnischen Auflage Nr. 5 im Spruchpunkt I.2. bringt der Bw vor, daß die Endmeßstation vor dem 6. Oktober 1997, an dem sie nicht in Betrieb war, nicht geprüft hätte werden können, da erst ab 3. Oktober 1997 Abwässer darüber geleitet wurden. Die Behebung des Fehlers, der sich an diesem Tag zeigte, wäre sofort veranlaßt worden. Das Lieferunternehmen hätte bereits am 6. Oktober 1997 den Fehler behoben. Somit könne dem Bw der fehlende Betrieb im Zeitpunkt der Kontrolle nicht angelastet werden. Eine Haftung für jederzeitigen anstandslosen Betrieb käme einer Haftung für Zufälle gleich. Zur Verletzung der chemischen Auflage Nr. 5 im Spruchpunkt I.3. verweist der Bw auf die erfolgte Nachreichung der Entsorgungsnachweise innerhalb einer Woche. Eine Verpflichtung, die Unterlagen stets im Betrieb aufzulegen, enthalte der Bescheid nicht.

Zu Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses bestreitet der Bw weiterhin, daß die vorgenommene Ableitung mittels Schlauches Ursache des Fischsterbens war. Der Schlauch habe lediglich 3 cm Durchmesser und fördere ca. 20 l pro Minute, welche Menge nicht geeignet gewesen wäre, das Fischsterben zu verursachen. Damals wären flußabwärts auch Erdarbeiten durchgeführt und Altzuleitungen freigelegt worden. Einige Tage nach dem Fischsterben wäre die S rot verfärbt gewesen, wobei man zu Unrecht den Betrieb des Bw als Verursacher verdächtigte. Entgegen den Feststellungen des fischereifachlichen Sachverständigen im Erhebungsbericht über einen Lokalaugenschein vom 17. September 1997 wird behauptet, daß die toten Fische hauptsächlich 1,5 km unterhalb des Betriebes, nicht jedoch im direkten Betriebsbereich gefunden worden wären. Die Organe der Fische hätten farblich belastet sein müssen. Da eine solche Prüfung nicht vorgenommen wurde, wäre der Nachweis, daß die Ableitung Ursache des Fischsterbens war, nicht erbracht worden. Ein wirklicher Nachweis sei nicht erbracht worden. Im Amtssachverständigengutachten wäre nur die grundsätzliche Eignung der Abwässer, ein Fischsterben bei entsprechender mengenmäßiger Einleitung zu verursachen, dargestellt worden.

Zu beiden Spruchpunkten wird noch vorgebracht, daß die belangte Behörde die Bestellung des Vaters des Bw zum verantwortlichen Beauftragten zu Unrecht als rechtsunwirksam angesehen hätte. Die Errichtung einer Urkunde sei nicht Voraussetzung. Die Bestellung des Vaters des Bw sei amtsbekannt. Dieser habe seit Jahren die Firma bzw den Bw in wasserrechtlichen Verfahren vertreten und sei auch weisungsbefugt gewesen. Der Zustimmungsnachweis liege vor, da die Ausübung der Vertretungsbefugnis nur so verstanden werden könne. Als Geschäftsführer hafte der Bw nur insoweit, als ihm eine Verletzung der Aufsichtspflicht oder eine ausdrückliche Anordnung angelastet werden könne. Auch eine regelmäßige Kontrolle könne einzelne gesetzwidrige Handlungen von Mitarbeitern nicht ausschließen und auch nicht verhindern, daß Meßstationen defekt sind. Wenn unverzüglich für Reparatur gesorgt wird, könne keine Strafbarkeit vorliegen.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichend geklärt erscheint. Es kann insofern auf die obige Darstellung verwiesen werden. 4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zum Spruchabschnitt II.:

Zur Tatzeit am 16. September 1997 war § 32 Abs 2 WRG 1959 noch in der Fassung vor der WRG-Nov 1997 (BGBl I Nr. 74/1997), die hauptsächlich am 1. Oktober 1997 in Kraft getreten ist, anzuwenden. Die diesbezügliche Änderung des Abs 2 durch die Novelle war aber unbedeutend und hatte nur sprachliche Gründe.

