Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280161/7/Kl/Rd

Linz, 17.01.1996

VwSen-280161/7/Kl/Rd Linz, am 17. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des C, vertreten durch die RAe , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2.10.1995, GZ:

502-32/Sta/We/133/93l, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Stadt Linz hat mit Straferkenntnis vom 2.10.1995, GZ: 502-32/Sta/We/133/93l, über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.3 lit.c ASchG verhängt, weil er als handels rechtlicher Geschäftsführer der W welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der W KG mit dem Sitz in L, , ist, und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, daß am 30.6.1993, wie anläßlich einer Inspektion durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, im Betrieb der W im Standort L, in welchem mehr als 12 Arbeitnehmer beschäftigt sind, entgegen § 15 Abs.1 Arbeitnehmerschutzgesetz für den Aufenthalt während der Arbeitspausen keine geeigneten und entsprechend eingerichteten Räume zur Verfügung standen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt wurde, weil der Tatvorwurf schlichtweg unrichtig sei und das Straferkenntnis gegen fundamentale Grundsätze des § 44a VStG verstoße. Das anzeigende AI sowie auch die Strafbehörde erster Instanz habe lediglich und ausschließlich die gesetzlich normierten Bestimmungen wiedergegeben und den Tatvorwurf nicht einmal ansatzweise konkretisiert, gegen welche gesetzlichen Voraussetzungen verstoßen wurde und in welchen Bereichen eine Verbesserung stattzufinden habe. Vielmehr wurde schon im Verfahren erster Instanz darauf hingewiesen, daß die Ausstattung der Aufenthaltsräume lediglich den gesetzlichen Mindesterfordernissen genüge. Trotzdem hat die Behörde es unterlassen, konkret bekanntzugeben, in welchem Punkt die Aufenthaltsräume den Bestimmungen des § 87 AAV nicht gerecht werden. Daß der wahre Sachverhalt der Begründung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, ändert nichts daran, daß der Spruch eines Straferkenntnisses alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu umfassen hat, zumal es zu den selbstverständlichen Grundsätzen eines jeden Strafverfahrens gehört, daß die Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür eine Bestrafung erfolgt ist.

3. Der Magistrat Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und mitgeteilt, daß die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung nicht beabsichtigt sei.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

5.2. Gemäß § 15 Abs.1 des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972, BGBl.Nr. 234/1972 idF BGBl.Nr. 393/1986 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung), müssen in Betrieben, in denen regelmäßig mehr als zwölf Arbeitnehmer tätig sind, für den Aufenthalt während der Arbeitspausen geeignete und entsprechend eingerichtete Räume zur Verfügung stehen, die lüft- und heizbar sowie beleuchtbar sind. Gemäß § 31 Abs.3 lit.c leg.cit. begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die keine Vorsorge für entsprechende Aufenthaltsmöglichkeiten während der Arbeitspausen getroffen haben (§ 15 Abs.1), eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 87 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr. 220/1993, müssen diese Räume so gelegen sein, daß Arbeitnehmer durch Erschütterungen und Lärmeinwirkungen von mehr als 50 dB nicht beeinträchtigt werden. Die Räume müssen so bemessen sein, daß auf jede darin befindliche Person ein Luftraum von mindestens 3,50 m3 und eine Bodenfläche von mindestens 1 m2 entfällt. Die lichte Höhe dieser Räume muß mindestens 2,50 m betragen. Außerdem müssen die Räume ausreichend lüft-, heizund beleuchtbar eingerichtet und im Bedarfsfall beheizt sein. Durch Heizeinrichtungen muß eine Temperatur von mindestens 21 Grad C erreicht werden.

Gemäß § 100 AAV sind Übertretungen dieser Verordnung nach Maßgabe des § 31 des ASchG zu ahnden.

5.3. Im Hinblick auf die näheren Vorschriften des § 87 AAV ist daher der Bw mit seinen Ausführungen im Recht. Nach der ständigen Judikatur des VwGH reicht es nämlich nicht aus, daß im Spruch eines Straferkenntnisses der bloße Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiedergegeben wird, sondern es ist die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt. Jedenfalls muß durch die Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens eine Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift möglich sein. Genau diesen Anforderungen ist aber der gegenständliche Schuldspruch nicht nachgekommen. Es fehlen dem Tatvorwurf jedenfalls jene Umschreibungen, wodurch dem § 15 ASchG bzw. § 87 AAV nicht entsprochen wurde. Dies ist aber essentiell für einen Schuldspruch, um einerseits dem Täter die Möglichkeit zu geben, sich dagegen zu verteidigen und entsprechende Beweise anzubieten, und andererseits ihn davor zu schützen, daß er wegen desselben Vorwurfes noch einmal zur Verantwortung gezogen wird.

Daß hingegen der Bescheidbegründung nähere Ausführungen über das konkrete Tatverhalten zu entnehmen sind, ist gegenständlich nicht ausreichend, da das Straferkenntnis erst am 28.9.1995 und sohin nach Eintritt der Verfolgungsverjährung ergangen ist. Ein nach den obigen Ausführungen konkretisierter Tatvorwurf wurde aber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dem Beschuldigten nicht gemacht.

Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß den im Spruch zitierten gesetzlichen Bestimmungen einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren gemäß § 66 Abs.1 VStG - weil das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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