Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280003/20/Wei/Bk

Linz, 11.02.1994

VwSen-280003/20/Wei/Bk Linz, am 11. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des I M A A, vertreten durch Dr. G L, Rechtsanwalt in W, vom 6. und 30. September 1993 wegen Verletzung von Rechten gemäß dem § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz - SPG (BGBl Nr. 566/1991) durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 1994 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Höhe von S 4.296,67 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§ 88 Abs 2 und 4 SPG iVm § 67c Abs 3 AVG 1991, § 79a AVG 1991 iVm §§ 47 ff VwGG 1985.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden Bf) hat durch seinen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 6. September 1993 eine auf § 51 Fremdengesetz - FrG und auf § 88 SPG gestützte Beschwerde beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingebracht. Die Beschwerde wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft ist mit h Erkenntnis vom 16.

September 1993, VwSen-400213/3/Wei/Shn, als unbegründet abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid wurde eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, die zu B 1847/93 anhängig ist.

1.2. Auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 6. September 1993 sind im Punkt 2.1. folgende Ausführungen zur Verletzung von Rechten iSd § 88 Abs 2 SPG enthalten:

"Ich habe bereits anläßlich meiner Festnahme der Behörde mitgeteilt, Asyl in Österreich zu begehren. Ich verwendete hiebei die deutschen Worte 'Ich bin Kurde, geflüchtet, Problem'.

Ich ersuchte bei und nach meiner Festnahme um Beiziehung eines Dolmetsch, was verweigert wurde.

Ich habe die Telefonnummer von Herrn A M vorgewiesen und ersucht, diesen als Identitätszeugen als Vertrauensperson zu verständigen, was nicht erfolgte.

Die Behörde hat daher meine Rechte gem. §§ 30 f, 47 und 88 SPG verletzt." Auf Seite 4 des Schriftsatzes wird in diesem Zusammenhang unter 4.) folgender Antrag formuliert:

"Der Unabhängige Verwaltungssenat möge ebenso erkennen, daß die mir gem. § 30 f, 47 SPG zustehenden Rechte dadurch verletzt wurden, daß die von mir benannte Vertrauensperson nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt wurde." 1.3. Mit h Schreiben vom 21. September 1993 an den Rechtsvertreter des Bf wurde gemäß § 88 Abs 5 SPG eine Kopie des Schriftsatzes vom 6. September 1993 (Original im Schubhaftakt VwSen-400213-1993) zur Behebung von näher bezeichneten inhaltlichen Mängeln iSd § 67c Abs 2 AVG unter Gewährung einer Frist von einer Woche zurückgestellt. Der Verbesserungsschriftsatz vom 30. September 1993 wurde am gleichen Tag - und damit rechtzeitig - zur Post gegeben und langte am 6. Oktober 1993 beim erkennenden Verwaltungssenat ein. Er lautet wie folgt:

"Die mir vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Verbesserung zurückgestellte Beschwerde gem. § 88 SPG reiche ich unter der nachstehenden Verbeserung neuerlich ein:

Mit der gegenständlichen Beschwerde wird die Verletzung folgender meiner Rechte bekämpft:

Die Unterlassung der gesetzmäßigen Behandlung (Feststellung) des von mir gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zuzurechnenden Organen am 22.8.1993 erklärten Asylantrags.

Weiters die Organen der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zuzurechnende Verweigerung meines Rechtes auf Verständigung von Dr. A M als Angehöriger bzw. Vertrauensperson von meiner Festnahme.

Die Rechtsverletzungen dürften von der Gendarmerie Schärding gesetzt worden sein.

Beweis: meine Einvernahme Damit sind die mir zustehenden Rechte nach § 30 Abs 1 Z 3 u.

Z 4, § 31 Abs 1 Z 8 SPG iVm § 8 RLV, § 47 Abs 1 SPG verletzt worden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat möge daher infolge der verbesserten Beschwerde erkennen, daß die genannten, mir zustehenden Rechte durch das oben wiedergegebene behördliche Handeln verletzt wurden und mir den Ersatz der verzeichneten Kosten zusprechen." 2.1. Mit h Schreiben vom 15. Oktober 1993 wurden der belangten Behörde Kopien der Beschwerdeschrift vom 6.

September 1993 und des Verbesserungsschriftsatzes vom 30.

September 1993 zur Stellungnahme und Vorlage der bezughabenden Akten übermittelt.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 1993 hat die belangte Behörde ihren bezughabenden Fremdenpolizeiakt Zl. Sich-40/4849-1993 vorgelegt und zu den Beschwerdebehauptungen eine Stellungnahme erstattet, die dem Rechtsvertreter des Bf mit der Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht worden ist.

