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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280105/3/Gu/Atz

Linz, 20.11.1995

VwSen-280105/3/Gu/Atz Linz, am 20. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung der M. P. gegen die Punkte 2) - 5) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 24.5.1995, Zl. Ge96-215-1995, wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes iVm der Bauerarbeiterschutzverordnung, nach der am 5. Oktober 1995 in Gegenwart der Berufungswerberin und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

An Stelle des Wortes ............ hat die Bezeichnung "...............", an Stelle der Ziffer 4,5 m eine solche von 4,2 m zu treten.

Der Schuldspruch zu Punkt 2) wird bestätigt.

Die hiezu verhängte Geldstrafe wird auf 4.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 50 Stunden und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 400 S herabgesetzt.

Diesbezüglich entfällt ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren.

Punkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses wird vollinhaltlich bestätigt.

Die Rechtsmittelwerberin hat diesbezüglich als Kostenbeitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 1.000 S binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Punkt 4) des angefochtenen Straferkenntnisses wird behoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Punkt 5) des angefochtenen Straferkenntnisses wird vollinhaltlich bestätigt.

Die Rechtsmittelwerberin hat hiezu als Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren den Betrag von 1.000 S binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 130 Abs.5 Z1 ASchG, § 5 Abs.1, § 9 Abs.1, § 16, § 19 VStG; hinsichtlich Punkt 4) § 45 Abs.1 Z1 2.Fall VStG; § 64 Abs.1 und 2 VStG bezüglich der Punkte 3) und 5); § 65 VStG bezüglich Punkt 2); § 66 Abs.1 VStG bezüglich Punkt 4).

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Rechts mittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtliche Geschäftsführerin) der P.

Hallenbau- und Handels Ges.m.b.H. am 9.2.1995 bei der Baustelle "südöstlicher Hallenanbau, Betrieb E.

Automatisierungstechnik GesmbH., ......, ...............," 1. eine Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung begangen zu haben, für deren Behandlung infolge der verhängten Strafe von 15.000 S die 2. Kammer des O.ö. Verwaltungssenates zuständig ist; 2. als Gerüstbelag Pfosten verwendet zu haben, wobei an den Endauflagern die Pfosten ca. 60 cm über das Auflager hinaus gestanden seien, obwohl gemäß § 57 Abs.2, 3. Satz BauV der Überstand höchstens 30 cm betragen dürfe und hiemit eine Übertretung des § 57 Abs.2 leg.cit. begangen zu haben; 3. keine sicher begehbaren Aufstiege oder Zugänge zu einer (4,5 m hohen) Gerüstlage angefertigt zu haben, wobei ein Arbeitnehmer, um auf die Gerüstlage zu gelangen, über die Verstrebungen und andere Gerüstbauteile habe klettern müssen. Hiedurch habe sie eine Übertretung nach § 58 Abs.7 der Bauarbeiterschutzverordnung begangen; 4. seien sämtliche elektrische Betriebsmittel, wie Farbspritzgeräte, Handbohrmaschinen, handgeführte Winkelschleifmaschinen, Leitungsroller und andere E-Geräte von einem Speisepunkt der Hausinstallation durch eine Leitung des Betriebes ENGEL versorgt worden und hiedurch die Bestimmung der ÖVE 1, Teil 4, § 55, Punkt 1.1., welche durch die Elektrotechnikverordnung verbindlich erklärt worden sei, übertreten worden, weil elektrische Betriebsmittel auf Baustellen nur von eigenen Speisepunkten (Baustromverteiler) aus versorgt werden dürften, wodurch eine Übertretung des § 13 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung vorliege; 5. sei als Verteilersteckvorrichtung ein Leitungsroller (Kabeltrommel) verwendet worden, der als solcher infolge schwerer Beschädigung nur mehr in Fragmenten vorhanden gewesen sei und ein Zugriff auf aktive, unter Spannung stehende Teile möglich gewesen sei. Dies widerspreche dem § 12 Punkt 3.3. ÖVE 5, Teil 1, 1989, in Verbindung mit der Elektrotechnikverordnung, BGBl.Nr. 47/1994, und der Anwendungsvorschrift des § 13 Abs.1 der Bauarbeiterschutzverordnung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über die Beschuldigte jeweils in Anwendung des § 130 Abs.5 Arbeitnehmerschutzgesetz, zu den Punkten 2) bis 5) jeweils Geldstrafen von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen je 60 Stunden) und 10%ige Beiträge zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.

