Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280112/11/Ga/La

Linz, 25.10.1995

VwSen-280112/11/Ga/La Linz, am 25. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der R... C..., vertreten durch Dr. W... W..., Rechtsanwalt in L..., P..., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Mai 1995, Zl. 101-6/3-53-34, wegen Übertretung des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 - ArbIG, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß als Strafnorm anzuführen ist: "§ 24 Abs.1 Einleitung ArbIG".

II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds 400 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) kostenpflichtig verhängt.

Sie sei schuldig, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und Arbeitgeberin der "F... I...

Ges.m.b.H." in L..., B..., folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

"Mit Schreiben vom 10.9.1993 wurde die F... I...

Gesellschaft m.b.H., Linz unter anderem aufgefordert, folgende Unterlagen im Original oder in Kopie dem Arbeitsinspektorat Wels bis spätestens 24.9.1993 zu übermitteln:

tägl. Arbeitsaufzeichnungen für den Zeitraum Juli und August 1993 für die in der Betriebsstätte Grieskirchen beschäftigte/n Arbeitnehmer/innen.

Aufgrund mehrerer Anträge durch den Rechtsvertreter der F... I... Gesellschaft mbH. wurde die vom Arbeitsinspektorat gesetzte Frist auf 24.12.1993 verlängert.

Am 22.12.1993 wurde dem Arbeitsinspektorat ein Schreiben des Rechtsvertreters übermittelt.

Dieses beinhaltet jedoch nicht die geforderten Arbeitszeitaufzeichnungen, sondern eine Stellungnahme, welche anläßlich eines anhängigen Strafverfahrens betreffend die Betriebsstätte Eferding abgegeben wurde - jedoch bezogen auf die Betriebsstätte Grieskirchen.

Da bis dato die geforderten Unterlagen nicht übermittelt wurden, liegt eine Übertretung des § 8/3 ArbIG vor. Gem.

§ 8/3 leg.cit. haben Arbeitgeber/innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs.1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Anzeige dieser Unterlagen zu übermitteln. Für die Ablichtungen und Übermittlungen gebührt kein Ersatz d. Aufwendungen." 2. Mit dem gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Rechtsmittel beantragt die rechtsfreundlich vertretene Berufungswerberin die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des Bescheides.

Zur Berufung wurde das Arbeitsinspektorat und zu dessen Äußerung wiederum die Berufungswerberin, die sich jedoch nach zwei begründungslosen, entgegen der in diesen Angelegenheiten bestimmten Ausnahme von der Eingabengebühr (vgl. § 14 TP 6 Abs.5 Z7 GebührenGes) mit 120 S vergebührten Fristverlängerungsanträgen - verschwiegen hat, angehört.

3.1. Zugleich mit der Berufung hat die belangte Behörde den Strafakt zu Zl. 101-6/3-53-34 vorgelegt. Das daraus ersichtliche strafbehördliche Ermittlungsverfahren, das auf der Grundlage der Anzeige des Arbeitsinspektorats vom 30.

Dezember 1993 mit der am 18. Februar 1994 hinausgegebenen Strafverfügung GZ. 101-6/3 gegen die Berufungswerberin als Beschuldigte eingeleitet worden ist, erlaubt eine abschließende Beurteilung in der Sache. Danach erweisen sich die Tatfrage und die strafrechtliche Verantwortlichkeit als vollständig geklärt: Der mit der Strafverfügung angelastete und gleichlautend dem Schuldspruch zugrundegelegte Sachverhalt (vorhin 1.), zu dem sich die Berufungswerberin ebensowenig wie zum Verantwortlichkeitsgrund - schon im Verfahren vor der Strafbehörde nicht geäußert hatte und der nunmehr auch im Rechtsmittel von ihr nicht bekämpft wurde, ist als eindeutig erwiesen und maßgebend für diese Entscheidung festzustellen.

Weil somit die Berufung nur Rechtsrügen vorträgt, hat der unabhängige Verwaltungssenat von der Anberaumung der von der Berufungswerberin beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen. Die Berufungswerberin hat mit dem Verhandlungsantrag auch keinerlei ausdrückliches oder wenigstens erschließbares Beweisbegehren verbunden, sodaß insgesamt ein offenbar nur in Verzögerungsabsicht - und daher geradezu mutwillig (vgl. etwa, je mit anderem Hintergrund, VwGH vom 24.2.1993, 93/02/0021, und [Beschluß] vom 10.10.1995, 95/02/0422) - gestellter Verhandlungsantrag vorliegt.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat übersieht nicht, daß der bloße Wortlaut des § 51e Abs.2 erster Satz VStG (idFd Novelle BGBl.Nr. 620/1995) für eine in diesem Fall trotz unbekämpftem Tatsachenbereich - dennoch anzuberaumende öffentliche mündliche Verhandlung spräche. Weil aber dem Verfahrensgesetzgeber nicht zugesonnen werden darf, aus dem Blickwinkel dieser Vorschrift Konstellationen eines mutwilligen Verhandlungsbegehrens nicht bedacht zu haben, ist die Lösung für den vorliegenden Zwiespalt im Rückgriff auf den Grundsatz der möglichsten Kostenersparnis behördlich-hoheitlichen Handelns gemäß § 39 Abs.2 letzter Satz AVG, der gemäß § 24 VStG zur Beachtung im Verwaltungsstrafverfahren auch dem als Berufungsbehörde einschreitenden unabhängigen Tribunal aufgetragen ist, zu suchen.

