Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260287/2/WEI/Be

Linz, 29.10.2002

VwSen-260287/2/WEI/Be Linz, am 29. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dipl.-Ing. K, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in 4020 Linz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28. Dezember 2001, Zl. Wa 96-47/07-2000/SF/RO, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 259/1959 idFd WRG-Novelle 1999, BGBl I Nr. 155/1999) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

"Sie sind als Vorstand der Ö S AG., , und als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S A GmbH, verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, dass die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 23.8.1999, Wa-102164/50/Wab/Pre, Wa-100746/67/Wab/Pre, festgesetzten Auflagen und Rahmenbedingungen am 28.06.2000 teilweise nicht eingehalten wurden:

zu 2.) Die Messeinrichtungen sind nicht errichtet worden. Es wurde lediglich ein Betonsockel errichtet. Eine mengenproportionale Probenahmeeinrichtung im Gesamtablauf wurde bis dato nicht errichtet.

zu 5.) Es ist keine gesonderte Messung für den Verdampfer 3 installiert. Geliefert werden nach wie vor Berechnungen.

zu 7.) Die Messstelle wurde noch nicht errichtet bzw. ist noch nicht fertig.

zu 8.) Ohne Messstelle Auflage nicht erfüllbar.

zu 9.) Bislang wurden keine bautechnischen Maßnahmen zur besseren Einmischung der Abwässer in die Traun festgesetzt."

Dadurch erachtete die belangte Behörde §137 Abs 2 Z 5 iVm § 32 WRG 1959 und § 9 Abs 1 VStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser so bezeichneten Verwaltungsübertretung "gemäß § 137 Abs. 2 Ziffer 5. WRG 1959" (richtig: Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959) eine Geldstrafe von 73 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 3 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 7, 30 Euro vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Rechtsvertreter des Bw nach dem aktenkundigen Zustellnachweis am 9. Jänner 2002 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 22. Jänner 2002, die am 23. Jänner 2002 bei der belangten Behörde einlangte. Sie strebt primär die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG oder wesentliche Herabsetzung der Geldstrafe an.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

2.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. August 1999, Zlen. Wa-102164/50/Wab/Pre und Wa-100746/67/Wab/Pre, wurde folgende weitere wasserrechtliche Bewilligung erteilt:

"I. Wasserrechtliche Bewilligung

Der S A Gesellschaft m.b.H., wird die wasserrechtliche Bewilligung zur befristeten zusätzlichen Einleitung von Kondensat über einen bestehenden Sammelkanal in die Traun zum Zwecke der Erprobung der 3. Verdampferanlage bei Einhaltung nachstehender Nebenbestimmungen erteilt.

Nebenbestimmungen

A) Maß der Wasserbenutzung:

max. 100 m3/h Kondensat

B) Ort:

Marktgemeinde Ebensee

C) Zweck:

Probebetrieb für den 3. Verdampfer

D) Dauer:

befristet bis zum 29. Februar 2000

E) Auflagen:

1. Die Konzentrationen und Frachten an Chlorid und Ammonium sind täglich aus den mengenproportionalen Tagesmischproben des Gesamtablaufes und des Teilstromes Kondensat zu bestimmen.

2. Die Meßstelle Kondensat ist durch eine mengenproportionale Probenahme nachzurüsten. Ebenso ist im Gesamtablauf eine mengenproportionale Probenahme zu installieren und zu betreiben.

3. Die Meßdaten (Konzentrationen und Frachten Chloride und Ammonium als NH4-N, Abwassermengen der Meßstellen gemäß Punkt 2. in m3/d) sind täglich in das Betriebsbuch einzutragen. Die Tagesdaten sind zu Monatsberichten zusammenzustellen und bis 15. des darauffolgenden Monates der UA. Gewässerschutz beim Amt der oö. Landesregierung, Stockhofstraße Nr. 40, Linz, zu übermitteln. Diesem Bericht ist auch eine Auswertung der Temperaturmessung, Leitfähigkeits- und pH-Messung anzuschließen.

4. Der für den 3. Verdampfer vorgesehene Probebetrieb muß auf jeden Fall so gestaltet werden, daß sämtliche Vorschreibungspunkte der wasserrechtlichen Bescheide vom 14. Juli 1978, Wa-169/5-1978, und vom 13. Januar 1987, Wa-1291/9-1986, bei der Ausübung des gegenständlichen Wasserbenutzungsrechtes eingehalten werden.

5. Es sind tägliche Aufzeichnungen darüber zu führen, welche Frachten an gelösten und ungelösten Stoffen aus dem Probebetrieb des 3. Verdampfers anfallen und zur Ableitung bzw Entsorgung gelangen (zusätzlicher Anfall an Solereinigungsschlamm, Mutterlauge und Waschwasserdünge-kalkaufbereitung) Diese Daten sind ebenfalls in das Betriebsbuch einzutragen, monatlich auszuwerten und bis zum 15. des darauffolgenden Monats der UA. Gewässerschutz zu übermitteln.

6. Im Zuge des Probebetriebes ist darauf zu achten, daß alle Rahmenbedingungen und Auflagen der bisherigen Bescheide eingehalten werden und somit weder aus der Mutterlaugenableitung zur SÖG noch aus der Solereinigung/Düngerkalkproduktion eine Mehrbelastung der Traun respektive des Traunsees resultieren.

7. Im Abwassergesamtstrom zur Traun sind unmittelbar vor der Einleitung in die Traun Temperatur, pH-Wert und Leitfähigkeit registrierend zu messen. Hinsichtlich Konzentrations- und Frachtermittlungen jeweils aus den Abwassertagesmischproben wird auf die diesbezüglichen Vorgaben des Sachverständigen für technische Chemie verwiesen.

8. Im Falle, daß eine laufend erforderliche Auswertung der pH- und Temperaturwerte das Erreichen kritischer Ammoniakkonzentrationen im Ablauf erwarten läßt, sind unmittelbar Stichproben zu ziehen und auf Ammonium/-Ammoniak zu untersuchen. Soferne dabei ein kritischer Wert von 0,5 mg NH3/l erreicht oder überschritten wird, wären entsprechende Gegenmaßnahmen (Rücknahme der Verdampferleistung etc.) zu treffen. Die diesbezüglich notwendigen Detailzeichnungen mit exakten Höhen- und Ausführungsangaben sind bis zum 30. September 1999 der Wasserrechtsbehörde vorzulegen.

9. Da bereits die derzeitige Einleitung zu einer ausgeprägten Fahnenbildung führt und alle weiteren zusätzlichen Mengen die Situation verschärfen, wären auch im Hinblick auf die Verlängerung des Probebetriebes von 3 auf 6 Monate geeignete technische Maßnahmen zur unmittelbaren Einmischung der Abwässer zu setzen.

10. Im Hinblick auf die festgestellten Feststoffablagerungen in der Traun sind geeignete Maßnahmen zu setzen, die weitere derartige Einträge, für die auch keine wasserrechtliche Bewilligungen vorliegen dürften, unterbinden."

2.2. Die Abteilung Umweltschutz, Unterabteilung Gewässerschutz, des Amtes der Oö. Landesregierung führte durch ihren Amtssachverständigen H am 28. Juni 2000 einen Lokalaugenschein beim Werk Ebensee der S Aa Ges.m.b.H. zur Überprüfung der Einhaltung einschlägiger Bescheide durch. Mit Schreiben vom 3. Juli 2000, Zl. U-GS-320426/153-2000-Hof, wurde der belangten Behörde zum Ergebnis der vorgenommenen Überprüfung berichtet. Unter Bezugnahme auf die einzelnen Auflagenpunkte 1. bis 10. im Spruchpunkt "E) Auflagen" des oben dargestellten Bewilligungsbescheids des Landeshauptmannes vom 23. August 1999, Zlen. Wa-102164/50Wab/Pre und Wa-100746/67/Wab/Pre (Probebewilligung für 3. Verdampferanlage) werden vom Amtssachverständigen feststellende Bemerkungen zur Frage der Einhaltung gemacht.

