Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280200/5/Ga/Ha

Linz, 14.08.1997

VwSen-280200/5/Ga/Ha Linz, am 14. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Hans-Jürgen F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. C, Dr. G, Dr. A in W gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6. Februar 1996, MA2-Pol-5007-1995-Pi, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

I. Soweit Schuld und Strafe bekämpft werden: Der Berufung zu den Fakten A 1. und 5. sowie B 1. und 4. wird statt- gegeben; in diesem Umfang wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Soweit nur die Strafe bekämpft wird: Der Berufung wird teilweise stattgegeben; in den Fakten A 2., 4. und 6. sowie B 2. und 5. werden die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen; auferlegten Kostenbeiträge) wie folgt herabgesetzt: A 2.: auf 900 S (drei Stunden; 90 S); 4.: auf 600 S (zwei Stunden; 60 S); 6.: auf 900 S (drei Stunden; 90 S); B 2.: auf 300 S (eine Stunde; 30 S); 5.: auf 900 S (drei Stunden; 90 S). In den Fakten A 3. und 7. sowie B 3. wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen; diesbezüglich hat der Berufungswerber keine Kostenbeiträge für das Verfahren vor der Strafbehörde zu leisten. Rechtsgrundlage: AVG: § 66 Abs.4; VStG: § 24; § 16, § 19, § 21, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2; §§ 64ff.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "D K Gesellschaft m.b.H.", näherer Standort in W, verantwortlich, daß namentlich angeführte Arbeitnehmer (Fakten A 1. bis 7.) zu bestimmten Zeiten im November 1994 mit Tagesarbeitszeiten von mehr als zehn Stunden in diesem Betrieb beschäftigt worden seien, obwohl die Tagesarbeitszeit zehn Stunden als Höchstgrenze nicht überschreiten dürfe, und daß weitere namentlich angeführte Arbeitnehmer (Fakten B 1. bis 5.) in bestimmten Zeiträumen mit Wochenarbeitszeiten von mehr als 50 Stunden in diesem Betrieb beschäftigt worden seien, obwohl die Wochenarbeitszeit 50 Stunden als Höchstgrenze nicht überschreiten dürfe. Dadurch habe er jeweils § 9 AZG in den Fällen A 1. bis 7. hinsichtlich der Tagesarbeitszeit und in den Fällen B 1. bis 5. hinsichtlich der Wochenarbeitszeit verletzt und seien über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretungen in den Fakten A 1. bis 7. Geldstrafen im Ausmaß zwischen 300 S und 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: zwischen einer Stunde und 13 Stunden), in den Fakten B 1. bis 5. Geldstrafen im Ausmaß gleichfalls zwischen 300 S und 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: zwischen einer Stunde und 13 Stunden), je kostenpflichtig zu verhängen gewesen.

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, die allerdings nur in den Fakten A 1. und 5. sowie B 1. und 4. das Straferkenntnis zur Gänze anficht. Diesbezüglich beantragt der Berufungswerber Aufhebung und Verfahrenseinstellung mit der Begründung, daß es sich bei diesen beiden Arbeitnehmern um leitende Angestellte seines Unternehmens handle und insofern eine Übertretung des AZG in diesen Fällen gar nicht hätte angenommen werden dürfen. In allen anderen Fakten bekämpft die Berufung nur das Ausmaß der Geldstrafen und beantragt der Berufungswerber, gemäß § 21 VStG von der Verhängung der Strafen überhaupt abzusehen, hilfsweise die verhängten Strafen herabzusetzen.

2.2. Die belangte Behörde hat mit der Berufung den Strafakt vorgelegt und erstattete keine Gegenschrift. Die zur Berufung angehörte Amtspartei verwies indirekt zur Frage der Stellung von leitenden Angestellten auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und beantragte im übrigen die Bestätigung des Straferkenntnisses.

Zur Berufung gegen die Schuld (Fakten A 1. und 5.; B 1. und 4.) 3.1. Der Beschuldigte hat schon im Verfahren vor der Strafbehörde eingewendet, die Arbeitnehmer L und S seien leitende Angestellte seines Betriebes und deshalb vom AZG ausgenommen. Seine Behauptung untermauerte er mit der Vorlage von 'Organisationsrichtlinien' vom 18. August 1994 für die Produktionsplanung in seinem Unternehmen und der 'Stellenbeschreibung' vom 12. Mai 1993 für den Teilbereich Kalenderproduktion; beide Papiere liegen in Kopie dem Strafakt ein. Das angefochtene Straferkenntnis verwarf den Einwand des Beschuldigten und führte aus, daß "in der bloßen Aufsicht über mehrere Mitarbeiter einerseits und in der Verantwortlichkeit für die Umsetzung der von anderen erstellten Produktionspläne ... keine 'maßgebliche Führungsaufgabe' erblickt werden (kann), handelt es sich doch hiebei um keine für das Unternehmen einflußreiche Position. Der Umstand, daß Einstellung und Kündigungen nur nach Rücksprache mit anderen Organen der Gesellschaft ausgesprochen werden, zeigt, daß dem Arbeitnehmer Sturm und seinem Stellvertreter L im Rahmen der 'Personalhoheit' nur ein beschränkter Spielraum für eigenverantwortliche Entscheidungen eingeräumt ist." Dieser Begründung hält der nunmehrige Berufungswerber entgegen, daß sie in mehrfacher Hinsicht "unrichtig" sei. Insgesamt könne kein Zweifel bestehen, daß "diesen beiden Herren eigenverantwortliche Entscheidungen übertragen waren, die ihnen eine für das Unternehmen einflußreiche Position brachte, sodaß das AZG nicht anwendbar ist".

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.2. Gemäß § 1 Abs.2 Z8 AZG sind vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes "leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind", ausgenommen. Zu prüfen war daher, ob, wie vom Berufungswerber eingewendet, die Arbeitnehmer Johann L und Wilhelm S tatsächlich Leitungsfunktionen im gegenständlichen Betrieb - zumindest in wesentlichen Teilbereichen - zur Tatzeit innehatten.

Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs.2 Z8 AZG ist wortgleich mit seinem Pendant in § 1 Abs.2 Z5 des Arbeitsruhegesetzes geregelt. Zur Begriffsaus-legung verweist die einschlägige Fachliteratur auf die Gesetzesmaterialien einerseits (wonach die Absicht bestanden habe, den Begriff des leitenden Angestellten im Arbeitszeitrecht gegenüber der Betriebsverfassung weiter zu ziehen und damit einen größeren Personenkreis von den Vorschriften des AZG auszunehmen, wobei jedoch keinesfalls das dem Gesetz zugrunde liegende Schutzprinzip vernachlässigt werden dürfe) und auf die Judikatur andererseits. Danach ist der Ausnahmetatbestand bereits dann als erfüllt anzusehen, wenn ein Arbeitnehmer wesentliche Teilbereiche eines Betriebes eigenverantwortlich leitet, so nämlich, daß hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluß genommen wird. Der betreffende Arbeitnehmer müsse sich also auf Grund dieser seiner einflußreichen Position aus der gesamten Angestelltenschaft herausheben. Für eben diesen wesentlichen Teilbereich des Betriebes stelle er gleichsam den Unternehmensführer dar, der befugt sei, allen ihm in diesem Teilbereich unterstellten Arbeitnehmern Weisungen zu geben (genereller und individueller Natur; betreffend Inhalt und Organisation der Tätigkeit). Keineswegs aber müsse der betreffende Arbeitnehmer in diesem Bereich völlig weisungsfrei sein; auch der leitende Angestellte sei Arbeitnehmer und daher Weisungen ausgesetzt. Zu messen sei die Eigenverantwortlichkeit daher an einem relativen Maßstab und müsse dem leitenden Angestellten ein erheblich größerer Entscheidungsspielraum als anderen Arbeitnehmern eingeräumt sein. Maßgeblich sei auch, inwieweit er seine eigene Arbeitszeit selbst bestimmen kann und ob ihm Delegierungsbefugnis zukommt. Ist ein solcher Arbeitnehmer nicht nur mit Leitungsfunktionen, sondern auch mit anderen Tätigkeiten befaßt, so hänge seine Einordnung davon ab, welche Tätigkeit das Schwergewicht bildet (vgl VwGH 22.10.1992, 92/18/0354, mit Hinweis auf Erk 22.10.1990, 90/19/0318 und die dort zit. Vorjudikatur; Erk 25.11.1991, 91/19/0286; OGH 9 Ob A 268/92 v 16.12.1992).