Dies führt zur Abwägung zwischen Verhandlungsgebot auf der einen Seite und Vermeidung ungebührlicher Kosten als Folge mutwilligen Parteibegehrens auf der anderen Seite. Im Berufungsfall ist dieser Konflikt zugunsten der Kostenvermeidung zu lösen, weil hier - auch im Lichte des fair trial gemäß Art.6 Abs.1 iVm Art.6 Abs.3 lit.d MRK keinerlei Zweifel besteht, daß auch eine öffentliche mündliche Verhandlung keine andere, nämlich für die Berufungswerberin günstige Beurteilung der Tatfrage bewirken kann. Mitzubedenken ist dabei, daß in Verwaltungsstrafverfahren auch die Berufungsbehörde keine Möglichkeit hat, einem mutwilligen Antrag der Beschuldigtenpartei mit Mutwillensstrafen entgegenzuwirken.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der belangten Behörde, die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die als verletzt unterlegten Rechtsvorschriften wiedergegeben und die Beurteilung der Rechtsfrage gerade noch hinreichend zusammengefaßt dargestellt hat, hält der unabhängige Verwaltungssenat die objektive Tatseite in diesem Fall für erfüllt.

Weil weiters die strafrechtliche Verantwortlichkeit unstrittig und auch die Schuldseite erfüllt ist - vorliegend wurde ein Ungehorsamsdelikt verwirklicht; bei gegebener Tatbestandsmäßigkeit hätte daher die Berufungswerberin, weil Anhaltspunkte, die an ihrem Verschulden zweifeln lassen, nicht vorliegen, gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG der gesetzlichen Schuldvermutung durch eigenes initiatives Vorbringen entgegenzuwirken gehabt; ein solches Vorbringen unterblieb jedoch - , ist die Straffolge aus allen diesen Gründen zu Recht ausgesprochen worden.

4.2. Die dagegen erhobenen, nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptenden Einwände der Berufungswerberin sind nicht geeignet, das Straferkenntnis abzuwehren:

4.2.1. So ist der Einwand der Verfolgungsverjährung einerseits aktenwidrig, weil schon nicht geleugnet werden kann, daß die oben zit. Strafverfügung GZ. 101-6/3 als nach der Aktenlage erste Verfolgungshandlung nicht nur rechtzeitig vor Ablauf der hier sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist hinausgegeben (dies würde schon genügen), sondern der Berufungswerberin auch eigenhändig zugestellt und von ihr am 22. Februar 1994 persönlich übernommen worden ist. Damit aber ist die Rechtzeitigkeit dieser Verfolgungshandlung jedenfalls gewahrt. Im übrigen geht aus dem Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses hinreichend deutlich und auch übereinstimmend mit der Anzeige des Arbeitsinspektorats sowie dem - vom Rechtsfreund der Berufungswerberin eingesehenen - Strafakt hervor, daß als Tatzeit nicht der 24. September 1993, sondern der 24. Dezember 1993 angelastet worden ist.

Andererseits ist dieser Einwand - ebenso wie der unter Punkt 4. der Berufung vorgetragene - auch ungeeignet, weil nicht dargetan wird, warum der Strafverfügung nach Meinung der Berufungswerberin die Eignung zur Verjährungsunterbrechung gemangelt haben soll. Der unabhängige Verwaltungssenat hält fest, daß die Tatanlastung der Strafverfügung in diesem Fall - entgegen der diesbezüglich bloß pauschalen Behauptung der Berufungswerberin - konkret genug iSd § 44a Z1 VStG und der hiezu ständigen Rechtsprechung des VwGH, somit also tauglich zur Verjährungsunterbrechung gewesen ist. Auch der in Übereinstimmung mit der Tatanlastung der ersten Verfolgungshandlung formulierte Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses entspricht dem Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG.

