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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280123/4/Gu/Km

Linz, 28.09.1995

VwSen-280123/4/Gu/Km Linz, am 28. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 14.8.1995, Ge96-56-1995, wegen Übertretung des ASchG in Verbindung mit der BauV verhängten Strafe, zu Recht:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die verhängte Geldstrafe wird in Anwendung des § 130 Abs.1 Einleitungssatz ASchG iVm § 19 VStG mit 10.000 S festgesetzt.

Die Ersatzfreiheitsstrafe wird gemäß § 16 VStG auf zwei Tage herabgesetzt.

Der Beschuldigte hat als Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren den Betrag von 1.000 S an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis Herrn F. M. als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der F. M. BauGesmbH mit dem Sitz in P, schuldig erkannt, am 25.4.1995 auf der Baustelle Bundesstraße im Bereich des Pfarrheimes in A, die Arbeitnehmer F. H. und O. B. in der 1,7 m tiefen und 70 cm breiten und ca. 30 m langen Künette mit dem Glätten der Sohle beschäftigt zu haben, ohne daß die Wände der Künette entsprechend abgeböscht oder verbaut waren oder ein Verfahren der Bodenverfestigung angewandt wurde; beim Boden handelte es sich um steifen bindigen Boden.

Wegen Verletzung des § 48 Abs.7 Bauarbeitenschutzverordnung (richtig wohl: § 48 Abs.2 und 7 Bauarbeiterschutzverordnung iVm § 118 Abs.3 und § 130 Abs.1 Z15 ASchG) wurde über ihn in Anwendung des § 130 Abs.1 Z19 (richtig wohl: § 130 Abs.1 Einleitungssatz ASchG) eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) und ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

Begründend führt die erste Instanz in ihrem Straferkenntnis aus, daß der strafbare Tatbestand durch die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk feststehe.

Bei der Strafbemessung zitiert sie § 19 VStG und die darin gebotene Rücksichtnahme auf den Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat sowie auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten, wonach F. M. zwei Einfamilienhäuser je zur Hälfte besitze, ein monatliches Bruttogehalt von 30.000 S beziehe und für drei Kinder sorgepflichtig sei. Im übrigen wurden weder mildernde noch erschwerende Umstände in Anschlag gebracht.

Mangels straferschwerender Umstände sowie aufgrund der Tatsache, daß keine nachteiligen Folgen der Tat bekannt geworden seien, wurde entgegen dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates, welcher auf eine Geldstrafe von 20.000 S lautete, eine Geldstrafe von 5.000 S als unrechtsund schuldgehaltmäßig angemessen betrachtet.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige, gegen die Höhe der ausgesprochenen Geldstrafe gerichtete Berufung des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk.

In ihr wird geltend gemacht, daß die gegenständliche Künette nicht nur aufgrund der Tiefe von 1,70 m sondern durch den Umstand, daß diese unmittelbar im Bereich der Bundesstraße geführt wurde, einer Pölzung bedurft hätte. Die Nichtpölzung hätte eine Gefährdung der Arbeitnehmer aufgrund der Erschütterungen des vorbeifließenden Verkehrs bedeutet.

Die Künette hätte gemäß § 48 Abs.3 BauV schon bei einer geringeren Tiefe als 1,25 m abgesichert werden müssen.

Das Arbeitsinspektorat ist der Meinung, daß von einem erheblichen Verschulden des Beschuldigten auszugehen sei.

Als Grundlage für die Bemessung der Strafe nach § 19 Abs.1 VStG sei nicht erst auf die Schädigung, sondern bereits auf die Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, abzustellen, sodaß in der Relation zum vorgesehenen Strafrahmen von 100.000 S die beantragte Strafhöhe von 20.000 S als durchaus angemessen erscheine.

Aus diesem Grunde wird beantragt, dem ursprünglichen Antrag des Arbeitsinspektorates Rechnung zu tragen.

Der Beschuldigte hat keine Berufung erhoben, sodaß der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in Teilrechtskraft erwachsen ist.

Insoweit war auch der Ausspruch über die verletzten Normen und die angewendete Strafbestimmung einer Richtigstellung nicht mehr zugänglich.

