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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280180/16/Schi/Km

Linz, 07.02.1997

VwSen-280180/16/Schi/Km Linz, am 7. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Beisitzer: Dr. Wegschaider; Berichter: Dr. Schieferer) über die Berufung des Ing. E I, vertreten durch Rechtsanwälte Dr.

E H und Dr. R L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 6. November 1995, Ge96-182-1994, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes iVm der Bauarbeitenschutzverordnung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 4. Februar 1997, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als a) der Einleitungsteil des Spruches nach dem Wort "Vorchdorf" um die Wortfolge "die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I GesmbH & Co. KG ist" ergänzt wird; b) die verletzte Rechtsvorschrift (§ 44a Z2 VStG) um die Rechtsnormen "§ 33 Abs.1 lit.a Z12 und §31 Abs.5 ANSchG" zu ergänzen ist und c) die verhängte Geldstrafe auf 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe auf sechs Tage) herabgesetzt wird.

Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich daher auf 2.000 S; ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 9, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs. 1 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 6.11.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung nach § 44 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung (BAV) iVm § 33 Abs.7 und § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt; weiters wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten (3.000 S) verpflichtet, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der I Gesellschaft m.b.H., und sohin strafrechtlich Verantwortlicher zu verantworten habe, daß diese Gesellschaft m.b.H. am 29.3.1994 auf der Baustelle S, die Arbeitnehmer A S, G W, Z G, Z D, G R und H U mit Dachdeckerarbeiten bei einer Dachneigung von 36 Grad und einer Traufenhöhe von ca. 7 m beschäftigt hat, obwohl keine Schutzblenden, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, verwendet wurden.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 30.11.1995, mit der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu eine schuldangemessene Reduzierung des Strafbetrages vorgenommen und eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt werden möge.

Begründend wird im einzelnen ausgeführt, daß zwar das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach angefochten werde, dennoch aber der im Spruch des Straferkenntnisses angeführte Sachverhalt grundsätzlich zugestanden werde.

Bestritten werde jedoch, daß den Bw eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für dieses Fehlverhalten der sechs Arbeitnehmer treffe. Der Bw habe nämlich aufgrund der vorgängigen Verwaltungsstrafverfahren ein Kontrollsystem aufgebaut. Es sei einerseits zwischen den leitenden Angestellten und den Meistern schriftlich vereinbart, daß sowohl der Geschäftsführer Ing. E I (also der Bw) als auch seine Gattin C I und die beiden leitenden Angestellten A W und F E jeweils für die technische Abwicklung von bestimmten Baustellen zuständig seien. Für diese Baustelle sei dem Zuständigen auch die Verantwortung für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen übertragen. Für die gegenständliche Baustelle in A sei der leitende Angestellte A W für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und die technische Abwicklung verantwortlich.

Weiters habe der Bw aufgrund der letzten Verwaltungsstrafverfahren dafür Sorge getragen, daß sämtliche Mitarbeiter Kurse und Schulungen hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen besucht hätten; die Mitarbeiter hätten daher selbst ausreichend Kenntnis von diesen Bestimmungen. Insbesondere seien die Vorarbeiter vom Bw ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß sie Sorge dafür tragen müßten, daß die Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingehalten würden und auch von diesen Personen eine entsprechende Kontrolltätigkeit ausgeübt werden müsse. Bei der gegenständlichen Baustelle in A sei seitens der Baufirma ursprünglich ein Arbeitsgerüst, welches für Dacharbeiten geeignet gewesen sei, angebracht gewesen, sodaß von seiten der Firma I die Anbringung von Schutzblenden nicht erforderlich gewesen sei; bei einer Kontrolle des "verantwortlich Beauftragten" A W vom 25.3.1994 sei dieses Arbeitsgerüst noch vorhanden gewesen. Am 28.3.1994 sei seitens der Firma I auf der gegenständlichen Baustelle nicht gearbeitet worden, sodaß der Vorarbeiter A S nicht habe wahrnehmen können, daß die Baufirma ohne Verständigung der Firma I GesmbH das Arbeitsgerüst entgegen der ursprünglichen Abmachung abgebaut habe.

