Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280093/9/Ga/La

Linz, 20.10.1995

VwSen-280093/9/Ga/La Linz, am 20. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des P... E... in M..., O..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 18. Mai 1995, Zl. Ge96-126-1993-Fr/Gut, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß a) die Einleitung des Schuldspruchs zu allen fünf Spruchpunkten wie folgt zu beginnen hat: "Sie haben es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ in Ihrer Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P.. Gesellschaft mbH mit dem Sitz in der Gemeinde M..., O..., gemäß § 9 Abs.1 VStG zu verantworten, daß ..."; b) die zu 1. bis 5. als verletzt angegebenen Rechtsvorschriften jeweils durch den Ausdruck: "iVm § 31 Abs.2 lit.p ASchG" zu ergänzen sind, und c) das zu 2. und 3. angegebene Paragraphenzitat der Strafnorm jeweils zu ergänzen ist durch den Ausdruck:

"iVm § 33 Abs.7".

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat je 20 % der verhängten Strafen, ds zusammengezählt 5.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 19, § 44a, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; §§ 64 f.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Anzeige vom 1. Juli 1993 hat das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk an die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land bekanntgegeben, daß am 17.

Mai 1993 bei der Besichtigung der von der im Spruch genannten Gesellschaft betriebenen, näher bezeichneten Baustelle in Wolfern insgesamt fünf Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) bzw. der Bauarbeitenschutzverordnung (BauVO), jeweils mit bestimmtem Sachverhalt, festgestellt worden seien. Beantragt wurde, gegen den strafrechtlich Verantwortlichen der Gesellschaft das Strafverfahren einzuleiten und die festgestellten Verwaltungsübertretungen zu 1. bis 5. je mit 5.000 S zu ahnden. Gleichzeitig teilte das Arbeitsinspektorat mit, daß bei ihm bis zum Tatzeitpunkt "keine Bestellung bezüglich § 23 ArbIG eingelangt ist". Der Anzeige waren vier zu Beweiszwecken aufgenommene Fotografien zu den angezeigten Sachverhalten angeschlossen.

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Anzeige gemäß § 27 Abs.1 VStG unter Hinweis auf den in der Gemeinde Mauthausen gelegenen Firmensitz an die belangte Strafbehörde abgetreten. Diese hat gegen den nunmehrigen Berufungswerber "als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der PEM Gesellschaft mbH iSd Bestimmungen des § 9 VStG 1991" mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. August 1993 das Strafverfahren eingeleitet. Ihm wurde vorgeworfen, für die in den Punkten 1. bis 5. sachverhaltsmäßig - in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses - umschriebenen Verwaltungsübertretungen verantwortlich zu sein.

In der Folge hat der Berufungswerber zunächst eingewendet, daß der Vorwurf nicht an ihn, sondern an Herrn Gert Kirisits, der für die genannte Gesellschaft "zur Vertretung" des nach außen berufenen Organs bestellt worden sei, zu richten wäre. In der weiteren Stellungnahme vom 30.

September 1993 hat sich der Berufungswerber inhaltlich zu den Punkten 1. bis 5. geäußert und auch vorgebracht, daß er als Geschäftsführer nicht "zu jedem Zeitpunkt für die exakte Einhaltung aller vorzukehrenden Arbeitnehmerschutzvorschriften" verantwortlich gemacht werden könne, wenn von ihm "vorher sichergestellt ist, daß die verantwortliche Montageleitung eine weitgehendst laufende Kontrolle erfolgt und die angestellten Partieführer zusätzlich für die Einhaltung der Bestimmungen und deren Kontrolle auf den jeweiligen Baustellen verantwortlich sind".

Das von der belangten Behörde angehörte Arbeitsinspektorat hat mit Stellungnahme vom 19. Oktober 1993 das Rechtfertigungsvorbringen des Berufungswerbers im einzelnen, u.zw. jeweils unter Bezugnahme auf die im Strafakt einliegenden Tatfotos, widerlegt und angegeben, daß der Beschuldigte diese vom Arbeitsinspektorat der Anzeige beigelegten Fotos gesehen habe. Außerdem sind die Angaben des Berufungswerbers zu seinen Kontrollvorkehrungen unter Hinweis auf die Inhalte der diesbezüglich einschlägigen Judikatur des VwGH als zu seiner Entlastung iSd § 5 Abs.1 VStG ungeeignet zurückgewiesen worden.

Zu dieser Replik des Arbeitsinspektorats wurde dem Berufungswerber Parteiengehör eingeräumt; er hat sich jedoch verschwiegen.