4.1.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (vgl § 30 Abs 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (§ 32 Abs 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Nach § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959 bedarf die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen der Bewilligung im Sinne des Absatz 1.

Der Maßstab für die Reinhaltung der Gewässer ergibt sich aus der Zielvorschrift des § 30 Abs 2 WRG 1959, wonach jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens als Verunreinigung gilt.

4.1.2. Gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 trifft jedermann die Sorgfaltspflicht, seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben und sich überhaupt so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird. Zur Abgrenzung der Bestimmungen der §§ 31 und 32 WRG 1959 und damit auch der korrespondierenden Strafbestimmungen des § 137 Abs 3 lit d und g) geht der Verwaltungsgerichtshof von einem Alternativverhältnis aus. Für die Anwendbarkeit des § 32 WRG 1959 fordert er einen konkret wirksamen und beabsichtigten Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser, der plangemäß durch Einbringung von wassergefährdenden Stoffen unter Verwendung von Anlagen erfolgt, während sich im Fall des § 31 WRG 1959 die Verpflichtung zur Vermeidung von Verunreinigungen auf Anlagen und Maßnahmen bezieht, bei denen eine Einwirkung auf Gewässer zwar nicht vorgesehen, aber erfahrungsgemäß möglich ist (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, 563 Rz 8 zu § 137 Abs 3 lit d). Beim Bewilligungstatbestand für Einwirkungen hat der Gesetzgeber projektsgemäß geplante, vorhersehbare und typische Einbringungen und nicht einzelne Störfälle vor Augen. Ist nicht erkennbar, daß eine aus betriebsbedingten Gründen regelmäßig wiederkehrende Ableitung unter Benützung von Anlagen erfolgt, dann liegt ein Fall des § 31 WRG 1959 vor (vgl zum Ganzen näher Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 174 f, Rz 13 zu § 32 WRG mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

4.1.3. Die belangte Strafbehörde hat die aufgezeigten Abgrenzungsfragen im Verhältnis von §§ 31 und 32 WRG 1959 nicht erörtert und ist rechtsirrig davon ausgegangen, daß die konsenslose Ableitung von betrieblichen Abwässern in ein Gewässer stets den Tatbestand des § 32 Abs 1 und 2 lit a) WRG 1959 erfüllt. Im Spruch wurde offenbar irrtümlich der 16. September 1998 erwähnt. Die belangte Behörde hat zwar entsprechend dem § 137 Abs 3 lit g) 2. Fall WRG 1959 eine Einwirkung entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. Juni 1997, Wa-600492/74/Kes/Pir, angelastet, aber es unterlassen, diesen abstrakten Vorwurf zu konkretisieren. Es wird nicht dargestellt, gegen welche Bestimmung der wasserrechtlichen Bewilligung verstoßen wurde. Dies verwundert auch nicht, weil für die gegenständliche Einleitung in die S in Wahrheit überhaupt kein wasserrechtlicher Konsens vorlag. Mit den wasserrechtlich bewilligten Anlagen konnte diese Ableitung gar nicht erfolgen (vgl den Aktenvermerk der Wasserrechtsbehörde vom 6.10.1997 zu Wa-600492, Seite 3). Die Darstellung der belangten Behörde stellt dementsprechend auch auf den zur Ableitung verwendeten Schlauch im Durchmesser von 5 cm ab, mit dem die Verbindung zwischen Abwassersammelbecken und einem Ablaß im Boden hergestellt werden konnte. Nicht im Spruch erwähnt wird die Pumpe, die für die gegenständliche Ableitung notwendigerweise in Betrieb genommen werden mußte. In weiterer Folge schildert die belangte Behörde den herbeigeführten Erfolg, die am 16. und 17. September 1997 festgestellte erhebliche Gewässerverunreinigung im Bereich unterhalb der Einleitungsstelle in die S bis zur etwa 1,5 km entfernten K.

Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 137 Abs 5 lit e) iVm § 32 Abs 1 und 2 lit a) WRG 1959 angeführt. Der § 137 Abs 5 lit e) WRG 1959 setzt den Fall des § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 als Grunddelikt und zusätzlich eine erhebliche Gewässerverunreinigung voraus. Auch wenn die erhebliche Verunreinigung der S durch die vom Vater des Bw eingeleiteten Betriebsabwässer auch nach Ansicht der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenates im Hinblick auf die schlüssigen Ausführungen des fischerfachlichen und des chemischen Amtssachverständigen hinreichend dokumentiert erscheint, erfolgte die Anlastung dennoch zu Unrecht, weil die belangte Behörde mangels einer Verwirklichung des Grunddelikts nicht vom Straftatbestand des § 137 Abs 5 lit e) WRG 1959 ausgehen konnte. Im gegenständlichen Fall lag keine projektsgemäße und typische Einbringung unter Verwendung der bestehenden Anlagen vor, weshalb der § 32 WRG 1959 nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gar nicht anwendbar war. Vielmehr hätte die belangte Behörde bei der gegebenen Sachlage grundsätzlich an das Erfolgsdelikt der Gewässerverunreinigung nach § 31 Abs 1 iVm § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 und im besonderen an die vorgesehene Qualifikation des § 137 Abs 5 lit b) WRG 1959 denken müssen, wonach für den Fall einer durch auffallende Sorglosigkeit oder vorsätzlich bewirkten erheblichen Gewässerverunreinigung ein Strafrahmen bis S 500.000,-- vorgesehen ist.

Gegen Herrn A, den Vater des Bw, wurde von der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos aufgrund des gegenständlichen Vorfalles Strafanzeige wegen vorsätzlicher Beeinträchtigung der Umwelt nach dem § 180 StGB erhoben. Sollte Herr A, der freilich die Schuld allein auf sich genommen hat, im Einvernehmen mit seinem Sohn oder gar auf Ersuchen des Bw gehandelt haben, so wäre dieser natürlich strafrechtlich für den eingetretenen Erfolg mitverantwortlich. In dieser Richtung sind dem vorgelegten Strafakt aber keinerlei Beweisergebnisse zu entnehmen. Auch die gerichtliche Strafanzeige wurde nur gegen A erstattet. Außerdem wäre die Subsidiaritätklausel des § 137 Abs 7 WRG 1959 zu beachten und der Stand des gerichtlichen Strafverfahrens zu erheben gewesen. Über den "Umweg" des § 137 Abs 3 lit g) iVm § 32 Abs 1 und 2 lit a) WRG 1959 konnte die belangte Behörde den Bw jedenfalls nicht zur Verantwortung ziehen. Die erkennende Kammer hatte daher den Spruchpunkt II. des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und dieses Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels eines strafbaren Tatbestandes einzustellen. 4.2. Zum Spruchabschnitt I.:

Die Tatzeitpunkte im Spruchabschnitt I des angefochtenen Straferkenntnisses sind der 3. und 6. Oktober 1997. Mit 1. Oktober 1997 ist die WRG-Nov. 1997 (BGBl I Nr. 74/1997) zur Gänze in Kraft getreten. Es war daher bereits die neue Strafbestimmung des § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 anzuwenden. Danach begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die gemäß § 105 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Nebenbestimmungen oder die gemäß § 21a in Bescheiden nachträglich vorgeschriebenen anderen oder zusätzlichen Auflagen nicht einhält.

