Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280181/11/GA/<< Km>>

Linz, 20.05.1997

VwSen-280181/11/GA/<< Km>> Linz, am 20. Mai 1997
DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Mag. M F in L einerseits und des Arbeitsinspektorates für den 10. Aufsichtsbezirk in Salzburg andererseits gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. November 1995, Zl. 502-32/Sta/181/94f, wegen Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, zu Recht erkannt:

A. Der Berufung des Beschuldigten wird teilweise stattgegeben: Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis im Spruchpunkt I.1. verhängte Geldstrafe wird auf 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden), die im Spruchpunkt I.2. verhängte Geldstrafe wird auf 1.200 S (Ersatzfreiheitsstrafe: auf zehn Stunden), die auferlegten Kostenbeiträge werden auf 300 S (zu I.1.) und auf 120 S (zu I.2.) herabgesetzt.

B. Der Berufung des Arbeitsinspektorats wird teilweise stattgegeben: Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis im Spruchpunkt II.1. verfügte Einstellung wird aufgehoben und stattdessen, unter Einbeziehung der Einleitung zu I., folgender Schuldspruch "I.3." nebst dazugehörigem Straf- und Kostenspruch gefällt: "..... 3. der Arbeitsraum weder über eine natürliche noch eine mechanische Lüftung verfügte, weiters die Fensterflächen fix verglast und nicht öffenbar waren, obwohl § 13 Abs.1 AAV vorschreibt, daß in Arbeitsräumen dafür zu sorgen ist, daß frische, von Verunreinigungen möglichst freie Luft zugeführt sowie Luft mit zu geringem Sauerstoffgehalt und zu hohem Kohlendioxydgehalt abgeführt wird. Dadurch haben Sie § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ANSchG) iVm § 13 Abs.1 AAV übertreten; wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 31 Abs.2 ANSchG eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt." Rechtsgrundlage: AVG: § 66 Abs.4. VStG: § 24; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2. Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit - BVGPersFreiheit: Art. 3 Abs.3 (zur zu B).

Entscheidungsgründe: Zu A 1. Unter Spruchpunkt I. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde Mag. M F in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R N l Gesellschaft m.b.H., Sitz in L , schuldig gesprochen, er sei verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, daß am 25. Juli 1994 in der von dieser Gesellschaft betriebenen Verkaufsstelle in der Stadt Salzburg, I 1) in einem Verkaufsraum-Arbeitsraum mit ständigen Arbeitsplätzen die gemäß § 4 Abs.2 AAV für solche Räume vorgeschriebene Mindesthöhe von 2,60 m (gemeint wohl: 2,50 m) infolge von Einbauten unterschritten gewesen sei und 2) den dort beschäftigten beiden Arbeitnehmerinnen entgegen der Vorschrift des § 14 Abs.4 ANSchG kein versperrbarer Kasten zur Aufbewahrung ihrer Kleidung zur Verfügung gestellt worden sei.

Dadurch sei in I.1. § 31 Abs.2 lit.p ANSchG iVm § 100 sowie § 4 Abs.2 AAV und in I.2. § 31 Abs.3 lit.b iVm § 14 Abs.4 ANSchG verletzt worden und sei wegen dieser Verwaltungsübertretungen über den Beschuldigten zu I.1. gemäß § 31 Abs.2 ANSchG eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) kostenpflichtig und zu I.2. gemäß § 31 Abs.3 ANSchG eine Geldstrafe in der Höhe von gleichfalls 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 84 Stunden) kostenpflichtig zu verhängen gewesen.

2. Der Beschuldigte stellt, unter Anschluß von Bescheinigungsmittel, die seither stattgefundenen Bemühungen zur Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes dar und legt im übrigen gegen beide Fakten eine erkennbar nur gegen die Strafe gerichtete Berufung ein. Hiezu begründend führt er aus, es sei seine Aufmerksamkeit durch den EU-Beitritt Österreichs zu Jahresanfang 1995 in hohem Ausmaß durch die großen Umwälzungen, die der EU-Beitritt für die Lebensmittelbranche mit sich brachte, in Anspruch genommen worden. Weil aber in beiden Übertretungen kein Schaden entstanden sei und er selbstverständlich bestrebt sei, alle gesetzlichen Bestimmungen zum Wohle aller Mitarbeiter einzuhalten und er nun bei Filialkontrollen, insbesondere bei Neueröffnungen, auch diese Punkte besonders kontrolliere, beantrage er, in diesen Fällen es bei einer Ermahnung zu belassen. Durch die eingeschränkte Berufung sind die Aussprüche über die Schuld in den Fakten I.1. und I.2. rechtskräftig geworden. Zur Entscheidung liegt jeweils nur die Strafsanktion vor.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Die für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätze regelt § 19 VStG. Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Behörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (Abs.1) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (Abs.2) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafe festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (sinngemäß sind hiefür heranzuziehen: §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches) gegeneinander abzuwägen. Im ordentlichen Strafverfahren sind schließlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Diese Grundsätze gab die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses zwar abstrakt wieder, konkret fallbezogen ging sie jedoch nur auf die Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie auf die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten ein.

