Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280115/11/Ga/La

Linz, 24.10.1995

VwSen-280115/11/Ga/La Linz, am 24. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der R. C., vertreten durch Dr. W. W., Rechtsanwalt in ....., ............., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt ..... vom 19. Mai 1995, Zl. 101-6/3-53-34, wegen Übertretung des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 - ArbIG, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß als Strafnorm anzuführen ist: "§ 24 Abs.1 Einleitung ArbIG".

II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds 600 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) kostenpflichtig verhängt.

Sie sei schuldig, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und Arbeitgeberin der "F. International Ges.m.b.H." in ....., ..............., folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

"Bei einer am 31.8.1993 von der Arbeitsinspektorin Rev.

S. G. in der Betriebsstätte F. International Ges.m.b.H., ................, .............., durchgeführten Kontrolle wurde der Arbeitsinspektorin trotz Verlangen die Einsicht in die Arbeitszeitaufzeichnungsunterlagen nicht gewährt.

In der Betriebsstätte war zum Zeitpunkt der Kontrolle nur die derzeit einzige dort beschäftigte Arbeitnehmerin Frau Pumberger anwesend. Die Arbeitnehmerin hat von Ihnen die Anweisung erhalten, den Organen des Arbeitsinspektorates bei Kontrollen die Einsicht in die vorhandenen Unterlagen zu verweigern. Es liegt somit eine Übertretung des § 4 Abs.5 ArbIG vor, wonach die Arbeitgeber/innen u.a. dafür zu sorgen haben, daß bei ihrer Abwesenheit von der Betriebsstätte eine dort anwesende Person den Arbeitsinspektionsorganen Einsicht in sämtliche Unterlagen, die mit dem Arbeitnehmerschutz in Zusammenhang stehen, gewährt." 2. Mit dem gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Rechtsmittel beantragt die Berufungswerberin die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des Bescheides.

Zur Berufung wurde das Arbeitsinspektorat und zu dessen Äußerung wiederum die Berufungswerberin, die sich jedoch nach zwei begründungslosen, entgegen der in diesen Angelegenheiten bestimmten Ausnahme von der Eingabengebühr (vgl. § 14 TP 6 Abs.5 Z7 GebührenGes) mit 120 S vergebührten Fristverlängerungsanträgen - verschwiegen hat, angehört.

3.1. Zugleich mit der Berufung hat die belangte Behörde den Strafakt zu Zl. 101-6/3-53-34 vorgelegt. Das daraus ersichtliche strafbehördliche Ermittlungsverfahren, das auf der Grundlage der (ursprünglich an die örtlich unzuständige Bezirkshaupmannschaft ............. gerichteten) Anzeige des Arbeitsinspektorats vom 10. September 1993 mit der am 18.

Februar 1994 hinausgegebenen Strafverfügung GZ. 101-6/3 gegen die Berufungswerberin als Beschuldigte eingeleitet worden ist, erlaubt eine abschließende Beurteilung in der Sache. Danach erweisen sich die Tatfrage und die strafrechtliche Verantwortlichkeit als vollständig geklärt: Der mit der Strafverfügung angelastete und gleichlautend dem Schuldspruch zugrundegelegte Sachverhalt (vorhin 1.), zu dem sich die Berufungswerberin - ebensowenig wie zum Verantwortlichkeitsgrund - schon im Verfahren vor der Strafbehörde nicht geäußert hatte und der nunmehr auch im Rechtsmittel von ihr nicht nur nicht bekämpft, sondern (mit Punkt 2. der Berufungsbegründung) ausdrücklich zugestanden wurde, ist als eindeutig erwiesen und maßgebend für diese Entscheidung festzustellen.

Weil somit die Berufung nur Rechtsrügen vorträgt, hat der unabhängige Verwaltungssenat von der Anberaumung der von der Berufungswerberin beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen. Die Berufungswerberin hat mit dem Verhandlungsantrag auch keinerlei ausdrückliches oder wenigstens erschließbares Beweisbegehren verbunden, sodaß insgesamt ein offenbar nur in Verzögerungsabsicht - und daher geradezu mutwillig (vgl. etwa, je mit anderem Hintergrund, VwGH vom 24.2.1993, 93/02/0021, und [Beschluß] vom 10.10.1995, 95/02/0422) - gestellter Verhandlungsantrag vorliegt.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat übersieht nicht, daß der bloße Wortlaut des § 51e Abs.2 erster Satz VStG (idFd Novelle BGBl.Nr. 620/1995) für eine in diesem Fall trotz unbekämpftem Tatsachenbereich - dennoch anzuberaumende öffentliche mündliche Verhandlung spräche. Weil aber dem Verfahrensgesetzgeber nicht zugesonnen werden darf, aus dem Blickwinkel dieser Vorschrift Konstellationen eines mutwilligen Verhandlungsbegehrens nicht bedacht zu haben, ist die Lösung für den vorliegenden Zwiespalt im Rückgriff auf den Grundsatz der möglichsten Kostenersparnis behördlichhoheitlichen Handelns gemäß § 39 Abs.2 letzter Satz AVG, der gemäß § 24 VStG zur Beachtung im Verwaltungsstrafverfahren auch dem als Berufungsbehörde einschreitenden unabhängigen Tribunal aufgetragen ist, zu suchen.