Obwohl sämtliche Vorarbeiter die ausdrückliche Weisung gehabt hätten, an gefährlichen Stellen stets angeseilt zu arbeiten bzw. bei größeren Dachneigungen und größerer Traufenhöhe stets Schutzblenden anzubringen, habe der Vorarbeiter A S diese Anordnung des Bw mißachtet und trotzdem mit den Arbeiten begonnen; dieses Fehlverhalten des seit über 10 Jahren in der Firma tätigen Vorarbeiters, der immer zuverlässig gewesen sei, sei für den Bw nicht vorzusehen gewesen. Auch bei der letzten Kontrolle auf der gegenständlichen Baustelle am 25.3.1994 durch W seien keine Beanstandungen festgestellt worden. In letzter Zeit seien aufgrund der einschlägigen Verurteilungen in anderen Verwaltungsstrafverfahren die Kontrollen erhöht worden, die Mitarbeiter immer wieder eindringlich über die Verwendung der Sicherheitseinrichtungen aufgeklärt und bei Besprechungen werde immer wieder auf die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen hingewiesen. Die Einhaltung dieser Bestimmungen werde von den zuständigen Verantwortlichen laufend kontrolliert. Zur Durchsetzung dieser Anweisungen sei ein Pönalsystem errichtet worden, wonach bei der erstmaligen Zuwiderhandlung ein strenger Verweis ausgesprochen werde; bei einem wiederholten Verstoß müsse der betreffende Arbeitnehmer einen vom zuständigen Verantwortlichen festgesetzten Betrag in die Kaffeekasse einbezahlen.

Die Aufzeichnungen im Kontrollbuch hätten ergeben, daß der Verantwortliche A W laufend Kontrollen auf der besagten Baustelle durchgeführt habe, sodaß dem Bw nicht vorgeworfen werden könne, daß er bei der Bestellung eines Bevollmächtigten hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen fahrlässig gehandelt habe, weshalb ihm deshalb die Verwaltungsübertretung subjektiv nicht zugerechnet werden könne. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher die Erstbehörde zu dem Schluß kommen müssen, daß der Beschuldigte sehr wohl ein ausreichend wirksames Kontrollsystem zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingerichtet habe. Außerdem könne dem Bw nicht vorgeworfen werden, daß er bei Auswahl des Bevollmächtigten nicht die erforderliche Sorgfalt aufgewendet hätte. Da dem Beschuldigten aufgrund der großen Anzahl seiner Arbeitspartien eine direkte Beaufsichtigung der gegenständlichen Baustelle nicht möglich gewesen sei, scheide eine strafrechtlich relevante Verantwortlichkeit des Bw aus.

Im übrigen werde auch die Höhe der verhängten Geldstrafe bekämpft, zumal der Bw bei einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 20.000 S für den Unterhalt von drei Kindern aufzukommen habe, sodaß beantragt werde, die Strafe entsprechend herabzusetzen.

3.1 Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 6.

Kammer, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 sowie § 51e Abs.2 VStG wurde die Berufung dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck zur Kenntnis gebracht; dieses gab keine Stellungnahme ab.

Aufgrund des ausdrücklichen Antrages des Bw wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung am 4.2.1997 durchgeführt.

An dieser Verhandlung nahmen neben dem Rechtsvertreter des Bw auch je ein Vertreter der belangten Behörde und des Arbeitsinspektorates teil; die Arbeitnehmer A W und A S wurden als Zeugen gehört.

3.3. Im Grunde der öffentlichen mündlichen Verhandlung und in Verbindung mit dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt sowie den Berufungsausführungen geht der O.ö. Verwaltungssenat von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der I GesmbH, die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I GesmbH & CoKG ist, die ihren Sitz in V, hat.

Eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten lag nicht vor, jedoch wurde der leitende Angestellte A W zum Bevollmächtigten bestellt.

Diese Gesellschaft hat am 29.3.1994 auf der Baustelle S, die Arbeitnehmer A S, G W, Z G, Z D, G R und H U mit Dachdeckerarbeiten bei einer Dachneigung von 36 Grad und einer Traufenhöhe von ca. 7 m beschäftigt, obwohl keine Schutzblenden, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, verwendet wurden.

Die ggst. Baustelle wurde zwar vom Bevollmächtigten A W alle zwei Tage überprüft, bei Bedarf noch öfter, vom Bw selbst jedoch kaum.

An der ggst. Baustelle ist vor der Kontrolle bereits seit mehreren Wochen gearbeitet worden; es befand sich die gesamte Zeit über ein ausreichendes Gerüst der Baufirma dort, jedoch wurde es am 28.3.1994, also am Tag vor der Kontrolle, an dem keine Dachdeckerarbeiten seitens der Fa. I stattfanden, ohne diese Firma zu verständigen und entgegen der Vereinbarung zwischen Baufirma und Fa. I, abgebaut. Die Dachdeckerarbeiten waren kurz vor dem Abschluß; es ist danach nur noch ein bis zwei Tage gearbeitet worden.

Dies ergab sich aus den glaubwürdigen, schlüssigen und weitgehend übereinstimmenden Aussagen der vernommenen Zeugen A W und A S.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ANSchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Nach § 31 Abs.5 ANSchG sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde, oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.

