Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280192/42/Gu/Km

Linz, 23.09.1996

VwSen-280192/42/Gu/Km Linz, am 23. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des Ing. H P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A H einerseits und über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk andererseits gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15.1.1996, Ge96-19-1996/Tr, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (Ruhezeit) nach der am 1. April 1996 und am 4. Juni 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 9.

Aufsichtsbezirk wird mit Ausnahme der teilweisen Stattgebung zu Faktum 9. abgewiesen.

Die Geldstrafe für Faktum 9. wird auf 1.500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 150 S hinaufgesetzt.

IIa. Die Berufung des Beschuldigten bezüglich der Fakten 5, 11, 13, 14 und 16 betreffend die Unterschreitungen der Ruhezeiten der Arbeitnehmer K G, G W, E G, G D und M L wird abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die übertretenen Verwaltungsvorschriften jeweils zu lauten haben: "§ 12 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 335/1993".

b. Die Strafzumessungsnorm bezüglich der Geldstrafe hat zu lauten: "§ 28 Abs.1 Auslaufsatz Arbeitszeitgesetz idF BGBl.Nr. 446/1994".

c. Der Rechtsmittelwerber hat diesbezüglich als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der in Summe mit 4.000 S bestätigten Geldstrafen d.s. somit 800 S binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung zu leisten.

III. Der Schuldspruch zu Faktum 10 wird behoben und diesbezüglich das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

VI. Zu den übrigen Fakten werden die Schuldsprüche nach Maßgabe der vorstehenden Zitierweise der verletzten Norm bestätigt, die Straf- und Kostenaussprüche behoben und in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung von den Strafen abgesehen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 1 Abs.2, § 5 Abs.1, § 16, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 12 Abs.1, § 28 Abs.1 Z4 AZG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis als handelsrechtlichen Geschäftsführer der H P GetränkegesmbH der Nichtgewährung einer ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 11 Stunden in 18 namentlich und zeitlich bestimmten Fällen (richtig wohl: 17 Fällen da bezüglich des Arbeitnehmers L H Verjährung eingetreten war) und zwar hinsichtlich der Verwendung im getränkeverarbeitenden Betrieb in E im Zeitraum hauptsächlich der 2. bzw. 3.

Oktoberwoche 1993 schuldig erkannt. Wegen Übertretung des § 12 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 AZG wurden ihm in detailierten Strafaussprüchen insgesamt eine Geldstrafe von 14.600 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 15 Tage) und der gesetzliche erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auferlegt.

1.2. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses setzt sich die erste Instanz mit den geltend gemachten Ausnahmegründen vom Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes bei außergewöhnlichen Fällen und zwar betreffend die Behebung einer Betriebsstörung bzw. Verhütung des Verderbens vom Gütern oder sonstigen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Sachschadens bei unvorhergesehenen und nicht zu verhindernden Gründen auseinander und kommt zum Ergebnis, daß allesamt (mit Ausnahme einzelner verjährter Tatbestandselemente bzw. Tatbestände) die Schuldsprüche gerechtfertigt waren. Dies infolge Fahrlässigkeit des Beschuldigten, indem er das Maß der anfallenden zu verarbeitenden Obsternte hätte abschätzen können und entsprechende personelle und organisatorische Maßnahmen zur Bewältigung hätte vorsehen müssen, die die Wahrung der Ruhezeiten möglich gemacht hätten.

1.3. Angesichts von jedoch gewichtigen Milderungsgründen und weil die Taten keine sonstigen Folgen nach sich gezogen hatten, setzte sie die Geldstrafen bedeutend niedriger als vom anzeigenden Arbeitsinspektorat beantragt, fest.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat das Arbeitsinspektorat wegen zu geringer Strafhöhe Berufung erhoben und nach eingängiger Zitierung des seinerzeitigen Strafantrages (Strafhöhe 34.000 S) im ausdrücklichen ausformulierten Antrag ohne weitere Begründung unter Bezugnahme auf den seinerzeitigen Antrag die Abänderung des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend begehrt, daß gegen den Beschuldigten eine Strafe im Sinn der (vorhin erwähnten) Anzeige vom 24. Februar 1994 von 24.000 S verhängt werden möge.

3.1. Daneben hat aber auch der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte Berufung gegen das Straferkenntnis erhoben und in Anknüpfung zum Vorbringen vor der ersten Instanz dargetan, daß die Schätzung der Landwirtschaftskammer für das Jahr 1993 eine Durchschnittsernte angenommen habe. Auch aus sonstigen Informationen sei keinesfalls erkennbar gewesen, daß das Jahr 1993 dann tatsächlich eine Rekordernte an Äpfeln und Birnen bringen werde. Aus diesem Grunde sei der von ihm als handels- und gewerberechtlichem Geschäftsführer geleitete Obstverarbeitungsbetrieb in Enns personalmäßig auf eine durchschnittliche Ernte ausgerichtet gewesen.

Bei diesem Anfall werde im Regelfall im Dreischichtbetrieb gearbeitet. Die einzustellenden Saisonarbeitskräfte bedürften einen Monat lang der Anlernung, um die von ihnen zu leistenden Arbeiten bewältigen zu können.

Ende September 1993 sei die Obstanlieferung stark angestiegen, zumal auch aufgrund der außerordentlich warmen Witterung das Obst umgehend geerntet werden mußte. Die Bauern hätten lediglich die Möglichkeit gehabt, das anfallende Obst im Betrieb des Berufungswerbers verarbeiten zu lassen, um es vor dem Verderben zu retten und ihre Einkunftsquellen zu sichern. Am 10.10.1993 sei die Übernahms- und Verarbeitungskapazitätsgrenze von Äpfeln und Birnen im Betrieb erreicht gewesen und habe er eine weitere Übernahme gestoppt. Daraufhin sei eine große Unruhe in der Landwirtschaft ausgebrochen.

3.2. In der Folge sei von Landespolitikern, wie dem o.ö.

Agrar-Landesrat und infolge von Interventionen beim Landeshauptmann von Beamten interveniert worden, der Berufungswerber möge die prekäre Situation in irgendeiner Weise bereinigen, um das unvorhergesehen in großen Mengen angefallene Obst vor dem Verderben retten. Aufgrund der Intervention habe er entschieden nun doch wieder Obst zu übernehmen. Es sei jedoch zu diesem Zeitpunkt unmöglich gewesen, zusätzliche Arbeitskräfte für die darauffolgenden Tage einzustellen. Die staatliche Arbeitsmarktverwaltung und auch andere Institutionen seien nicht in der Lage gewesen, Arbeitskräfte zu vermitteln. Überdies fehlte es an einer notwendigen Einschulungsmöglichkeit.

3.3. Wenn es nun aufgrund der Anzeige des Arbeitsinspektorates an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu seiner Verfolgung wegen Übertretung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften nach mehreren Gesichtspunkten gekommen sei, indem die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Sache zuständigkeitshalber im Sinn des § 27 VStG an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz abgetreten hat, so sei aus den vier angelegten Akten nur aus einem die Erhebung der tatsächlichen Verhältnisse ersichtlich. Ob die Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse umfassend geschah, sei nicht nachvollziehbar.

