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VwSen-280238/12/Kl/Bk

Linz, 08.07.1999

VwSen-280238/12/Kl/Bk Linz, am 8. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Manfred Z, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20.5.1996, Zl.96-126-1995-Bi, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "§ 28 Abs.1a letzter Halbsatz Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 446/1994".

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde einen Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 300 S, zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20.5.1996, Ge96-126-1995-Bi, wurde über den Bw im Spruchpunkt 1. eine Geldstrafe von 1.500 S, Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Art. 6 Abs.1 der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (EG-VO 3820/85) verhängt, weil er als Inhaber des Güterbeförderungsgewerbes in N, es zu verantworten hat, daß der im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer R, geb. am 24.10.1946, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen, das der Güterbeförderung dient und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, am 12. Jänner 1995 zu einer Lenkzeit von insgesamt elf Stunden herangezogen wurde, obwohl die Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit neun Stunden nicht überschreiten darf und die Gesamtlenkzeit lediglich zweimal pro Woche auf zehn Stunden verlängert werden darf.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin unrichtig rechtliche Beurteilung und Strafbemessung geltend gemacht. Begründend wurde ausgeführt, daß Art.6 Abs.1 der Verordnung 3820/85 lediglich Pflichten des Fahrers festlege, nicht jedoch des Arbeitgebers, sodaß dem Beschuldigten eine Pflichtverletzung nicht vorgeworfen werden könne. Im übrigen habe die Behörde in ihrer Verfolgungshandlung den Tatort nicht genannt, zumal die entsprechende VwGH-Judikatur, wonach der Unternehmenssitz Tatort ist, nach den gegenständlichen EG-Vorschriften nicht herangezogen werden könne. Schließlich hält der Beschuldigte seine Fahrer an, die gesetzlichen Vorschriften beim Lenken von Kraftfahrzeugen zu beachten. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Die Sorgepflichten für eine Frau und drei minderjährige Kinder seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und ergänzend darauf hingewiesen, daß die Rechtsansicht im angefochtenen Straferkenntnis aufrechterhalten werde und besondere Milderungsgründe im Verfahren nicht hervortraten. Auch liege keine Unbescholtenheit vor.

Weil sich die gegenständliche Berufung nur gegen die rechtliche Beurteilung sowie gegen das verhängte Strafausmaß richtet und eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, die Durchführung einer Verhandlung auch nicht beantragt wurde, konnte von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 VStG abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß Art.6 Abs.1 Unterabs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20.12.1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr darf die nachstehende "Tageslenkzeit" die genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit neun Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf zehn Stunden verlängert werden.

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 des Arbeitszeitgesetzes - AZG, BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 446/1994, sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gemäß Art.6 Abs.1 Unterabs.1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S zu bestrafen.

4.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat mit Erkenntnis vom 26. Mai 1997, VwSen-280238/Kl/Bk, das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1. aufgehoben und das Verfahren eingestellt, weil der Tatvorwurf nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ausreichend konkretisiert worden sei, weil aus dem Tatvorwurf nicht hervorgehe, ob dem Bw die Heranziehung des Lenkers zu zwei ungesetzlichen Stunden oder einer ungesetzlichen Stunde vorgeworfen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 97/11/0165, 0166-7, das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates in diesem Spruchpunkt aufgehoben und dazu im wesentlichen ausgeführt, daß § 28 Abs.1a Z4 AZG und Art.6 Abs.1 Unterabs.1 der Verordnung (EWG) nicht alternative Tatbestände, sondern jeweils einen Tatbestand mit einer oder zwei Ausnahmen von der betreffenden Grundregel enthalte, sodaß bei Zutreffen einer Ausnahme der betreffende Tatbestand nicht erfüllt ist. "Es genügt daher zum Vorliegen einer tauglichen Verfolgungshandlung, die jeweilige Gesamtlenkzeit bzw ... anzuführen. Ob auf den Sachverhalt allenfalls eine der Ausnahmen zutrifft und damit der betreffende Tatbestand nicht gegeben ist, ist bei der rechtlichen Subsumtion der Tat gemäß § 44a Z2 VStG zu prüfen, keinesfalls aber Erfordernis einer tauglichen Verfolgungshandlung." Zur Frage des Tatortes führte der Verwaltungsgerichtshof aus: "Es besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß mit der Schaffung der genannten Bestimmung durch die Novelle BGBl.Nr. 446/1994 der bisher geltende Grundsatz der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften durch Arbeitnehmer in irgendeiner Weise geändert werden sollte. Die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften kommt weiterhin zum tragen. Auch erfaßt der Begriff "einsetzen" nach seiner Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch auch das von der Erstbehörde als "heranziehen" von Arbeitnehmern umschriebene Verhalten des Mitbeteiligten. Es ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt die Annahme des Eintrittes der Verfolgungsverjährung nicht berechtigt."