In Anlehnung an diese Bemerkungen des Amtssachverständigen hat die belangte Behörde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. September 2000, Wa 96-47/01-2000/SF, und danach im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unter allgemeinem Hinweis auf nicht eingehaltene Auflagen und Rahmenbedingungen die Auflistung "zu 1.), zu 5.), zu 7.) zu 8.), zu 9.)" vorgenommen und teilweise die Sachverhaltsdarstellung des Amtssachverständigen wiedergegeben. Von den unter der Überschrift "Nebenbestimmungen" getroffenen Vorschreibungen des Bewilligungsbescheids für den Probebetrieb wird der Punkt "E) Auflagen:" in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wiedergegeben.

2.3. Mit Rechtfertigung vom 24. Oktober 2000 hat der Bw eine Reihe von Urkunden vorgelegt. Aus einer vorgelegten Stellungnahme der S A GesmbH vom 12. Oktober 2000 geht Folgendes hervor:

Zu 2.

Die Errichtung der geforderten Messstelle wäre in der kurzen Zeit nicht möglich gewesen. Für die 2 km außerhalb des Werksgeländes liegende Einleitungsstelle wäre weder Stromversorgung, noch die notwendige Infrastruktur vorhanden gewesen. Erst nach längerem Suchen und Rücksprache mit den Technikern der Abteilung Gewässerschutz hätte man ein geeignetes Gerät gefunden, dass von der Firma YSI Incorporated aus Ohio erzeugt wird. Dieses Gerät werde durch Solarzellen mit Strom versorgt und gestatte die Onlinemessung von Temperatur, pH-Wert, NH4, Leitfähigkeit und Chlorid. Das Messsystem sei seit Mitte Juli (gemeint 2000) in Betrieb. Es sei ins Qualitätsmanagement integriert worden und werde in regelmäßigen Zeitabständen gewartet und geeicht. Mess- und Wartungsprotokolle wurden beigelegt.

Im Kondensatablauf sowie im Ablaufsystem "Kondensat und Kühlwasser" wäre eine mengenproportionale Probenahme installiert worden. Die Messstelle im Gesamtablauf ermögliche die Ermittlung eines Tagesmittelwertes für Chlorid und Ammonium. Die Mengen werden online gemessen und aus mehr als 500 Einzelmesswerten werde der Tagesmittelwert errechnet, der zur Ermittlung der Tagesfracht herangezogen wird. Eine mengenproportionale Probenahme und Bestimmung des Ammonium und Chlorid-Gehaltes im Labor sei deshalb nicht mehr notwendig. Die im Gesamtablauf ermittelten Tagesfrachten stimmten mit den aus den Teilströmen errechneten Tages- und Monatsfrachten gut überein.

Zu 5.

Eine getrennte Messung der im 3. Verdampfer anfallenden Kondensatmenge sei aufgrund des freien Ablaufes des Kondensates aus den Heizkammern in ein gemeinsames Druckgefäß technisch nicht möglich. Die chemische Zusammensetzung des Kondensats aus allen Verdampfern sei praktisch gleich. Es sei deshalb völlig unwichtig, aus welchem Verdampfer das Kondensat stammt. Wichtig sei die Gesamtmenge des Kondensats, die auch gemessen wird. Auf Grundlage der Salzerzeugung lasse sich die angefallene Kondensatmenge ebenfalls genau berechnen.

Zu 7.

Die Messstelle wäre wie im Punkt 2. beschrieben errichtet worden und seit Juli 2000 in Betrieb.

Zu 8.

Die durchgeführten Messungen würden zeigen, dass im Gesamtablauf keine kritischen Ammoniakkonzentrationen auftreten. Eine Ziehung von Stichproben bzw. daraus resultierende Gegenmaßnahmen (Rücknahme der Verdampferleistung) wären daher nicht notwendig.

Zu 9.

Das vom Zivilingenieur der S A vorgeschlagene Einleitbauwerk sei vom Wasserbausachverständigen für nicht sinnvoll erachtet worden. Man habe das technische Büro Dris. B beauftragt, eine Messung des Einmischverhaltens des Abwassers in die Traun vorzunehmen und in weiterer Folge notwendige Verbesserungsvorschläge zu machen. Die Messungen hätten ergeben, dass bei der derzeitigen Einleitung bereits innerhalb von 20 m unterhalb der Einleitstelle eine vollständige Mischung des Abwassers mit dem Flusswasser gegeben war. Von einer im Bescheid angeführten "ausgeprägten Fahnenbildung" könne deshalb kaum gesprochen werden. Trotzdem suche man nach einer besseren Lösung, wobei Dr. Baumgartner mit verschiedenen Amtssachverständigen bereits Gespräche geführt habe. Die Änderung des Einlaufbauwerkes werde nach Vorliegen eines von den Sachverständigen genehmigten, technisch sinnvollen Vorschlages ausgeführt, der eine störungsfreie Ableitung des Abwassers erwarten lasse. Im angeschlossenen Gutachten des Geologen und gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. Peter Baumgartner vom 25.Juli 2000, GZ: 0010601, wird eine vollständige Angleichung der Temperatur und der Leitfähigkeit nach einer Strecke von max. 20 m unterhalb der Einleitungsstelle bescheinigt.

In der rechtsfreundlich vertretenen Rechtfertigung wird auf einen bei der Wasserrechtsbehörde anhängigen Konsensantrag hingewiesen, der sich im Stadium eingehender Prüfungen befinde. Es sei noch im Jahr 2000 mit einer wasserrechtlichen Verhandlung bzw dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens zu rechnen. Alle angelasteten Verstöße seine geringfügig und nur von vorübergehender Art, zwischenseitig schon beseitigt und jedenfalls nicht als zurechenbares Verschulden zu werten.

2.4. Die belangte Strafbehörde übermittelte die Rechtfertigung des Bw mit dem Ersuchen um fachliche Stellungnahme an die Abteilung Umweltschutz, Unterabteilung Gewässerschutz. Mit Schreiben vom 22. Jänner 2001, Zl. U-GS-680775/3-2001-Br/Hof, wurde aus fachlicher (chemischer) Sicht Stellung genommen.

Daraus geht "Zu 2" hervor, dass die nunmehr bestehende Messung mittels Sonde aus fachlicher Sicht eine geeignete Lösung sei. Zu 5 meint auch die Abteilung Umweltschutz, dass eine eigene Messstelle für den Verdampfer 0 (3. Verdampfer) technisch nicht machbar sei. Dieser Umstand hätte bereits im Vorfeld der wasserrechtlichen Verhandlung (Probebetrieb 3. Verdampfer) abgeklärt werden müssen. Die vorgelegten Berechnungen haben mit dem tatsächlichen Anfall wenig zu tun (Hinweis auf einen Bericht vom 24.01.2000). Die kritische NH3-Konzentration von 0,5 mg/l wäre an den der Rechtfertigung beigelegten zwei Tagen (12.8.00 und 30.9.00) nicht erreicht worden. Ansonsten sei bis dato keine detaillierte Überprüfung diese Bescheidpunktes erfolgt (Zu 8). Zu 9 wird lapidar festgestellt, dass die technische Ausführung eines Einleitbauwerks keine chemische Sachfrage sei.

2.5. Nach fruchtloser Aufforderung zur Bekanntgabe der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erließ die belangte Behörde schließlich das angefochtene Straferkenntnis vom 28. Dezember 2001, in dem begründend auf allerlei im vorangegangenen Strafverfahren relevante Umstände (vgl dazu näher das h. Erk. VwSen-260278/2/WEI/Be vom 27.08.2002), nicht aber auf die oben wiedergegebene Stellungnahme der S A GesmbH vom 12. Oktober 2000 eingegangen wird.

2.6. In der Berufung wird auf erstattete Rechtfertigungen vom 18. August 2000 und 24.Oktober 2000 und vorgelegte Entlastungsurkunden verwiesen, mit denen sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt habe. Das Ermittlungsverfahren sei daher mangelhaft geblieben.