3.4. Nachdem das in der Sache von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz ergangene Straferkenntnis vom unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg wegen örtlicher Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Bregenz behoben worden sei, habe die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land einerseits unzuständigerweise entschieden, weil nach Zustellung des behebenden Erkenntnisses die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land kurz darauf ohne die Rechtskraft in Form des Ablaufes der sechswöchigen Frist zur Erhebung einer möglichen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzuwarten, entschieden habe, wodurch die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land nicht festgestanden sei.

3.5. Außerdem habe die Bezirkhauptmannschaft Linz-Land keinerlei Ermittlungsverfahren mehr durchgeführt, sondern den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz und das vorangegangene Verfahren einfach übernommen. Dies sei in Analogie der Strafprozeßordnung und im Hinblick auf Art.6 MRK rechtswidrig. Überdies sei eine Rückabtretung des von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land seinerzeit an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gemäß § 27 VStG abgetretenen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land unzulässig, weil diese mit der ersten Abtretung ihre Unzuständigkeit festgestellt habe (hiebei nimmt der Rechtsmittelwerber bezug auf die §§ 230a und 261 ZPO). Im erstinstanzlichen Verfahren seien Beweise nicht aufgenommen worden, die zu seiner Entlastung dienten. Insbesondere in der Richtung, daß Ausnahmegründe im Sinn des § 20 Abs.1 AZG vorgelegen seien. Er habe stets auf seine Notstandssituation hingewiesen, daß ansonsten die Güter verdorben wären und auch sonst ein unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Schaden (auch vor allem in der regionalen Landwirtschaft) entstanden wäre.

3.6. Zusätzlich habe er ausreichend dargetan, daß infolge Komplikationen mit der Inbetriebnahme einer Flaschenabfüllanlage mangels anderer zumutbarer Maßnahmen ebenfalls ein Mehrarbeitsbedarf vorgelegen sei. Bei keinem der im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Personen sei eine nachteilige Folge eingetreten.

3.7. Weiters hätte die belangte Behörde feststellen müssen, daß, wenn schon nicht bei der Inbetriebnahme der Abfüllanlage und der dadurch verursachten Mehrarbeit, sondern jedenfalls in bezug auf die in der Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte beschäftigten Personen zumindest die Voraussetzungen des § 21 VStG vorgelegen seien. Dazu wäre aber noch die Feststellung notwendig gewesen, wer wo gearbeitet habe. Dies fehle in der Begründung.

3.8. Schon allein aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in Vorarlberg hätte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zumindest die subjektive Vorwerfbarkeit der inkriminierten Sachverhalte gemäß § 5 VStG ablehnen und somit das Verfahren mangels Schuld in bezug auf alle angeblich durch Arbeitszeitüberschreitungen gefährdeten Personen einstellen müssen, wobei das Verschulden bei gesondert zu bestrafenden Delikten im Hinblick auf jede der mehrarbeitenden Personen zu prüfen und zu begründen gewesen wäre.

Hilfsweise rügt der Rechtsmittelwerber die Nichtanwendung des § 21 VStG. Die Behörde billige dem Berufungswerber zu, daß er sich in einer Zwangssituation befunden habe. Dies sei gerade jener Sachverhalt, der als geringes Verschulden anzusehen sei. Weiters konstatiere die belangte Behörde, daß es sich bei der angewendeten Verwaltungsstrafvorschrift um ein Ungehorsamsdelikt handle. Ungehorsamsdelikte zögen schon begrifflich nie irgendwelche tatsächlichen Folgen nach sich.

Darüber hinaus seien auch keine Folgen der Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften festgestellt worden. § 21 VStG wäre demnach zwingend anzuwenden gewesen.

3.9. Wenn nun der Rechtsmittelwerber wegen Beschäftigung etlicher Personen nach mehreren Gesichtspunkten und zwar in drei weiteren Straferkenntnissen wegen Übertretung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften bestraft worden sei, so sei durch die damit gegebene Gesamtstrafhöhe das Kumulationsprinzip auf den Prüfstand zu stellen. Art. 92 B-VG normiere, daß schwere Verstöße gegen die Rechtsordnung in die Kompetenz der Strafgerichte zu fallen hätten. Vom Gesichtspunkt des Strafgesetzbuches dürfe aber immer nur eine Strafe selbst bei mannigfachen Ideal- und Realkonkurrenzen verhängt werden.

Insofern verstoße daher § 22 VStG in seiner derzeitigen Auslegung bei der Verhängung der im Ergebnis hohen Strafsanktionen bei gesamtheitlicher Betrachtungsweise gegen den Gleichheitsgrundsatz im Verhältnis zum gerichtlichen Strafrecht, wobei noch dazu die Strafgerichte wegen schwerer Verstöße gegen die Rechtsordnung zuständig sein sollen. Aus diesem Grund regt der Rechtsmittelwerber ein Normprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof in bezug auf § 22 VStG an. In eventu fordert er die analoge Heranziehung des § 28 StGB und die Strafausmessung in einer einzigen Gesamtstrafe.

3.10. Schließlich rügt der Rechtsmittelwerber, daß die im Spruch angegebenen Gesetzesstellen nicht in der auf den Sachverhalt anzuwendenden Fassung angegeben worden seien.

Aus all diesen Gründen beantragt er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Ladung der vorerwähnten Politiker sowie der betroffenen Dienstnehmer als Zeugen und die Verlesung des Akteninhaltes über das bisherige Verfahrensgeschehen.

Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Unständigkeit der belangten Behörde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu unter vorheriger Einleitung des angezogenen Normprüfungsverfahrens.

Hilfsweise beantragt er unter Beachtung des § 22 VStG die Anwendung des § 21 VStG bei allen verhängten Strafen und schließlich hilfsweise die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen für sämtliche gefährdeten Personen auf das gesetzlich zulässige Mindestausmaß unter Berücksichtigung allfälliger außerordentlicher Milderungsrechte.

4. Aufgrund der Berufung wurde am 1. April und am 4. Juni 1996 öffentliche mündliche Verhandlungen in Gegenwart des Rechtsmittelwerbers, seines Vertreters und einer Vertreterin des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk durchgeführt. In deren Rahmen wurde der Beschuldigte vernommen und ihm Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, in eine Übersicht des Unternehmens P über die Obsteinkäufe der Jahre 1980 bis 1995 Einsicht genommen bzw. diese verlesen.

Ferner wurde das Schreiben des Arbeitsamtes Wels vom 11.5.1994 betreffend die Bestätigung über erteilte Vermittlungsaufträge seitens der Firma P sowie das Schreiben des Landesrates H vom 5.4.1994 an den Rechtsmittelwerber verlesen. Schließlich wurden die Herren G D, K G, Dir. E A und A K als Zeugen vernommen.