Gemäß § 33 Abs.1 lit.a Z12 ANSchG bleibt die Verordnung vom 10.11.1954, BGBl.Nr.267, über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, (bis zu einer Neuregelung des betreffenden Gebietes durch eine aufgrund von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung im bisherigen Umfang) als Bundesgesetz in Geltung (im folgenden kurz: Bauarbeitenschutzverordnung - BAV).

Gemäß § 33 Abs.7 ANSchG gelten bei Zuwiderhandlung gegen die im Abs.1 genannten Rechtsvorschriften die Bestimmungen des § 31 sinngemäß. Dies gilt auch hinsichtlich der im Abs.2 genannten Rechtsvorschriften, soweit es sich um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt. Soweit es sich nicht um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt, gelten Zuwiderhandlungen gegen die im Abs.2 genannten Rechtsvorschriften als Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung.

Sind bei Dachdeckerarbeiten Gerüste nach § 43 Abs.4 BAV nicht vorhanden, sind Schutzmaßnahmen nach den Bestimmungen der folgenden Absätze zu treffen (§ 44 Abs.1 BAV).

Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Traufenhöhe von mehr als 5 m über dem Gelände, müssen bei Neu- und Umdeckungen und bei umfangreichen Reparaturarbeiten geeignete Schutzblenden (Scheuchen) vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Sind sicher befestigte, ausreichend dimensionierte Schneerechen vorhanden, gelten an diesen sicher befestigte, der Höhe der Schneerechen entsprechende Blenden als ausreichender Schutz.

Bei einer Dachneigung von mehr als 40 Grad müssen die auf dem Dach Arbeitenden außerdem stets angeseilt sein (§ 44 Abs.2 BAV).

4.2. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung sowie dem diesbezüglichen Geständnis des Bw (in der Berufungsschrift) geht hervor, daß der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung grundsätzlich erfüllt ist. Im Hinblick auf die oben angführte Bestimmung des § 31 Abs.5 ASchG ist auf das vom Bw dargelegte Kontrollsystem zu verweisen.

Dies besteht u.a. darin, daß jeder Mitarbeiter die Anweisung hat, sich an absturzgefährdeten Stellen immer zu sichern.

Insbesondere würden die Vorarbeiter entsprechend geschult und auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen hingewiesen.

Die Einhaltung dieser Weisungen werde laufend kontrolliert, u.zw. einerseits von den Vorarbeitern und andererseits von den Baustellenleitern, hier Herrn A W bzw. dem Arbeitgeber selbst. Weiters existiere ein Kontrollbuch, welches die Daten der Kontrolle enthalte.

4.3. Es steht fest, daß Herr A W nicht als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG bestellt wurde. Ob er iSd § 31 ANSchG "bevollmächtigt" wurde, geht aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht ausdrücklich hervor, doch ist dies deshalb anzunehmen, weil er vom Arbeitgeber u.a. mit der Überprüfung der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften betraut und von diesem mit den entsprechenden Anordnungsbefugnissen gegenüber den Arbeitnehmern zu deren Durchsetzung ausgestattet wurde. Dies wurde insbesonders durch die eigenen Aussagen des Zeugen W und des zeugenschaftlich vernommenen A S bestätigt. Damit hat er auch bestätigt, mit dieser "Bevollmächtigung" einverstanden zu sein.

Es ist das wesentliche Kennzeichen eines Bevollmächtigten, daß es sich bei ihm um eine Person handelt, die mit ihrem Einverständnis vom Dienstgeber mit der Überwachung der Einhaltung der Schutzvorschriften betraut und von diesem mit den entsprechenden Anordnungs- und Entscheidungsbefugnissen zu ihrer Durchsetzung ausgestattet wurde. Die Betrauung und Ausstattung erfordern jedoch das Einverständnis der zu bevollmächtigenden Person.

Bei der Bestellung eines Bevollmächtigten nach § 31 Abs.2 ANSchG müssen aber die strengen Voraussetzungen des § 9 Abs.4 VStG nicht eingehalten werden (VwGH vom 4.2.1994, 93/02/0299-0303).

4.4. Andererseits bewirkt die Bestellung eines derartigen "Bevollmächtigten" jedoch nicht - im Gegensatz zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG - automatisch eine Befreiung des Arbeitgebers von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, sondern ist dies nur dann der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs.5 ANSchG erfüllt sind.

Im vorliegenden Fall ist zur Beurteilung dieser Frage dem Aspekt der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten A W durch den Arbeitgeber besonderes Augenmerk zuzuwenden.

Hier ist darauf zu verweisen, daß der Zeuge W angegeben hat, daß er selbst vom Bw nicht mehr kontrolliert würde, zumal dies wegen der vielen Baustellen unmöglich sei, und der Bw seine eigenen Baustellen entsprechend zu kontrollieren habe.