4.2.1. Im Spruchpunkt I.1. des angefochtenen Straferkenntnisses wird die Ableitung von 50 m3 Abwässern in die Anlagen des RHV M am 3. Oktober 1997 als Verstoß gegen Spruchabschnitt I A)1. der wasserrechtlichen Bewilligung vom 25. Juni 1997 angelastet, weil dort eine Menge von maximal 17 m3 pro Tag bzw 3 m3 pro Stunde vorgeschrieben war. Schon diese Menge kann nicht exakt bestimmt werden, da am Tag der Ableitung, dem 3. Oktober 1997, die Endmeßstation zur Mengen- und pH-Registrierung nicht in Betrieb war. Sie beruht auf Angaben seitens der Fa. O und wurde offenbar geschätzt. Außerdem erfolgte diese Ableitung mit Zustimmung des Reinhalteverbandes, der den Verschluß des Anschlußkanales am 3. Oktober 1997 entfernte (vgl Aktenvermerk der Wasserrechtsbehörde vom 06.10.1997). Anläßlich der niederschriftlichen Rechtfertigung vom 9. Dezember 1997 wurde auch das Schreiben des RHV M vom 16. Oktober 1997 vorgelegt, mit dem in Abänderung des wasserrechtlichen Bescheides auf Grund der gewonnenen Erfahrungswerte eine tägliche Ableitungsmenge von "ca. 40 m3" rückwirkend per 3. Oktober 1997 festgelegt worden ist. Der Oö. Verwaltungssenat geht auf Grund dieser aktenkundigen Umstände davon aus, daß die Ableitung der vorgereinigten Abwässer am 3. Oktober 1997 mit Zustimmung des RHV M erfolgte.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus Art IV Abs 1 der WRG-Nov. 1997, daß mit Wirksamkeit vom 12. Juli 1997 der § 32 Abs 4 WRG 1959 entfallen und für sog. Indirekteinleiter der § 32b WRG 1959 neu geschaffen wurde. Die korrespondierende Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959, die nicht mehr auf § 32 Abs 4 aF WRG 1959 abstellt, gilt in ihrer Neufassung erst seit 1. Oktober 1997. Nach der Übergangsvorschrift des Art II Abs 5 der WRG-Nov. 1997 wird bestimmt, daß eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 32b WRG 1959 bestehende wasserrechtliche Indirekteinleiterbewilligung jedenfalls bis zum Inkrafttreten einer Verordnung gemäß § 32b Abs 5 aufrecht bleibt und ab diesem Zeitpunkt als Bewilligung nach § 32b WRG 1959 gilt, sofern in der Verordnung eine Bewilligungspflicht für diesen Abwasserherkunftsbereich festgelegt wird.

Zu dieser neuen Wasserrechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23.10.1997, 95/07/0129, unter Hinweis darauf, daß Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation ab dem 12. Juli 1997 keinerlei wasserrechtlicher Bewilligung mehr bedürfen, entschieden, daß die Indirekteinleitung so vorgenommen werden darf, wie es das Kanalisationsunternehmen gestattet hat, ohne daß die Inhalte vor dem 12. Juli 1997 erlassener Bewilligungsbescheide für die Indirekteinleitung dem Indirekteinleiter gegenüber noch rechtliche Wirkung äußern könnten. Was vom Gesetz bewilligungsfrei gestattet ist (vgl § 32b Abs 1 und 2 WRG 1959), darf mit diesem Zeitpunkt ohne Bedachtnahme auf in Zeiten der Bewilligungspflicht auferlegte Beschränkungen ausgeübt werden. Die Übergangsbestimmung des Art II Abs 5 WRG-Nov. 1997, die der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzustehen scheint, könne diese durch Art I der Novelle geschaffene Rechtslage nicht abändern und gehe insofern ins Leere. Man wird dieser Übergangsbestimmung nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates nur eingeschränkte Bedeutung für den Fall einer späteren Verordnung nach § 32b Abs 5 WRG 1959, die eine Bewilligungspflicht anordnet, beimessen können (idS auch VwGH 23.10.1997, 95/07/0129). Im übrigen muß eine am Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes orientierte verfassungskonforme Auslegung zum Ergebnis des Verwaltungsgerichtshofes führen, weil Indirekteinleiter mit einer wasserrechtlichen Bewilligung vor dem 12. Juli 1997 nicht schlechter gestellt werden dürfen, als solche Personen, die nach dem 11. Juli 1997 (=Kundmachungstag der WRG-Nov. 1997) mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Indirekteinleitungen bewilligungsfrei vornehmen können.

