Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280272/23/SCHI/Km

Linz, 07.01.1998

VwSen-280272/23/SCHI/Km Linz, am 7. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des Herrn H R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E P und Dr. G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrat) der Stadt Wels vom 24.6.1996, MA2-Pol-5026-1995 Pi, wegen Übertretungen nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz - ASchG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 6. November 1997, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen hinsichtlich Z1 auf 5.000 S (die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage) und hinsichtlich Z2 auf 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage) herabgesetzt werden; im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich daher auf (insgesamt) 1.300 S, ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 9, 16, 19, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 24.6.1996, MA2-Pol-5026-1995 Pi, wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe als das i.S. des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung der T Ges.m.b.H. & Co.KG., W, nach außen berufene Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T Ges.m.b.H. (Komplementärin der T Ges.m.b.H. & Co.KG.) nachstehend angeführte, vom Arbeitsinspektorat W anläßlich einer am 25.10.1995 durchgeführten Betriebsprüfung festgestellte Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung zu verantworten: 1. Auf dem Gang vor der Küche waren im Kellergeschoß drei Wäschecontainer und ein Warmhaltebehälter abgestellt; bei diesem Gang handelt es sich um den Hauptverkehrsweg zu den diversen Lagern sowie um den einzigen Fluchtweg ins Freie (siehe Niederschrift vom 20.12.1994, zu Bescheid vom 30.6.1995, Zl. MA11-GeBA-139-1994, Seite 5). Gemäß § 23 Abs.3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung dürfen Notausgänge und Notausstiege sowie Zugänge zu diesen durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt sein. 2. Auf dem Stiegenpodest der Hauptstiege im 4. Geschoß wurden Sesseln so gelagert, daß zwischen den gelagerten und gestapelten Sesseln und dem Stiegengeländer nur mehr ca. 30 cm Durchgang frei blieb. Ein Benützen der Stiege aus dem 5. OG war nicht möglich. Außerdem dient die Stiege als Fluchtweg (als Fluchtweg genehmigt mit Bescheid vom 11.12.1980, MA2-Ge-3075-1979 Dr.J/Pa i.V.m. technischen Bericht vom 14.5.1980, Pkt.6). Weiters waren auf dem Podest der gleichen Stiege im 2. OG zwei Tische gelagert. Gemäß § 24 Abs.6 AAV dürfen auf Stiegen und Gängen auch vorübergehend keine Lagerungen vorgenommen werden. Der Bw habe daher hinsichtlich 1. § 23 Abs.3 und hinsichtlich 2. § 24 Abs.6 der AAV verletzt, weswegen über ihn gemäß § 130 Abs.5 Z1 iZm § 106 Z3 ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 eine Geldstrafe von je 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von je vier Tagen) verhängt wurden. Gleichzeitig wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von 2.000 S zu leisten.

2.1. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 3.7.1996 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das Straferkenntnis als rechtswidrig aufzuheben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, in eventu wegen geringen Verschuldens und unbedeutender Folgen von einer Bestrafung abzusehen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

2.2. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß das Straferkenntnis an verschiedenen wesentlichen Verfahrensmängeln leide; so sei innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dem Beschuldigten die zur Last gelegte Tat nicht bestimmt bezeichnet worden, weiters bestünde auch ein Anspruch in erster Instanz auf eine mündliche Verhandlung und schließlich sei das erstinstanzliche Verfahren wegen der Nichtbeachtung des § 9 ArbIG durch das Arbeitsinspektorat mangelhaft geblieben. Materiell rechtswidrig sei das Straferkenntnis deshalb, weil die Verständigung des Arbeitsinspektorates gemäß § 23 ArbIG über die Bestellung des Direktor D zum verantwortlich Beauftragten ohne Verschulden des Bw unterblieben sei.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil in den einzelnen Fällen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 sowie § 51e Abs.2 VStG wurde die Berufung mit h. Schreiben vom 28. Mai 1997 dem Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk in W zur Kenntnis gebracht; dieses gab mit Schreiben vom 10.6.1997, Zl. 1160/6-19/97-Scha, eine Stellungnahme ab, in der ebenfalls eine mündliche Verhandlung beantragt wurde.

3.3. Der maßgebliche Sachverhalt ist zwar grundsätzlich unbestritten geblieben; aufgrund der Berufungsanträge hat der O.ö. Verwaltungssenat jedoch in dieser Sache am 6.11.1997 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und durchgeführt. An dieser Verhandlung nahm der Rechtsvertreter des Bw und ein Vertreter des Arbeitsinspektorates W teil; als Zeugen wurden geladen und einvernommen der Arbeitsinspektor G B, Direktor G D, Prokurist K D und Frau G S. 4. Aufgrund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung und des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes sowie in Verbindung mit den Berufungsausführungen, geht der O.ö. Verwaltungssenat von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

4.1. Der Arbeitsinspektor G B hat bei seiner Kontrolle am 25.10.1995 im T der T Ges.m.b.H. & Co.KG. in W, festgestellt, daß 1. auf dem Gang vor der Küche im Kellergeschoß drei Wäschecontainer und ein Warmhaltebehälter abgestellt waren, obwohl es sich bei diesem Gang um den einzigen Fluchtweg ins Freie handelte; weiters wurden auf dem Stiegenpodest der Hauptstiege im 4. Geschoß Sesseln so gelagert, daß zwischen den gelagerten und gestapelten Sesseln und dem Stiegengeländer nur mehr ca. 30 cm Durchgang freigeblieben ist. Ein Benützen der Stiege aus dem 5. Obergeschoß war nicht möglich. Weiters waren auf dem Podest der gleichen Stiege im 2. Obergeschoß zwei Tische gelagert. Diese Stiege dient außerdem als Fluchtweg und ist als solche bescheidmäßig genehmigt.