Auch der als Zeuge vernommene Vorarbeiter S bestätigt diese Aussage im wesentlichen damit, wenn er angibt, daß er überwiegend von W kontrolliert werde, während der Bw nur ab und zu auf Baustellen erscheine.

4.5. Damit aber hat der Bw hinsichtlich des Bevollmächtigten A W es an der erforderlichen Sorgfalt bei dessen Beaufsichtigung fehlen lassen, zumal es sich bei den Erscheinungen des Bw auf den Baustellen bestenfalls nur um Stichproben handeln kann. In diesem Zusammenhang kommt der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB vom 2.5.1995, 95/02/0026, 94/02/0440, 0441 vom 24.2.1995 und die darin zitierte Vorjudikatur) Bedeutung zu, wonach bloß stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichen würden, um ein wirksames Kontrollsystem zu gewährleisten.

4.6. Zum Kontrollbuch ist zu bemerken, daß - abgesehen davon, daß nach der Judikatur des VwGH auch ein zureichend geführtes Kontrollbuch nichts am Verschulden im ggst. Fall ändern würde - der Zeuge W diesbezüglich eher unklare Angaben über den Inhalt desselben machte bzw. nur angab, daß außer der stattgefundenen Kontrolle nichts vermerkt würde (also zB eine Beanstandung).

4.7. Allgemein ist daher festzuhalten, daß es gerade im Wesen eines Kontrollsystems begründet ist, nachzuprüfen, ob erteilte Weisungen auch tatsächlich eingehalten werden. Wenn die bloße Erteilung von Weisungen ausreichen würde, brauchte man überhaupt kein Kontrollsystem einzurichten. Da es aber immer wieder zu Fehlleistungen einzelner Arbeitnehmer kommt, die eben erteilten Weisungen nicht nachkommen, sind entsprechende Kontrollen unbedingt erforderlich.

4.8. Damit aber erweist sich in Summe das vom Bw in seinem Betrieb eingerichtete Kontrollsystem als nicht ausreichend, um den strengen Anforderungen des Verwaltungsgerichtshofes an ein solches Kontrollsystem zu entsprechen.

4.9. Daran kann auch nicht das vom Bw eingerichtete "Pönalsystem" in Form eines Beitrages in die "Kaffeekassa" nichts ändern.

5. Zum Verschulden:

5.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

5.2. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung grundsätzlich um ein Ungehorsamsdelikt.

In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft.

Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt, bzw. hat der Bw in Ansehung des § 31 Abs. 5 ANSchG nicht dartun können, daß er bei Beaufsichtigung des Bevollmächtigten die erforderliche Sorgfalt aufgewendet habe (vgl. oben Pkt. 4.4 und 4.5).

Auch das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes war daher zu bejahen.

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Die belangte Behörde bewertet im Zuge ihres Strafbemessungsverfahrens den Unrechtsgehalt der Tat als sehr erheblich. Allerdings hat sie in die Bewertung des objektiven Unrechtsgehaltes den Umstand miteinbezogen, daß die Übertretung sonst nachteilige Folgen (zB Verletzungen der ungesichert beschäftigt gewesenen Arbeitnehmer) nicht nach sich gezogen hat, weshalb mit der verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden konnte. Dies scheint aber dem O.ö. Verwaltungssenat im Hinblick auf die mögliche Höchststrafe von 50.000 S zumindest bedenklich.

Weiters hat die mündliche Verhandlung ergeben, daß auf der ggst. Baustelle bereits wochenlang mit einem Gerüst, sohin unter ausreichender Sicherung gearbeitet worden war, wobei der unvorhergesehene und absprachewidrige Abbau, über den der Bw von der Baufirma nicht informiert worden war, den besonderen Milderungsgrund nach § 34 Z.11 StGB darstellt.

Schließlich wurden im angefochtenen Straferkenntnis dem Bw eine Reihe von Vorstrafen als erschwerend angerechnet, von denen einerseits nicht alle einschlägig sind und andererseits jene aus dem Jahr 1990 (Ge96/2197/89) zufolge der Anordnung des § 55 Abs. 1 VStG als getilgt aufscheint und somit nicht mehr herangezogen werden durfte.

Aus all diesen Gründen war die verhängte Strafe im Sinne des Eventualantrages der Berufung entsprechend herabzusetzen, wobei auch die Ersatzfreiheitsstrafe verhältnismäßig reduziert werden mußte.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw ein Beitrag zum Berufungsverfahren nicht aufzuerlegen; die Verfahrenskosten erster Instanz hingegen waren entsprechend zu reduzieren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Klempt

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