4.3. Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wurde der Sachverhalt zu keiner Zeit vom Bw bestritten und steht daher erwiesen fest. Unter Zugrundelegung der angeführten gesetzlichen Bestimmungen und der diesbezüglich ergangenen Judikatur des VwGH wurde der objektive Tatbestand einwandfrei erfüllt, zumal der Lenker zu einer Lenkzeit von insgesamt elf Stunden herangezogen wurde, obwohl die Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit neun Stunden nicht überschreiten darf. Eine Verlängerung der Tageslenkzeit auf zehn Stunden ist weder der Anzeige noch dem Ermittlungsverfahren noch den Ausführungen des Bw zu entnehmen.

Zu den weiteren Berufungsausführungen ist anzumerken, daß zwar nach Art.6 Abs.1 Unterabs.1 der EG-VO 3820/85 Pflichten des Lenkers ausgesprochen sind. Die Pflicht des Unternehmers, das "Umfeld entsprechend zu gestalten", indem ein Arbeitsplan für die Fahrer zur Einhaltung dieser Verordnung sowie der Verordnung Nr. 3821/85 zu erstellen sowie auch die Einhaltung der beiden Verordnungen regelmäßig zu überprüfen und bei Zuwiderhandlungen entsprechende Maßnahmen zu setzen sind, befindet sich erst im Art.15 der EG-VO 3820/85. Die Einhaltung dieser Unternehmerpflichten wurde im AZG nicht unter Verwaltungsstrafe gestellt. Allerdings hat der Bw in seinen weiteren Ausführungen übersehen, daß sich eine Pflicht des Unternehmers nicht aus der zitierten EG-VO 3820/85, sondern aus § 28 Abs.1a Z4 AZG ergibt, nämlich daß er Lenker nicht über die in der zitierten Verordnung festgesetzten Lenkzeiten hinaus einsetzen darf. Der Verweis auf "die gemäß Art.6 Abs.1 Unterabs.1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit" im § 28 Abs.1a Z4 AZG dient lediglich der Übernahme der Regelungen hinsichtlich der zulässigen Lenkzeit. Ein Verweis auf die Pflichten in dieser Verordnung ist aber dem § 28 Abs.1a Z4 AZG nicht zu entnehmen. Vielmehr legt letzterer - wie oben ausgeführt - selbst die Verpflichtung des Arbeitgebers bzw dessen Bevollmächtigten fest. Durch den Verweis auf "die gemäß Art.6 Abs.1 Unterabs.1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit" werden nur die in der Verordnung festgelegten Lenkzeiten ins nationale Recht rezipiert.

Im Hinblick auf die Berufungsausführungen zum Tatort und dessen mangelhafter Konkretisierung wird auf das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen. Dem gegenständlichen Straferkenntnis ist der Unternehmenssitz in N, zu entnehmen. Die Berufungsausführungen sind daher nicht zutreffend.

Es hat daher der Bw die angelastete Tat sowohl objektiv als auch subjektiv zu verantworten. Hinsichtlich des Verschuldens ist gemäß § 5 Abs.1 VStG von Fahrlässigkeit auszugehen - auch bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt -, wobei Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Bw nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Berufung enthält kein Vorbringen hinsichtlich des Verschuldens und es wurde daher der entsprechende Entlastungsnachweis nicht erbracht. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Bw initiativ alles vorzubringen, was zu seiner Entlastung führen kann und auch entsprechende Beweismittel konkretisiert anzuführen.

Es war daher das Straferkenntnis spruchgemäß zu bestätigen.

4.4. Zur verhängten Strafe ist jedoch auszuführen, daß die belangte Behörde auf die Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG ausreichend Bedacht genommen hat. Insbesondere hat sie auf das Verschulden, auf die Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie auch auf die persönlichen Verhältnisse des Bw Bedacht genommen. Es ist ihr beizupflichten, daß die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens liegt und daher keinesfalls als überhöht anzusehen ist. Vielmehr ist sie erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Auch führt die belangte Behörde rechtsrichtig aus, daß ein Überwiegen der Milderungsgründe und sohin die Voraussetzung für die Anwendung des § 20 VStG nicht vorliegt. Weitere Milderungsgründe wurden nicht angeführt. Es war daher auch das Strafausmaß zu bestätigen. Die Korrektur der Strafnorm dient der näheren Konkretisierung.

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

 

 

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