5.1. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

Herr Ing. H P war und ist der handelsrechtliche Geschäftsführer der H P Getränke GesmbH mit dem Stammsitz in L, V, welche auch einen Filialbetrieb in E, besitzt und leitete, wie sich am Schlusse des erstinstanzlichen Verfahrens herausstellte, zum Tatzeitpunkt den Obstverarbeitungsbetrieb in E von dieser Filiale aus. Darüber hinaus hat das Unternehmen noch ein Auslieferungslager in Innsbruck.

Die Geschäftsbereiche des Unternehmens umfassen den Betrieb einer Weinkellerei, Erzeugung von Spirituosen, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten. Rund 80 % des Umsatzes werden exportiert. Die GesmbH besitzt auch einen zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführer namens Dr. F S, wobei die Geschäftsbereiche nur intern aufgeteilt sind.

Dem Rechtsmittelwerber ist es übertragen, die gesamten Gespräche mit in- und ausländischen Obstlieferanten zu führen. Bis zum Jahre 1985 wurden die Äpfel und Birnen aus Oberösterreich nach Vorarlberg transportiert. Um sich näher zum Obstgebiet zu bewegen und dadurch die Anlieferung und den Vertrieb besser steuern zu können, ließ sich das Unternehmen im Jahre 1985 in E nieder. Um eine hohe Rationalität und Qualität zu bieten, bedurfte es für den Standort E einer Investition von rund 250 Mio. Schilling. Im Jahr 1993 wurde ein Werk "2" mit einer Flaschenabfüllanlage errichtet. Waren im Jahre 1992 noch 27 Mitarbeiter ganzjährig beschäftigt, so wurden im Jahr 1993 in E 40 neue Dauerarbeitsplätze geschaffen. In den jeweiligen Saisonen der Obstverarbeitungskampagne, welche jährlich von September bis November jeden Jahres läuft - wurden Saisonarbeitskräfte, und zwar vornehmlich Bauern im Nebenerwerb, eingestellt, wobei pro Kampagne drei bis vier Leute noch zusätzlich eingestellt wurden, um für eventuelle Ausfälle gerüstet zu sein. Diese Leute wurden aufgrund geübter Praxis etwa Mitte August aufgenommen, wobei zunächst eine Schicht gefahren wird. Die dadurch erreichte Ausbildung für die Verarbeitung erlaubt es, daß dann zum Hauptanlieferungszeitpunkt drei Schichten gefahren werden. Die Sortierung des Obstes (Trennung von angefaulten Stücken) erfolgt händisch, ansonsten wird die Anlage im wesentlichen vollautomatisch (offensichtlich mit Überwachungsfunktionen des Personals) gefahren. Bei dem in Oberösterreich zur Verwertung gelangenden Obst handelt es sich um Fallobst. Am wenigsten haltbar ist die Birne, bei der es bis zur Verarbeitung höchstens drei Tage dauern darf. Äpfel halten sich ein bis zwei Tage länger ohne Qualitätseinbußen zu erleiden.

5.2. Um nach der Erfahrung hinreichend Personal für die Obstkampagne zu haben, wird eine Schätzung der zu erwartenden Ernte vorgenommen, wobei Auskünfte der zuständigen Referenten der Landwirtschaftskammer eingeholt werden und vom Betrieb aus schon nach der Blüte, beinahe monatlich, mit 50-60 namhaften inländischen Lieferanten von Äpfeln und Birnen Kontakt gehalten wird, um die erwartete Obstmenge richtig zu taxieren.

Um die Schwankungsbreite des inländischen Obstanfalles aufzufangen, die Dauerarbeitsplätze zu halten, aber auch in verstärktem Umfang die maschinelle Einrichtung zu nützen, wird vom Unternehmen auch ausländisches Obst geordert und zwar vornehmlich Äpfel, welche händisch gepflückt und von Natur aus besser haltbar sind. Dies hat überdies den Vorteil, daß Obst aus südlicheren Gegenden, welches früher ausreift, schon im August geliefert werden kann. Bei den übrigen Lieferterminen wird getrachtet, diese so zu gestalten, daß die voraussichtliche heimische Obsternte voll untergebracht bzw. verarbeitet werden kann. Aufgrund des vorerwähnten mengenmäßigen Anfalles der heimischen Obsternte betrug, bezogen auf die Gesamtmenge, der Anteil des heimischen Obstes in den Jahren 1980 bis 1985 (der noch nach V ging) bei einer durchschnittlichen Produktionsmenge von Fruchtsäften und Konzentraten von rund 22.230.000 Einheiten zwischen 100 % und 44 %. In den Jahren 1986-1990 betrug der heimische Obstanteil zwischen 81 und 13 %, wobei die Jahresproduktion im durchschnittlichen Jahresfünftel rund 40 Mio. Einheiten ergab. In den Jahren 1991-1995 machte der Anteil des heimischen Obstes zwischen 64 % und 25 % bei einer durchschnittlichen Jahresfünftelerzeugung von 60.530.000 Einheiten aus.

5.3. Im Jahre 1993 selbst betrug der Anteil des eingekauften heimischen Obstes 26 % der verarbeiteten Gesamtmenge von 93.873.705 kg. Im Jahre 1993 wurde wie erwähnt aufgrund der eingeholten Information eine schwächere Birnenernte vorausgesagt. Entgegen den Erwartungen blieb das auf den Bäumen stehende Obst von gröberen Witterungsunbilden verschont.

Aufgrund eines sehr warmen Herbstes reiften die Früchte zügig aus, fielen in großen Mengen zu Boden und standen zur Verarbeitung heran. Es kam zu einem Überangebot insbesondere von Mostbirnen an die einschlägigen Verarbeitungsbetriebe wie insbesondere P und Y Obstverwertung. Auch Betriebe in Vorarlberg und in der Steiermark konnten die Mengen nicht abnehmen.

5.4. Zuvor hatte es das Unternehmen in die Wege geleitet, über das Arbeitsamt zusätzliche Arbeitskräfte zu gewinnen, was nur in beschränktem Umfang gelang.

5.5. Durch den Annahmestop kam es bei den Bauern zu Unruhen, wobei auch einem Abgeordneten gedroht wurde, das nicht abgenommene und verfaulende Obst vor die Haustüre zu kippen.

Ferner drohten die Bauern, die Birnenbäume, deren Erhaltung und Pflanzung von fachkundigen Personen und Politikern im Interesse der Landeskultur unterstützt und deren Pflanzung subventioniert worden war, umzuschneiden.