In ihrer rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung macht die Rechtsmittelwerberin im wesentlichen geltend, daß sie Angestellte der P. Hallenbau- und Handels Ges.m.b.H. sei und ausschließlich mit Büroarbeiten zu tun habe. Da sie zwei kleine Kinder im Alter von fünf und sieben Jahren habe, sei es ihr nur möglich, maximal 20 Stunden pro Woche zu arbeiten. Ihre Aufgabe sei es, im Büro sämtliche Eingangsrechnungen zu überprüfen und die Überweisung zu veranlassen. Ferner habe sie die Arbeitsstunden der Arbeiter zu kontrollieren und zur Lohnverrechnung vorzubereiten. Von ihr könne nicht verlangt werden, daß sie persönlich die Baustellen kontrolliere und somit zur Verantwortung gezogen werde.

Es sei auf jeder Baustelle ein Vorarbeiter vorhanden, der den Auftrag besitze, die Einhaltung sämtlicher Vorschriften und Sicherheitsmaßnahmen zu gewährleisten und für die Verwendung von in der Firma ausreichend vorhandener Sicherheitseinrichtungen, Gerüsten, Leitern etc. auf den Baustellen zu sorgen. Den Bauleitern sei mehrmals aufgetragen worden, eventuelle Unzulänglichkeiten auf den Baustellen umgehend zu beheben und zu melden. Sie sei erst durch ihren Gatten, J. P., der im übrigen kein Dienstnehmer der P. Hallenbau- und Handels Ges.m.b.H. sei, informiert worden, daß es bei der Baustelle auf dem Gelände der Firma E. mit dem Arbeitsinspektorat bezüglich Sicherheitsvorkehrungen Probleme gegeben habe. Sie habe sofort den Auftrag erteilt, alles zu überprüfen und die notwendigen Vorkehrungen zur Gewährleistung der Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen zu treffen. Aufgrund der Vorfälle bei der Firma E. habe sie zwei Arbeitnehmer sofort gekündigt.

Zum Tatzeitraum sei Herr K., dessen Aufgabe es gewöhnlich gewesen sei, die Baustellen zu kontrollieren, im Krankenstand gewesen und so habe sie sich darauf verlassen, daß der dortige Vorarbeiter dafür weisungsentsprechend für die Einhaltung sämtlicher Vorschriften Sorge trage.

Sie fühle sich in der Angelegenheit absolut schuldlos, beantragt die ersatzlose Aufhebung der Strafe, zumal ihr es mit einem Nettogehalt von 7.400 S nicht möglich sei, privat eine derartig hohe Strafe zu bezahlen. Auch die Ges.m.b.H.

sei nicht dazu fähig. In eventu ersucht sie um Ratenzahlung.

Sollte eine derartige Stundung nicht gewährt werden, ersucht sie um die Erlaubnis, daß ihr Gatte an ihrer Statt die Ersatzfreiheitsstrafe wochenends antreten dürfe, da dies ihr aufgrund der notwendigen Kinderbetreuung nicht möglich sei.

Bezüglich des Baustromverteilers bringt sie vor, daß beim Unternehmen E. genauso gearbeitet werde, wie auf einer Baustelle, da die Firma E. die Roboter zusammenbaut und dann immer wieder Stromquellen benötige. Die von der P.

Hallenbau- und Handels Ges.m.b.H. verwendete Stromquelle sei sicherlich besser ausgestattet und abgesichert gewesen, wie ein normaler Baustromverteiler. Zum Nachweis dessen beantragt sie die Zuziehung eines Sachverständigen für Elektrotechnik. Über das Vorhandensein der Sicherheitswehren und von zwei Stück Aluleitern zum Besteigen der Alugerüste, mögen die auf der damaligen Baustelle arbeitenden Dienstnehmer befragt werden.

Die Rechtsmittelwerberin beantragt die Vornahme eines Augenscheines.

Bei der Anwendung des Geldstrafrahmens von 4.000 S bis zu 200.000 S werde von einem Wiederholungsfall ausgegangen. Ihr sei nicht bekannt, daß sie bisher eine derartige Strafe bekommen habe.

In der Zusammenschau begehrt die Rechtsmittelwerberin die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens mangels Verschuldens, bezüglich des Punktes 4) auch mangels Vorliegens eines strafbaren Tatbestandes, insgesamt in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen infolge deren überhöhter Festsetzung.

Nach der Berufung gab die Rechtsmittelwerberin noch bekannt, daß die P. Hallenbau- und Handels Ges.m.b.H. mit Wirkung vom 31.8.1994 Herrn Baumeister Ing. G. G. zum zweiten Geschäftsführer bestellt habe, der für den Bereich Hallenbau und Baumeisterarbeiten verantwortlich sei.

Aufgrund der Berufung wurde am 5. Oktober 1995 die öffentliche mündliche Verhandlung, verbunden mit Lokalaugenschein durchgeführt, in deren Rahmen die Beschuldigte mit ihrem Gatten erschien, ihn mit ihrer Vertretung betraute und vernommen wurde. Darüber hinaus wurde Herr Ing. G. vernommen. Ferner wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung in die vom meldungslegenden Arbeitsinspektor angefertigten Lichtbilder Einsicht genommen.

Schließlich wurde ein Firmenbuchauszug beigeschafft.

Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

Am 9.2.1995 inspizierte ein Arbeitsinspektor des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk die Baustelle der P. Hallenbau- und Handels Ges.m.b.H., welche sich innerhalb des Betriebes E. Automatisierungstechnik Ges.m.b.H., ......, ................., befand. Diese Baustelle wurde im südöstlichen Hallenanbau des ersten, an der .............. angrenzend gelegenen Hallenschiffes betrieben und zwar wurde die Decke, der als sanft geneigtes Pultdach ausgebildeten Halle und die Stahlträgerunterkonstruktion mit einer Dispersionsfarbe lackiert. Um die in einer Höhe von 5,49 m bis 4,45 m über Fußbodenniveau verlegte Decke erreichen zu können, wurden auf den Ladeflächen von zwei Klein-LKWs (Pritschenwagen) Gerüstteile so aufgebaut und die Gerüstlage mit Holzpfosten ausgelegt, daß diese eine Plattform von 4,2 m über Niveau bildeten und durch die beweglichen Kraftfahrzeuge von den Arbeitern eine große Fläche bearbeitet werden konnte.

Die mangelnde Sicherung dieser Arbeitsebene bildet infolge einer Bestrafung mit über 15.000 S den Gegenstand einer Entscheidung durch die 2. Kammer des O.ö. Verwaltungssenates.

Die verwendeten Pfosten ragten an den Endauflagern ca. 60 cm über das Auflager hinaus. Der einschreitende Arbeitsinspektor nahm wahr, daß ein Arbeitnehmer der P. Hallenbauund Handels Ges.m.b.H. von dieser Plattform aus die Decke der Halle lackierte und sah auch, wie der Arbeitnehmer zuvor, um auf die Gerüstlage zu gelangen, über die Verstrebungen und andere Gerüstbauteile klettern mußte, da sicher begehbare Aufstiege zum gefahrlosen Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen wie fest verbundene Leitergänge, Treppentürme, Außentreppen oder lotrechte festverlegte Leitern fehlten.

Die für die Arbeitsvorgänge erforderlichen elektrischen Betriebsmittel wie Farbspritzgeräte, Handbohrmaschinen und zur Oberflächenbehandlung sowie zu sonstigen Zwecken benötigte Winkelschleifmaschinen wurden über einen Leitungsroller (Kabeltrommel) mit Strom versorgt, der mechanisch schwer beschädigt war und bei dem ein Zugriff auf aktive, unter Spannung stehende Teile möglich war. Diese Kabeltrommel wurde von einem Speisepunkt der Betriebsinstallation des Unternehmens E. versorgt. Diese Speiseleitung war im Betrieb der Firma E. fest montiert und mündete im Bereich eines Pfeilers hinter der Wand der vorstehend beschriebenen Baustelle auf ein zur Elektroversorgung geeignetes Schalt- bzw. Isolierbrett und führte über ein aufgesetztes ordnungsgemäßes leicht überblickbares Sicherungspaket zur unmittelbar darunterliegenden aufgesetzten Isoliersteckdose. Dort war der Stecker der Kabelschnur der Kabeltrommel eingeführt.

Der Sachverhalt wird von der Beschuldigten im wesentlichen nicht bestritten. Es wird von ihr lediglich reklamiert, daß zwei frei bewegliche Leiter (irgendwo in der Nähe) ohnedies vorhanden gewesen, von den Arbeitern aber nicht benützt worden seien. Unbestritten ist diesbezüglich, daß keine fest verbundenen Aufstiegshilfen, so wie sie § 58 Abs.7 der Bauarbeiterschutzverordnung fordert, montiert waren.

Auch der desolate Zustand der Kabeltrommel wird nicht bestritten.

Bezüglich der elektrischen Energieversorgung wendet die Berufungswerberin ein, daß der Bezug des Stroms über die ordnungsgemäß installierten Leitungen des Unternehmens E.

mehr oder zumindest gleichwertige Sicherheit geboten habe, als wenn ein gesonderter Baustromverteiler, der immer provisorischen Charakter hat, eingesetzt würde.

Bezüglich der Zurechenbarkeit der Tat und dem Verschulden ist folgendes festzustellen:

Die Beschuldigte ist eine allein zeichnungsberechtigte handelsrechtliche Geschäftsführerin der P. Hallenbau- und Handels Ges.m.b.H. mit dem Sitz in Sierning. Als weiterer handelsrechtlicher Geschäftsführer wurde mit Wirkung 31.8.1994 Herr Ing. G. G. bestellt, welcher zur Vertretung gemeinsam mit einem zweiten Geschäftsführer oder einem Prokuristen berufen ist.

Ein Beweismittel, daß die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für den Arbeitnehmerschutz insgesamt oder für die besagte Baustelle alleinig Herrn Ing. G. G. übertragen worden sei, existiert nicht. Demzufolge fehlt es auch an der entsprechenden und erforderlichen Meldung eines Bestellungsvorganges an das zuständige Arbeitsinspektorat.

Die Beschuldigte gibt selbst an, sich um den Arbeitnehmerschutz nicht persönlich gekümmert zu haben und daher auch niemals vor Ort gewesen zu sein, um etwaige Anweisungen an Ing. G. oder den Polier oder eine sonstige, mit entsprechender Autorität versehene Person zu geben und zu kontrollieren. Bei diesem mangelnden Sachverstand und dem mangelnden Kontrollnetz muß ihr daher ein bedeutsames Einlaß-Verschulden angelastet werden.

Sohin war zu den Punkten 2), 3) und 5) sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen. Bei den Punkten 3) und 5) ist ein bedeutsames Gewicht durch die von der Bauarbeiterschutzverordnung geschützten Interessen der Sicherheit, des Lebens und der Gesundheit gegeben gewesen.

Was den über 30 cm über die Endauflager hinausragenden Gerüstbelag anlangt, so ist der Unrechtsgehalt durch die das gänzliche Fehlen eines Geländers betreffende Abstrafung teilweise miterfaßt. Die vom Gesetz geforderten höchstens kurzen Überstände sollen ein Betreten des Überstandes in den weiteren gerüstfreien Raum verhindern und andererseits ein Emporschnellen des Gerüstbelages durch Hebelwirkung hintanhalten.

Das Betreten des ungesicherten Gerüstbelages war schon aus diesem Grunde sehr gefährlich und bedeutete die relativ geringe Überschreitung des Überstandes für den gesondert zu ahndenden Tatbestand nurmehr eine geringfügige Erhöhung des ohnedies sehr großen Gefährdungspotentiales. Was die Benützung der vorbeschriebenen Speiseleitung für elektrische Energie anlangt, ist die Berufungswerberin mit ihren Ausführungen im Ergebnis im Recht und hatte angesichts der ordnungsgemäßen und fix verlegten Speiseleitung und des gesonderten, leicht einsehbaren Sicherungspaketes der Stromentnahmestelle für die Bauarbeiten im Vergleich zur Anzapfung einer Freileitung mit Baustromverteiler oder die Führung einer gesonderten Leitung weg von der Hauseinleitung der Firma E. kreuz und quer durch den Betrieb mit den hohen Risken der mechanischen Beschädigung dieser Provisorien zufolge, daß wegen der guten Sicherheitslage des benützten Speisepunktes die finale Reduktion von ÖVE-Vorschriften Platz zu greifen hatte. Der Zweck der gesonderten Speiseleitung, daß nämlich bei Zwischenfällen im risikoreichen Baustellenbereich nicht die gesamte Stromversorgung des anderen fixen Betriebes irritiert wird und andererseits eine Irritation, stammend aus dem Betrieb der Firma E., die Bauarbeiten nicht stören solle, war durch das beim Speisepunkt für die Bauarbeiten vorhandene Sicherheitspaket die gute Zuleitung und durch den Umstand, daß die Maschinen des Unternehmens E. alle über gesonderte und eigens abgesicherte Speiseleitungen versorgt wurden, anderweitig erfüllt.

Die Erfüllung der von der Behörde zitierten Ö-Norm wäre im gegenständlichen Fall nicht konfliktlösend gewesen. Aus diesem Grunde hatte die finale Reduktion stattzufinden.

Konnte also zweckbezogen im Interesse der Sicherheit der Arbeitnehmer auch eine andere zweckentsprechende bessere Lösung getroffen werden, so durfte diesbezüglich kein Straftatbestand als verwirklicht angesehen werden.

Gemäß § 130 Abs.5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeberin den nach dem 9.

Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Die Bauarbeiterschutzverordnung BGBl.Nr. 340/1994 ist eine solche Verordnung, welche nach dem 9. Abschnitt des ASchG (weiter) gilt.

Gemäß § 57 Abs.2 3. Satz der Bauarbeiterschutzverordnung darf der Überstand eines Gerüstbelages höchstens 30 cm betragen.

Gemäß § 58 Abs. 7 der Bauarbeiterschutzverordnung sind für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstbelagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge wie Leitergänge, Treppentürme, Außentreppen oder lotrechte fest verlegte Leitern anzubringen. Die Aufstiege und Zugänge müssen mit dem Gerüst fest verbunden sein.

Gemäß § 13 Abs.1 der Bauarbeiterschutzverordnung sind auf elektrische Anlagen und Betriebsmittel, die durch die Elektrotechnikverordnung 1993, BGBl.Nr. 47/1994 verbindlich erklärten elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften und Vorschriften über die Normalisierung und Typisierung (SNT-Vorschriften) anzuwenden.

Gemäß § 12 Punkt 3.3. ÖVE V, Teil 1 1989 dürfen schadhafte elektrische Betriebsmittel bis zu ihrer Instandsetzung nicht weiter verwendet werden. Dies betraf die Kabeltrommel.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, bei der einen GesmbH. handelt es sich um eine solche, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Das ASchG beinhaltet keine Sonderbestimmung über die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung. Die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten ist nicht nachgewiesen.

Demzufolge hatte die handelsrechtliche Geschäftsführerin die Beschuldigte - für die Taten einzustehen, ungeachtet der Tatsache, daß (auch zusätzlich) auf den zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführer hätte gegriffen werden können.

Nachdem die objektiven Tatseiten - mit Ausnahme der Elektroanspeisung - als erfüllt anzusehen waren und der Beschuldigten nicht gelungen ist, rechtlich relevante Umstände für das Freisein von Schuld (Einlaß, Fahrlässigkeit) darzutun, waren insoweit die Schuldsprüche der ersten Instanz zu bestätigen.

Was die Strafbemessung anlangt, so ist zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen für die Taten betrug, da es sich um Wiederholungstaten handelte (die vorgängige Abstrafung erfolgte wie erwähnt durch Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 25.8.1994, Ge96-75-1994, wegen Übertretung des § 52 Abs.4 AAV iVm § 31 Abs.2 lit.p ASchG, sohin wegen einer Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift) in Geld von 4.000 S bis 200.000 S, an Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen. Die Beschuldigte hat als Monatseinkommen infolge der durch die Kinderbetreuung eingeschränkten Teilzeitbeschäftigung nur ca. netto 7.400 S angegeben.

Nachdem auch im Berufungsverfahren außer der strafsatzbestimmenden Wiederholungstat keine Erschwerungsgründe, aber auch keine Milderungsgründe offenbar wurden, war hinsichtlich des mitzubedenkenden geringeren Gewichtes der Übertretung wegen der überstehenden Pfosten, ein Zurückgehen auf die Mindeststrafe gerechtfertigt.

Infolge des beträchtlichen Unrechtsgehaltes und Schuldgehaltes wegen der fehlenden sicheren Aufstiege und betreffend die demolierte Kabeltrommel, konnte mit den Mindeststrafen nicht das Auslangen gefunden werden und ist der ersten Instanz kein Ermessensmißbrauch unterlaufen, wenn sie unter Berücksichtigung des niedrigen Einkommens unter weiterer Berücksichtigung der hohen Obergrenze des Strafrahmens nur um 1.000 S die Mindeststrafe übersteigende Strafen verhängt hat.

Die teilweise Erfolglosigkeit der Berufung und zwar in den Punkten 3) und 5) begründete in diesem Rahmen die gesetzliche Kostenbeitragspflicht zum Berufungsverfahren von 20 % der bestätigten Geldstrafen (vgl. § 64 Abs.1 und 2 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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