Dies führt zur Abwägung zwischen Verhandlungsgebot auf der einen Seite und Vermeidung ungebührlicher Kosten als Folge mutwilligen Parteibegehrens auf der anderen Seite. Im Berufungsfall ist dieser Konflikt zugunsten der Kostenvermeidung zu lösen, weil hier - auch im Lichte des fair trial gemäß Art.6 Abs.1 iVm Art.6 Abs.3 lit.d MRK - keinerlei Zweifel besteht, daß auch eine öffentliche mündliche Verhandlung keine andere, nämlich für die Berufungswerberin günstige Beurteilung der Tatfrage bewirken kann. Mitzubedenken ist dabei, daß in Verwaltungsstrafverfahren auch die Berufungsbehörde keine Möglichkeit hat, einem mutwilligen Antrag der Beschuldigtenpartei mit Mutwillensstrafen entgegenzuwirken.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der belangten Behörde, die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die als verletzt unterlegten Rechtsvorschriften wiedergegeben und die Beurteilung der Rechtsfrage gerade noch hinreichend zusammengefaßt dargestellt hat, hält der unabhängige Verwaltungssenat die objektive Tatseite in diesem Fall für erfüllt.

Weil weiters die strafrechtliche Verantwortlichkeit unstrittig und auch die Schuldseite erfüllt ist - vorliegend wurde ein Ungehorsamsdelikt verwirklicht; bei gegebener Tatbestandsmäßigkeit hätte daher die Berufungswerberin, weil Anhaltspunkte, die an ihrem Verschulden zweifeln lassen, nicht vorliegen, gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG der gesetzlichen Schuldvermutung durch eigenes initiatives Vorbringen entgegenzuwirken gehabt; ein solches Vorbringen unterblieb jedoch - , ist die Straffolge aus allen diesen Gründen zu Recht ausgesprochen worden.

4.2. Die dagegen erhobenen Einwände der Berufungswerberin sind nicht geeignet, das Straferkenntnis abzuwehren:

4.2.1. So ist der Einwand der Verfolgungsverjährung einerseits aktenwidrig, weil schon nicht geleugnet werden kann, daß die oben zit. Strafverfügung GZ. 101-6/3 als nach der Aktenlage erste Verfolgungshandlung nicht nur rechtzeitig vor Ablauf der hier sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist hinausgegeben (dies würde schon genügen), sondern der Berufungswerberin auch eigenhändig zugestellt und von ihr am 22. Februar 1994 persönlich übernommen worden ist. Damit aber ist die Rechtzeitigkeit dieser Verfolgungshandlung jedenfalls gewahrt.

Der Einwand ist andererseits auch ungeeignet, weil nicht dargetan wird, warum der Strafverfügung nach Meinung der Berufungswerberin die Eignung zur Verjährungsunterbrechung gemangelt haben soll. Der unabhängige Verwaltungssenat hält fest, daß die Tatanlastung der Strafverfügung in diesem Fall - entgegen der diesbezüglich bloß pauschalen Behauptung der Berufungswerberin - konkret genug iSd § 44a Z1 VStG und der hiezu ständigen Rechtsprechung des VwGH, somit also tauglich zur Verjährungsunterbrechung gewesen ist.

4.2.2. Auch der weitere Einwand, wonach die Berufungswerberin "die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen" habe, verhilft dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Mit dem Vorbringen nämlich, daß die Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit einzelner Mitarbeiterinnen gemeinsam mit (von ihr so bezeichneten) "Tagesberichten" geführt werde und daher ein Einsichtsrecht des Arbeitsinspektorats "in derartige vertrauliche Geschäftsunterlagen" nicht bestehe, weshalb ihre Anweisung, in diese Unterlagen keine Einsicht zu gewähren, zu Recht erfolgt sei, verkennt die Berufungswerberin die hier maßgebliche Rechtslage und auch, was "Sache" iSd § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) des angefochtenen Straferkenntnisses ist. Die Einsicht in vertrauliche Geschäftsunterlagen ist vorliegend nämlich weder vom Arbeitsinspektorat verlangt noch von der belangten Behörde als Sachverhaltselement dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundegelegt worden.

Sollte dieser Einwand allerdings so zu verstehen sein, daß die Berufungswerberin der Auffassung anhängt, sie könne sich der gesetzlichen Einsichtsgewährungspflicht in Aufzeichnungen betreffend den Arbeitnehmerschutz durch manipulative Verquickung dieser Aufzeichnungen mit behauptetermaßen vertraulichen (nicht der Einsicht durch das Arbeitsinspektorat unterliegenden) Geschäftsunterlagen entwinden, so wäre ihr dadurch ein grober Sorgfaltsmangel vorzuwerfen. Auf der Hand liegend verlangt es nämlich schon die gewöhnliche Sorgfaltsübung der Arbeitgeberin, die hier erfaßten Unterlagen zum Arbeitnehmerschutz bürotechnisch so zu organisieren, daß dem Einsichtsverlangen des Arbeitsinspektorats im gesetzlich bestimmten Umfang ohne weiteres entsprochen werden kann.

Die Geltendmachung eines entschuldigenden Rechtsirrtums ist mit diesem Einwand jedenfalls nicht gelungen.

4.3. Die Höhe der verhängten Strafe und die bei der Strafbemessung maßgebend gewesenen Erwägungen der belangten Behörde blieben unbekämpft.

Weil im übrigen dem unabhängigen Verwaltungssenat auch kein Grund vorliegt, anzunehmen, daß die belangte Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung zur Strafhöhe nicht nach den Kriterien des § 19 VStG vorgegangen ist, war aus allen diesen Gründen die Berufung abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis in Schuld und Strafe zu bestätigen.

Die gleichzeitig verfügte Änderung des Spruchteiles gemäß § 44a Z3 VStG entspringt der diesbezüglichen Richtigstellungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates.

5. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß der Beschuldigten der Beitrag zum Berufungsverfahren in der gesetzlich vorgesehenen Höhe aufzuerlegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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