Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280090/6/Ga/Fb

Linz, 17.08.1995

VwSen-280090/6/Ga/Fb Linz, am 17. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des S... B... in S..., H..., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 13. April 1995, Ge-275/94, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in der Weise Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

auf 26 Stunden) herabgesetzt wird; dies mit der Maßgabe, daß als Strafnorm anzuführen ist: "§ 31 Abs.2 ANSchG".

Der Antrag, von der Strafe abzusehen und (nur) eine Ermahnung auszusprechen, wird hingegen abgewiesen.

II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 400 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG: § 66 Abs.4.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG: § 24; § 16, § 19, § 21, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64 Abs.2, § 65.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber angelastet, er ist schuldig, er hat als verantwortliches Organ in seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der gleichnamigen Gesellschaft mit Sitz in Steyr dafür einzutreten, daß (nach Feststellung durch das zuständige Arbeitsinspektorat) am 10.

Februar 1994 in der am Sitz befindlichen Betriebsstätte eine elektrisch betriebene Pumpe, deren Motorschalter und Steckvorrichtung nicht explosionsgeschützt waren, innerhalb der im Bescheid des Magistrates der Stadt Steyr vom 13. März 1987, Zl.: Ge-964/87/OAR.GG., unter Punkt 1)4) festgelegten Schutzzone zum Umfüllen von Fässern verwendet wurde, obwohl sich im Bereich oa. Schutzzone keine elektrischen Einrichtungen und sonstigen Zündquellen befinden dürfen.

Wegen dieser Übertretung einer auf das Arbeitnehmerschutzgesetz gegründeten Bescheidvorschreibung wurde über ihn gemäß § 31 Abs.2 lit.p ANSchG eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 33 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

2. Der Berufungswerber bestreitet die Tat nicht. Mit dem Inhalt seines Rechtsmittels bekämpft er nicht den Schuldspruch des eingangs zit. Straferkenntnisses, sondern nur dessen Strafausspruch. Der Ausspruch über die Schuld ist somit teilrechtskräftig geworden.

3. Dem Strafbemessungsverfahren widmet die belangte Behörde folgende Begründung: "Mildernde oder erschwerende Umstände wurden nicht bekannt. Die ausgesprochene Geldstrafe entspricht dem Verschuldensgehalt, dem Strafrahmen der angewendeten Rechtsvorschriften sowie den sozialen und finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten.".

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den zugleich mit der Berufung ohne Gegenäußerung zu Zl. Ge-275/94 vorgelegten, in der Folge über h. Aufforderung mit einer Kopie des zugrundeliegenden BA-Genehmigungsbescheides vervollständigten Strafakt Einsicht genommen.

Das zum Inhalt der Berufung angehörte Arbeitsinspektorat hat sich im Sinne einer Bestätigung geäußert; die in der Höhe des Antrages verhängte Geldstrafe stelle wegen der Explosionsgefahr, der die Arbeitnehmer ausgesetzt gewesen seien, die Untergrenze dar.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Die für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätze regelt § 19 VStG. Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Strafbehörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens (hier:

gemäß § 31 Abs.2 ANSchG Geldstrafe bis zu 50.000 S) an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (§ 19 Abs.1 VStG) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (§ 19 Abs.2 VStG) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafe festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (sinngemäß sind hiefür heranzuziehen: §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches) gegeneinander abzuwägen. Im ordentlichen Strafverfahren sind schließlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 60 AVG (§ 24 VStG) unterliegt die belangte Behörde auch hinsichtlich der Bemessung einer zu verhängenden Strafe der Begründungspflicht (vgl VwGH 21.3.1995, 94/09/0039).

5.2. Vor diesem Hintergrund ist aus der - insgesamt ungenügenden, für die Nachvollziehbarkeit einer Ermessensentscheidung jedoch untauglichen - Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses vor allem nicht zu erkennen, welchen Unrechtsgehalt der Tat die belangte Behörde zugrundegelegt hat. Dieser ergibt sich aus der Verletzung der Schutzvorschrift und ist, wie das Arbeitsinspektorat zu Recht dargestellt hat, wegen der dadurch nicht bloß abstrakt-denkmöglich heraufbeschworenen Explosionsgefahr beträchtlich.

Auch was das Ausmaß des Verschuldens anbelangt, verschweigt sich die Begründung des Straferkenntnisses. Wenigstens aber kann diesbezüglich, weil gegenständlich ein sogen.