Unter dem Aspekt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache wird unter unsystematischer Wiedergabe von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgebracht, dass die belangte Strafbehörde ein fortgesetztes Delikt/Dauerdelikt hätte annehmen müssen. Mit dem vorliegenden Straferkenntnis hätte die belangte Behörde gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen, weil die vorgeworfene Tathandlung mit der im Straferkenntnis vom 16. Mai 2001, Zl. Wa 96-30/10-2000/SF/RA, ident sei und bei Erlassung des ersten Straferkenntnisses schon bekannt gewesen und somit bereits abgegolten wäre.

In der Strafberufung wird für den Fall, dass man überhaupt von einem Verschulden ausgeht, die Anwendung der Rechtswohltat des § 21 VStG gefordert.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben war.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Bei der gegenständlichen Tatzeit (28.06.2000) war das WRG 1959 in der Fassung der ab dem 1. Jänner 2000 in Kraft getretenen WRG-Novelle 1999, BGBl I Nr. 155/1999, anzuwenden.

Die Berufungsbehauptung des Vorliegens einer einzigen Tat (Doppelbestrafung wegen fortgesetztem Delikt) ist unzutreffend und in sich widersprüchlich, weil es offenbar denkunmöglich ist, dass im Zeitpunkt der Erlassung des oben zitierten Straferkenntnisses vom 16. Mai 2001 (Zustellung am 29. Mai 2001) bereits der gegenständliche Bericht der Abteilung Umweltschutz vom 3. Juli 2000 über einen Lokalaugenschein vom 28. Juni 2000 der belangten Behörde bekannt war.

4.2. Gemäß § 137 Abs 2 Z 8 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1999 (BGBl I Nr. 155/1999) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis zu ATS 200.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen,

wer die gemäß § 105 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Nebenbestimmungen oder die gemäß § 21a in Bescheiden nachträglich vorgeschriebenen anderen oder zusätzlichen Auflagen oder Bestimmungen der Deponieverordnung, BGBl Nr. 164/1996, nicht einhält.

Unter einer Auflage versteht man eine pflichtbegründende Nebenbestimmung eines an sich begünstigenden Verwaltungsaktes, die auf ein Tun oder Unterlassen gerichtet ist und den Hauptinhalt der Bewilligung unberührt lässt (vgl näher Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996], 555 f). Sog. projektsändernde Auflagen sind nur insoweit zulässig, als das Genehmigungsansuchen lediglich modifiziert und in seinem Wesen nicht verändert wird (dazu näher mwN Wendl, in Stolzlechner/Wendl/Zitta [Hrsg], Die gewerbliche Betriebsanlage2 [1991] mit Ergänzungsband 1994, Rz 276 Pkt. 9.3; kritisch Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996], 557 f).

Ihrem akzessorischen Charakter entsprechend werden Auflagen erst wirksam, wenn der Konsenswerber von der ihm erteilten Bewilligung Gebrauch macht. Der Verwaltungsgerichtshof spricht in diesem Zusammenhang von bedingten Polizeibefehlen, weil Auflagen erst im Falle der Gebrauchnahme zu unbedingten Befehlen werden (vgl etwa VwSlg 10.614 A/1981; weiter m Nachw Wendl, in Stolzlechner/Wendl/Zitta [Hrsg], Die gewerbliche Betriebsanlage2 [1991] mit Ergänzungsband 1994, Rz 270).

Seit der WRG-Novelle 1997 (vgl § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 idF BGBl I Nr. 74/1997) ist für Verstöße gegen Nebenbestimmungen und Auflagen auch im Wasserrecht ein besonderer Straftatbestand vorgesehen. Die belangte Behörde hätte daher bei dem von ihr angelasteten Sachverhalt den § 137 Abs 2 Z 8 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 als Grundlage heranziehen müssen. Die belangte Behörde hat demgegenüber auf § 137 Abs 2 Z 5 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1999 und damit auf einen völlig unzutreffenden Straftatbestand abgestellt. Dieser bedroht denjenigen mit Strafe, der ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 31b bewilligungspflichtige Deponie errichtet, ändert oder betreibt. Beim gegebenen Sachverhalt der Nichtbefolgung von Auflagen ging es aber um verpflichtende Nebenbestimmungen für den Fall der Inanspruchnahme einer Bewilligung und nicht um ein Handeln ohne Bewilligung.

