Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280261/8/Kon/Fb

Linz, 23.01.1997

VwSen-280261/8/Kon/Fb Linz, am 23. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der Frau E G, H, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, K, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10. Mai 1996, Ge96-18-13-1996/Pef, wegen Übertretung des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes (§ 26 Abs.1 KJBG), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält in seinem Schuldspruch nachstehenden Tatvorwurf:

"Sie haben als Gewerbeinhaberin des Bäckerhandwerkes im Standort O, M, und somit als verantwortliche Dienstgeberin nicht dafür gesorgt, daß für den im Betrieb im genannten Standort beschäftigten Lehrling W E, geb. 23.11.1978, im Lehrberuf Bäcker, gemäß § 26 Abs.1 Ziff.5 KJBG Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden im Zeitraum 26.9.1994 bis 20.10.1995 geführt wurden." Begründend führt die belangte Behörde aus, daß der Sachverhalt und das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten aufgrund der von ihr getroffenen Feststellungen als erwiesen zu erachten sei. So habe die Beschuldigte über Aufforderung der belangten Behörde lediglich mit Schreiben vom 20.3.1996 eine Aufstellung über die Krankenstände, Arzt- bzw Krankenhausbesuche und Urlaube, betreffend W E in Kopie vorgelegt. Da daraus jedoch keine Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden hervorgingen, habe sie die Bestimmungen des § 26 Abs.1 Z5 nicht eingehalten. Die Verwaltungsübertretung sei somit erwiesen.

Hinsichtlich der Strafhöhe hält die belangte Behörde fest, daß sie von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von ca 20.000 S, bei sonstiger Vermögenslosigkeit und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen sei. Weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe seien festzustellen gewesen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin unter anderem mit näherer Begründung Verfolgungsverjährung eingewandt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verfahrensakt der belangten Behörde Einsicht genommen und daraus nachstehenden Sachverhalt entnommen:

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oö hat mit Schreiben vom 27.11.1995, LJS-Pr/Pi, die Beschuldigte Ernestine Greiner bei der belangten Behörde wegen Verstöße gegen das KJBG und das BAG betreffend den Jugendlichen W E angezeigt und die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Bei den zur Anzeige gebrachten Verstößen handelte es sich um solche gegen §§ 11, 14 Abs.2, 15 und 22 KJBG wie weiters gemäß § 32 Abs.1 lit.d BAG.

Neben den zur Anzeige gebrachten Tatbeständen teilt die AK im Anzeigeschreiben weiters mit, daß Verdacht bestehe, daß keine Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden geführt worden seien (§ 26 Abs.1 Z5 KJBG).

Sollte die Vorlage der Arbeitszeitaufzeichnungen (§ 26 Abs.1 Z5 KJBG) der verantwortlichen Dienstgeberin nicht möglich sein, werde der Antrag auf Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens ausgedehnt auf Verstoß gegen § 26 Abs.1 Z5 KJBG.

Die belangte Behörde hat mit Ladung vom 22.12.1995, Ge96-192-3-1995 und Ge96-193-2-1995, W E vorgeladen, um im Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschuldigte E G wegen des Verdachtes der Übertretungen nach dem KJBG und nach dem BAG als Zeuge mitzuwirken. Über die Vernehmung des genannten Zeugen in den angeführten Angelegenheiten hat die belangte Behörde am 16.1.1996 eine Niederschrift aufgenommen (ON 4 des Aktes der belangten Behörde).

Vom unabhängigen Verwaltungssenat ist bezüglich dieser Niederschrift zu vermerken, daß ihr keine Befragung des Zeugen betreffend die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung gemäß § 26 Abs.1 KJBG zu entnehmen ist, wie weiters, daß die in der Niederschrift festgehaltenen Angaben des Zeugen E keinen Bezug darauf nehmen.

Die zeugenschaftliche Vernehmung bezog sich offensichtlich lediglich auf die von der AK dezidiert zur Anzeige ge brachten Übertretungen (KJBG und BAG).

