Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280099/2/Schi/Ka

Linz, 28.06.1995

VwSen-280099/2/Schi/Ka Linz, am 28. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk, Edisonstraße 2, 4600 Wels, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels (Magistrat Wels) vom 26.

Jänner 1994, MA2-Ge-4042-1993 Ste, betreffend Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen F S nach dem Arbeitszeitgesetz, zu Recht erkannt:

Die Berufung vom 8. Februar 1994 wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vom 26. Jänner 1994 vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl.Nr.51/1991, iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991; § 14 Abs.2 Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr.461/1969 idF BGBl.Nr.647/1987.

Entscheidungsgründe:

1.1. Aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk vom 9. März 1993 wurde gegen den mitbeteiligten Prokuristen F S ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes eingeleitet und ihm vorgeworfen, durch Überschreitung der Lenkzeit von maximal 8 Stunden in der Einsatzzeit bei insgesamt 11 namentlich angeführten Lenkern an bestimmten Tagen im Oktober 1992 gegen § 14 Arbeitszeitgesetz verstoßen zu haben.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.1.1994 hat der Bürgermeister (Magistrat) der Stadt Wels das Verwaltungsstrafverfahren gegen Prokurist F S wegen des Verdachtes, es als Verantwortlicher der Firma S Tours Reisebüro und AutobusbetriebgesmbH, W, vertreten zu müssen, daß bei den Lenkern: L E, B J, S W, B M, an im einzelnen angeführten Tagen im Oktober 1992 die Lenkzeit von maximal 8 Stunden in der Einsatzzeit insofern überschritten wurde, als diese zwischen 8 Stunden und 40 Minuten und 9 Stunden beschäftigt wurden, was einen Verstoß gegen § 14 AZG bedeuten würde, wegen Nichtvorliegens einer Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß es sich im vorliegenden Fall um Lenkzeiten zwischen 8 und 9 Stunden handelte. Vom Arbeitsinspektorat wurde hinsichtlich der Auslegung des § 14 Abs.2 2. Satz AZG die Auffassung vertreten, daß nur dann ein Kollektivvertrag höchstens zwei Mal in der Woche eine Lenkzeit von 9 Stunden zulassen könne, wenn es sich um Fahrzeuge im Personenverkehr handelte, die ein zulässiges Gesamtgewicht von max. 5 t hätten. Da es sich jeweils um größere Fahrzeuge gehandelt hätte, würde die 8 Stunden Regelung gelten. Dieser Ansicht ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht gefolgt und ist nach eingehender Interpretation des Normtextes des § 14 Abs.2 2. Satz AZG - zur Auffassung gelangt, daß sich die Begrenzung des Gesamtgewichtes von 5 t auf das Gesamtgewicht des Anhängers und nicht des Kraftfahrzeuges bezieht.

2.1. Dagegen hat das Arbeitsinspektorat für den 19.

Aufsichtsbezirk in Wels rechtzeitig Berufung erhoben und ausgeführt, daß § 14 Abs.2 lit.a AZG klarstelle, daß die Ausnahmeregelung nur dann wirksam wäre, wenn ein der Personenbeförderung dienendes Kraftfahrzeug (mit oder ohne Anhänger) ein Gesamtgewicht von 5 t nicht überschreite. Da außer Frage stehe, daß es sich im gegenständlichen Falle um Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 5 t handle, werde der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid vom 16.1.1994 aufzuheben und den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen bzw dessen Bevollmächtigten wegen der angeführten Übertretungen des § 14 AZG im Sinne des Strafantrages vom 9.3.1993 entsprechend zu bestrafen.

2.2.Diese Berufung des Arbeitsinspektorates wurde dem Beschuldigten S im Wege seines Rechtsanwaltes mit Schreiben vom 16.2.1994 bekanntgegeben; dieser hat mit Äußerung vom 29.3.1994 beantragt, der Berufung keine Folge zu geben bzw den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil im Strafantrag des Arbeitsinspektorates vom 9.3.1993 in den einzelnen Fällen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe beantragt wurde.