3.3. Vor diesem Hintergrund hat der Berufungswerber - entsprechend seiner Mitwirkungspflicht (vgl VwGH 22.10.1992, 92/18/0354) in diesem Fall - solche konkreten und durch Beweisangebote auch untermauerte Behauptungen aufgestellt, aus denen bezüglich der maßgebenden Merkmale die Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes für die Angestellten L und S hervorgeht.

Das erkennende Mitglied sieht nach der Aktenlage keinen Grund, an der Herkunft der erwähnten Bescheinigungsmittel ('Organisationsrichtlinien' und 'Stellenbeschreibung'; oben 3.1.) und der Richtigkeit ihres Inhaltes zu zweifeln und hält auch für glaubwürdig, daß die vorliegenden Kopien mit den Originalen übereinstimmen.

3.4. Diese Bescheinigungsmittel belegen, daß beiden Angestellten die Produktion jedenfalls (auch) der Kalender verantwortlich übertragen ist. Nach der Aktenlage spricht nichts dagegen, diese Produktionssparte als wesentlichen Teilbereich des Unternehmens und die Verantwortung hiefür als Leitungsfunktion einzuschätzen. Daß die Besorgung dieser Leitungsfunktion in der Planungsphase im gemeinsamen Zusammenwirken zu erfolgen hat, beeinträchtigt die eigenverantwortliche Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabe nicht. Beide sind sowohl für die Erarbeitung des Produktionsplanes als auch für seine Verwirklichung verantwortlich und stimmen ihre Bereiche - ohne Dazwischentreten eines Dritten - gegenseitig ab. Ausgangspunkt ist dabei die 'Grobplanung nach Produkten' des Angestellten L. Auf dieser Basis hat dann der Angestellte S die 'Feinplanung' zu erstellen und im maßgeblichen Produktionszweig 'Kalender' die Maschinen- und Personaleinteilung durchzuführen. Angesichts dieses, so schon der Strafbehörde vorgelegenen Sachverhaltes ist die Auffassung der belangten Behörde, wonach L und S nur die "von anderen erstellten" Produktionspläne umzusetzen hätten, nicht nachvollziehbar.

Aktenwidrig ist auch die Darstellung des angefochtenen Straferkenntnisses, wonach beiden Angestellten nur die "bloße Aufsicht über mehrere Mitarbeiter" obliege. Ausdrücklich nämlich ist in der 'Stellenbeschreibung' die Kompetenz des Angestellten S niedergelegt, das für die Umsetzung der Produktionspläne des "K" sowie sonstiger Aufträge erforderliche Personal selbst einzusetzen (nicht also bloß zu beaufsichtigen). Näherhin kommt dies dadurch zum Ausdruck, daß er befugt ist, die Arbeitsaufzeichnungen der von ihm eingeteilten und von ihm auf Effizienz hin zu überwachenden Mitarbeiter zu kontrollieren, für sie Überstunden, Zeitausgleiche und Urlaube vorzusehen und dabei sich an der Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu orientieren. Diese, zweifellos auch Delegierungsmacht einschließende Personalbefugnis wird für die vorliegende Frage nicht etwa dadurch unbeachtlich, daß Maßnahmen wie Einstellungen, Kündigungen und Belobigungen nicht autonom vorgenommen werden durften, sondern nur - aber immerhin! - der Geschäftsleitung vorgeschlagen werden konnten. Auch die systematische Zusammenschau der 'Stellenbeschreibung' mit den 'Organisationsrichtlinien' erweist die Kompetenz zur Personaleinteilung für alle Kostenstellen und Mitarbeiter. Für den Angestellten L ist der faktische Einfluß auf den Personaleinsatz davon abzuleiten, daß ihm die Produktionsgrobplanung obliegt und daher eine das Gesamtwohl des Unternehmens einbeziehende solche Planung bereits auf dieser Stufe den betriebswirtschaftlich sinnvollen Personaleinsatz - gleichsam einem Unternehmer - mitbedenken muß. Hat aber der Angestellte S die Mitarbeiter dann in der Produktionsphase verantwortlich einzusetzen, folgt daraus auch seine Befugnis zu generellen und individuellen Anweisungen an diese ihm denknotwendig also unterstellten Arbeitnehmer. Verbunden damit ist, jedenfalls aus faktischer Sicht der Funktion, auch die Verantwortung für den betriebswirtschaftlich effizienten Maschineneinsatz. Die schon aus allen diesen Umständen im Teilbereich "Kalenderproduktion" hervorleuchtende unternehmerähnliche Verantwortung kommt darüberhinaus auch in der Zielbeschreibung der Leitungsfunktion des Angestellten S deutlich zum Ausdruck (Produktivitätssteigerung; Kostenminimierung; Qualitätsanhebung). Diese Ziele hat jedoch auch der Angestellte L verantwortlich in seinem Bereich mitzubedenken, soll die ihm obliegende Grobplanung als Basis für eine erfolgreiche Feinplanung tragfähig sein. Davon abgesehen ist seine Leitungsposition auch deshalb anzunehmen, weil nicht bloß seine Stellvertreteraufgabe (für den Betriebsleiter "K") allein (vgl VwGH 25.1. 1994, 93/11/0173) oder seine Aufgabe als "Assistent der Geschäftsleitung" allein eingewendet wurde, sondern hinzutretend, wie dargelegt, ihm auch eine eigene Kompetenz für die Produktionsplanung zugewiesen ist, was schon wegen des damit einhergehenden Entscheidungsspielraumes die hier maßgebliche Leitungsfunktion mit unzweifelhaften Einflußnahmen auf die Gesamtgestion des Betriebes ausmacht. Es liegt auch kein Hinweis vor, daß L und S sich nicht selbst ihre Arbeitszeit einteilen konnten (der Umstand allein, daß eigene Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitszeiten geführt wurden, erlaubt noch keine gegenteilige Annahme). Für die eigene Zeiteinteilung scheint auch zu sprechen, daß für diese beiden Angestellten im Vergleich zu den anderen involvierten Arbeitnehmern deutlich höhere Zeitüberschreitungen festgestellt wurden. 3.5. Insgesamt steht fest, daß beide Angestellten durch ihre je in Eigenverantwortung und im Zusammenwirken wahrzunehmenden Aufgaben sowohl betriebstechnischen als auch kaufmännischen und auch gewissen administrativen Einfluß auf die Entwicklung des ganzen Unternehmens bewirken und im Ergebnis eine im Verhältnis zu der gesamten Angestelltenschaft herausgehobene Position damit verbunden ist.

3.6. Zusammenfassend ist daher der Einwand des Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 1 Abs.2 Z8 AZG zu Recht erfolgt und war in den Fakten A 1. und 5. sowie B 1. und 4. das Straferkenntnis aufzuheben; gleichzeitig war das Verfahren, weil die Taten keine Verwaltungsübertretungen bilden, gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG einzustellen. Zugleich ist in diesen Punkten auch die Kostenpflicht des Berufungswerbers weggefallen.

Zur Berufung nur gegen die Strafe (Fakten A 2., 3., 4., 6., 7.; B 2., 3., 5.) 4.1. Zufolge der auf die Strafe eingeschränkten Berufung ist der Ausspruch über die Schuld zu diesen Fakten rechtskräftig geworden. Nur die Strafsanktionen liegen zur Entscheidung vor. Weil von der Teilrechtskraft auch der Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG erfaßt ist, hatte im übrigen unberichtigt zu bleiben, daß die belangte Behörde die durch die Taten verletzten Rechtsvorschriften jeweils nur unvollständig anführte. Gemäß § 51e Abs.2 VStG war auch diesfalls eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht durchzuführen. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Über die Berücksichtigung dieser Kriterien oder auch der Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens gibt das angefochtene Straferkenntnis entgegen § 60 AVG (§ 24 VStG) keine Auskunft. Die belangte Behörde führt lediglich aus, daß weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände zu werten gewesen seien und die Bedachtnahme auf die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten die Höhe der verhängten Strafen "angemessen und gerechtfertigt" erscheinen ließen.