3.2. Für die Fakten I.1. bzw I.2. sind die Strafrahmen durch den (hier noch anzuwendenden) § 31 Abs.2 bzw § 31 Abs.3 ANSchG geregelt. Danach ist für den Einzelfall die Obergrenze der Geldstrafe mit 50.000 S bzw 20.000 S festgesetzt. 3.3. Vorliegend sind die auf die Gewährleistung des Wohlbefindens und der Gesundheit der Arbeitnehmerinnen auf ihren ständigen Arbeitsplätzen einerseits (I.1.) sowie der dort auch zu wahrenden Sozialhygiene andererseits (I.2.) gerichteten Schutzzwecke verletzt worden. Diesbezüglich kann der unabhängige Verwaltungssenat nicht finden, daß den spruchgemäßen Zuwiderhandlungen aus dem Blickwinkel der Strafzumessungsschuld ein beträchtlicher Gesinnungsunwert zugrunde läge, läßt doch insgesamt die Aktenlage eine grundsätzliche Verbundenheit des Berufungswerbers als belangter Arbeitgeber mit dem Anliegen des Arbeitnehmerschutzes in seinem Betrieb erkennen. Auch der Erfolgsunwert ist, weil andere als allenfalls nur unbedeutende Folgen der Taten nicht festgestellt (und auch in der Anzeige des Arbeitsinspektorats vom 4. August 1994 schon nicht aufgezeigt) wurden, als nur gering anzusetzen. Begründen zwar diese Umstände auch keine besonders ins Gewicht fallende Tatschuld, so ist doch anzumerken, daß das Vertrauen des Berufungswerbers auf die angebliche jahrzehntelange Duldung der ungenügenden Raumhöhe durch das Arbeitsinspektorat eine Exkulpierung diesfalls nicht bewirken kann, weil das Arbeitsinspektorat nach Ausweis des Strafaktes den Beschuldigten schon vor der Anzeige auf den ungesetzlichen Zustand hinsichtlich der Raumhöhe aufmerksam gemacht und zur Beseitigung aufgefordert hatte. Wenngleich nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates die hiefür vom Arbeitsinspektorat zur Verfügung gestellte Frist von knapp drei Wochen als objektiv kurz bemessen erscheint, ist unter dem Aspekt des daher nicht mehr bloß vernachlässigbaren Handlungsunwerts infolge des Untätigbleibens unmittelbar nach der Aufforderung im Ergebnis die beantragte Anwendung des § 21 VStG rechtlich ausgeschlossen. Auch der Hinweis des Berufungswerbers auf seine außerordentliche Belastung im Zuge der betrieblichen Vorbereitung auf den EU-Beitritt Österreichs kann zur Schuldentlastung des Berufungswerbers nicht entscheidend beitragen, weil von ihm nicht zugleich dargelegt wurde, welche Hindernisse einer wirksamen Delegierung entgegengestanden wären.

3.4. Zusammenfassend findet der unabhängige Verwaltungssenat aus allen diesen Erwägungen in Verbindung mit dem schon von der belangten Behörde aufgezeigten Milderungsgrund im Sinne des § 34 Z2 StGB (der aber als absolute Unbescholtenheit spezialpräventive Strafzwecke in den Hintergrund treten läßt) bei gleichzeitigem Fehlen eines Erschwerungsgrundes die verhängten Strafen als zu hoch bemessen, weshalb sie wie im Spruch herabzusetzen waren. Die geringere Strafhöhe im Spruchpunkt I.2. folgt aus der Bedachtnahme auf den erheblich kleineren Strafrahmen gemäß § 31 Abs.3 ANSchG. In beiden Fällen aber beträgt die nun verhängte Strafhöhe in etwa 1/16 der jeweiligen Höchststrafe. Eine noch deutlichere Minderung des Strafausmaßes scheitert an den im angefochtenen Straferkenntnis angegebenen, nicht ungünstigen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, die von ihm nicht beeinsprucht wurden. Auch in der Neufestsetzung der Ersatzfreiheitsstrafen spiegelt sich in erster Linie der hervorgekommene geringere Unrechtsgehalt der Taten.

3.5. Diesem Ergebnis waren von Gesetzes wegen die erstinstanzlichen Kostenbeiträge anzupassen; Kosten zum Berufungsverfahren waren dem Beschuldigten nicht aufzuerlegen.