Schließlich hat die belangte Behörde dem Beschuldigten die mit monatlich netto 25.000 S unter Vernachlässigung seines Aktiv- und Passivvermögens und der Sorgepflichten geschätzten persönlichen Verhältnisse unter Einräumung einer Frist zur Stellungnahme mitgeteilt. Der Berufungswerber hat sich auch dazu nicht geäußert, woraufhin die belangte Behörde das nun bekämpfte Straferkenntnis mit den in wörtlicher Übereinstimmung mit der oben erwähnten Aufforderung zur Rechtfertigung formulierten Tatvorwürfen in den Punkten 1. bis 5. erlassen und wegen Verletzung der zu den einzelnen Punkten angegebenen Rechtsvorschriften Geldstrafen im Ausmaß von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: je drei Tage) verhängt hat.

1.2. Das Straferkenntnis begründend stellt die belangte Behörde die verletzten Rechtsvorschriften und den Straftatbestand dar und geht zu den einzelnen Spruchpunkten ausführlich auf die Rechtfertigung des Berufungswerbers ein.

Auch faßt sie die bei ihrer Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinreichend klar und übersichtlich (§ 60 AVG iVm § 24 VStG) zusammen. Schuldseitig sei zumindest eine grob fahrlässige Handlungsweise zu unterstellen gewesen, sodaß daher auch für die Strafbemessung von einem bloß geringfügigen Verschulden nicht ausgegangen werden könne.

Weil straferschwerend eine zweimalige rechtskräftige Vormerkung wegen Verletzung von Vorschriften des Arbeitnehmerschutzes, mildernd jedoch kein Grund zu werten gewesen sei, habe im übrigen nach den Bestimmungen des § 19 VStG und bei Berücksichtigung der zu schätzen gewesenen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers dem Strafantrag des Arbeitsinspektorats Rechnung getragen werden müssen.

2. Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung, die zugleich mit dem Strafakt zu Zl.

Ge-126-1993-Fr/Gut vorgelegt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Schon das Ergebnis des strafbehördlichen Ermittlungsverfahrens (vorhin 1.1.) erlaubt die abschließende Beurteilung in der Sache. Danach erweist sich die Tatfrage zu allen Spruchpunkten als geklärt und ist der den einzelnen Schuldsprüchen zugrundegelegte Sachverhalt, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, als maßgebend auch für diese Entscheidung festzustellen.

Zu ergänzen ist die spruchgemäße Tatgrundlage mit der im Lichte des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG erforderlichen Angabe des Sitzes des Unternehmens als Tatort für alle fünf vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen. Daß der Sitzort des hier involvierten Unternehmens in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. August 1993 als erster Verfolgungshandlung nicht enthalten war, hindert vorliegend - anders als in der mit heutigem Datum entschiedenen Berufungssache zu VwSen-280104-1995 betreffend denselben Beschuldigten - deren Eignung zur Unterbrechung der Verjährung deswegen nicht, weil wenigstens die konkrete BAUSTELLE (als jener Ort, an dem die Verstöße festgestellt wurden) angelastet ist und darüber hinaus alle wesentlichen Sachverhaltselemente zweifelsfrei umschrieben sind (vgl.

VwGH 16.12.1991, 91/19/0289). Im Hinblick darauf war daher der unabhängige Verwaltungssenat berechtigt und verpflichtet, den insoweit fehlerhaften Schuldspruch richtigzustellen (vgl. idS VwGH 30.5.1995, 95/11/0102).

2.2. Weil aber der demgemäß wesentliche Sachverhalt unbestritten geblieben ist, weil weitere Beweise zu diesem Sachverhalt daher nicht aufzunehmen waren und in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die Beurteilung der Rechtsfrage unter vollständiger Anführung der anzuwenden gewesenen Rechtsvorschriften widerspruchsfrei und nachvollziehbar dargestellt ist, hält aus allen diesen Gründen der unabhängige Verwaltungssenat die Tatbestandsmäßigkeit aller Spruchpunkte für erfüllt.

Deshalb und weil in diesem Fall mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nur Rechtsfragen zu beurteilen waren, konnte die - vom Berufungswerber auch gar nicht beantragte öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

2.3. Der Berufungswerber beschränkt sein Rechtsmittel auf den Einwand, daß mit Herrn K... ein für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen (mit Ausnahme des "Arbeitszeitruhegesetzes") verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG bestellt worden sei und er daher für die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht bestraft werden dürfe.

2.3.1. Hiezu hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Berufungswerber im Vorverfahren folgendes mitgeteilt:

"Unvorgreiflich der Rechtsfrage, ob aus den Ihrer Berufung angeschlossen gewesenen Kopien eine wirksame schriftliche Mitteilung im Sinne des § 23 Abs.1 ArbIG an das zuständige Arbeitsinspektorat über die Bestellung des Herrn G... K... zum verantwortlichen Beauftragten überhaupt hervorgeht, hält der unabhängige Verwaltungssenat zur Information fest:

Das die Ordnungsvorschrift des § 23 Abs.1 erstmals enthaltende Arbeitsinspektionsgesetz 1993, BGBl.Nr. 27, ist mit 1. April 1993 in Kraft getreten. In den Übergangsbestimmungen regelt dieses Gesetz (§ 26 Abs.3), daß eine vor dem 1. April 1993 erfolgte Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 bis 4 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht für Übertretungen gilt, die nach diesem Zeitpunkt begangen werden, sofern nicht bis zu diesem Zeitpunkt eine Mitteilung an das Arbeitsinspektorat gemäß § 23 Abs.1 erfolgt (ist)." Den miteingeschlossen gewesenen Vorhalt, daß nämlich die von ihm eingewendete Mitteilung über die erfolgte Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten beim zuständigen Arbeitsinspektorat erst am 15. Juni 1993, somit nach der vorliegend angelasteten Tatzeit eingelangt ist, hat der Berufungswerber in seiner schriftlichen Antwort vom 31. Juli 1995 nicht bestritten. Er hat aber geltend gemacht, daß der bestellte verantwortliche Beauftragte "bei der zuständigen Verwaltungsbehörde, nämlich der Bezirkshauptmannschaft Perg, ordnungsgemäß gemeldet war." Somit habe die schon früher, nämlich am 25. September 1990 erfolgte Bestellung des G...

K... zum verantwortlichen Beauftragten auch über den 1.

April 1993 hinaus gegolten.

2.3.2. Damit aber irrt der Berufungswerber über die Rechtslage. Ist unstrittig, daß die dem Berufungswerber als strafrechtlich verantwortlichen handelsrechtlichen Geschäftsführer vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nach dem Überleitungszeitpunkt 1. April 1993 begangen wurden, ist zudem erwiesen, daß dem hier zuständigen Arbeitsinspektorat der Nachweis über die Bestellung des G... K... zum verantwortlichen Beauftragten erst am 15. Juni 1993 übermittelt wurde, so ist der Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit iSd § 9 Abs.2 VStG vom Berufungswerber auf den von ihm namhaft gemachten Beauftragten zur Tatzeit (17. Mai 1993) nicht wirksam gewesen.

Im Ergebnis hat daher die belangte Behörde die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers richtig beurteilt.

Weil auch die Schuldseite als erfüllt vorliegt - in allen fünf Spruchpunkten wurden sogen. Ungehorsamsdelikte verwirklicht; bei gegebener Tatbestandsmäßigkeit hätte daher der Berufungswerber gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG der gesetzlichen Schuldvermutung durch eigenes initiatives Vorbringen entgegenzuwirken gehabt; ein solches Vorbringen unterblieb jedoch - sind die Strafen aus allen diesen Gründen zu Recht verhängt worden.

2.4. Die Höhe der verhängten Strafen und die bei der Strafbemessung maßgebend gewesenen Erwägungen der belangten Behörde, die im übrigen offensichtlich nach den Kriterien des § 19 VStG vorgegangen ist, blieben unbekämpft.

Allerdings ist der Berufungswerber nach Ausweis des vorgelegten Aktes zum Tatzeitpunkt nicht zweimal, sondern nur einmal wegen Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften rechtskräftig bestraft gewesen. Weil es sich dabei aber aus dem Blickwinkel des verletzten Rechtsgutes immerhin um eine hier einschlägige - und deshalb zu Recht iSd § 33 Z2 StGB als erschwerend gewertete - Vormerkung handelt, bestehen gegen die Schuldangemessenheit der verhängten Strafen, die im übrigen mit nur je einem Zehntel der Höchststrafe im unteren Bereich festgesetzt wurden, keine Bedenken.

3. Zusammenfassend war daher der Berufung keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis in allen Spruchpunkten zu bestätigen.

Die gleichzeitig verfügte Ergänzung der Spruchteile gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG bedeutet keine unzulässige Erweiterung des Abspruchsgegenstandes und entspringt der Richtigstellungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates.

Gleiches gilt für die im Schuldspruch vorzunehmen gewesene Spezifizierung des Verantwortlichkeitsgrundes des Berufungswerbers.

4. Unbeschadet der für dieses Verfahren somit aufrecht gebliebenen strafrechtlichen Haftung des Berufungswerbers bemerkt der unabhängige Verwaltungssenat zu der dem Rechtsmittel in Kopie beigeschlossen gewesenen, mit Datum "14. Juni 1993" versehenen Mitteilung über eine erfolgte Bestellung des G... K... zum verantwortlichen Beauftragten, daß daraus (so wie auch aus den gleichfalls angeschlossen gewesenen vorgängigen Bestellungen) die vom Verfahrensgesetz geforderte Zuweisung der entsprechenden Anordnungsbefugnis (§ 9 Abs. 4 VStG) an die zum verantwortlichen Beauftragten bestellte Person jedenfalls nicht hervorgeht. Dadurch aber entspricht diese Bestellung nicht dem Gesetz; sie könnte deshalb für allfällige künftige Verwaltungsstrafverfahren den intendierten Übergang der Verantwortlichkeit nicht bewirken.

5. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß dem Beschuldigten der Beitrag zum Berufungsverfahren in der gesetzlich vorgesehenen Höhe aufzuerlegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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