Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280146/14/SCHI/Km

Linz, 11.06.1997

VwSen-280146/14/SCHI/Km Linz, am 11. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des P R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J H, Dr. M K, Dr. F H, Dr. G M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 20. September 1995, Ge96-95-3-1995, wegen Übertretung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20.12.1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 22.5.1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen: Zu I: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51c, 51e Abs.2 VStG iVm Art.13 und Art.15 Abs.7 der VO (EWG) Nr. 3821/85. zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG. zur Vertretung der L R GesmbH mit dem Sitz in K, nach außen berufenes Organ, am 21.6.1995 den im Betrieb in K beschäftigten Lenker Herrn F F eingesetzt, wobei das erforderliche Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, nicht vorgelegt werden konnte." Dadurch habe der Bw Art.13 iVm Art.15 Abs.7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 verletzt und sei er wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs.1b Z2 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) mit einer Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen.

1.2. Begründend verweist die belangte Behörde auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates und gibt an, daß daher die Nichteinhaltung der Vorschriften der bezeichneten gemeinschaftsrechtlichen Verordnung feststehe.

2. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 10.10.1995 rechtzeitig Berufung eingebracht und beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Strafe in eine mildere umzuwandeln oder ganz nachzusehen. Im einzelnen wurde auf eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und auf eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes hingewiesen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 sowie § 51e Abs.2 VStG wurde die Berufung dem Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz zur Kenntnis gebracht; dieses gab mit Schreiben vom 15. April 1997 eine Stellungnahme ab, welche mit der Ladung zur Berufungsverhandlung vom 29.4.1997 dem Bw zu Handen seiner ausgewiesenen Vertreter zugestellt wurde.

3.2. In der am 22. Mai 1997 abgehaltenen öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde neben dem Berufungswerber zu Handen seiner ausgewiesenen Vertreter auch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk geladen und weiters der namhaft gemachte Lenker F F als Zeuge geladen und vernommen.

Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht zur Verhandlung erschienen.

3.3. In der Berufungsverhandlung erklärte der Vertreter des Berufungswerbers, daß im Gegensatz zu den Ausführungen im Berufungsschriftsatz vom 10.10.1995 der Sachverhalt grundsätzlich nicht (mehr) bestritten werde, jedoch wurde darauf hingewiesen, daß im vorliegenden Fall Gemeinschaftsrecht zur Anwendung zu kommen hat und dieses im Ergebnis dem § 28 AZG bzw. dem AZG überhaupt derogiere, weshalb der Bw nicht zu bestrafen sei. Im übrigen sei die Vorlage der Tachoscheiben ausschließlich eine Pflicht des Lenkers und nicht des Unternehmers bzw. verantwortlichen Geschäftsführers.

3.4. Aufgrund der Aktenlage und insbesondere der Ausführungen des Vertreters des Berufungswerbers in der Berufungsverhandlung war somit als entscheidungserheblicher Sachverhalt der oben unter Punkt 1.1. bzw. im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Tatbestand ausschlaggebend und als erwiesen anzunehmen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 28 Abs.1b AZG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte eine mit Geldstrafe (3.000 S bis 30.000 S, im Wiederholungsfall 5.000 S bis 50.000 S) zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wenn sie gemäß Z2 dieser Vorschrift "die Pflichten betreffend das Kontrollgerät und das Schaublatt gemäß Art. 3 Abs. 1, Art. 13, Art. 14, Art. 15 Abs.1 bis 3, 5 oder 7 oder Art. 16 der VO EWG 3821/1985 verletzten". Gemäß dem als verletzt vorgeworfenen Art. 13 eben dieser Verordnung müssen der Unternehmer und die Fahrer für das ordnungsgemäße Funktionieren und die richtige Verwendung des Kontrollgeräts sorgen. Gemäß dem gleichfalls als verletzt vorgeworfenen Art. 15 Abs.7 der Verordnung muß der Fahrer den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit das Schaublatt für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können.

4.2. Der Beurteilung des Berufungsfalles ist nun diese Rechtslage nach Maßgabe des Erkenntnisses des VwGH vom 25. Juni 1996, 96/11/0062 - 65, zugrundezulegen. Mit diesem, die Beschwerde des BMfAS abweisenden Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof - einschlägige Judikate lagen bis dahin nicht vor - die erstmalig vom O.ö. Verwaltungssenat gefällte Rechtsprechung zu § 28 Abs.1b Z2 AZG iVm den in der VO EWG 3821/1985 niedergelegten Verpflichtungen des Unternehmers und der Fahrer (vgl das h Erk vom 29.1.1996, Zlen. VwSen-280152 bis -280155/6/Le/La) bestätigt.

4.3. Mit der tragenden Begründung des zit. VwGH-Erk ist somit auch für den vorliegenden Fall rechtlich klargestellt, daß die hier als verletzt zugrundegelegte Gebotsnorm des Art. 15 Abs.7 der VO EWG 3821/1985 gleichfalls ausschließlich Verpflichtungen der FAHRER (= der Arbeitnehmer) statuiert. Art. 13 hingegen ist lediglich eine das Kapitel IV leg.cit. (Benutzungsvorschriften) einleitende Bestimmung und hat nicht die Qualität eines Verwaltungsstraftatbestandes.

4.4. Den Arbeitgeber treffen daher in Ansehung des Art. 13 und des Art. 15 Abs.7 der zit. Verordnung keine Pflichten. Aus diesem Grund aber ist ausgeschlossen, daß gegen ihn nach § 28 Abs.1b Z2 AZG Verwaltungsstrafen verhängt werden können, weshalb wie im Spruch zu erkennen war.

5. Mit dieser Entscheidung entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmenabgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer

Beschlagwortung: Schaublatt - keine Verpflichtung des Arbeitgebers VO (EWG) 3820/85 - Verhältnis zu AZG

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum