Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280237/6/Ga/La

Linz, 28.06.1996

VwSen-280237/6/Ga/La Linz, am 28. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des E B, vertreten durch Dr. C S, Rechtsanwalt in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.

April 1996, Zl. Ge96-166- 1994/Tr, wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in der Weise Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 7.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

auf 54 Stunden) herabgesetzt wird.

II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 750 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64 Abs.2, § 65.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig gesprochen:

"Sie haben als Komplementär und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG des Arbeitgebers M B KG, P, zu vertreten, daß am 29. April 1994 um ca. 7.45 Uhr im Bäckereibetrieb der M B KG in P, H, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz anläßlich einer Unfallerhebung festgestellt wurde, der jugendliche Lehrling E H, geb. , mit der Herstellung von Kornspitzen an der Kipfelwickelmaschine beschäftigt wurde, ohne daß bei dieser Maschine die übliche Schutzabdeckung montiert bzw. eine andere Schutzmaßnahme (Annäherungssicherung, Notausschaltvorrichtung udgl.) getroffen war, sodaß der Lehrling völlig ungeschützt mit der Hand in die beiden sich gegeneinander drehenden, auf einen Abstand von ca. 2 mm eingestellten Einzugswalzen gelangen konnte, wobei er sich schwere Verletzungen zuzog".

Dadurch habe er § 35 Abs.2 iVm § 100 AAV iVm § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ANSchG) verletzt.

Diese Gebotsnorm schreibe vor, daß, sofern bestimmte Gefahrenstellen nicht durch Schutzvorrichtungen gesichert sind, Schutzmaßnahmen anderer Art getroffen sein müßten, die ein gefahrbringendes Ingangsetzen oder Berühren bewegter Maschinenteile verhindern, oder deren Stillsetzen bewirken, wie Sicherungen mit Annäherungsreaktion, abweisende Einrichtungen, Schalteinrichtungen ohne Selbsthaltung oder selbsttätig und sofort wirkende Notausschaltvorrichtungen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung sei über den Berufungswerber gemäß § 31 Abs.2 ANSchG eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) kostenpflichtig zu verhängen gewesen.

1.2. Die Höhe der verhängten Strafe begründend, verweist die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt des Unrechtsgehalts der Tat auf eine durch die Mißachtung der Schutznorm bewirkte, schwere Verletzung des involvierten Arbeitnehmers. Schuldseitig habe zumindest Fahrlässigkeit angenommen werden müssen. Strafmildernd seien keine Gründe, straferschwerend sei jedoch zu berücksichtigen gewesen, daß der Berufungswerber bereits wiederholt wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften bestraft worden sei.

Schließlich seien der Strafbemessung die zu schätzen gewesenen - und vorgehaltenen - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen 20.000 S, kein Vermögen; keine Sorgepflichten) zugrundezulegen gewesen, sodaß insgesamt die vom Arbeitsinspektorat beantragte Strafe als tat- und schuldangemessen sowie den persönlichen Abschreckungszweck erfüllend zu verhängen gewesen sei.

2. Der Berufungswerber bestreitet die Tat nicht. Mit dem Inhalt seines Rechtsmittels bekämpft er nicht den Schuldspruch des eingangs zit. Straferkenntnisses, sondern nur dessen Strafausspruch. Dies hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 11. Juni 1996 bekräftigt.

Der Ausspruch über die Schuld ist somit teilrechtskräftig geworden.

3. Zugleich mit der Berufung legte die belangte Behörde den Strafverfahrensakt zu Zl. Ge96-166-1994/Tr/Amv vor und verzichtete auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. Das als Amtspartei am Verfahren teilnehmende Arbeitsinspektorat wurde zum Inhalt der Berufung angehört und erklärte, mit einer geringfügigen Herabsetzung der verhängten Strafe deswegen zu konvenieren, weil die Tat vom Beschuldigten nicht bestritten werde (das AI hat das ihm zu gewährende Parteiengehör als 'Zustimmungsrecht' fehlgedeutet).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätze regelt § 19 VStG. Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Strafbehörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens (hier:

gemäß § 31 Abs.2 ANSchG Geldstrafe bis zu 50.000 S) an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (§ 19 Abs.1 VStG) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (§ 19 Abs.2 VStG) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafe festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (sinngemäß sind hiefür heranzuziehen: §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches) gegeneinander abzuwägen. Im ordentlichen Strafverfahren sind schließlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde ihre Ermessensübung grundsätzlich nachvollziehbar dargestellt.

4.2.1. Im einzelnen hingegen läßt sich die Darstellung, wonach die Schutznormübertretung eine schwere Verletzung des Arbeitnehmers zur Folge gehabt hätte, aus dem Strafverfahrensakt nicht belegen. Vielmehr geht daraus nur hervor, daß ein anhängig gewesenes bezirksgerichtliches Strafverfahren eingestellt wurde. Überdies hat die belangte Behörde dem Einwand des Berufungswerbers, wonach von einer schweren Verletzung schon deshalb nicht ausgegangen werden dürfe, weil der Lehrling nach dem Vorfall nur kurz im Krankenhaus ambulant behandelt worden sei und sodann mit einem Pflaster versehen zunächst wieder in den Betrieb zurückgekommen und erst dann nach Hause gegangen sei, im Zuge der Berufungsvorlage weder widersprochen noch den Strafakt mit Bescheinigungsmitteln für die spruchgemäß angenommene schwere Verletzung ergänzt. Auch das Arbeitsinspektorat hat diesbezüglich nichts vorgelegt. Im Ergebnis ist die Annahme einer schweren Verletzung des Arbeitnehmers weder aus der strafbehördlichen Aktenlage ableitbar noch im Vorverfahren beim unabhängigen Verwaltungssenat bestätigt worden. Schon dieser Umstand zieht für die Strafbemessung eine geringere Bewertung des Unrechtsgehalts der Tat nach sich. Dadurch aber ist im Lichte des § 19 Abs.1 VStG die Herabsetzung der verhängten Strafe geboten.

4.2.2. Zwar trifft nach Ausweis des Strafaktes zu, daß der Berufungswerber "bereits wiederholt wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften rechtskräftig bestraft" werden mußte. So sind im einliegenden Vorstrafenauszug zwei Übertretungen des § 9 des Bäckereiarbeitergesetzes 1955 und eine Übertretung des § 17 Abs.5 KJBG nachgewiesen. Wenngleich es sich dabei um die - noch nicht getilgte - Übertretung von Arbeitszeitvorschriften handelt, die vor dem Schutzzweck immerhin auch Gesundheitsbelange berühren können, so ist echte Einschlägigkeit mit der vorliegend übertretenen Schutzvorschrift - die der Abwendung von unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben aus der Bedienung von Maschinen dient - dennoch nicht gegeben. Als einzige einschlägige Vorstrafe verbleibt somit nur die ausgewiesene Übertretung des § 23 Abs.3 AAV (betreffend 'Notausgänge'; es wurde eine Geldstrafe von 1.000 S verhängt), sodaß sich der angenommene Erschwerungsgrund wiederholter Vorstrafen auf den - evident weniger gewichtigen - Erschwerungsgrund einer Vorstrafe reduziert. Auch dieses Ergebnis stützt daher die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

4.2.3. Aus allen diesen Gründen hält der unabhängige Verwaltungssenat die nun festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 7.500 S für tat- und täterangemessen. Einer weiteren Herabsetzung, insbesondere auf das vom Berufungswerber beantragte Ausmaß von nur 4.000 S, steht hingegen der Unrechtsgehalt, aber auch - damit zusammenhängend - die Bedachtnahme auf den generellen und vor allem (wegen der einschlägigen Vorstrafe) speziellen Abschreckungszweck der Strafe entgegen.

Bei diesem Ergebnis war auch die Ersatzfreiheitsstrafe in einem das Verhältnis zur geminderten Geldstrafe wahrenden Ausmaß herabzusetzen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschuldigten von Gesetzes wegen Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen; ebenso im Gesetz begründet ist die Herabsetzung des dem Berufungswerber aufgetragenen Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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