3.3. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des angefochtenen Bescheides vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der allseits unbestritten blieb, legte der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Sinne des § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen, weil es sich im gegenständlichen Falle ausschließlich um die rechtliche Beurteilung bzw Auslegung des § 14 Abs.2 AZG handelt.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 14 Abs.2 AZG, BGBl.Nr. 461/1969 in der (zum Tatzeitpunkt maßgeblichen) Fassung BGBl.Nr. 647/1987, darf innerhalb der nach Abschnitt 2 zulässigen Arbeitszeit die gesamte Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten 8 Stunden und innerhalb einer Woche 48 Stunden nicht überschreiten. Durch Kollektivvertrag oder in Einzelfällen durch das Arbeitsinspektorat kann zugelassen werden, daß die Lenkzeit höchstens zwei Mal in der Woche auf 9 Stunden erhöht werden kann, wenn a) ein der Personenbeförderung dienendes Kraftfahrzeug ohne Anhänger oder mit einem Anhänger gelenkt wird, dessen Gesamtgewicht 5 t nicht überschreitet, oder b) ein der Güterbeförderung dienendes Kraftfahrzeug ohne Anhänger oder mit einem Anhänger oder Sattelanhänger gelenkt wird, sofern das höchste zulässige Gesamtgewicht des Kraftfahrzeuges (Sattelkraftfahrzeuges) 20 t nicht überschreitet.

4.2. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf ein vom Beschuldigten vorgelegtes Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wels vom 20.5.1992 bzw von der Schlichtungsstelle beim Kreisgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht, in der es ebenfalls um die Auslegung des § 14 Abs.2 AZG gegangen ist, zu der im angefochtenen Bescheid dargelegten Rechtsauffassung gelangt ist.

4.3. Die Ausführungen in der Berufung des Arbeitsinspektorates können diese Rechtsansicht nicht erschüttern.

4.4. Denn schon die gewählte Textierung der Ausnahmeregel des § 14 Abs.2 lit.a AZG, wonach eine Ausnahme nur dann besteht, wenn ein der Personenbeförderung dienendes Kraftfahrzeug ohne Anhänger oder mit einem Anhänger gelenkt wird, dessen Gesamtgewicht 5 t nicht überschreitet, oder lit.b ein der Güterbeförderung dienendes KFZ ohne Anhänger oder mit einem Anhänger oder Sattelanhänger gelenkt wird, sofern das höchstzulässige Gesamtgewicht des Kraftfahrzeuges 20 t nicht überschreitet, läßt eindeutig erkennen, daß sich die unter lit.a normierte Gewichtsbeschränkung von 5 t lediglich auf das Gesamtgewicht des Anhängers und keineswegs auf das des Kraftfahrzeuges beziehen kann. Jede anderslautende Auslegung der Ausnahmeregelung des § 14 Abs.2 lit.a AZG, wonach sich die 5 t des Gesamtgewichtes ebenso auf das Kraftfahrzeug beziehen sollte, würde den Grundsätzen der entwickelten Interpretationsmethoden der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts widersprechen.

4.5. Betrachtet man die Textierung des § 14 Abs.2 lit.a AZG unter dem Gesichtspunkt der Verbalinterpretation, sowie insbesondere unter Einbeziehung der Ausnahmevorschrift des lit.b unter dem Gesichtspunkt der systematisch-grammatikalischen Auslegungsmethode, so muß insbesondere unter der Annahme der Einheit der Rechtssprache der Schluß gezogen werden, daß sich die Begrenzung des Gesamtgewichtes von 5 t lediglich auf das Gesamtgewicht des Anhängers, jedoch nicht auf das des Kraftfahrzeuges selbst bezieht.

4.6. Da bereits aufgrund der vorgenommenen Textierung und Satzstellung der Ausnahmeregelung in lit.a, wonach sich das Gesamtgewicht lediglich auf dem Anhänger, jedoch nicht auf jenes des Kraftfahrzeuges ohne Anhänger bezieht, besteht keine weitere Möglichkeit mehr, dieser Ausnahmeregelung einen anderen Sinn zugrundezulegen. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich eine Überschreitung des Gesamtgewichtes von 5 t ebenso auch für Kraftfahrzeuge ohne Anhänger zur Anwendung bringen wollen, so hätte dieser wohl eine anderslautende Formulierung, insbesondere unter Verweis auf die unter lit.b vorgenommene Textierung, gewählt.

5. Es ist daher die vom berufenden Arbeitsinspektorat vorgenommene Einschränkung des Geltungsbereiches der Ausnahmeregelung in lit.a, wonach sich die 5 t Gewichtsbeschränkung ebenso auf ein Kraftfahrzeug beziehen solle, weder mit der verwendeten Textierung der Ausnahmeregelung in lit.a noch mit der systematischen Einheit zwischen der vorgenommenen Ausnahmeregel in lit.a sowie in lit.b in Einklang zu bringen.

6. Der Berufung war somit kein Erfolg beschieden und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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