5.6. Aufgrund dieser Umstände wurde von seiten des Landeshauptmannes und des zuständigen Agrarlandesrates beim Rechtsmittelwerber interveniert, ob nicht eine weitere Annahme des Obstes möglich sei. Dieser besprach sich mit seinen Mitarbeitern, ob sie sich in der Lage sähen, die Arbeiten unter Leistung von Überstunden, Verkürzung der Ruhezeit und teilweisem Entfall der Wochenruhe, sowie bei einigen unter Verzicht auf Urlaub, zu bewältigen. Als von der Dienstnehmerseite ein positives Echo kam, entschloß sich kurz darauf der Rechtsmittelwerber zur weiteren Übernahme des Obstes, wobei es ihm gelang, (nur) einige Liefertermine ausländischer Vertragspartner zurückzuverschieben und führte die Übernahme fort, ohne daß er einen ihm möglichen Preisdruck auf das inländische Obst ausübte.

Gegenüber den zur Mehrarbeit motivierten Arbeitnehmern wurde bei der Diensteinteilung Rücksicht auf familiäre Termine genommen und wurde auch die Arbeitsdauer bei Bedarf flexibel gestaltet. In Summe ging es jedoch bei der Übernahme und der Verarbeitung der inländischen Obsternte an mehreren Tagen des Oktober und vereinzelt auch noch zu Beginn November 1993 nicht ohne die Verletzung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften, hier gegenständlich die ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden, ab.

Die zur Verfolgung gelangten Unterschreitungen bewegen sich von bloß an einem Tag geschehenen Unterschreitungen um 2 1/4 Stunden bis zu an mehreren Tagen geschehenen erheblichen Unterschreitungen der ununterbrochenen Ruhezeit bei den Arbeitnehmern der Obstkampagne.

5.7. Unter den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aufscheinenden Arbeitnehmern befinden sich auch solche, welche im sogenannten Werk 2 Verwendung fanden. Es handelte sich um G D, K G, E G, M L, G W und G W.

Auch M G war im Werk 2 beschäftigt, war aber von der Unterschreitung der Ruhezeit nicht betroffen.

Das Unternehmen hatte sich Ende 1992 entschlossen, von der alleinigen Abfüllung in Tetrapaks abzugehen, eine Flaschenabfüllanlage anzukaufen und zu installieren. Hiefür waren für die aus Teilaggregaten bestehende Anlage Liefertermine vorgesehen, die ein Anfahren der Anlage Ende August-Anfang September 1993 zum Ziel hatten, um bereits vor der Obstkampagne gerüstet zu sein. Zu diesem Zweck wurde auch inländisches Personal, welches durch die Schließung der Coca-Cola-Abfüllanlage in Linz freigesetzt wurde, aufgenommen. Teilweise wurden infrastrukturelle Maßnahmen wie die Versorgung mit Wasser, Dampf und andere nicht termingerecht fertig, sodaß die Inbetriebnahme auf Anfang Oktober verschoben werden mußte. Das Personal war schon ab August eingestellt. Es handelte sich um 12 Leute inklusive Labor, Lagerleiter und Betriebsleiter. Als die Anlage Anfang Oktober zusammengestellt und im Probebetrieb gefahren wurde, stellte sich nach zunächst probeweiser Flaschenabfüllung mit Wasser bei der anschließenden Saftbefüllung (in Chargen die auf etwa drei Stunden geplant waren) heraus, daß noch zahlreiche Einstellarbeiten zu leisten waren, wodurch es zu Stehzeiten und Überstunden kam. Die wenn auch zeitlich beschränkt geplanten Chargen wurden aufgearbeitet, um die zur Abfüllung bereitsgehaltenen mit Wasser versetzten Säfte (ohne Konversierungsmittel) nicht in den Verderb zu führen.

Der Rahmen der Unterschreitung der Ruhezeiten bezüglich jener Arbeitnehmer, welche im Werk 2 (Flaschenabfüllanlage) eingesetzt waren, war allerdings im Verhältnis zu den Obstkampagnearbeiten geringer.

5.8. Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aufscheinenden Ruhezeiten wurden vom zuständigen Arbeitsinspektorat anhand der Arbeitszeitaufzeichnungen (Stempelkarten) des Betriebes ermittelt und wurden objektiverweise im Verfahren niemals bestritten. Auch der übrige oben dargestellte Sachverhalt ist teils durch Zeugenaussagen teils durch Urkundenbeweise und durch die Angaben des Rechtsmittelwerbers glaubwürdig dargetan und unbestritten.

5.9. Aufgrund der Textierung des angefochtenen Straferkenntnisses im Spruch und in der nachfolgenden Begründung bezüglich des Arbeitnehmers L H und einer Ruhezeitunterschreitung am 8.10.1993 war eine Verfahrenseinstellung infolge Verfolgungsverjährung zu verfügen. Die erste diesbezügliche Verfolgungshandlung erging von seiten der Erstbehörde erst am 11.4.1994. Infolge des Charakters als fortgesetztes Delikt kamen allerdings bei G W und A E wegen des erstreckten Tatzeitraumes auch jene Ruhezeitenunterschreitungen noch in Betracht, welche 6 Monate vor dem 11.4.1996 (Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz) lagen. Sie sind ohnedies vom Schuldspruch des og.

Straferkenntnisses noch erfaßt. Es bedurfte daher lediglich einer Änderung der Begründung.

6.1. Im übrigen war aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen folgendes rechtlich zu bedenken:

Eingangs wird festgehalten, daß die örtliche Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, wie sich am Schluß des erstinstanzlichen Verfahrens herausstellte, gegeben war, obwohl es sich in Enns um einen Filialbetrieb der H P GesmbH mit dem Stammsitz in Vorarlberg handelte. Der Rechtsmittelwerber leitete zum Zeitpunkt der angelasteten Übertretung diesen Filialbetrieb von dessen Standort in E aus.

6.2. Die ständige Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes, welche zu verlassen der O.ö. Verwaltungssenat keinen Anlaß sieht, ist mit der Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates Vorarlberg und der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ident. Wenn der Rechtsmittelwerber meint, daß die Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gegeben gewesen sei, weil nach der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates Vorarlberg noch nicht die sechswöchige Frist für die Erhebung einer Beschwerde an ein Höchstgericht verstrichen gewesen sei und somit keine Rechtskraft bezüglich der Zuständigkeitsfrage gegeben gewesen sei, so ist zu bemerken, daß durch die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates Vorarlberg eine letztinstanzliche rechtskräftige Entscheidung getroffen worden ist und damit bindende Wirkung eintrat, wobei eine allfällige Verwaltungsgerichtshofbeschwerde keine aufschiebende Wirkung besaß, es sei denn, daß eine solche vom Verwaltungsgerichtshof selbst über Antrag zuerkannt worden wäre. Derartiges liegt nicht vor.

Durch die Übermittlung der Anzeigen des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land an die prima vista am Unternehmenssitz orientierte Bezirkshauptmannschaft Bregenz - und zwar unter Hinweis auf § 27 VStG (Anzeigen des AI vom 24.2.1994 zu deren Zl. 2160/15-9/94 betreffend Tagesarbeitszeit, Wochenarbeitszeit und Ruhezeit sowie deren Anzeige vom 15.2.1994, Zl. 2460/3-9/94 betreffend Wochenruhe) - wurde durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land kein der Rechtskraft fähiger, sie selbst daher nicht bindender und gesondert bekämpfbarer Unzuständigkeitsbescheid erlassen, zumal noch kein Verfahren eröffnet, sondern nur eine Anzeige übersandt worden ist.