2.2. In ihrer Stellungnahme bringt die belangte Behörde vor, daß dem Bf am 22. August 1993 um 11.10 Uhr der Schubhaftbescheid vom fremdenpolizeilichen Sachbearbeiter am Gendarmerieposten Schärding nachweislich ausgefolgt wurde.

Während der gesamten fremdenpolizeilichen Amtshandlung am Gendarmerieposten Schärding habe sich der syrische Bf in keiner Weise geäußert, daß er in Österreich um Asyl ansuchen oder mit irgendeiner Vertrauensperson Kontakt aufnehmen möchte. Er habe auch nicht den Wunsch geäußert zu telefonieren. Die Beschwerdebehauptungen entsprechen keinesfalls den Tatsachen. Auch laut Haftbericht der Gendarmerie Schärding habe der Bf nachweislich unterschrieben, daß keine Vertrauensperson verständigt werden soll. Von der Existenz einer Vertrauensperson habe die belangte Behörde erst in einem später geführten Telefonat mit dem Rechtsvertreter des Bf erfahren. Dabei sei vereinbart worden, daß die Vertrauensperson eine Identitätsprüfung im Polizeigefangenenhaus St. Pölten durchführen und das Ergebnis der belangten Behörde übermittelt werden soll. Außerdem sei die Entlassung aus der Schubhaft gegen Vorlage einer beglaubigten Verpflichtungserklärung in Aussicht gestellt worden. Deren Vorlage sei aber nicht erfolgt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Fremdenpolizeiakt der belangten Behörde sowie durch Einvernahme der Zeugen RI J B und G Z und des Behördenvertreters als Partei anläßlich der am 3. Februar 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Der Bf sowie sein Rechtsvertreter sind trotz ausgewiesener Ladung nicht zur Verhandlung erschienen. Etwa eine Stunde vor Verhandlungsbeginn langte beim erkennenden Verwaltungssenat per Telefax ein Vertagungsersuchen ein. Mit der Begründung, daß der Bf nicht in der Lage sei, aus eigenen Mitteln die Anreise zum erkennenden Verwaltungssenat zu bewerkstelligen, wird seine Einvernahme vor einer zu ersuchenden Behörde in Wien oder in eventu die Erstreckung der Verhandlung auf vorläufig unbestimmte Zeit beantragt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat diesem Antrag keine Folge gegeben, weil kein relevanter Vertagungsgrund vorgebracht worden ist, der Rechtsvertreter des Bf jedenfalls dessen Interessen in der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung hätte wahrnehmen können und die Einvernahme des Bf als Partei zur Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht notwendig erschien. Dessen Einvernahme im Rechtshilfeweg durch eine zu ersuchende Behörde in Wien wäre keinesfalls sinnvoll und der Wahrheitserforschung dienlich gewesen.

3.2. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bf wurde am 22. August 1993 um 09.30 Uhr von der bayerischen Grenzpolizei der österreichischen Grenzkontrollstelle Zollamt Passau-Bahnhof entsprechend dem österreichisch-deutschen Schubabkommen (vgl BGBl Nr.

227/1961) formlos übergeben. Anläßlich der deutschen Einreisekontrolle wurde festgestellt, daß der Bf unter Verwendung des durch Auswechslung des Lichtbildes verfälschten niederländischen Reisepasses Nr. lautend auf T S K die Grenzkontrolle passieren wollte. Der Bf führte auch eine niederländische Postscheckkarte und einen Verkehrsklubausweis mit diesen Personalien sowie einen Betrag von US $ 1.380,-- mit (Aufgriffsbericht der bayerischen Grenzpolizei; Strafanzeige der Gendarmerie Schärding). Der bayerischen Grenzpolizei gab er seine Personalien mit I M A A, syrischer Staatsangehöriger bekannt. Eine Vernehmung war wegen Sprachschwierigkeiten nicht möglich, wobei von der Grenzpolizei vermerkt wurde, daß er auch kein Englisch sprach.

Um 09.52 Uhr übergab die Zollwache den Bf am Bahnhof Schärding den Beamten des Gendarmeriepostens Schärding zur weiteren Veranlassung (vgl Meldung der Grenzkontrollstelle, Zl. ZW-PASS 300/212/93, vom 22.8.1993). Der Bf wurde dann zu dem in der Nähe befindlichen Gendarmerieposten Schärding gebracht, wo er in einem mit einer Glasfront versehenen, besonderen Haftraum verwahrt worden ist. Am Gendarmerieposten wurde eine Personendurchsuchung und erkennungsdienstliche Behandlung des Bf durchgeführt. Mit der Amtshandlung befaßt waren die einvernommenen Zeugen RI B und VB/S Z.