Abgesehen vom oben dargestellten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, das gegen eine Strafbarkeit des Bw spricht, ist die auf die alte Rechtslage nach § 32 Abs 4 WRG 1959 abgestimmte Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 in ihrer alten Fassung abgeschafft und mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1997 ersetzt worden. Der beim gegebenen Sachverhalt maßgebliche 2. Fall der Altfassung - Vornahme einer bewilligungspflichtigen Einleitung entgegen einer wasserrechtlichen Bewilligung - kann seit 1. Oktober 1997 nicht mehr angewendet werden. Solche Indirekteinleitungen - wie es die belangte Behörde tut - nunmehr über den Umweg eines Verstoßes gegen vorgeschriebene Nebenbestimmungen nach § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 für strafbar zu erklären, ist eine rechtsstaatlich unzulässige Vorgangsweise. Die neu geschaffene Bestimmung des § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 hat nicht den Zweck den alten § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 zu ersetzen. Sie bezieht sich außerdem auf Auflagen und Nebenbestimmungen, die vom Hauptinhalt eines Bescheides zu unterscheiden sind. Beim mengenmäßig begrenzten Indirekteinleiterkonsens nach Spruchpunkt I. A) 1. des Bescheids des Landeshauptmannes vom 25. Juni 1997, Wa-600492/74/Kes/Pir, handelt es sich rechtlich nicht um eine Nebenbestimmung. Vielmehr machen quantitative ebenso wie qualitative Beschränkungen typischerweise den Konsens selbst aus, weshalb sie zum Hauptinhalt der Bewilligung gehören. Dies gilt ungeachtet der unzutreffenden Überschrift "Nebenbestimmungen" auf Seite 2 des zitierten wasserrechtlichen Bescheids. Ein Handeln entgegen einer Indirekteinleiterbewilligung war vor dem 1. Oktober 1997 noch gemäß § 137 Abs 2 lit h) 2. Fall aF strafbar. Mittlerweile gibt es keine einschlägige Strafnorm mehr, weshalb die gegenständliche Einleitung vom 3. Oktober 1997 in die Kanalisationsanlage (Verbandssammler) des RHV M nach dem Grundsatz nullum crimen sine lege nicht mehr strafbar sein kann. Schon deshalb war der Spruchpunkt I.1. des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Strafverfahren mangels eines strafbaren Tatbestandes einzustellen.

4.2.2. Die im Spruchpunkt I.2. für den 6. Oktober 1997 angelastete Verletzung der vorgeschriebenen abwassertechnischen Auflage Nr. 5, wonach für die Endkontrolle der betrieblichen Abwässer eine Endmeßstation zu betreiben und instandzuhalten ist, liegt zwar objektiv vor, kann aber im Grunde des oben zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Übertretung des § 137 Abs 3 lit f) iVm § 105 WRG 1959 geahndet werden, da der gegenständliche Bewilligungsbescheid selbst ab dem 12. Juli 1997 keine Beschränkungen mehr für den Indirekteinleiter in die Kanalisation des RHV M bewirken kann. Vielmehr ist seit diesem Zeitpunkt die Indirekteinleitung kraft Gesetzes so möglich, wie es das Kanalisationsunternehmen gestattet. Wenn und soweit der RHV M die Ableitung in die Verbandskanalisation nur unter der Bedingung gestattet haben sollte, daß die Endmeßstation betrieben und instandgehalten wird, wofür das Schreiben vom 16. Oktober 1997 sprechen könnte, läge eine Übertretung des neuen § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 in der Variante der Einleitung in eine Kanalisationsanlage ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vor. In diese Richtung hat die belangte Behörde aber keinerlei Ermittlungen gesetzt. Der von ihr erhobene Vorwurf war im Hinblick auf die Änderungen durch die WRG-Nov. 1997 nicht berechtigt.

4.2.3. Die gleichen Überlegungen gelten grundsätzlich auch für die im Spruchpunkt I.3. für den 6. Oktober 1997 angelastete Verletzung der chemischen Auflage Nr. 5, wonach die im Zuge der Abwasserreinigung abgetrennten Feststoffe nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen getrennt zu entsorgen und darüber Aufzeichnungen zu führen sind. Insofern verweist die Berufung allerdings mit Recht auch darauf, daß der wasserrechtliche Bescheid keine Verpflichtung enthält, diese Aufzeichnungen jederzeit im Betrieb aufzulegen. Durch die Nachreichung der Entsorgungsnachweise binnen einer Woche wurde der chemischen Auflage Nr. 5 durchaus entsprochen. Schon aus diesem Grund läge auch keine Verwaltungsübertretung vor.

4.3. Im Ergebnis hatte der Oö. Verwaltungssenat daher das angefochtene Straferkenntnis aus Anlaß der Berufung in allen Spruchpunkten aufzuheben und waren die einzelnen Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen, weil die angelasteten Taten aus rechtlichen Gründen keine Verwaltungsübertretungen bildeten. Auf die weitgehend unzutreffenden Ausführungen in der Berufung brauchte nicht mehr eingegangen zu werden. 5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung des Bw zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. F r a g n e r Dr. W e i ß

 

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