Der Vergleich mit einem Unzuständigkeitsurteil in einem Zivilrechtsverfahren geht daher völlig ins Leere.

6.3. Was die Rüge der Mißachtung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land anlangt, wozu gemeint wurde, daß das gesamte Verfahren vor dieser hätte wiederholt werden müssen, so ist zu bemerken, daß die Strafverfolgungsbehörden erster Instanz den Art.6 MRK nicht anzuwenden verpflichtet sind, zumal für den Beschuldigten die Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates, darüber hinaus auch die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes als übergeordnetes Gericht garantiert ist.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land durfte daher die gesamten Ergebnisse des von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz geführten Verfahrens verwerten, in welchem die Gelegenheit zur Rechtfertigung des Beschuldigten ohnedies gegeben war und auch tatsächlich aufscheint. Was die Nichtaufnahme von Beweisen, insbesondere die Einvernahme von beantragten Zeugen, anlangt, so konnte dies nicht zur Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung der darin enthaltenen Verfahren führen, weil der unabhängige Verwaltungssenat vorgängig die erforderlichen Beweise unmittelbar selbst aufzunehmen und in der Sache zu entscheiden hat. Eine Zurückverweisung an die erste Instanz kommt aus diesem Grunde nicht in Betracht (vergl. § 24 VStG, Ausschluß des § 66 Abs.2 AVG, § 51e-§ 51i VStG).

6.4. Was die Anregung zu einem Normprüfungsverfahren bezüglich des in § 22 VStG enthaltenen Kumulationsprinzipes unter dem Blickwinkel des Art. 92 B-VG anlangt, aus welcher letzterer Bestimmung der Rechtsmittelwerber ableitet, daß schwere Verstöße gegen die Rechtsordnung in die Kompetenz der Strafgerichte zu fallen haben, ist folgendes zu bedenken:

Wohl handelte der Rechtsmittelwerber bei der Annahme und Verwertung der Obsternte einerseits und bei der Installierung bzw. Ingangsetzung der Flaschenabfüllanlage andererseits nach einem Gesamtkonzept und zwar in der Richtung und in dem Bewußtsein, daß arbeitszeitrechtliche Bestimmungen (sei es bezüglich der Tagesarbeitszeit, der Wochenarbeitszeit, der Ruhezeit oder Wochenruhe) angesichts des bestehenden Druckes, unter dem er sonst keinen Ausweg fand, hintan treten könnten bzw. müßten.

Die Schutzzwecke der in Betracht kommenden arbeitszeitrechtlichen Vorschriften sind zwar ident (insbesondere kommen in Betracht der Schutz der Gesundheit, das Erholungsund Ruhebedürfnis des Arbeitnehmers, die Kontaktmöglichkeit zur Familie und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen Mitbewerbern). Es kann nicht geleugnet werden, daß durch die Anwendung des Kumulationsprinzipes bei Ausschöpfung der Strafrahmen in Summe eine schwere Strafe zustandekommen kann, die weit über dem Maße liegt, mit der so manche Tat, welche von den Strafgerichten zu ahnden ist, liegt.

Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur dem Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum eingeräumt, ob er zur Ahndung einer Tat ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde bestimmt. Nur in Ausnahmefällen (z.B. bei Bestimmungen des Wiener Getränkesteuergesetzes) hat er die Strafverfolgung durch eine Verwaltungsbehörde als unzulässig bezeichnet. In ähnlich gelagerten Fällen, wie in der zur Beurteilung heranstehenden Sache, sind ihm hingegen keine verfassungsrechtlichen Zuordnungszweifel gekommen. Der O.ö.

Verwaltungssenat hält es daher wenig aussichtsreich und daher nicht zweckmäßig, einen diesbezüglichen Gesetzesprüfungsantrag zu stellen.

Der Themenkreis Realkonkurrenz steht von vornherein nicht im Widerspruch zu Art.4 Z1 des 7. Zusatzprotokolles zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Zur Frage deren Idealkonkurrenz liegt noch keine richtungsweisende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vor, insbesondere nicht, ob bei einheitlichem Gesamtkonzept zB der Nichteinhaltung der Tagesarbeitszeit und Wochenarbeitszeit bzw. der Ruhezeit, Idealkonkurrenz (allenfalls von den Schutzzwecken der Normen aus differenziert betrachtet) oder mehrere selbständige Taten, sohin Realkonkurrenz, gegeben ist. Eine scharfe allgemeine Unterscheidungslinie erscheint schwer zu ziehen zu sein und kann nur im Einzelfall beantwortet werden.

Bei der Rechtsanwendung ist es den Behörden durchaus möglich, den Gleichheitssatz insoferne zu wahren, als bei der Gewichtung der Unrechtsgehalte bei Erfüllung der verschiedenen Tatbestände insofern Rücksicht zu nehmen ist, wenn der Schutzzweck der Normen sich im wesentlichen deckt und sich nurmehr in weiteren Verästelungen voneinander unterscheidet womit ein Abschlag bei der Strafzumessung infolge bereits geahndetem Unrechtsgehalt stattfinden kann.

Damit ist eine verfassungskonforme Strafzumessung, welche im Ergebnis das Asperationsprinzip beinhaltet, jedenfalls nicht ausgeschlossen.

6.5. Zum Kernpunkt der Sache war folgendes zu bedenken:

Gemäß § 12 Abs.1 Arbeitszeitgesetz idF BGBl.Nr. 335/1993, gleichlautend wie in der Fassung BGBl.Nr. 446/1994, ist nach Beendigung der Tagesarbeitszeit den Arbeitnehmern eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden zu gewähren. Durch Kollektivvertrag kann zugelassen werden, daß die ununterbrochene Ruhezeit für männliche Arbeitnehmer nur 10 Stunden beträgt.

Ein Kollektivvertrag wurde nicht reklamiert.

Gemäß § 28 Abs.1 AZG idF BGBl.Nr. 335/1993 sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Bergbau von der Berghauptmannschaft, mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 28 Abs.1 Z4 AZG idF BGBl.Nr. 446/94 sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gemäß § 12 Abs.1, § 2a oder § 2b oder § 19a nicht gewähren, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, soweit es sich um Betriebe handelt, die der bergbehördlichen Aufsicht unterstehen, von der Berghauptmannschaft, mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 1 Abs.1 VStG kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Zum Zeitpunkt der zur Last gelegten Tat stand das Arbeitszeitgesetz idF BGBl.Nr. 335/1993 in Geltung.

Zum Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses durch die erste Instanz bestand durch die in der Zwischenzeit ab 1.7.1994 in Kraft getretene Novelle des Arbeitszeitgesetzes BGBl.Nr. 446/94 für dieselbe Tat eine mildere Strafe, zumal der strenge Rahmen der Ersatzfreiheitsstrafe wegfiel und kraft § 16 Abs.2 VStG der Rahmen der Ersatzfreiheitsstrafe nur mehr bis zu zwei Wochen betrug.