4.3. Die hier in Rede stehende Übertretung im Sinne des § 28 Abs.1 Z1 AZG, also das Einsetzen der Arbeitnehmer über die Höchstgrenzen der täglichen bzw wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 9 leg.cit. gehört zu den häufigsten Verstößen gegen das im AZG niedergelegte Schutzprinzip. Die vom Berufungswerber ins Treffen geführte Freiwilligkeit, d.h. die Zustimmung der Arbeitnehmer zur Zeitüberschreitung kann den Angriff auf den Schutzzweck nicht ungeschehen machen, wenngleich dadurch dem Gesinnungsunwert der Taten - freilich unter der Voraussetzung, daß auf die betroffenen Mitarbeiter tasächlich kein unbilliger Druck ausgeübt wurde, wofür jedoch nach der Aktenlage kein Indiz hindeutet - keine Dominanz mehr zukommt.

4.4. Dies mit einbeziehend, hält der unabhängige Verwaltungssenat für die jeweils geringsten Übertretungen (Fakten A 3. und B 3.), die schon die belangte Behörde nur mit der Mindeststrafe geahndet hat, die tatbestandlichen Voraussetzungen des Absehens von der Strafe gemäß § 21 VStG (geringfügiges Verschulden; unbedeutende Folgen der Tat) für erfüllt und war hinsichtlich dieser Fakten dem Berufungsbegehren stattzugeben. Gleiches gilt, gerade noch, für das Faktum A 7., weil auch hier - so wie zu A 3. - eine nur einmalige Überschreitung der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit vorliegt und das Überschreitungsausmaß im Vergleich zum Faktum A 3. nicht um so viel höher liegt, daß nicht gleichfalls von der Strafe abzusehen wäre. Eine Ermahnung in diesen Fällen war mangels Erforderlichkeit jedoch nicht zu erteilen.

4.5. Zu Recht hat der Berufungswerber seine Unbescholtenheit als Milderungsgrund geltend gemacht. Nach der Aktenlage mußte absolute Unbescholtenheit angenommen werden und hätte, zumal die Umstände dieses Falles es nicht erlauben, dem Berufungswerber die grundsätzliche Verbundenheit mit der rechtlichen Ordnung der Arbeitszeit abzusprechen, daher die belangte Behörde den Milderungsgrund im Sinne des § 34 Z2 StGB zu berücksichtigen gehabt. Deshalb auch mußte die spezialpräventive Abschreckung bei der Strafbemessung in den Hintergrund treten und wird dabei auch mitbedacht, daß, wie der Berufungswerber unwidersprochen vorgebracht hat, der Betrieb mittlerweile stillgelegt wurde. Hingegen waren die vom Berufungswerber ins Treffen geführten wirtschaftlichen Überlegungen ebensowenig als besonderer Milderungsgrund zu werten wie der Hinweis auf die generelle, insgesamt in der EU zu beobachtende Tendenz zur Flexibilisierung der Arbeitszeit, wenngleich zuzugeben ist, daß die Beobachtung derartiger Tendenzen angesichts der als zu starr oder zu "bürokratisch" empfundenen heimischen Vorschriften selbst bei Produzenten mit ausgeprägter Sozialverantwortung zu einer durchaus verständlichen unternehmerischen Ungeduld verführen mag. Aus allen diesen Gründen waren die zu den übrigen Fakten verhängten Geldstrafen herabzusetzen und entsprechend dem unterschiedlichen Unrechtsgehalt (der sich aus der unterschiedlichen Anzahl einerseits und der saldierten Höhe andererseits der für die einzelnen Arbeitnehmer festgestellten Überschreitungen ergibt) abgestuft herabzusetzen. Der Maßstab für diese Abstufung orientiert sich daran, daß zu B 2. noch mit der gesetzlichen Mindeststrafe von 300 S das Auslangen gefunden werden konnte (was jedoch beim Faktum A 4. angesichts von fünf, wenngleich aber eher geringfügigen Einzelübertretungen schon nicht mehr der Fall war). Im Verhältnis dazu war jeweils auch die Ersatzfreiheitsstrafe neu festzusetzen. Gleichzeitig waren die erstinstanzlichen Kostenbeiträge nach Maßgabe des gesetzlichen Prozentsatzes zu mindern; Beiträge zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat waren dem Berufungswerber von Gesetzes wegen nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an die Parteien dieses Verfahrens:

Mag. Gallnbrunner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum