Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280265/13/Ga/Ha

Linz, 04.12.1997

VwSen-280265/13/Ga/Ha Linz, am 4. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des Manfred D, vertreten durch Dr. Georg M, Rechtsanwalt in L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 3. Juni 1996, GZ 502-32/Ki/ We/228/ 95e, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 18. November 1997 zu Recht erkannt:

I. Zu Faktum 1. wird der Berufung stattgegeben; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Zu Faktum 2. wird (a) die Berufung hinsichtlich der Schuld abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß als verletzte Rechtsvorschrift (Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG) "§ 125 Abs.3 iVm § 130 Abs.5 Z2 ASchG iVm den Auflagenpunkten 18 und 40 des oa Bescheides" und als Strafverhängungsnorm (Spruchteil gemäß § 44a Z3 VStG) "§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG" anzuführen ist; (b) der Berufung hinsichtlich der Strafe stattgegeben: Die verhängte Geldstrafe wird auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden und der erstinstanzliche Kostenbeitrag des Berufungswerbers auf 1.000 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. §§ 24; 19, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.1, 51i und 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 3. Juni 1996 wurde der Berufungswerber in zwei Fällen (Faktum 1. und Faktum 2.) für schuldig befunden, er habe in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D M M. D Gesellschaft m.b.H., Sitz in L, verwaltungsstrafrechtlich dafür einzustehen, daß am 11. Juli 1995 in der Arbeitsstätte in G, F, wie durch das Arbeitsinspektorat festgestellt worden sei, bestimmte arbeitsschutzrechtliche Auflagen des gewerbebehördlichen Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheides des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 1. Juli 1992, Ge/444/1992-19/92/K, nicht eingehalten worden seien. Dadurch habe der Berufungswerber Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.2 iVm § 117 Abs.3 ASchG zu 1. iVm Auflagenpunkt 32 und zu 2. iVm Auflagenpunkte 18 und 40 des vorhin zitierten Bescheides begangen. Über ihn wurden gemäß § 130 Abs.2 ASchG Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) in der Höhe von 1. und 2. je 15.000 S (je 51 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

Die belangte Behörde hat die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung zugleich mit dem Verfahrensakt, ohne Gegenäußerung, vorgelegt. Zur Klärung von Tatfragen wurde am 18. November 1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Parteien durchgeführt. Für den Berufungswerber schritt nunmehr der eingangs genannte Rechtsfreund ein. Im Beweisverfahren wurden der Betriebsleiter der involvierten Gesellschaft sowie der kontrollierende Arbeitsinspektor als Zeugen förmlich vernommen. Auch Urkunden wurden eingesehen und erörtert, so insbesondere der die Auflagen enthaltende, oben zit. Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheid (folgend kurz: Bescheid) und zwei die in Rede stehende Betriebsanlage, Bereich Endmontage - Erdgeschoß, betreffende Lagepläne (Maßstab 1:50 aus Oktober 1991 sowie Maßstab 1:100 aus Oktober 1997). Die genannten Urkunden wurden in der Berufungsverhandlung vom Beschuldigtenvertreter selbst vorgelegt (im Akt waren die Pläne nicht und der Bescheid nur unvollständig vorhanden).

Auf Grund der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

1. Zu Faktum 1. Vorgeworfen wurde die Nichteinhaltung der unter P.32 des Bescheides angeführten Auflage, die wörtlich lautet: "In der Abteilung Endmontage ist entlang des Montagebandes ein Verkehrsweg bzw. Arbeitsbereich in einer Breite von mind. 1,20 m freizuhalten. Verkehrswege und Zugänge im Bereich des Leimtisches und der übrigen Arbeitsplätze beim Montageband und der Kommissionierungsplattform sind mind. 0,80 m breit anzulegen". Mit diesem Wortlaut aber gebietet die Auflage, wie erst in der Berufungsverhandlung durch Einschau in den Lageplan '1991' deutlich geworden ist, Verhaltenspflichten, die sich aus der Sicht der Anforderungen an einen Verwaltungsstraftatbestand als nicht ausreichend bestimmt erweisen.

Die Auflage enthält nämlich zwei in sich widersprüchliche Anordnungen hinsichtlich ein und desselben - in der "Abteilung Endmontage" gelegenen - Bereichs, u.zw. des über die ganze Südseite und auch noch an der Ostseite der Halle verlaufenden Montagebandes. Die dabei zur Beschreibung der örtlichen Eingriffswirkung der Auflage verwendeten Wortfolgen "entlang des Montagebandes" und "beim Montageband" legen die Deutung nahe, daß in beiden Fällen grundsätzlich der ganze Verlauf des Montagebandes erfaßt ist. So geht die erste Anordnung davon aus, daß ein "Arbeitsbereich" entlang des ganzen Montagebandes gegeben ist. Aber auch die zweite Anordnung spricht von den "übrigen Arbeitsplätzen" beim Montageband; solche Arbeitsplätze sind aber, wie der Plan erweist, nicht nur "im Bereich des (westlich gelegenen) Leimtisches" und der "Kommissionsplattform", sondern auch, dem Montageband in östliche Richtung folgend, bei den Korpuspressen, beim Abläng- und Bohrautomat, bei der Leistenpresse, bei zwei weiteren Bohrautomaten und schließlich bei der "Verpackung" gegeben. Bezüglich all dieser "beim" bzw "entlang" (des) Montageband(es) vorhandenen Arbeitsbereiche/-plätze kann nicht zugleich, ohne daß die sprachliche Formulierung der Auflage - mit oder ohne Hinzutritt des Lageplanes - eine exakte örtliche Zuordnung erlauben würde, die Freihaltung eines Verkehrsweges von mindestens 1,20 m und die Herstellung eines Verkehrsweges von mind. 0,80 m angeordnet werden. Sollte aber Absicht der Auflage P.32 gewesen sein, hinsichtlich ganz bestimmter Arbeitsplätze eine Ausnahme von der generellen Mindestbreite (1,20 m) des Verkehrsweges anzuordnen, so kommt dies in der vorliegenden, rechtskräftig gewordenen Formulierung nicht, jedenfalls nicht eindeutig zum Ausdruck. Wegen dieses Bestimmtheitsmangels aber ist die so formulierte Auflage als Tatbestandsmerkmal einer Verwaltungsübertretung von Anfang an ungeeignet, weil für den Normadressaten Inhalt und Reichweite der ihm auferlegten Pflichten nicht unzweifelhaft vorliegen und somit die Grenzen des erlaubten Verhaltens und vice versa der Unrechtsgehalt einer Zuwiderhandlung nicht erkennbar sind (vgl VwGH 25.2.1993, 92/04/0164 uam).

Aus diesem Grund durfte zu Faktum 1. Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des Schuldspruchs nicht angenommen werden und ist der Berufungswerber im Ergebnis mit seinen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgetragenen Bedenken im Recht, sodaß wie im Spruch zu entscheiden war.

2. Zu Faktum 2.

Vorgeworfen wird die Nichteinhaltung der Auflage P.18 iVm Auflage P.40, woraus sich, zusammengefaßt, ergibt, daß weder im Maschinenhaus noch in der Endmontage und in den übrigen Arbeitsräumen der genannten Betriebsanlage die unter Festlegung einer bestimmten Mindestbeleuchtungsstärke vorgeschriebene Notbeleuchtung zum Feststellungszeitpunkt, hier zulässigerweise als Tatzeit angeführt, nicht installiert gewesen ist.

2.1. Anders als zu Faktum 1. sind die vorliegend herangezogenen Auflagen aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht tatbestandstauglich, dh hinreichend bestimmt formuliert. Auch hat der Berufungswerber die Erfüllung der objektiven Tatseite in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausdrücklich nicht bestritten, sodaß an der Tatbestandsmäßigkeit des spruchgemäß angelasteten Pflichtenverstoßes nicht zu rütteln ist.

2.2. Der Berufungswerber hat aber schuldseitig eingewendet, daß der Betrieb im Jänner 1993 von einem Brandunglück heimgesucht worden sei. Zwar habe der Brand einen anderen Bereich desselben Werkes betroffen, dennoch sei dadurch die Produktion insgesamt schwer beeinträchtigt gewesen und habe daher die Sanierung Vorrang vor anderen Belangen gehabt. Die notwendigen Reparaturmaßnahmen und die Umstrukturierung nach dem Brandfall hätten sich daraufhin bis Ende 1993 hingezogen. Zwar wären rein betriebstechnisch andere Baumaßnahmen schon während der Betriebsferien im Jahr 1994 möglich gewesen, aber die Neuorganisation im Zuge des Umbaues nach dem erwähnten Brandfall habe schlußendlich den gesamten Betrieb durch die Reorganisation aller Produktionsabläufe derart stark in Anspruch genommen, sodaß im Ergebnis die mit dem zugrunde liegenden Bescheid genehmigte, sehr umfangreiche Neustrukturierung der ganzen Produktionsanlage (Bauvolumen 40 Mio S) auch im Jahr 1994 noch nicht umgesetzt habe werden können. Mit diesem Vorbringen aber gelingt dem Berufungswerber die Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit im Grunde des § 5 Abs.1 VStG nicht.

