Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260322/8/Re/Sta

Linz, 30.03.2004

 

 

 VwSen-260322/8/Re/Sta Linz, am 30. März 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn P M, I, P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16.9.2003, Wa96-1-2003, betreffend die wegen Verspätung erfolgte Zurückweisung eines Einspruches gegen die wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes ergangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5.5.2003, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16.9.2003, Wa96-1-2003, wird behoben.

 
 
Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG und § 17 Zustellgesetz.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16.9.2003, Wa96-1-2003, den Einspruch des nunmehrigen Berufungswerbers P M gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5.5.2003, Wa96-1-2003, als verspätet zurückgewiesen.

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt sei am 14.5.2003 beim Postamt W zur Abholung hinterlegt worden, nachdem zwei Zustellversuche am 13. und 14. Mai 2003 beim Gewerbebetrieb des Beschuldigten in W, H, erfolglos durchgeführt worden seien. Der Beschuldigte hätte somit - um die Strafverfügung außer Kraft setzen zu können - binnen zwei Wochen nach der Hinterlegung, also längstens bis zum Ablauf des
28. Mai 2003, Einspruch erheben müssen. Die beim Postamt hinterlegte Strafverfügung sei vom Beschuldigten nicht behoben worden. Laut Postaufgabestempel des Postamtes P sei das Einspruchsschreiben am 12.9.2003 zur Post gegeben worden, weshalb wegen dieser Fristversäumnis die Verspätung bescheidmäßig auszusprechen war.

 

In der gegen diesen Bescheid vom 16.9.2003, zugestellt am 23.9.2003 innerhalb offener Frist mit Schreiben vom 29.9.2003 eingebrachten Berufung bringt der Berufungswerber vor, er habe seinen Hauptwohnsitz seit 1980 in P, I. In W, H, habe er nur einen Zweitwohnsitz gehabt. Seit April 2003 würde der Betrieb nur mehr sporadisch geführt und sei der Heurigenbetrieb zur Gänze eingestellt, weshalb er seinen Zweitwohnsitz nicht regelmäßig besuche. Er könne nicht gegen einen Bescheid Einspruch erheben, bevor er ihn rechtsmäßig zugestellt bekäme.

 

Die belangte Behörde hat diese Berufung gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und entfällt im Übrigen im Grunde des § 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z4 VStG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt sowie Durchführung ergänzender Ermittlungen im Wege der Marktgemeinde W sowie der belangten Behörde.

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte binnen zwei Wochen nach deren Zustellung gegen die Strafverfügung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Im Grund des § 4 Zustellgesetz ist Abgabestelle im Sinne dieses Bundesgesetzes der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort.

 

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

 

Die hinterlegte Sendung ist gemäß Abs.3 leg.cit. mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

Die verfahrensgegenständliche Strafverfügung vom 5.5.2003 wegen einer Übertretung des Wasserrechtsgesetzes wurde dem Berufungswerber nach Zustellversuchen am 13. und 14. Mai 2003 beim Postamt W mit Wirkung vom 14. Mai 2003 hinterlegt. Der Rsa-Brief wurde jedoch vom Berufungswerber nicht behoben, wurde daher vom Postamt an die absendende Bezirkshauptmannschaft Freistadt retourniert und ist dort am 11. Juni 2003 wieder eingelangt.

 

Erst durch die mit Schreiben der belangten Behörde vom 1.9.2003 an den Berufungswerber übermittelte Zahlungserinnerung offener Strafbeträge wurde von diesem festgestellt, dass es sich hiebei nicht um eine Erinnerung handle, sondern um Erstzustellung und er daher von seinem Einspruchsrecht Gebrauch mache. Dies mit der Begründung, er habe am Standort W, H, keine Gewerbe angemeldet, die nicht schon vorher in gleicher Art, Weise und Umfang betrieben worden seien. Es sei auch zu keiner Zeit eine abwasserrechtliche Bewilligung verlangt worden. Dieser Einspruch wurde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 16.9.2003, Wa96-1-2003, als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat im Rahmen des Berufungsverfahrens ergänzende Ermittlungen zum Strafverfahren und zur Zustellung durchgeführt.

 

Von der Staatsanwaltschaft Linz wurde im Rahmen dieser Erhebungen mitgeteilt, dass das dort betreffende Verfahren zu 10 St 129/03a am 7. Mai 2003 gemäß § 90 StPO zurückgelegt wurde.

 

Von der Marktgemeinde W wird mitgeteilt, dass Herr M in W nur einen weiteren Wohnsitz hatte. Vom Marktgemeindeamt W wurde eine Äußerung der Österr. Post AG, Zustellbasis P, eingeholt, wonach genaue Angaben über die Zustellung nicht bekannt sind, die offizielle Postzustellung mit Eröffnung des Konkurses im Juli 2003 eingestellt worden sei.

 

Vom Gendarmerieposten P wurde mitgeteilt, dass der Berufungswerber an der Anschrift W, H, mit Nebenwohnsitz gemeldet gewesen und bekannt sei, dass P M tatsächlich nicht ständig in seinem Betrieb in W aufhältig gewesen sei, er dort lediglich sporadisch angetroffen werden konnte.

 

Diese Informationen des Gendarmeriepostens W lassen somit die Rechtfertigung des Berufungswerbers glaubwürdig erscheinen, wonach er zum Zeitpunkt der Zustellung sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hat, er daher wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte und daher die hinterlegte Sendung aus diesem Grunde als nicht zugestellt anzusehen ist.

 

Eine Heilung dieses Zustellmangels im Grunde des § 7 Zustellgesetz ist im gegenständlichen Fall nicht eingetreten, da die für den Berufungswerber bestimmte Ausfertigung der Strafverfügung im vorliegenden Verfahrensakt - da von der Post an die Behörde zurückübermittelt - aufliegt. Da dem Berufungswerber somit diese Strafverfügung tatsächlich nicht zugekommen ist, kann auch ein Einspruch dagegen nicht zulässig erhoben werden.

 

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war somit wie im Spruch zu entscheiden und der angefochtene - die verspätet die nicht ordnungsgemäß zugestellte Strafverfügung bekämpfende Berufung zurückweisende - Bescheid aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Reichenberger
 
 

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