Im Interesse der Bekämpfung von Schleppertätigkeiten achten die Sicherheitsorgane besonders genau darauf, ob festgenommene Fremde österreichische Telefonnummern notiert haben. Entsprechende Erkenntnisse müßten in der Tagesmeldung, die u.a. an die Sicherheitsdirektion und an die belangte Behörde ergeht, berücksichtigt werden. Der Bf führte weder einen Zettel mit sich, auf dem die Telefonnummer einer Vertrauensperson vermerkt war, noch wies er vor der Personendurchsuchung einen derartigen Zettel den einschreitenden Sicherheitsorganen vor. Er äußerte auch weder gegenüber den Beamten der Gendarmerie noch gegenüber dem fremdenpolizeilichen Sachbearbeiter der belangten Behörde die deutschen Worte, "Ich bin Kurde, geflüchtet, Problem". Ebensowenig wünschte der Bf die Verständigung einer Vertrauensperson. Es kann daher nicht festgestellt werden, daß der belangten Behörde zuzurechnende Organe die Feststellung und Weiterleitung eines vom Bf gestellten Asylbegehrens an die zuständige Außenstelle des Bundesasylamtes unterlassen hätten. Ebensowenig haben ihm solche Organe das Recht auf Verständigung des Dr. Ahmed Mohammed als Angehörigen bzw Vertrauensperson von seiner Festnahme verweigert. Vielmehr hat der Bf auf der vorletzten Seite des Haftberichtes, P-1703/93-GZ, des Gendarmeriepostens Schärding durch seine unleserliche Unterschrift dokumentiert, daß er nicht die Verständigung einer Vertrauensperson von seiner Festnahme wollte.

Die sprachliche Verständigung mit dem Bf gestaltete sich schwierig, weil er nur arabisch sprach. Dem Zeugen Z, der den Haftbericht konzipiert hatte, gelang es allerdings, sich soweit mit dem Bf zu verständigen, daß zumindest der Haftbericht und die Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Ried i.I. erstellt werden konnten. Dabei verwendete der Zeuge ein Handbuch, das den Sicherheitsorganen als Hilfsmittel zur Verfügung steht, um einfache Personalangaben und Fragestellungen in verschiedene Sprachen übersetzen zu können. In diesem Handbuch wird dem deutschen Text jeweils der in den Fremdsprachen verfaßte Text gleichen Inhalts gegenübergestellt. So konnte der Zeuge dem Bf die einfachen Fragestellungen durch Zeigen der in arabischer Schrift verfaßten Übersetzungen sowie durch entsprechende Gestikulation verständlich machen. Auf diese Weise erfolgte auch die Information des Bf über die Möglichkeit, eine Vertrauensperson oder eine konsularische Vertretungsbehörde zu verständigen.

3.3. Diese Feststellungen beruhen auf den im wesentlichen widerspruchsfreien und übereinstimmenden Angaben der einvernommenen Zeugen und des Behördenvertreters. Die Zeugen haben glaubwürdig versichert, daß jeder Festgenommene bezüglich seiner Verständigungswünsche befragt wird und Gelegenheit zur telefonischen Kontaktaufnahme erhält. Was mitgeführte Notizen mit österreichischen Telefonnummern betrifft, sind die Sicherheitsorgane schon wegen ihres Auftrages zur intensiven Schlepperbekämpfung zur besonderen Sorgfalt verhalten. In der fernschriftlichen Tagesmeldung des Gendarmeriepostens Schärding vom 22. August 1993 wurde ausdrücklich über den Bf berichtet und erwähnt, daß eine Schleppertätigkeit nicht festgestellt werden konnte und daß er auch keine Verständigung seiner Vertretungsbehörde gewünscht hat. Die Beschwerdebehauptung, der Bf habe eine Telefonnummer des Dr. A M als Vertrauensperson vorgewiesen und dessen Verständigung sei ihm verweigert worden, ist daher in keiner Weise glaubhaft.

Ebensowenig glaubhaft ist der behauptete Asylantrag unter Verwendung der Worte, "Ich bin Kurde, geflüchtet, Problem".

Die vernommenen Zeugen haben dazu erklärt, daß sie ein wenn auch nur schlüssig - vorgebrachtes Asylbegehren einfach dem zuständigen Fremdenpolizeiorgan der belangten Behörde zur weiteren Veranlassung mitgeteilt hätten. Wie der Behördenvertreter ausgeführt hat, erscheint er bereits kurze Zeit nach der Verwahrung eines Fremden am Gendarmerieposten zur ersten Klärung des Sachverhalts und zur Prüfung der Voraussetzungen eines Schubhaftbescheides. Auch der Behördenvertreter konnte ausschließen, daß der Bf einen Asylantrag gestellt oder eine Vertrauensperson bzw einen Identitätszeugen namhaft gemacht hat. Er konnte sich noch an erhebliche Verständigungsschwierigkeiten erinnern, weshalb die eindeutige Klärung der Identität des Bf nicht möglich erschien. Im Falle eines Asylantrags hätte er telefonisch einen Vorführungstermin mit der zuständigen Außenstelle des Bundesasylamtes vereinbart und die Vorführung des Bf veranlaßt. Außerdem hätte er zur Information der zum Vollzug der Schubhaft ersuchten Behörde im Schubhaftbescheid auf das Asylbegehren hingewiesen.

Diesen glaubhaften Ausführungen des Behördenvertreters war ebenfalls zu folgen. Sie erschienen dem erkennenden Verwaltungssenat schlüssig und naheliegend.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs 2 SPG besteht die Sicherheitsverwaltung u.a. aus der Sicherheitspolizei, dem Paß- und Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm.

§ 30 Abs 1 SPG formuliert die Rechte des Betroffenen bei der Ausübung von Befugnissen im Rahmen der Sicherheitsverwaltung.

Nach dem Absatz 2 gelten diese Rechte nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre.

Gemäß § 30 Abs 1 Z 3 SPG ist der Betroffene berechtigt, eine Person seines Vertrauens beizuziehen, gemäß § 30 Abs 1 Z 4 SPG ist er berechtigt, für die Amtshandlung bedeutsame Tatsachen vorzubringen und deren Feststellung zu verlangen.

Die vorliegende Beschwerde behauptet die Verletzung von subjektiven Rechten im Sinne des § 88 Abs 2 SPG. Konkret ausgeführt wurde die Verletzung von Rechten iSd § 30 Abs 1 Z 3 und 4. Das durchgeführte Beweisverfahren hat die in der Beschwerde behaupteten Tatsachen nicht ergeben. Deshalb kann der erkennende Verwaltungssenat auch keine Verletzung von subjektiven Rechten des Bf feststellen.

Die Behauptung, daß der Bf bei und nach seiner Festnahme um Beiziehung eines Dolmetsch ersucht habe, ist trotz der eingeräumten Gelegenheit zur Verbesserung der Beschwerde ungenau geblieben. Der Bf wurde nämlich zunächst von der bayerischen Grenzpolizei festgenommen und hat möglicherweise diese um Beiziehung eines Dolmetsch ersucht. Die Äußerung eines diesbezüglichen Wunsches gegenüber Organen, die der belangten Behörde zuzurechnen wären, konnte jedenfalls nicht festgestellt werden. Abgesehen von dieser Tatfrage ist der O.ö. Verwaltungssenat der Ansicht, daß der Bf im Verfahrensstadium der Vorbereitung der Erlassung eines Schubhaftbescheides gemäß § 41 Abs 2 FrG iVm § 57 AVG 1991 keinen Anspruch auf Beiziehung eines Dolmetsch hat, weil die Schubhaft vom Gesetz grundsätzlich als unaufschiebbare Maßnahme angesehen wird, die ohne ein ordentliches Ermittlungsverfahren anzuordnen ist. Es muß daher genügen, wenn erst anläßlich der ersten fremdenpolizeilichen Einvernahme ein Dolmetsch beigezogen wird. Die kurzfristige Bestellung von geeigneten Dolmetschern bereits anläßlich der ersten fremdenpolizeilichen Befassung ist auch aus technischen Gründen unmöglich, weil die Amtshandlungen zur Erlassung eines Schubhaftbescheides unregelmäßig und häufig auch außerhalb der gewöhnlichen Dienstzeit erfolgen und ein Bereitschaftsdienst für Dolmetscher nicht vorgesehen ist.

Der Hinweis der Beschwerde auf eine Verletzung von Rechten nach § 47 SPG ist verfehlt, weil dieser Vorschrift die Eingriffe in die persönliche Freiheit gemäß §§ 45 und 46 SPG zugrundeliegen. Dabei handelt es sich aber um Fälle von psychischen Krankheiten und um Maßnahmen bezüglich Unmündigen. Außerdem betrifft § 47 SPG auch inhaltlich keinen neuen Gesichtspunkt, weil es abermals um das Recht auf Verständigung von Angehörigen oder eines Rechtsbeistandes geht.

4.2. In der Beschwerdeschrift vom 6. September 1993 wird durch Anführen der §§ 30 f SPG auch versteckt auf § 31 SPG hingewiesen, der den Rahmen für die durch Verordnung des Bundesministers für Inneres zu erlassenden Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorgibt. Da inhaltlich kein entsprechendes Tatsachenvorbringen erstattet worden ist, hat der erkennende Verwaltungssenat den Rechtsvertreter des Bf im Rahmen des erteilten Verbesserungsauftrages vom 21.

September 1993 auch darauf aufmerksam gemacht, daß ungeklärt ist, ob und inwieweit die Beschwerde die Verletzung einer gemäß § 31 SPG festgelegten Richtlinie behauptet. Auch auf die insofern maßgebliche Verfahrensregelung wurde durch Zitat des § 89 SPG hingewiesen.

Im Verbesserungsschriftsatz vom 30. September 1993 hat der Bf dennoch keinen konkreten Sachverhalt behauptet, der die Verletzung einer gemäß § 31 SPG festgelegten Richtlinie erkennen ließe. Es wurden lediglich der § 31 Abs 1 Z 8 SPG und die dazu ergangene Richtlinie nach § 8 Richtlinien-Verordnung - RLV (BGBl Nr. 266/1993) zitiert, ohne das geringste dazu auszuführen. Aus dieser Richtlinie geht hervor, daß die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes u.a. einen Festgenommenen davon in Kenntnis zu setzen haben, daß er die Verständigung der Vertrauensperson oder des Rechtsbeistandes durch die Behörde verlangen kann. Die Verletzung dieser Informationspflicht, die aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ohnehin nicht festgestellt werden kann, wurde nicht einmal behauptet. Vielmehr führt die Beschwerde sinngemäß aus, daß die vom Bf begehrte Verständigung einer Vertrauensperson verweigert worden wäre. Dies setzt aber voraus, daß der Bf bereits in Wahrnehmung seines Rechtes agierte und keiner besonderen Belehrung bedurfte.

Aus den dargelegten Gründen hat der unabhängige Verwaltungssenat keinen Anlaß gefunden, die vorliegende Beschwerde, die auch im Verbesserungsschriftsatz ausdrücklich nur auf § 88 SPG gestützt wurde, als Aufsichtsbeschwerde zu behandeln und gemäß § 89 Abs 2 SPG an die zuständige Dienstaufsichtsbehörde weiterzuleiten.

5. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Kostenersatzes im Schubhaftbeschwerdeverfahren nach dem alten § 5a Fremdenpolizeigesetz schadet das Fehlen eines expliziten Verweises auf die Vorschrift des § 79a AVG nicht, wenn es keinen Anhaltspunkt gibt, daß der Gesetzgeber dessen Anwendbarkeit ausschließen wollte. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die für Beschwerden wegen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt vorgesehene Kostenersatzregelung des § 79a AVG sowie im Zusammenhang damit die §§ 47 bis 60 VwGG in Verbindung mit der auf § 49 VwGG gestützten Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof (BGBl Nr. 104/1991), wobei die Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen seien, im Schubhaftbeschwerdeverfahren für anwendbar erklärt (stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162).

Der Gesetzgeber des Sicherheitspolizeigesetzes hat im § 88 Abs 4 SPG für das Beschwerdeverfahren nach § 88 Abs 1 und 2 SPG gleichermaßen auf die Geltung der §§ 67c bis 67g AVG verwiesen, ohne ausdrücklich auch den § 79a AVG zu zitieren.

Den Materialien ist dazu kein Hinweis zu entnehmen. Der erkennende Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß nur ein Redaktionsversehen vorliegt und der Gesetzgeber die Kostenersatzregelung des § 79a AVG für Beschwerdeverfahren wegen Verletzung von subjektiven Rechten iSd § 88 Abs 2 SPG nicht ausschließen wollte.

Im vorliegenden Fall war daher der belangten Behörde als obsiegender Partei bzw dem Bund als zuständigem Rechtsträger antragsgemäß der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten entsprechend den um ein Drittel reduzierten Pauschalansätzen laut BGBl Nr. 104/1991 zuzusprechen. Für den Vorlageaufwand (S 505,--), den Schriftsatzaufwand (S 2.530,--) und den Verhandlungsaufwand (S 3.410,--) der belangten Behörde ergibt sich demnach die Zwischensumme von S 6.445,--, die um ein Drittel in Höhe von S 2.148,33 auf den Betrag von S 4.296,67 zu kürzen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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