2.2.1. Wenngleich ungewöhnlich ist, daß der zugrunde liegende Bescheid für die Erfüllung der die Notbeleuchtung betreffenden Auflagen (ebenso wie für alle anderen einschlägigen Auflagen auch) keinerlei Frist bestimmt und somit die sofortige Erfüllung, d.h. die - unter der Voraussetzung der grundsätzlichen Weiterbenutzung der Betriebsanlage - ungesäumte Inangriffnahme der Ausstattung mit der Notbeleuchtung auferlegt und damit mögliche Konflikte zu konkreten betriebswirtschaftlichen Abläufen unberücksichtigt gelassen hatte, muß sich der Berufungswerber entgegenhalten lassen, daß er diese Vorgangsweise der Gewerbebehörde seinerzeit mit rechtlichen Mitteln nicht abzuwenden versucht hatte. Eine plausible Erklärung für die Erduldung der - hier nicht weiter zu kritisierenden - strikten Vorgangsweise der Betriebsanlagenbehörde konnte der Berufungswerber auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht geben.

2.2.2. Ausgehend davon aber, daß der Bescheid mit den in Rede stehenden Auflagen noch im Juli 1992 rechtskräftig geworden ist und der Berufungswerber seither von der (Stamm-)Anlagenbewilligung immerhin Gebrauch gemacht hatte, liegt nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates darin, daß der Auftrag an ein Fachunternehmen zur Installation der Notbeleuchtungsanlage erstmals am 19. Juni 1995, somit nahezu erst nach drei Jahren der Rechtskraft der Auflagen, erteilt wurde, ein nicht mehr bloß zu vernachlässigender Sorgfaltsmangel. Auch wenn entschuldigend berücksichtigt würde, daß infolge der vorhin geschilderten Umstände (Brandfall im Jänner 93; Größe des Bauvolumens zur Neustrukturierung) Verzögerungen unvermeidbar gewesen seien, ist auch in der Berufungsverhandlung nicht hervorgekommen, aus welchen objektiv einsichtigen Gründen die Notbeleuchtung nicht noch in der zweiten Jahreshälfte 1992 oder dann im Jahr 1994 wenigstens in Auftrag gegeben werden konnte. Zusammenfassend muß sich der Berufungswerber die subjektive Tatseite als erfüllt zurechnen lassen und war insgesamt der Schuldspruch daher zu bestätigen.

2.3. Wie aus dem Bescheid hervorgeht, ist die Erlassung der hier gegenständlichen arbeitnehmerschutzrechtlichen Auflagen ausdrücklich auf § 27 Abs.2 des (damals noch geltenden) ANSchG gestützt. Dies aber bewirkt, daß im Berufungsfall (nicht das von der belangten Behörde herangezogene, sondern) das Überleitungsregime des § 125 Abs.3 ASchG einerseits und demgemäß als Straftatbestand § 130 Abs.5 Z2 ASchG andererseits heranzuziehen und der Schuldspruch vom unabhängigen Verwaltungssenat entsprechend richtigzustellen war.

2.4. In der Begründung zur Höhe der verhängten Geldstrafe bewertete die belangte Behörde den Unrechtsgehalt der Tat gemäß Faktum 2. nicht konkret. Wurde aber die Ausstattung des Betriebes mit der Notbeleuchtungsanlage nahezu drei Jahre nicht wenigstens in Angriff genommen, dann ist unter objektiven Gesichtspunkten für die Strafbemessung auch unter Einbeziehung der geltend gemachten Verzögerungseffekte von einem doch nicht unbeträchtlichen Unrechtsgehalt auszugehen. Den Umstand, daß die Beauftragung des Spezialunternehmens mit der Installation der Notbeleuchtung noch vor der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens erfolgte, bewertet der unabhängige Verwaltungssenat entgegen dem Ansinnen des Berufungswerbers nicht als Milderungsgrund, weil diese - überfällige - Initiative, wie in der öffentlichen mündlichen Verhandlung hervorgekommen ist, erst nach Kontrolle und Aufforderung durch das Arbeits-inspektorat im März 1995 zustandegekommen ist. Immerhin aber wird dadurch verstärkt, daß alles in allem (dem Berufungswerber wurde mildernd seine Unbescholtenheit zugutegehalten) spezialpräventive Abschreckungszwecke diesfalls nicht in die Strafbemessung einzufließen haben. Unter Bedachtnahme auf den Strafrahmen (2.000 S bis 100.000 S) war daher die verhängte Geldstrafe um ein Drittel herabzusetzen. Das nun bestimmte Ausmaß, immerhin noch das Fünffache der Mindeststrafe, nimmt auf die generelle Abschreckung hingegen ebenso Bedacht wie auf die nicht ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers. Die Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend anzupassen.

2.5. Dieses Verfahrensergebnis bewirkt zu Faktum 1. den gänzlichen Entfall der Kostenpflicht des Berufungswerbers und zu Faktum 2. die Herabsetzung des erstinstanzlichen Kostenbeitrages auf die gesetzliche Höhe; ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war diesbezüglich nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an die Parteien dieses Verfahrens:

Beilage (Akt; Erkenntnis und Mehrausfertigung) Dr. G r o f

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