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des Landes Oberösterreich
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VwSen-270001/4/Gu/Bf

Linz, 26.03.1992

VwSen - 270001/4/Gu/Bf Linz, am 26.März 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz des Mag. Michael Gallnbrunner sowie durch Dr. Hans Guschlbauer als Berichterstatter und Mag. Karin Bissenberger als Stimmführerin über die Berufung des K gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10. Jänner 1992, Gem96-3/6-1991-H, zu Recht:

1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 44a Z.1 VStG, § 45 Abs.1 Z.1 VStG, § 239 Abs.1 Z.1 O.ö. Landesabgabenordnung, LGBl.Nr.30/1984, zuletzt geändert durch LGBl.Nr.26/1989, i.V.m. dem Gemeinde-Getränkesteuergesetz LGBl.Nr.15/1950, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 22/1988.

2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat den Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Betreiber der Diskothek "T" in O in der Zeit vom September 1990 bis Juni 1991 für die an Letztverbraucher entgeltlich abgegebenen Getränke die Getränkesteuer bei der Gemeinde Obertraun nicht rechtzeitig erklärt und entrichtet und dadurch fahrlässig eine Abgabenverkürzung bewirkt zu haben. Hiefür wurde ihm wegen Übertretung des § 239 Abs.1 Z.1 O.ö.LAO i.V.m. §§ 6 und 8 des Gemeinde-Getränkesteuergesetzes eine Geldstrafe von 30.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen (unter Anwendung der Strafsätze des § 239 Abs.2 lit.b O.ö. LAO) auferlegt und wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages von 3.000 S verpflichtet.

Die belangte Behörde führt ihr Straferkenntnis begründend aus, daß gemäß § 8 Abs.2 des Gemeinde-Getränkesteuergesetzes der Steuerpflichtige die Getränke, für die im Laufe eines Kalendermonates die Steuerschuld entstanden ist, bis zum 10. des übernächsten Kalendermonates beim Gemeindeamt nach Art, Menge und Entgelt anzumelden und hiefür die Steuer zu entrichten hat.

Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß der Beschuldigte in der Diskothek "T" in der Zeit von September 1990 bis Juni 1991 den Betrieb geführt habe und Getränke entgeltlich an Letztverbraucher abgegeben habe. Eine Anmeldung der Getränkesteuer für diesen Zeitraum sei nicht rechtzeitig erfolgt. Die Abgabenbehörde habe daher mit rechtskräftigem Bescheid vom 12. August 1991 die Getränkesteuer für September 1990 bis Juni 1991 in Anwendung des § 144 O.ö. LAO mit 33.600 S geschätzt. Einschließlich des Verspätungszuschlages von 3.360 S hafte der Betrag immer noch unberichtigt aus.

Dieser Sachverhalt sei durch die Unterlagen der Gemeinde Obertraun entsprechend belegt.

In der dagegen erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte ein, daß die Gemeinde Obertraun keinerlei Getränkesteuer eingemahnt habe. Zwischenzeitig habe der Beschuldigte den Betrieb geschlossen und aufgelöst. Am 15. Jänner 1991 habe er 8.508,36 S und am 20. Juni 1991 habe er an die Gemeinde Obertraun eine Getränkesteuerakontozahlung von 4.000 S geleistet.

Gegen den am 12.August 1991 vom Gemeindeamt Obertraun erlassenen Getränkesteuerschätzungsbescheid habe er fristgerecht am 20. September 1991 berufen. Diese Berufung sei formell noch nicht erledigt worden, wodurch - was aus den Berufungsausführungen zu erschließen ist - eine tatsächliche Abgabenschuld nicht feststehe. Das zurückweisende Schreiben der Gemeinde Obertraun, welches auf die Rechtskraft des Schätzungsbescheides hinweise, könne er nicht als ordnungsgemäße, bescheidmäßige Erledigung ansehen.

Er habe für die Monate September 1990 bis Dezember 1991 Anträge auf bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer beim Gemeindeamt Obertraun gestellt. Im übrigen stehe § 8 des Gemeinde-Getränkesteuergesetzes im Widerspruch zu § 8 Abs.4 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948. Mehrere gleichartige Verfahren vor dem VfGH, die eine Entscheidung in der Sache bewirken sollten, seien noch nicht abgeschlossen.

Nachdem nicht feststehe, was der Beschuldigte der Gemeinde Obertraun an Getränkesteuer schulde, jedenfalls stehe dies der Höhe nach nicht fest, beantragt er das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, allenfalls das Verfahren so lange auszusetzen, bis rechtskräftige Gemeinde-Getränkesteuerbescheide vorliegen bzw. eine Klärung der angesprochenen Widersprüche durch oberstgerichtliche Entscheidung erfolgt sei.

Gemäß § 51 e Abs.1 VStG ist über eine Berufung (nur) dann eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder das angefochtene Straferkenntnis nicht bereits auf Grund der Aktenlage aufzuheben ist.

Aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ergibt sich, daß der Beschuldigte in der Tatzeit durch die nicht rechtzeitige Erklärung und Entrichtung der Getränkesteuer bei der Gemeinde Obertraun fahrlässig eine Abgabenverkürzung bewirkt habe.

Gemäß § 239 Abs.1 Z.1 O.ö. LAO macht sich einer Verwaltungsübertretung schuldig, wer vorsätzlich oder fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß Abs.2 lit.b leg.cit. sind solche Abgabenverkürzungen, wenn sie fahrlässig begangen worden sind, mit einer Geldstrafe bis zum 5-fachen des Verkürzungsbetrages zu bestrafen. Bei dem hiebei gegebenen Erfolgsdelikt erfordert es die Tatbestandsmäßigkeit, daß die Abgabenverkürzung einerseits der Höhe nach feststeht und weil strafsatzbestimmend, auch im Spruch des Straferkenntnisses aufzuscheinen hat, soll die Tat als individuelle abgrenzbare Handlung bzw. Unterlassung nachvollzogen bzw. geprüft werden können. Diese, die Identität der Tat bestimmenden Merkmale können von der Berufungsbehörde - dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachgeschoben werden. Sie schienen auch in der Verfolgungshandlung nicht auf.

Da der Spruch dem Erfordernis des § 44a Z.1 VStG nicht genügte, war mit der Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses unter gleichzeitiger Einstellung vorzugehen.

Daneben wird bemerkt: Damit das Erfolgsdelikt nach § 239 Abs.1 Z.1 O.ö. LAO greifen kann, muß die Abgabenverkürzung zweifelsfrei feststehen. Dies bedeutet, daß dem Verwaltungsstrafverfahren ein ordnungsgemäßes Abgabenverfahren der Gemeindeabgabenbehörde voranzugehen hat. Der dem Verwaltungsstrafverfahren unterlegte Bescheid der Gemeinde Obertraun vom 12. August 1981, GZ Stk.7781-7738/1991, stützt sich auf § 144 O.ö. LAO und stellt eine Schätzung "für die nicht gemeldete Gemeinde-Getränkesteuer" an.

Eine Schätzung nach § 144 leg.cit. hat sich aber auf die Grundlagen, z.B. die Menge des verkauften Bieres, Weines, der Limonaden und dergleichen zu beziehen.

Die Festsetzung der Abgaben nach § 145 O.ö. LAO hat im Spruch die Art und die Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.

Weil der Beschuldigte die zu einer sicheren und gerechten Bemessung der Steuer erforderlichen Nachweise über die abgegebenen steuerpflichtigen Getränke nicht geführt bzw. der Gemeinde gegenüber nicht nachgewiesen und angezeigt hat, (was ihn bereits des Ungehorsamdeliktes nach § 239 Abs.1 Z.6 lit.a O.ö. LAO verdächtig macht, einer Tat, die mit jener in dem angefochtenen Straferkenntnis allerdings nicht identisch ist), hätte die Gemeinde Obertraun gemäß § 149 Abs.2 O.ö. LAO die Pflicht getroffen, die Abgaben in einem dem Erfordernis des § 145 O.ö. LAO entsprechenden Bescheid festzusetzen.

Da der "Schätzungsbescheid" der Gemeinde Obertraun vom 12.8.1991 durch Hinterlegung zugestellt wurde, aber nicht geprüft blieb, ob der Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt ortsanwesend war und ob daher die Zustellung rechtswirksam erfolgte (der Bescheid wurde vom Postamt Bad Ischl erst am 21.8.1991 übernommen - Ermittlungen zu den Fragen des § 17 Abs.3 3. und 4. Satz Zustellgesetz scheinen nicht auf), kann von einer ordnungsgemäßen Festsetzung und damit auch der Verkürzung der geschuldeten Getränkesteuer als Voraussetzung für eine Bestrafung nicht gesprochen werden; dies um so mehr, als das die Berufung des Beschuldigten gegen den Schätzungsbescheid zurückweisende Schreiben der Gemeinde Obertraun vom 7.10.1991 nicht als Zurückweisungsbescheid im Sinne des § 201 lit.b O.ö. LAO angesehen werden kann.

Im übrigen ist der unabhängige Verwaltungssenat nicht berufen (erst) im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens, in der Funktion als Abgabenbehörde, einen bindenden Ausspruch über die Höhe einer Abgabe zu treffen. Andererseits kommt dem gegen den Beschuldigten ergangenen Bescheid über die Abgabenfestsetzung und dem zugrundeliegenden Abgabenverfahren für das nachfolgende Verfahren vor dem Tribunal nur die Bedeutung einer - unter Umständen qualifizierten - Vorprüfung der Verdachtslage in Ansehung der objektiven Tatseite (Abgabenverkürzung) einer bestimmten Übertretung nach der O.ö. LAO zu (infolge Tribunalcharakters des UVS, vgl. hiezu OGH 21.11.1991, 14 Os 127/90).

Nachdem bereits die Aktenlage ausweist, daß das angefochtene Straferkenntnis zu beheben war, mußte im Hinblick auf die vom O.ö. Landes-Verfassungsgesetz 1991 gebotene Sparsamkeit von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden und war spruchgemäß zu entscheiden.

Da die Berufung im Ergebnis Erfolg hatte, entfiel ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren und sind die Verfahrenskosten I. Instanz von der Behörde zu tragen (§§ 65 und 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner Mag. Bissenberger Dr. Guschlbauer 6

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