In bezug auf die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung setzte die belangte Behörde mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24.1.1996, Ge96-18-5-1996, die erste Verfolgungshandlung. Die darin vorgenommene Tatumschreibung ist gleichlautend mit der im Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

Die Beschuldigte ist der Aufforderung zur Rechtfertigung mit Schriftsatz vom 26.2.1996 nachgekommen und hat darin die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung mit näherer Begründung bestritten.

Unter Bezugnahme auf diese schriftliche Rechtfertigung hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 5.3.1996, Ge96-18-9-1996, an die Beschuldigte das Ersuchen gerichtet, zum Beweis ihres Vorbringens in der Rechtfertigung, die genannten Aufzeichnungen vorzulegen. Die der Beschuldigten hiefür eingeräumte Frist wurde mit zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens bemessen.

Diesem Ersuchen ist die Beschuldigte mit Schreiben vom 20.3.1996 nachgekommen, als sie in der Beilage hiezu eine Aufstellung über die Krankenstände, Krankenhausaufenthalte und Urlaube des Jugendlichen W E beilegte. Sodann hat die belangte Behörde das mit der vorliegenden Berufung angefochtene Straferkenntnis erlassen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs.1 VStG sind Verwaltungsübertretungen mit Ausnahme des Falles des § 56 von Amts wegen zu verfolgen.

Zufolge des Legalitätsprinzips ist die Behörde verpflichtet, eine Verwaltungsübertretung zu verfolgen, wenn sie davon Kenntnis erhält. Gleichgültig ist dabei, wie sie von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt (eigene Wahrnehmungen, Anzeige durch Polizei, Gendarmerie, Private etc). Siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, FN 3 und 4 zu § 25 Abs.1 VStG, S. 887.

Es ist zunächst aufzuzeigen, daß aufgrund der Aktenlage davon auszugehen ist, daß die belangte Behörde bei Erlassung der Aufforderung zur Rechtfertigung am 24.1.1996 von der gegenständlichen Verwaltungsübertretung bzw dem ihr zugrundeliegenden Sachverhalt keine Kenntnis haben konnte, da die Setzung dieser Verfolgungshandlung weder auf ihre eigenen Wahrnehmungen noch auf solche, welche in Anzeigen durch die Polizei, Gendarmerie, aber auch der AK festgehalten sind, zurückgeführt werden kann.

Im vorliegenden Fall hat die AK die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens nämlich nur für den Fall beantragt, daß die Beschuldigte nach entsprechender Aufforderung durch die belangte Behörde die Aufzeichnungen gemäß § 26 Abs.1 Z5 KJBG, betreffend den Jugendlichen W E vorlegt. Mit der Aufforderung zur Vorlage dieser Aufzeichnungen sollte die belangte Behörde demnach zunächst prüfen, ob die Beschuldigte die Bestimmungen des § 26 Abs.1 Z5 KJBG einhält oder nicht.

Letzterenfalls hätte die belangte Behörde nach den Intentionen der AK das Verwaltungsstrafverfahren durch Setzung entsprechender Verfolgungshandlungen einzuleiten gehabt. Die belangte Behörde hat aber erst durch Vorlage der nicht den Bestimmungen des § 26 Abs.1 KJBG entsprechenden Aufstellung, welche die Beschuldigte ihrem Schreibens vom 20.3.1996 beilegte, Kenntnis von dem der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zugrundeliegenden Sachverhalt erlangt. Nicht aber schon vorher, nämlich zum Zeitpunkt der Erlassung der Aufforderung zur Rechtfertigung, welche sohin in rechtswidriger Weise erlassen wurde und daher nicht als gültige Verfolgungshandlung gewertet werden kann.

Dem von der belangten Behörde erlassenen Straferkenntnis liegt als Verfolgungshandlung zwar nunmehr die konkrete Kenntnis der angelasteten Verwaltungsübertretung zugrunde, jedoch wurde dieses mit der Zustellung an die Beschuldigte am 21.5.1996 im Hinblick auf den Tatzeitraum (24.9.1994 bis 20.10.1995) erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.1 VStG) erlassen.

Aus diesem, allein im Verfahrensrecht gelegenen Grund, war wie im Spruch zu entscheiden.

Die vorliegende Berufungsentscheidung zieht nach sich, daß die Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K o n r a t h

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