Zur Strafhöhe, über welche aufgrund der Aktenlage und gemäß § 51e Abs.2 VStG ohne mündliche Verhandlung, nach ungenützt gebliebener Möglichkeit des rechtlichen Gehörs durch den Beschuldigten entschieden werden konnte, war folgendes zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienver hältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen für das vorliegende Delikt beträgt gemäß § 130 Abs.1 Einleitungssatz ASchG in Geld von 2.000 S bis 100.000 S. Ein Wiederholungsfall mit erhöhtem Strafrahmen wurde nicht vorgeworfen und bleibt deshalb außer Betracht.

Der Rahmen für die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt gemäß § 16 Abs.2 VStG bis zu zwei Wochen.

Was die Ausführungen des Arbeitsinspektorates zur Pölzungspflicht der Künette schon bei einer geringeren Tiefe als 1,25 m anlangt, so ist festzuhalten, daß dies wieder durch den rechtskräftig gewordenen Spruch des Straferkenntnisses hinsichtlich der Beschreibung der Tat enthalten ist und sowohl in der seinerzeitigen Anzeige als auch in deren Rezeption im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses von bindigem steifem Boden die Rede ist.

Angesichts der Künettenbreite von 70 cm und der Künettentiefe von Mannshöhe und der geschilderten Bodenverhältnisse konnte auch der vorbeiführende Straßenverkehr den Unrechtsgehalt nicht so bedeutsam erscheinen lassen, als daß der Einsturz der Künette unmittelbar drohend gewesen und nur durch Zufall unterblieben wäre. Es war daher von einem mittleren Unrechtsgehalt auszugehen.

Wodurch das Verschulden - die subjektive Tatseite erheblich gewesen sei, ist durch nichts belegt, insbesondere ist Vorsatz durch nichts bescheinigt; ein solcher käme in Betracht, wenn etwa der Beschuldigte den Auftrag gegeben hätte, ungeachtet der Bodenverhältnisse keinesfalls zu pölzen oder unmittelbar vor der Tat angesichts der von ihm persönlich inspizierten Künette trotz labiler Bodenverhältnisse den Arbeitern befohlen hätte in die Künette zu steigen.

Nichts davon ist bescheinigt. Aus diesem Grund hatte die subjektive Tatseite kein besonderes Gewicht.

Nachdem die Bodenverhältnisse inklusive Länge, Breite und Tiefe der Künette sowie der vorbeiführende Straßenverkehr beim objektiven Unrechtsgehalt entsprechend zu würdigen war, hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach - offensichtlich zutreffend - bei der Einhaltung des Doppelverwertungsverbotes keine besonderen erschwerenden Umstände in Anschlag gebracht.

Als mildernd war hingegen das Geständnis zu werten, welches das Verfahren wesentlich vereinfachte.

Angesichts des monatlichen Bruttoeinkommens von 30.000 S und der Sorgepflicht für drei Kinder sowie des Hälfteeigentumes an zwei Einfamilienhäusern fand der O.ö. Verwaltungssenat in der Zusammenschau mit den übrigen Strafzumessungsgründen und im Hinblick darauf, daß der Beschuldigte erstmalig eine Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften beging, unter dem Blickwinkel der Spezialprävention und dem Grundsatz der Ökonomie der Strafe, daß das gelindeste Straf- und Zwangsmittel anzuwenden ist, welches für die Zukunft ein einwandfreies Verhalten erwarten läßt, die Sanktionierung der Tat mit einer Geldstrafe von 10.000 S als ausreichend.

Nachdem gemäß § 16 Abs.2 VStG für eine Geldstrafe von 100.000 S höchstens zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe in Betracht kommen, war die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis dazu auf zwei Tage festzusetzen.

Bei einem Rechtsmittel einer Amtspartei ist für das Berufungsverfahren keine Kostenbeitragspflicht vorgesehen und hatte ein diesbezüglicher Kostenausspruch zu entfallen; hingegen waren die erstinstanzlichen Verfahrenskosten im Sinn des § 64 Abs.1 und 2 mit 10 % der ausgesprochenen Geldstrafe festzusetzen.

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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