6.6. Bei einer allfälligen Bestrafung kam daher für den Schuldspruch das zur Tatzeit geltende Recht, für den Strafausspruch allerdings das günstigere Recht nach der Novelle des AZG durch BGBl.Nr. 446/1994 in Betracht. Diese hat die erste Instanz trotz der Zitierung der alten Strafnorm offensichtlich angewendet, zumal aus dem Straferkenntnis nirgends ersichtlich ist, daß - insbesondere im Hinblick auf die Ersatzfreiheitsstrafe - das außerordentliche Milderungsrecht Anwendung gefunden hätte. Die Ersatzfreiheitsstrafe hätte nämlich sonst in jedem Einzelfall mindestens drei Tage betragen müssen.

6.7. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht andere bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Die zweite Rechtsregel der Umkehr der Beweislast im 2. Satz der zitierten gesetzlichen Bestimmung, welche vor dem Urteil des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23.

Oktober 1995, A328-A, vom Verfassungsgerichtshof und vom Verwaltungsgerichtshof im Vertrauen auf den Vorbehalt der Republik Österreich bezüglich der auf Art.6 Abs.2 MRK im Auslegungsweg ausgedehnten Anwendung im Verwaltungsstrafverfahren nach dem AZG für unbedenklich gehalten wurde, mag angesichts der Interpretation der MRK durch die höchste hiefür gegebene Gerichtsinstanz außer Betracht bleiben und jedenfalls nicht zwingend erscheinen, wenn die Fahrlässigkeit durch ein Tribunal ohnedies nachgewiesen werden kann.

6.8. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Bei der H P GesmbH handelt es sich um eine solche juristische Person. Verantwortliche Beauftragte sind nicht bestellt.

Der Rechtsmittelwerber ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer zur Vertretung nach außen berufen. Es wurde eine Aufgabenübertragung gegenüber dem zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführer betreffend die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes im Sinn des § 9 Abs.2 erster Satz VStG nicht förmlich geregelt.

6.9. Gemäß § 20 Abs.1 AZG (für den Anwendungsbereich des § 12 leg.cit. gleichlautend idF der Novelle 335/93 und BGBl.Nr. 446/94) finden in außergewöhnlichen Fällen die Bestimmungen unter anderem des § 12 keine Anwendung auf vorübergehende und unaufschiebbare Arbeiten, die a) zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für die Sicherheit des Lebens oder für die Gesundheit von Menschen oder bei Notstand sofort vorgenommen werden müssen, oder b) zur Behebung einer Betriebsstörung oder zur Verhütung des Verderbens von Gütern oder eines sonstigen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Sachschadens erforderlich sind, wenn unvorhergesehene und nicht zu verhindernde Gründe vorliegen und andere zumutbare Maßnahmen zur Erreichung dieses Zweckes nicht getroffen werden können.

6.10. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder obgleich sie den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Die Anwendbarkeit der allgemeinen Notstandsregel im Sinn des § 20 Abs.1 lit.a AZG bzw. § 6 VStG war nicht gegeben, zumal die weitergehende Norm, welche in bezug auf die Gefahr des Verderbens von Gütern oder in bezug auf einen drohenden sonstigen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Sachschaden für den Rechtsmittelwerber günstiger ist. Im übrigen stellt sich die allgemeine Notstandsregel als lex generalis, die von wirtschaftlichen Aspekten getragenen Sonderbestimmungen hingegen als lex specialis dar.

6.11. Wenngleich beim Annahmestop des Obstes - die Flaschabfüllanlage war ohnedies nicht gesondert betroffen für die Politiker die Sache spektakulär wurde, so bestand gegenüber dem Rechtsmittelwerber keine unmittelbare Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit.

Der politische und der Lieferanten-Druck auf das Unternehmen, welches auf ein gutes Einvernehmen gerade gegenüber einem geschlossenen gut organisierten Lieferantenkreis angewiesen ist und sicherlich gegeben war, erschien dem O.ö.

Verwaltungssenat nicht so hochgradig, daß die wirtschaftliche Existenz bei Nichtannahme des Mostobstes unmittelbar vernichtet worden wäre. Diese Wechselbeziehung im bäuerlichen Kreis ist für einen ständigen Vertragspartner bekannt und muß einkalkuliert werden.

6.12. Eine Unterscheidung zwischen Obstkampagnedienstnehmer und Dienstnehmer des Werkes 2 (Flaschenabfüllanlage) erschien bei jeweils gegebener objektiver Unterschreitung der Ruhezeit geboten. Hiebei war ausgehend von dem vom erstinstanzlichen Spruch erfaßten konkreten Ausmaß, welches die objektive Tatseite prägte, bezüglich der subjektiven Tatseite je gesondert zu erwägen:

6.13. Obstkampagnedienstnehmer:

In realistischer Abschätzung der Situation hält der O.ö.

Verwaltungssenat es für gegeben, daß jeder andere wertverbundene Mensch (maßgerechter Obstverwerter) angesichts des politischen Druckes aufgrund der amtsbekannten massiven Bauernunruhen aus Gründen des drohenden Verderbs der Obst- vor allem der Birnenernte und des entfallenden oder stark geminderten Erwerbseinkommens der Bauern, bei ohnehin sinkenden landwirtschaftlichen Einkommen auf anderen Ebenen, wenn der zum Handeln Gezwungene kurzfristig damit konfrontiert wird, die Obsternte übernommen und verarbeitet hätte. Dies auch dann, wenn hiedurch die Leistung von Überstunden der Mitarbeiter im Obstverwertungsbetrieb, welche eine Unterschreitung der Ruhezeiten, Überschreitung der Tagesarbeitszeiten, der Wochenarbeitszeiten und den Verstoß gegen die Bestimmungen der Wochenendruhe unvermeidbar war.

Diese Verstöße fanden objektiv in einem für die jeweiligen Dienstnehmer engen zeitlichen Rahmen statt.

Der Angelpunkt der Vorwerfbarkeit der Tat und somit der Fahrlässigkeit, bei Zutreffen aller übrigen Eckdaten für die Anwendung der Ausnahmebestimmungen, ergibt sich vorverlagert aus der Prüfung der Frage, ob die Sache unvorhergesehen und nicht zu verhindern gewesen wäre.

Es ist dem Rechtsmittelwerber zuzugestehen, daß bei verantwortungsvoller Führung des Unternehmens ein steter Blick auf den Fortbestand des Unternehmens zu richten ist. Unnötige Personalkosten durch zu hohe Personalstände gefährden, wie die Vergangenheit und Gegenwart mannigfahrt lehrt, den Bestand des Unternehmens. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer haben Interesse am Untergang eines Unternehmens.

Insolvenzen erzeugen darüber hinaus Schäden für die gesamte Volkswirtschaft. Es ist daher dem Rechtsmittelwerber in der Eigenschaft als verantwortliche Person des Arbeitgebers zuzubilligen, daß er mit Augenmaß die Personalplanung vornahm und vornimmt.

Aus der von ihm vorgelegten Tabelle sind große Schwankungsbreiten der zu verarbeitenden Obstmengen seit dem Jahre 1980 bis herauf in das Jahr 1995 ersichtlich. Daß er das Augenmaß trotz der großen Schwankungen, mit Ausnahme der Obstkampagne 1993, wenn auch mit Mühe immer bewahrte und auch die anschließenden Jahre zur Zufriedenheit verliefen (was die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften betrifft) bescheinigt dem Rechtsmittelwerber ein hohes Maß an Treffsicherheit und Verantwortung. Zugleich sagt die erwähnte Tatsache aber auch aus, daß es offenbar möglich ist, auch mit schwankenden Verarbeitungsmengen zu Recht zu kommen. Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt nicht, daß es schwierig ist, ein halbes Jahr vor der nicht feststehenden zu übernehmenden Obstmenge die rechte Zahl der Saisonarbeiter zu ordern und auch zu bekommen und über Fehleinschätzungen im nachhinein von Außenstehenden leicht zu reden ist.

Aufgrund des sonstigen an den Tag gelegten erfolgreichen Dispositions- und Organisationsverhaltens kam der O.ö.

Verwaltungssenat allerdings nicht darüber hinweg, daß dem Rechtsmittelwerber im Jahre 1993 ein allerdings nur leicht zu bewertendes Versehen unterlaufen ist. Die Ausnahmegründe kamen daher nicht zum Tragen, wenngleich zahlreiche für den Beschuldigten sprechende Umstände, welche die Fahrlässigkeit minimierten, vorlagen.

6.14. Bei der Beurteilung des Gewichtes der objektiven Tatseite war von Belang, daß der Rechtsmittelwerber, bevor er sich auf die weitere Übernahme von Obst einließ, welche aus Kapazitätsgründen nur unter teilweiser Verletzung arbeitszeitrechtlicher Bestimmungen möglich war, die Belegschaft um deren Meinung und Zustimmung befragte und bei den zu leistenden Überstunden, welche auch eine Verkürzung der Ruhezeit mit sich brachten, auf die besonderen Bedürfnisse familiärer und sonstiger Art einging und allgemein im ansonsten, gegenüber dem Gesetz erweitert vorgebenen Rahmen, zugunsten der Arbeitnehmer flexibel blieb.

Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt weiters nicht, daß im Interesse der Erhaltung eines Arbeitsplatzes ein gewisser Druck auf einem Arbeitnehmer lastet, wenn der Arbeitgeber um entsprechende Mehrarbeit nachfrägt. Dieser Druck ist jedoch für den Arbeitnehmer gleichbedeutend ob ein Grund für die Anwendung der Ausnahmebestimmungen des § 20 AZG fehlt oder ob - nach Anzeige beim Arbeitsinspektorat und dem Vorliegen aller Voraussetzungen - außergewöhnliche Fälle im Sinn des § 20 AZG gegeben sind. Auch in letzterem Fall kann sich der Dienstnehmer der Mehrarbeit nicht entziehen, selbst wenn er keine solche leisten wollte.

Insofern sprach die Rückkoppelung des Rechtsmittelwerbers mit den Dienstnehmern und deren Einwilligung zur Mehrarbeit (siehe zum Thema Einwilligung des Verletzten den § 90 Abs.1 StGB und die im Kurzkommentar Foregger-Serini, Manz Verlag, Wien, 4. Auflage, zitierte Literatur und Judikatur) für ein geringes Gewicht des Unrechtsgehaltes. Im übrigen sind keine Folgen der Übertretung hervorgekommen, wenngleich es für die Erfüllung des Tatbestandes, wie dies der Rechtsmittelwerber zutreffend ausführt - ohnedies keiner Folgen bedarf.

6.15. Was den aus den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers implizit enthaltenen Putativnotstand anlangt, wird auf die zutreffenden Ausführungen der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen.

6.16. Da somit sowohl in objektiver als auch in subjektiver Weise der Tatbestand erfüllt wurde, waren die erstinstanzlichen Schuldsprüche bezüglich der Obstkampagnearbeiter zu bestätigen.

6.17. Arbeitnehmer des Werkes 2 (Flaschenabfüllanlage):

Etwas anders als bei den Arbeitnehmern der Obstkampagne 1993 verhielt es sich bezüglich der Arbeitnehmer für die Inbetriebnahme der Flaschenabfüllanlage im Werk 2.

Wenngleich das Maß der Nichteinhaltung arbeitszeitlicher Bestimmungen regierend die objektive Tatseite sogar noch etwas geringer war, als bei jenen Arbeitnehmern, welche im Werk 1 bei der Obstkampagne eingesetzt waren und daher das Gewicht der objektiven Tatseite jedenfalls auch als gering bewertet werden mußte und keine Folgen der Übertretungen hervorkamen, so war die Fahrlässigkeit bei der Planung der Arbeitszeiten der Dienstnehmer anläßlich des Einbaues und der Inbetriebnahme der Flaschenabfüllanlage gesondert zu beurteilen.

Von der Mehrarbeit im Werk 2 waren wie erwähnt die Arbeitnehmer G D, K G, E G, (M G hier aber nicht bei der Ruhezeit), M L, G W und G W betroffen.

Jeder erfahrene Unternehmer (Geschäftsführer) weiß, daß es bei der Lieferung von Maschinen insbesondere komplexer Natur, wenn mehrere Lieferanten oder Versorgungsunternehmen beteiligt sind, einerseits zur Verzögerung von Lieferterminen und andererseits beim Anfahren von frischmontierten Maschinen bzw. Automaten zu Fehlern und Stillständen kommen kann. Selbst wenn hohe Pönale angesetzt werden, können einerseits erhebliche Lieferverzögerung vorkommen und nimmt andererseits die Behebung von Automatenfehlleistungen bzw.

die Nachjustierung von Steuergeräten erhebliche Zeit in Anspruch.

Daß der Rechtsmittelwerber eine Chargenbegrenzung bei den Probeläufen von umgerechnet auf die Tagesarbeitszeit von drei Stunden vornahm, ließ das Maß der Fahrläsigkeit zwar nicht gröblich erscheinen. Nachdem die Unberechenbarkeit bei der Installation von Neumaschinen jedoch sehr hoch anzusetzen ist, konnte bei der von ihm vorgenommenen Personalplanung die Übertretung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

6.18. In der Zusammenschau der Umstände kam der O.ö.

Verwaltungssenat aufgrund der oben getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zur Überzeugung, daß das Maß der Fahrlässigkeit nicht so gering war, daß von einem geringfügigen Verschulden im Sinn des § 21 Abs.1 VStG gesprochen werden konnte.

6.19. Als ein außergewöhnlicher Fall im Sinn des § 20 Abs.1 VStG schied die Inbetriebnahme einer neuen Flaschenabfüllanlage wegen der nicht unvorhersehbaren Unzukömmlichkeiten von vornherein aus.

Aus diesem Grunde war infolge der Erfüllung der objektiven und der subjektiven Tatseite mit der Bestätigung des Schuldspruches auch bezüglich der im Werk 2 verwendeten Arbeitnehmer vorzugehen.

7.1. Was die Strafbemessung bzw. die Anwendung der Rechtswohltat des Absehens von Bestrafung bzw. des außerordentlichen Milderungsrechtes anlangt, war folgendes zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 16 VStG ist bei der Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohen Freiheitsstrafe und wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist (letzteres ist durch die Novelle des AZG BGBl.Nr. 446/1994 eingetreten) zwei Wochen nicht übersteigen.

7.2. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

7.3. Gemäß § 20 VStG kann bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Der Strafrahmen beträgt gemäß § 28 Abs.1 Auslaufsatz AZG idF BGBl.Nr. 446/1994 in Geld von 300 S bis 6.000 S.

Andere Vorschriften die eine strengere Strafe androhen würden, sind nicht evident.

7.4. Nachdem hinsichtlich der verwendeten Obstkampagnearbeiter, wie oben dargetan, bei der Übertretung der gegenständlichen arbeitszeitrechtlichen Vorschriften nur ein geringes Verschulden des Rechtsmittelwerbers gegeben war und keine Folgen mit der Übertretung verbunden waren und im übrigen die Zustimmung der herangezogenen Arbeiter eingeholt und darüber hinaus auf ihre besonderen Bedürfnisse eingegangen worden ist, konnte hinsichtlich dieses Personenkreises ein Strafausspruch entfallen und bedurfte es keines weiteren Ausspruches einer Ermahnung zumal es nach dem Vorfall im Jahre 1993, wie die Vertreterin des Arbeitsinspektorates in der mündlichen Verhandlung angab, in den folgenden Jahren keine weiteren Beanstandungen wegen Übertretungen arbeitszeitlicher Vorschriften gab.

7.5. Was die Zumessung der Strafe bezüglich der im Werk 2 verwendeten Arbeitnehmern nach den Grundsätzen des § 19 VStG anlangt, so ist zunächst festzuhalten, daß die persönlichen Verhältnisse und die Einkommensverhältnisse nach der Schätzung der ersten Instanz mangels weiterer Angaben des Rechtsmittelwerbers auch im Berufungsverfahren unbeanstandet geblieben sind. Es war diesbezüglich von einem durchschnittlichen Einkommen und Vermögen auszugehen und wurden auch keine außergewöhnlichen Sorgepflichten reklamiert.

Wenngleich bezüglich dieser Arbeitnehmer das Gewicht der objektiven Tatseite sogar geringer anzusetzen war als bei den Obstkampagnearbeitern und ebenfalls keine Folgen bei der Unterschreitung der Ruhezeit festgestellt werden konnte, so war die Rechtswohltat des § 21 Abs.1 VStG insoferne nicht anwendbar, weil wie bereits oben dargetan, das Verschulden die Fahrlässigkeit - nicht dementsprechend geringfügig war.

Ein maßgerechter Obstverwerter hätte die Störanfälligkeit bei Einführung einer neuen Flaschenabfüllanlage noch höher bewerten müssen und unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes seine Personalplanung einrichten müssen.

Alles in allem erschien bei gesamtheitlicher Betrachtungsweise der Lebenssituation die Strafzumessung der ersten Instanz bezüglich der Arbeitnehmer des Werkes 2 im Ergebnis angemessen.

7.6. Allerdings hat die Erstbehörde den Umfang der Ruhezeitenunterschreitung durch G W infolge vermeintlicher Verfolgungsverjährung (für die Tatzeit 6.10.1993) beim fortgesetzten Delikt, das auch noch am 12.10.1993 gegeben war, zu gering angesetzt.

Dies hatte bei der Gewichtung des Unrechsgehaltes durch entsprechende Erhöhung der Strafe Berücksichtigung zu finden.

Aufgrund des Auszuges aus den verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen vom 18.3.1994 der Bezirkshauptmannschaft Bregenz steht fest, daß der Rechtsmittelwerber als rechtskräftige verwaltungsrechtliche Vorstrafe zum Tatzeitpunkt lediglich eine relativ bedeutungslose Vormerkung der Übertretung einer kraftfahrrechtlichen Vorschrift besitzt (BH Bregenz X3126/1993 vom 17.2.1993, § 103 Abs.4 KFG iVm § 24). Außerdem ist im Bereich der BH Linz-Land eine geringfügige Übertretung der StVO vorgemerkt.

Damit mußte (nach der Judikatur des VwGH) der besondere Milderungsgrund der Unbescholtenheit entfallen. Andererseits liegen auch keine besonderen erschwerenden Umstände vor.

Die vom Rechtsmittelwerber als mildernd geltend gemachten Umstände fanden bei der Gewichtung der objektiven und subjektiven Tatseite bereits Berücksichtigung.

Da ein beträchtliches Überwiegen von besonderen Milderungsgründen nicht gegeben war, war auch ein Unterschreiten der Mindeststrafe im Sinn des § 20 VStG nicht zulässig.

Im einzelnen hat die erste Instanz ansonsten bei der Strafzumessung auf die individuellen Unterschiede der Ruhezeiten Bedacht genommen.

Insgesamt machten die Strafen wegen Übertretungen der Ruhezeiten 5.500 S aus. Im Hinblick auf das Gesamtkonzept der Inbetriebnahme der Flaschenabfüllanlage bis zum Funktionieren und den damit entgegenstehenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen betrug das damit verbundene Strafübel 23.000 S (worin die Übertretungen der Tagesarbeitszeit, der Wochenarbeitszeit und der Wochenruhe enthalten sind). Dies stellt sich als hinreichend dar, um den Grundsätzen der Ökonomie der Strafe zu genügen, zumal erwiesenermaßen in der Folge ein gesetzeskonformes Verhalten an den Tag gelegt wurde.

8. Da die Berufung des Rechtsmittelwerbers bezüglich der im Werk 2 beschäftigten Personen, Außer dem Fall einer Straferhöhung, keinen Erfolg hatte, mußte ihm der gesetzliche Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren von 20 % der bestätigten Geldstrafen auferlegt werden (§ 64 Abs.1 und 2 VStG).

9. Der Antrag des Rechtsmittelwerbers, den Agrarlandesrat in der mündlichen Verhandlung noch zeugenschaftlich zu vernehmen, war verfahrensrechtlich kein Erfolg zu gewähren, da die damals herrschenden Verhältnisse durch Urkundenbeweis, durch Aussage von Zeugen und durch die glaubwürdige Darstellung in der Rechtfertigung des Beschuldigten hinlänglich erwiesen sind. Dies hat auch in den Sachverhaltsfeststellungen Eingang gefunden.

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer

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