4.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach dem § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk verst Sen VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Bescheidspruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 971).

Diese Anforderungen gelten in gleicher Weise für bescheidförmige Auflagen, Aufträge oder Anordnungen, deren Gebote oder Verbote zum Gegenstand eines Straftatbestandes gehören. Ihr Inhalt bildet nämlich einen Teil der verweisenden Strafnorm. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher wiederholt ausgesprochen, dass es für die spruchmäßige Zuordnung des Tatverhaltens der ausdrücklichen bescheidmäßigen Bezeichnung und der wörtlichen Anführung solcher Auflagen bedarf, die einen Teil der Strafnorm bilden (vgl etwa VwGH 25.4.1995, 93/04/0112; VwGH 20.9.1994, 94/04/0041; VwGH 26.4.1994, 93/04/0244; VwGH 29.3.1994, 93/04/0255; VwGH 19.6.1990, 89/04/0249; ferner VwGH 22.12.1987, 87/07/0135).

4.4. Der Schuldspruch im angefochtenen Straferkenntnis ist mangelhaft und für einen strafrechtlichen Vorwurf unzureichend.

Die Anlastungen im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses betreffen die Nichteinhaltung von selbständigen Verpflichtungen für den Fall der Ausübung einer Bewilligung. Die belangte Behörde hat die für den Probebetrieb einer 3. Verdampferanlage im Bescheid vom 23. August 1999, Zlen. Wa-102164/50/Wab/Pre und Wa-100746/67/Wab/Pre, unter Spruchpunkt I. E) vorgeschriebenen Auflagen als Grundlage für verschiedene Vorwürfe herangezogen, ohne diese Vorschreibungen im Spruch eindeutig zu bezeichnen und unter wörtlicher Anführung die Art des Zuwiderhandelns nachvollziehbar darzustellen. Entgegen der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurden die bezughabenden bescheidförmigen Auflagen, die nach richtiger Rechtsansicht jeweils einen wesentlichen Teil der übertretenen Strafnorm bilden, im Spruch des Straferkenntnisses nicht genau in ihrem Wortlaut angeführt. Es ist lediglich allgemein, zwar unter Angabe des Bescheids, aber ohne genaues Zitat von Auflagen und Rahmenbedingungen die Rede. Die folgende Aufzählung "zu 2.)" etc. lässt die Zusammenhänge nicht erkennen und vermag daher auch keinen aus sich selbst heraus verständlichen Schuldspruch zu gestalten. Der Oö. Verwaltungssenat ist nach ständiger Rechtsprechung auf Grund des § 66 Abs 4 AVG an den erstinstanzlichen Abspruch gebunden und kann daher wesentliche Spruchmängel im Berufungsverfahren nicht mehr sanieren.

4.5. Schließlich ist auch noch zu erwähnen, dass die wasserrechtliche Bewilligung für den Probebetrieb der 3. Verdampferanlage nach dem aktenkundigen Bewilligungsbescheid vom 23. August 1999 mit 29. Februar 2000 befristet war. Eine bescheidförmige Verlängerung des Probebetriebs unter den gleichen Vorschreibungen wie bisher ist nicht aktenkundig. Die belangte Behörde ist demnach auch eine Erklärung dafür schuldig geblieben, wieso sie für einen Tatzeitpunkt nach Ablauf des bewilligten Probebetriebs weiterhin auf die Nichteinhaltung von Auflagen für diesen Probebetrieb abstellen konnte, obwohl die akzessorischen Nebenbestimmungen mit Wegfall der Bewilligung an sich nicht mehr rechtswirksam sein konnten.

5. Im Ergebnis war daher schon aus all diesen rechtlichen Gründen das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen, ohne dass noch auf das Vorbringen in der Berufung hätte eingegangen werden müssen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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