4.2.2. Verfehlt ist die Rüge, wonach das Verlangen des Arbeitsinspektorats auf Übermittlung der bezeichneten Unterlagen an die Berufungswerberin persönlich hätte gerichtet werden müssen. Diesbezüglich hat schon das Arbeitsinspektorat in seiner, der Berufungswerberin zur Kenntnis gebrachten Stellungnahme vom 8. August 1995 zutreffend darauf hingewiesen, daß nach der Rechtslage das Übermittlungsverlangen an die Arbeitgeberin - gegenständlich die involvierte Gesellschaft - zu richten gewesen ist. Das aber ist, wie aus dem Strafakt hervorgeht und von der Berufungswerberin ausdrücklich außer Streit gestellt wird, auch geschehen.

Zu unterscheiden davon ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlungen gegen die Übermittlungspflicht, wofür gemäß § 9 Abs.1 VStG die Berufungswerberin persönlich als verantwortliches Organ in ihrer - vom bekämpften Schuldspruch zutreffend herausgestellten - Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin einzustehen hatte.

4.2.3. Und schließlich verhilft auch der weitere Einwand, wonach die belangte Behörde einer unrichtigen Rechtsmeinung erlegen sei, indem sie die von der Berufungswerberin an das anzeigende Arbeitsinspektorat übermittelte "Stellungnahme vom 21.12.1993" nicht als Erfüllung des Übermittlungsverlangens anerkannt habe, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Zutreffend hat zu diesem Einwand schon das Arbeitsinspektorat in der zit.

Stellungnahme vom 8. August 1995 darauf hingewiesen, daß diese "Stellungnahme vom 21.12.1993" die verlangten Unterlagen keinesfalls ersetzen konnte. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in diese dem Strafakt einliegende "Stellungnahme vom 21.12.1993" Einsicht genommen. Danach erweist sich ihr Inhalt als eine bloß allgemeine Darstellung von grundsätzlichen Regelungen betreffend die Arbeitszeit in der hier genannten Betriebsstätte; irgendwelche konkreten Aufzeichnungen über die von bestimmten Arbeitnehmerinnen dort tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden im Zeitraum Juli und August 1993 gehen daraus nicht hervor.

Abgesehen davon hat der VwGH in der vom Arbeitsinspektorat verwiesenen einschlägigen Judikatur ausgesprochen, daß die - hier unzweifelhaft verlangt gewesenen - Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden so beschaffen sein müssen, daß dadurch eine Überwachung der Einhaltung der im Arbeitszeitgesetz geregelten Angelegenheiten, zB also auch jener über die Ruhepausen, möglich ist. Zu diesem Zweck muß unter anderem ersichtlich sein, wann die Arbeitszeit jeweils begonnen und geendet hat. Auch im Falle einer Gesellschaft mbH macht daher die bloß generelle Festlegung von Tagesarbeitszeiten die Führung von Aufzeichnungen über Beginn und Ende der Arbeitszeit nicht entbehrlich und kann der Intention des Arbeitszeitgesetzes (§ 26 Abs.1) nur anhand konkreter Aufzeichnungen über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, nicht aber etwa durch die Wiedergabe einer Weisung betreffend generell festgelegte Tagesarbeitszeiten entsprochen werden (vgl. VwGH 30.7.1992, 90/19/0457; mit Hinweisen auf Vorjudikatur).

Nicht nur hat sich die Berufungswerberin zu der im Vorverfahren abgegebenen und oben zit. Äußerung des Arbeitsinspektorats gänzlich verschwiegen, sie hat auch weder in ihrer Berufung noch im strafbehördlichen Ermittlungsverfahren vorgebracht, daß die verlangten Arbeitszeitunterlagen gar nicht vorhanden wären und deshalb von ihr gar nicht übermittelt werden könnten.

4.3. Die Höhe der verhängten Strafe (die mit den hier festgesetzten 2.000 S unter der "Bagatellgrenze" des § 51e Abs.2 VStG idFd Novelle BGBl.Nr. 620/1995 geblieben ist) und die bei der Strafbemessung maßgebend gewesenen Erwägungen der belangten Behörde blieben unbekämpft.

Weil im übrigen dem unabhängigen Verwaltungssenat auch kein Grund vorliegt, anzunehmen, daß die belangte Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung zur Strafhöhe nicht nach den Kriterien des § 19 VStG vorgegangen ist, war aus allen diesen Gründen die Berufung abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis in Schuld und Strafe zu bestätigen.

Die gleichzeitig verfügte Änderung des Spruchteiles gemäß § 44a Z3 VStG entspringt der diesbezüglichen Richtigstellungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates.

5. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß der Beschuldigten der Beitrag zum Berufungsverfahren in der gesetzlich vorgesehenen Höhe aufzuerlegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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