Ungehorsamsdelikt vorliegt, erschlossen werden, daß Fahrlässigkeit als Schuldform für das Zuwiderhandeln des Berufungswerbers zugrundegelegt wurde. Dies nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates zu Recht, weil er die ihm als Arbeitgeber aufgetragene Fürsorgepflicht, nämlich an der Arbeitsstätte vermeidbare Gefahren von seinen Arbeitnehmern fernzuhalten, auf die gesamte Installation der involvierten E-Pumpe hätte erstrecken müssen. Nur nach Vergewisserung der völligen Funkenfreiheit konnte er davon ausgehen, daß die Pumpe als Ganzes gesehen keine "Zündquelle" im Sinne der Bescheidvorschreibung darstellt und daher in der Schutzzone verwendet werden darf. Daß er sich dabei auf die Angaben der Lieferfirma verlassen und seine Nachsorge nicht auch auf den Motorschalter und die Steckvorrichtung erstreckt hat, ist ihm als Sorgfaltsmangel anzurechnen.

Unter Hinweis auf den beträchtlichen Unrechtsgehalt ist die Festsetzung einer Geldstrafe im Ausmaß von 5.000 S grundsätzlich selbst dann vertretbar, wenn die Tat dem Berufungswerber nur im Grunde seiner Fahrlässigkeitsschuld zum Vorwurf gemacht werden kann. Auch die im Strafakt ersichtlich gemachten, zufolge einer Aktennotiz auf Angaben des Berufungswerbers selbst beruhenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sprechen nicht gegen eine Geldstrafe im verhängten Ausmaß, zumal der Berufungswerber diesbezüglich in seinem Rechtsmittel nichts vorgebracht hat. Einen (weiteren) Begründungsmangel bedeutet es allerdings, diese Kriterien (55.000 S Monatseinkommen; Hausbesitz; Sorgepflicht für die im Betrieb beschäftigte Ehefrau und Tochter) im Straferkenntnis nicht dargestellt zu haben.

5.3. Schon im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde hat der Berufungswerber in seiner Rechtfertigung vom 18.

April 1994 dargelegt, daß er die sofortige Behebung des gerügten Mangels veranlaßt hat. Auch in seinem Rechtsmittel bringt er dies vor und macht die Umrüstung des Motorschalters und der Steckvorrichtung auf eine explosionsgeschützte Version durch Vorlage eines Bescheinigungsmittels (Lieferschein vom 4. Mai 1994) glaubhaft. Ausgehend aber davon, daß sich der Berufungswerber somit ernstlich bemüht hat, sogleich nach der Entdeckung weitere nachteilige Folgen aus dem Verstoß gegen die Verbotsnorm zu verhindern, kommt ihm der besondere Milderungsgrund iSd § 34 Z15 StGB zugute.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde, daß nämlich mildernde Umstände nicht bekannt geworden seien, hätte sie weiters auch den Milderungsgrund iSd § 34 Z2 StGB zu berücksichtigen gehabt. Dem Strafakt liegt nämlich kein Auszug über Verwaltungsvorstrafen ein noch kann ihm ein sonstiger Hinweis auf irgendwelche Vorstrafen entnommen werden. Dies aber veranlaßt den unabhängigen Verwaltungssenat, die absolute Unbescholtenheit des Berufungswerbers anzunehmen. Insgesamt vermittelt der Strafakt ein durchaus positives Verhältnis des Berufungswerbers zu der ihm als Arbeitgeber auferlegten, hier einschlägigen Verantwortung, sodaß zusammenfassend beide Voraussetzungen für die Wertung des besonderen Milderungsgrundes iSd § 34 Z2 StGB vorliegen (vgl VwGH 16.3.1995, 94/16/0300, mit weiterführendem LitZit).

5.4. Sind aber zwei Milderungsgründe anzurechnen gewesen einerseits und Erschwerungsgründe weder hervorgekommen noch nach der Sachlage angezeigt gewesen andererseits, so war die Geldstrafe auf das nun festgesetzte Ausmaß herabzusetzen.

Einer weiteren Herabsetzung steht der Unrechtsgehalt, aber auch - damit zusammenhängend - die Bedachtnahme auf die Generalprävention entgegen.

Bei diesem Ergebnis war auch die Ersatzfreiheitsstrafe in einem das Verhältnis zur geminderten Geldstrafe wahrenden Ausmaß herabzusetzen.

5.5. Zufolge § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Gleichzeitig kann sie den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nur wenn beide tatbestandsmäßigen Voraussetzungen (des ersten Satzes) erfüllt sind, ist diese Bestimmung anzuwenden. Im Berufungsfall aber steht der Strafnachsicht (und, erforderlichenfalls, der gleichzeitigen Erteilung einer Ermahnung) der, wie oben aufgezeigt, beträchtliche Unrechtsgehalt der Tat entgegen, sodaß schon aus diesem Grund das tatbildmäßige Verhalten des Täters nicht (wie es die Judikatur des VwGH verlangt, zB VwGH 21.9.1994, 94/03/0091) hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

Aus diesem Grund war der Antrag des Berufungswerbers auf Erteilung einer Ermahnung abzuweisen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschuldigten von Gesetzes wegen Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen; ebenso im Gesetz begründet ist die Herabsetzung des dem Berufungswerber aufgetragenen Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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