Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280199/21/Gu/Atz

Linz, 14.05.1996

VwSen-280199/21/Gu/Atz Linz, am 14. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufungen des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk sowie von P. M., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L.

J. K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 25.1.1996, Zl. Ge96-132-1994-Bi, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes nach der am 26. März 1996 und am 30. April 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Beide Berufungen werden abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird in beiden Fakten bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der bestätigten Geldstrafen, das sind 2 x 1.000 S, binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 28 Abs.1a Z4 AZG, § 28 Abs.1 Z2 AZG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als gemäß § 9 VStG für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verantwortlicher Beauftragter der K. & Co GesmbH. mit dem Sitz in .... B.-W., B. 49, verantworten zu müssen, daß der im Güterbeförderungsbetrieb der Gesellschaft beschäftigte Arbeitnehmer M. Ö., als Lenker des Kraftfahrzeuges GR-..., das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, 1. am 10.8.1994 zwischen 07.15 Uhr und 24.00 Uhr insgesamt 12 Stunden zum Lenken des Kraftfahrzeuges herangezogen wurde, obwohl die Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten darf und die Gesamtlenkzeit lediglich zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden darf; 2. nach Beendigung der Tagesarbeitszeit am 11.8.1994, 00.30 Uhr, lediglich eine Ruhezeit bis 03.45 Uhr, somit 3 Stunden 15 Minuten, sowie nach Beendigung der Tagesarbeitszeit am 12.8.1994, 01.15 Uhr, eine Ruhezeit bis 06.30 Uhr, somit 5 Stunden und 15 Minuten gewährt bekam, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden zu gewähren ist, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf.

Wegen Verletzung des Art. 6 Abs.1 der VO des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (VO 3820/85 iVm § 28 Abs.1a Z4 AZG einerseits und wegen Verletzung des Art. 8 Abs.1 der VO des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr VO 3820/85) iVm § 28 Abs.1a Z2 AZG wurden ihm Geldstrafen von 2 x 5.000 S (im Falle der Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auferlegt.

Die erste Instanz hat ihr Straferkenntnis unter Wiedergabe des Sachverhaltes umfangreich begründet und hinsichtlich der subjektiven Tatseite ein mangelndes Kontrollnetz beanstandet, welches nicht gegriffen habe und wodurch der Beschuldigte in die Pflicht genommen wurde. Hinsichtlich der vom Arbeitsinspektorat aufgeworfenen Frage, ob eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten wirksam zustande gekommen sei, wurden keine Form- oder Inhaltsmängel angenommen.

Das Straferkenntnis wurde nach dessen Zustellung einerseits vom Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk mit dem Hinweis bekämpft, daß die Stellung des P. M. als Disponent und somit als Manager der zweiten Ebene nicht für die erforderliche Stellung als leitender Angestellter hinreiche.

Herr M. könne jedoch als Bevollmächtigter neben dem handelsrechtlichen Geschäftsführer herangezogen werden.

Diesbezüglich sei das Straferkenntnis zu korrigieren und könne mit der Mindeststrafe im Sinn des § 28 AZG das Auslangen gefunden werden. Gleichzeitig wird beantragt das Strafverfahren gegen den verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichen (offenbar gemeint handelsrechtlichen Geschäftsführer) weiter zu führen.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte macht hingegen in seiner Berufung geltend, daß die Bestrafung aufgrund mangelhafter und unrichtiger Tatsachenfeststellungen und unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung rechtswidrig sei. Das Argument der ersten Instanz, daß kein wirksames Kontrollsystem vorliege, weil der Beschuldigte nicht darlegen habe können, daß das Entlohnungssystem keine finanziellen Vorteile durch Arbeitszeitüberschreitungen biete, sei unzutreffend, unzulässig, generalisierend und stelle nicht auf den konkreten Sachverhalt ab. Selbst durch das von der ersten Instanz ins Spiel gebrachte Entlohnungssystem wäre von seiten des Dienstgebers die Tat nicht zu vermeiden gewesen, weil der beschriebene Fahrer von sich aus und ohne Kenntnis und Zustimmung des Rechtsmittelwerbers gegen eine ihm ausdrücklich erteilte Weisung die Lenk- bzw. Ruhezeit nicht eingehalten habe, da der Fahrer vor dem bevorstehenden Wochenendfahrverbot in Italien und Österreich sowie dem bevorstehenden Feiertag (15.8.1994), also insgesamt drei Tage Stehzeit nicht in seinem LKW in Italien verbringen habe wollen, sondern diese Zeit zu Hause in Österreich sein wollte. Es habe sich dabei um Fahrten von Hamburg nach Bari Italien (9./11.8.1994) und dann um die Rückladung von Messagne nach Hamburg (10. - 16.8.1994) gehandelt.

Die erste Instanz habe sich nicht hinreichend mit dieser auf Schuldbefreiung lautenden Verantwortung des Beschuldigten auseinandergesetzt. Es lägen daher diesbezügliche Begründungsmängel vor und hätte die Feststellung getroffen werden müssen, daß der Beschuldigte über den Einsatz des Fahrers so disponiert hatte, daß ihm die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes grundsätzlich möglich gewesen wäre.

In seiner Rechtfertigung vor der ersten Instanz habe er bereits ventiliert, daß er in kontinuierlichen Abständen Überprüfungen der Arbeitszeitaufzeichnungen und der Fahrtenbücher sowie der Tachographenscheibe durchführt und bei Feststellungen von Übertretungen nach Androhung von Entlassungen auch Entlassungen ausgesprochen hat und ausspricht. Ein wirksames Kontrollsystem könne nur in der Kontrolle der Arbeiter bzw. deren Aufzeichnungen und Fahrtenbücher bestehen sowie des weiteren in der entsprechenden Disposition, daß derartige Übertretungen der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen durch Dienstnehmer nicht gesetzt werden können.

Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die erste Instanz feststellen können, daß der Beschuldigte ein wirksames Kontrollsystem installiert habe.

Wenn schon die Behörde erster Instanz dem Beschuldigten diesbezüglich keinen Glauben schenkte, was dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen sei, so hätte sie den Fahrer einvernehmen müssen, was ausdrücklich im Rahmen des Berufungsverfahrens beantragt werde. Im Ergebnis sei die ungeprüfte Annahme der Schuldfiktion des § 5 Abs.1 VStG aufgrund der Besonderheit des Falles nicht zutreffend und unzulässig. Es habe die behördliche Verpflichtung bestanden darzutun, worin die Fehler im behaupteten Kontrollsystem erblickt würden. Nachdem derartiges nicht aufgezeigt werden konnte, hätte in subjektiver Hinsicht die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht als erfüllt angenommen werden dürfen.

In eventu rügt der Rechtsmittelwerber die Strafbemessung. Im Hinblick auf das festgestellte Einkommen und der Sorgepflicht, insbesondere rücksichtlich des Umstandes, daß der Beschuldigte vorstrafenfrei sei und daher Milderungsgründe vorlägen, wogegen keine Erschwerungsgründe gegeben seien, sei die Strafe zu hoch angesetzt worden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, daß es sich nur um eine Fahrt bzw. um die Durchführung eines einzigen Auftrages gehandelt habe, weswegen die Annahme von nur einer Tat und einer Strafe gerechtfertigt sei.

Abschließend wird somit die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens beantragt, hilfsweise wird begehrt, die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

Aufgrund der Berufungen wurde am 26. März 1996 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in Erstreckung derselben am 30. April 1996 fortgeführt und geschlossen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der wesentliche Inhalt des erstinstanzlichen Aktes zur Erörterung gestellt, insbesondere die Ablichtung der Bestellungsurkunde des Beschuldigten zum verantwortlichen Beauftragten, die Ablichtungen der Tachographenscheiben betreffend den Lenker Ö. und das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen GR-... mit nachstehenden Datumsangaben, aus welchen die einzelnen Lenkund Ruhezeiten ersichtlich sind, und zwar vom 10.8.1994 Einsatz ab 7.00 Uhr bis 11.00 Uhr, zweite Tachographenscheibe vom gleichen Datum mit einer Einsatzzeit von 11.00 Uhr bis 21.30 Uhr, dritte Tachographenscheibe vom 10.8. auf den 11.8.1994 mit einer Einsatzzeit von 22.00 Uhr bis 10.30 Uhr, Tachographenscheibe vom 11.8. mit einer Einsatzzeit von 10.30 Uhr bis 15.55 Uhr, Tachographenscheibe vom 11. auf den 12.8.1994, mit einer Einsatzzeit von 16.05 Uhr bis 01.10 Uhr, Tachographenscheibe vom 12.8.1994 mit einer Einsatzzeit von 01.10 Uhr bis 17.40 Uhr.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde dem Beschuldigtenvertreter Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, insbesondere auch zu den fachkundigen Ausführungen des mitbeteiligten Arbeitsinspektorates für den 19.

Aufsichtsbezirk.

Die vom Beschuldigten beantragte Vernehmung des seinerzeitigen Kraftfahrers Mustafa Ö. konnte nicht erfolgen, weil der Genannte einer Ladung zur mündlichen Verhandlung am 26. März 1996, welche unter der Adresse der Arbeitgeberin K. & Co GesmbH. erfolgt ist, unentschuldigt nicht gefolgt ist und zwei weitere Ladungsversuche für den eigens zur Vernehmung angesetzten Termin 30. April 1996 erfolglos blieben. Eine Ladung per Adresse des Dienstgebers langte mit dem Vermerk "abgereist", zurück, die weitere neuerliche Ladung, gerichtet an die vom Beschuldigtenvertreter bekanntgegebene Unterkunft mit dem Vermerk auf der Zustellungsurkunde "verzogen". Weder der Meldebehörde noch einer Verfahrenspartei war der Wohn-, bzw.

Aufenthalts- oder Beschäftigungsort, sohin keine Abgabestelle bekannt.

Der für die Entscheidung relevante Sachverhalt stellt sich jedoch auch ohne Vernehmung des Zeugen aufgrund der vorangeführten Beweismittel für die Beurteilung hinreichend wie folgt dar:

Der Beschuldigte P. M. wurde von dem zur Vertretung der K. & Co GesmbH. mit dem Sitz in P., B. 49, berufenen hr.

Geschäftsführer zum Jahresende 1993 als verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und der Fahrtenbuchverordnung bestellt und hat dieser Bestellung auch zugestimmt. Vom Bestellungsvorgang hat das Unternehmen sowohl die für den Sitz zuständige Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen und mit Eingabe vom 11.3.1994 auch das Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk verständigt.

Nachdem sich die Bestellung auf eine beigefügte Liste von bestimmt angegebenen Fahrzeugen, worunter auch die Disposition über den Einsatz des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen GR-... befindet, bezog, ist die sachliche Abgrenzung hinreichend bestimmt. Der Beschuldigte hat bezüglich des Einsatzes dieser Fahrzeuge samt Fahrer die volle Dispositionsgewalt. Er besitzt Anordnungs- und Weisungsbefugnis und kann erforderlichenfalls gegenüber ungehorsamen Dienstnehmern disziplinär vorgehen, was bis zur Entlassung reicht.

Nachdem die Zahl der ihm unterstellten Fahrzeuge groß ist, verfügt er über mehrere Disponenten, welche ihm nachgeordnet sind und welche Disponenten er auch überprüft.

Darüber hinaus ist es ihm bei der Führung des Unternehmens übertragen, die Aquisition der Geschäfte zu betreiben, bei Reklamationen und Termingeschäften, und bei Beschädigung der Ladung Veranlassungen zu treffen.

Für die Aufsicht bei der Disposition und die Kontrolle steht ihm hauptsächlich pro Woche der Freitag nachmittag zur Verfügung. Zwischenzeitig nutzt er schwächere Zeiten der angeführten übrigen Geschäftstätigkeiten für Kontrollen.

In seiner Stellung im Unternehmen fungiert er in der Zusammenschau der Merkmale als leitender Angestellter und ist aus diesem Grunde die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung für die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes an ihn bezüglich des Sattelkraftfahrzeuges (Zugfahrzeug GR-938R, Sattelanhänger GR-19RF), welches verfahrensgegenständlich ist, rechtmäßig übertragen worden.

Laut Rechtfertigung des Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren vom 31.1.1995 und der Berufung vom 9.2.1996 hatte der Dienstnehmer Ö. im Zeitraum vom 9.8.1994 mit dem vorstehenden Fahrzeug des Unternehmens K. GesmbH von Hamburg aufzubrechen, nach Bari (Süditalien) zu fahren, zu entladen, im nahegelegenen Messagne Ladung aufzunehmen und am 16.8.1994 wieder in Hamburg zu sein. In der vorzitierten Rechtfertigung vom 31.1.1995 hatte er den Auftrag, die Fahrt von Hamburg am 9.8.1994 anzutreten, am 11.8.1994 in Bari zu entladen und am selben Tage, nämlich am 11.8.1994, Rückladung in Messagne aufzunehmen um am 16.8.1994 wieder in Hamburg zu sein. In der Berufung vermeint der Beschuldigte, daß die Rückladung in Messagne am 10.8. aufzunehmen gewesen sei und daß der Fahrer für die Fahrt nach Hamburg bis zum 16.8.1994 Zeit habe.

Nach Konfrontation mit der Rückrechnung des anzeigeerstattenden Organes des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk anhand der unwiderlegbaren Tachographenscheiben und der daraus ersichtlichen Eckdaten änderte der Rechtsmittelwerber seine Verantwortung dahingehend, daß alle ins Spiel gebrachten Tage 9./11.8.1994 bzw. 10. bis 16.8.1994 keine fixierten Abfahrts- und Ankunftstage gewesen seien, an denen Termingeschäfte hätten abgewickelt werden müssen, sondern dem Fahrer bei der Disposition nur mitgeteilt worden sei, daß ab den bekanntgegebenen Tagen die Ladungen zur Aufnahme bereitstehen würden.

Der unabhängige Verwaltungssenat kommt anhand der Erstverantwortung und der Tachographenscheiben zur Überzeugung, daß somit vom Fahrer jedenfalls erwartet wurde, am 9.8.1994 sich von Hamburg aus auf die Fahrt nach Bari zu begeben, um am 11.8.1994 dort Ladung abzugeben. Des gleichen wurde von ihm erwartet, daß er noch am 11.8.1994 in Messagne Ladung aufnahm, um spätestens am 16.8.1994 wieder in Hamburg zu sein um zur weiteren Disposition zu stehen. Dies entspricht den vorerwähnten ersten Rechtfertigungsangaben vom 31.1.1995 und der Lebenserfahrung, wonach in einem Transportgewerbe zum Zwecke der Auslastung der Fahrzeuge es nicht im Belieben der Fahrer steht, wann er die eine Fahrt beendet und die nächste Fahrt übernehmen soll. Der Änderung der Verantwortung des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung nach erdrückender Beweislage kommt daher keine Glaubwürdigkeit zu.

Für die Eingrenzung der zur Verfügung stehenden Zeit war bei der Disposition der in Rede stehenden Fahrt maßgeblich, daß am Nachmittag des 13.8.1994 (einem Samstag) das Wochenendfahrverbot zu greifen begann, sich auf den darauffolgenden Sonntag, den 14.8.1994, erstreckte und auch noch der anschließende Montag, der 15. August 1994 ein gesetzlicher Feiertag war.

Daraus ergibt sich, daß die für die Route Hamburg - Bari, Messagne - Hamburg angesetzte Zeit vom 9.8.1994 bis 16.8.1994 von vornherein so gering bemessen war, daß die Route nur unter Umgehung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften bewältigt werden konnte. Dies ergibt schon die Tatsache, daß der Lenker auf seiner Fahrt nach Bari am 11.8.1994 nur eine Ruhezeit zwischen 00.30 Uhr und 03.45 Uhr, somit von drei Stunden und 15 Minuten einlegen konnte, um am selben Tage in Bari einzulangen, zu entladen und noch nach Messagne zu fahren, um am Abend desselben Tages nach Aufnahme der Ladung die Rückfahrt Richtung Hamburg antreten zu können.

Damit er überhaupt realistischerweise noch am Dienstag, den 16.8.1994 in Hamburg ankommen konnte, legte er am Freitag, den 12.8.1994 erst ab 01.15 Uhr bis 06.30 Uhr, sohin 5 Stunden und 15 Minuten eine Ruhezeit ein und wurde dann gegen 18.00 Uhr am 12.8.1994 von der Zollwachabteilung Brenner bei der Eingangsabfertigung unter anderem auch in Richtung Arbeitszeitgesetz überprüft und beanstandet.

Ausgehend von den Eckdaten für die rund 4100 km lange Fahrt von Hamburg bis zur Rückkehr ist unter Bedachtnahme auf die Tachographenscheiben und die Lebenserfahrung klar, daß die gesamte Fahrt nur bei Nichteinhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften innerhalb des Zeitrahmens vom 9. August 1994 bis 16. August 1994 zu bewältigen gewesen wäre, und zwar unabhängig davon, ob sich der Fahrer Ö. während des Sonnund Feiertages hätte in Österreich aufhalten wollen oder nicht.

Daß (sich) der Vertreter des Beschuldigten (nicht sicher war aber) glaubte, daß mit den Lenkern Tourenentlohnung vereinbart ist, macht es für ihn auf der subjektiven Tatseite nicht leichter, zumal diese Art der Entlohnung nach der Erfahrung die Mißachtung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften begünstigt, weil der Kollektivvertragslohn relativ niedrig ist.

Sowohl die Überschreitung der Lenkzeit als auch die Unterschreitung der Ruhezeit (hinsichtlich letzterer die beiden Unterschreitungen zu einem fortgesetzten Delikt zusammengefaßt wurden), waren beträchtlich. Dementsprechend wog auch die objektive Tatseite schwer und war das Gefährdungspotential, welches mit der Übertretung der arbeitszeitrechtlichen Normen einherging, in beiden Fällen beträchtlich. Was die subjektive Tatseite anlangt, so ist es für einen leitenden Angestellten, der die Disposition ausübt und überwacht, grob fahrlässig anzulasten, wenn er für die beschriebene lange Route und zurück nur so einen engen Zeitraum gesetzt hat, zumal nicht nur für eine Person seines Fachgebietes, sondern für einen einfachen Durchschnittsmenschen leicht erkennbar ist, daß diese Route innerhalb der gesetzlichen Lenkzeiten und unter Beachtung der Ruhezeiten sowie den Stehzeiten an der Grenze, bei der Ladetätigkeit, bei der Einhaltung der Lenkpausen und der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sowie der durchschnittlich erzielbaren Fahrgeschwindigkeit unter Last unmöglich war.

Die fachkundige Äußerung des Vertreters des Arbeitsinspektorates konnte den unabhängigen Verwaltungssenat überzeugen. Die vom Beschuldigten versuchte Abwälzung des Verschuldens auf den Lenker konnte den Beschuldigten nicht entlasten, weil sie am Kernpunkt seines Verschuldens, nämlich dem zeitlich eingesetzten Fahrtauftrag vorbeiging.

Es bedurfte daher gar keines Hilfsgriffes auf eine Umkehr der Beweislast im Sinn des § 5 Abs.1 VStG, sondern ist aus den vorstehend getroffenen Feststellungen klar, daß der Beschuldigte eine Sorgfalt außer Acht ließ, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten war, wodurch er hätte erkennen müssen, daß seine Disposition einem gesetzlichen Tatbild entsprach.

Nach Art. 6 Abs.1 der VO des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (VO 3820/85) darf die gesamte Lenkzeit zwischen zweitägigen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit neun Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf zehn Stunden verlängert werden.

Gemäß Art. 8 Abs.1 der vorzitierten Ratsverordnung ist innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzuhalten, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als neun zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf.

Gemäß § 28 Abs.1a AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs.1 der zitierten Ratsverordnung nicht gewähren (Z2) und Lenker, über die gemäß Art. 6 Abs.1 der zitierten Ratsverordnung zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen (Z4) von der Bezirksverwaltungsbehörde je mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S zu bestrafen.

Zutreffend hat die erste Instanz ausgeführt, daß das Arbeitszeitgesetz in seinem vierten Abschnitt (Sonderbestimmungen für Lenker von Kraftfahrzeugen) (§ 13 Abs.2), daß, wenn eine Bestimmung dieses Abschnittes Bestimmungen der VO 3820/85 wiederholt oder eine Angleichung durch Kollektivvertrag erfolgt ist, die jeweilige Bestimmung im Geltungsbereich der VO 3820/85 nicht anzuwenden ist. Daraus leitet sich ab, daß die VO 3820/85 dem österreichischen Recht vorgeht, wenn beide Regelungsbereiche gleiche Bestimmungen vorsehen oder eine kollektivvertragliche Anpassung erfolgt. Der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs (Arbeiter) sieht hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten der Lenker analoge Bestimmungen zu den Vorschriften der VO 3820/85 vor, sodaß im gegenständlichen Fall jedenfalls diese Verordnung Anwendung zu finden hat.

Gemäß § 9 Abs.2 VStG können die zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person oder Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Ein solcher verantwortlicher Beauftragter muß den Wohnsitz im Inland haben, seiner Bestellung nachweislich zustimmen und für den seiner Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen erhalten sowie strafrechtlich verfolgt werden können.

Arbeitnehmer/innen können gemäß § 23 Abs.2 ArbIG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu verantwortlichen Beauftragten dann rechtswirksam bestellt werden, wenn sie leitende Angestellte sind, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind.

Aufgrund der eingangs getroffenen Feststellungen kam der O.ö. Verwaltungssenat, wie die erste Instanz, zur Überzeugung, daß die Voraussetzungen für die Delegation der Verantwortung gegeben waren und diese auch tatsächlich eingetreten ist. Diesbezüglich wird auf die schriftlichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen.

Die Erfüllung der objektiven Tatseite war aufgrund der erdrückenden Beweislage niemals bestritten.

Daß die subjektive Tatseite vom Beschuldigten zu verantworten ist, hat das Beweisverfahren auf eine über jeden Zweifel erhabene Weise ergeben.

Aus diesem Grunde war der Schuldspruch zu bestätigen, wobei anzumerken gilt, daß nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Überschreitung der Lenkzeit und die Unterschreitung der Ruhezeit, auch wenn sie in Erfüllung eines Gesamtarbeitsauftrages erfolgt ist, als gesondertes Delikt anzusehen ist.

Wenngleich beide Normen dem selben Schutzzweck dienen, so bedingt eine ungebührliche verlängerte Lenkzeit nicht denknotwendig eine Mißachtung bzw. Unterschreitung der Ruhezeit. Aus diesem Grunde erscheinen die aus dem Erkenntnis Gradinger, Schmautzer u.a. aufgrund der Entscheidung des EGMR vom 23.10.1995, Nr. 33/1994/480/562 zu ziehenden Schlüsse auf gegenständlichen Fall nicht zwingend anwendbar.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die erste Instanz hat bei der Strafbemessung die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten und zwar die Sorgepflicht für Gattin und Tochter sowie das monatliche Nettoeinkommen von 15.000 S berücksichtigt.

Zutreffend vermerkt die erste Instanz, daß den beiden Fakten ein großer Unrechtsgehalt inne wohnte. Der O.ö. Verwaltungssenat ergänzt hiezu, daß auch die subjektive Tatseite anhand des Ergebnisses des Berufungsverfahrens schwer wog.

Der besondere Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB kommt nur jenem Täter zugute, der bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht. Dies liegt nach der ständigen Judikatur des VwGH nur dann vor, wenn ein gänzliches Freisein von Vormerkungen, so auch von Verwaltungsvormerkungen besteht. Ein bloßes Freisein von "einschlägigen Bestrafungen" bildet diesen Milderungsgrund nicht. Der Beschuldigte besitzt eine Vormerkung aus einer Abstrafung im Verkehrsbereich.

Bezüglich des Faktums 1. waren daher die Ausführungen der ersten Instanz zutreffend, daß keine Erschwerungs- und keine Milderungsgründe vorlagen. Hingegen belastete den Beschuldigten das Nichteinhalten der Ruhezeiten an zwei Tagen, wenngleich in der Figur des fortgesetzten Deliktes vereint, mit dem besonderen Erschwerungsgrund des § 33 Z1 StGB. Eine Straferhöhung durch den O.ö. Verwaltungssenat schied mangels eines darauf lautenden Antrages des Arbeitsinspektorates aus.

Aufgrund des Gewichtes der objektiven Tatseite und der Schwere des Verschuldens in der Zusammenschau mit den anderen erwähnten Umständen konnte daher der ersten Instanz kein Ermessensmißbrauch vorgeworfen werden, wenn sie den Strafrahmen mit je einem Fünftel ausgeschöpft hat.

Nachdem der Beschuldigte als verantwortlicher Beauftragter für die Tat voll einzustehen hatte und vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht "bloß" als Bevollmächtigter neben der weiter bestehenden Verantwortung des handelsrechtlichen Geschäftsführers betrachtet werden konnte, war die Angemessenheit auch der durch die erste Instanz verhängten Strafe gegeben.

Auch die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von je drei Tagen verletzt das in § 16 Abs.2 VStG festgelegte Verhältnismäßigkeitsgebot nicht.

Aus all diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich zu bestätigen.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß der erfolglose Rechtsmittelwerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG 20 % der bestätigten Geldstrafen als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu entrichten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. P. M., z.Hd. Rechtsanwalt Dr. L. J. K., ...straße 3, 4722 Peuerbach; 2. Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk zur Zahl 0070/1-19/96-Scha, Edisonstraße 2, 4600 Wels; 3. Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zur Zahl Ge96-132-1994-Bi, Manglburg 14 - 16, 4710 Grieskirchen unter Aktenrückschluß mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung der Entscheidung und um Eintreibung der Verfahrenskosten.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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