Zu B 1. Der hier dem nun gefällten Schuldspruch zugrunde gelegte Sachverhalt ist unstrittig und wird als erwiesen festgestellt. 2. Die mit Spruchpunkt II.1. des angefochtenen Straferkenntnisses verfügte Einstellung des wegen des Verdachtes eines Verstoßes gegen das Gebot der ausreichenden Lüftung von Arbeitsräumen geführten Strafverfahrens begründet die belangte Behörde mit der Auffassung, daß ein Raum von ca. 30 m² durch eine Türe gelüftet werden könne und aus dem Gesetzestext nicht ablesbar sei, daß die Entlüftung über Fenster zu erfolgen hätte. Dieser Sicht widerspricht das gegen die Einstellung Berufung führende Arbeitsinspektorat unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und ist damit im Recht. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Wenngleich das in der Berufung zitierte VwGH-Erkenntnis (und auch die darin verwiesene Vorjudikatur) zu einer Übertretung des § 13 Abs.2 AAV erging, hegt der unabhängige Verwaltungssenat keine Bedenken, daß die hier belangvolle Kernaussage dieser Rechtsprechung, wonach als Einrichtung für die (natürliche oder mechanische) Lüftung nur in Frage komme, was nach der Zweckbestimmung der Lüftung von Räumen dienen soll und Türen daher keine solche, von der Gebotsnorm gemeinte Lüftungseinrichtung seien, auch auf den vorliegenden Fall einer Übertretung des § 13 Abs.1 AAV anzuwenden ist. 3.2. Mit der dennoch erfolgten Einstellung verkannte die belangte Behörde die Rechtslage, sodaß die Verfügung aufzuheben und statt dessen ein Schuldspruch zu fällen war. Dieser Schuldspruch konnte im Einklang mit den Anforderungen aus § 44a Z1 VStG auf die Tatanlastung aus der ersten Verfolgungshandlung (AzR vom 10. November 1994) gestützt werden. Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere kann der vom Berufungswerber schon vor der Strafbehörde erhobene Einwand, wonach die in Rede stehende Tür ins Freie führe und, wie betriebsinterne Beobachtungen der Kundenfrequenz ergeben hätten, täglich 230 Mal geöffnet und geschlossen würde, den Schuldspruch nicht abwenden. Mangels weiterführender Angaben geht der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß dieser Wert ein statistischer Durchschnittswert ist. Es sind daher auch Tage mit geringerer Kundenfrequenz, mit denen auch nach der Lebenserfahrung gerechnet werden muß, zu bedenken. 3.3. Bei der Strafbemessung hingegen ist dieses Vorbringen zu berücksichtigen. Immerhin nämlich tritt darin zutage, daß auch bei diesem Faktum ein eher nur geringer Unrechtsgehalt zugrunde liegt. So darf nicht übersehen werden, daß, anders als in der Fallkonstellation zu dem Erk des VwGH vom 8.6.1989, 88/08/0275, eine gewisse Lüftungswirkung mit Frischluftzufuhr - wenigstens an einem Tag mit durchschnittlicher Kundenfrequenz - tatsächlich vorgelegen sein dürfte. Dies und die anderen, oben zu A dargelegten, hier in gleicher Weise geltenden Umstände der Strafbemessung veranlassen den O.ö. Verwaltungssenat, dem Strafantrag der Amtspartei nicht zu folgen, sondern vielmehr die im Spruch bezifferte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen zu verhängen.

3.4. Die gleichzeitig für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe festzusetzen gewesene Ersatzfreiheitsstrafe kann wegen der Besonderheit des Berufungsfalles nicht allein auf § 16 Abs.1 VStG gestützt werden, sondern ist in der vorliegenden Konstellation vielmehr auch Art. 3 Abs.3 BVGPersFreiheit, BGBl.Nr. 684/1988, heranzuziehen. Weil nämlich dieses Erkenntnis keinem Rechtszug mehr unterliegt, sondern nur durch Beschwerde an den VwGH/VfGH angefochten werden kann, ist damit weder eine Anfechtung in vollem Umfang noch mit aufschiebender Wirkung gewährleistet, sodaß im Einklang mit der zitierten Verfassungsvorschrift die ERSTMALIGE VERHÄNGUNG einer Ersatzfreiheitsstrafe hier überhaupt nur deswegen statthaft ist, weil sie durch den O.ö. Verwaltungssenat und somit von einem iSd Art.6 Abs.1 MRK unabhängigen und unparteiischen Tribunal verhängt wurde (vgl h Vorjudikatur Erk 2.4.1996, VwSen-280046; Erk 25.4.1997, VwSen-280196).

3.5. Obgleich auf Grund der Berufung der Amtspartei zu diesem Faktum erstmals (und insoweit gestützt auf § 51 Abs.6 VStG) eine Geldstrafe zu verhängen war, bewirkt die besondere Fallkonstellation, daß entgegen § 64 und § 65 VStG der nunmehr Bestrafte zu keinen Kostenbeiträgen zu verpflichten ist (vgl VwGH 19.5.1993, 92/09/0031).

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Mag. Gallnbrunner

 

 

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