4.2. Zum Tatzeitpunkt am 25.10.1995 lag beim Arbeitsinspektorat W keinerlei Verständigung im Sinne des § 23 ArbIG über die Bestellung eines verantwortlich Beauftragten vor. Der ehemalige verantwortlich Beauftragte Hoteldirektor P T ist etwa im Mai 1994 aus dem Betrieb ausgeschieden. Der Bw war daher als handelsrechtlicher Geschäftsführer im ggst. Fall verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. 4.3. Aufgrund der Anordnung des § 23 Abs.1 ArbIG wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Da es sich hier um einen Konstitutivakt handelt, war die allenfalls vor dem Tatzeitpunkt intern vorgenommene "Bestellung" des G D (im Zusammenhang mit seiner Beförderung zum Hoteldirektor) rechtlich nicht relevant. Mit dem Argument, wonach die Mitteilung gemäß § 23 Abs.1 ArbIG an das AI unverschuldet unterblieben sei bzw. ihn an der Nichtverständigung kein Verschulden treffe, versucht der Bw offenbar, den strafrechtlichen Begriff der Schuld in einen Bereich (nämlich in jenen der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlich Beauftragten) zu transferieren, in welchem es diesen strafrechtlichen Begriff der Schuld nicht gibt und damit gleichzeitig auch die von der Strafrechtslehre entwickelten Begriffe der verschiedenen Entschuldigungsgründe nicht anwendbar sind. Denn die Anordnung des § 23 Abs.1 ArbIG, wonach die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten erst rechtswirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat die schriftliche Mitteilung eingelangt ist, entfaltet lediglich eine sogenannte Gestaltungswirkung, dh. (erst) durch diesen Akt wird die Rechtslage zwischen den "Parteien" (Behörde-Verantwortlicher) konstitutiv umgestaltet (vgl. im einzelnen die Ausführungen zur Tatbestandswirkung in Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rz. 474ff). Es war daher auch das diesbezügliche Vorbringen als nicht zielführend abzuweisen.

4.4. Es steht sohin fest, daß im gegenständlichen Fall der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Verwirklichung des objektiven Straftatbestandes verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich war. 5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt. Gemäß § 106 Abs.3 Z3 ASchG gelten bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz zur Durchführung des zweiten Abschnittes für Arbeitsstätten die nachstehend angeführten Bestimmungen der AAV als Bundesgesetz:

Für Ausgänge und Verkehrswege in Arbeitsstätten gelten § 22 Abs.1 bis 5 und 7, §§ 23 bis 26, § 27 Abs.1 und § 28 AAV. § 21 AAV gilt mit der Maßgabe, daß in Abs.2 die Worte "im Sinne des § 10 Arbeitnehmerschutzgesetzes" entfallen.

Gemäß § 23 Abs.3 AAV müssen Notausgänge und Notausstiege sowie die Zugänge zu diesen als solche deutlich sichtbar gekennzeichnet sein; sie dürfen durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt sein.

Gemäß § 24 Abs.6 AAV dürfen auf Stiegen und Gängen auch vorübergehend keine Lagerungen vorgenommen werden.

5.2. Das Vorliegen der objektiven Tatbestände wurde vom Bw nie in Abrede gestellt und überdies vom anzeigenden Arbeitsinspektor anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung dezidiert in der Zeugenvernehmung als tatsächlich vorgelegen bekundet. Daß der Bw hiefür objektiv verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich war, wurde bereits oben unter Pkt. 3.4. eingehend abgehandelt.

6. Zu den Einwendungen des Bw:

a) Zur behaupteten Verfolgungsverjährung ist darauf hinzuweisen, daß bereits in der mündlichen Verhandlung geklärt werden konnte, daß sich im vorgelegten Verwaltungsakt eine rechtzeitige und taugliche Verfolgungshandlung (Pkt.III des Rechtshilfeersuchens vom 16.1.1996 an den Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten betreffend Beschuldigter H R, MA2-Pol-5026-1995 Scho, im Akt mit ON 9 bezeichnet) befindet.

b) Insofern der Bw darauf verweist, daß der Mangel der Beschuldigteneinvernahme bzw. der mündlichen Verhandlung in erster Instanz ein Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet und auch durch die Verhandlung vor der Berufungsbehörde nicht saniert werden kann (Hinweis auf Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, Rz 880), so genügt es, hier darauf zu verweisen, daß von Hellbling und der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erk. vom 13.12.1979, Zl. 3175/97) diese Ansicht nicht (mehr) geteilt wird und sehrwohl daher eine Sanierung durch die Berufungsbehörde möglich ist.

c) Wenn der Bw die "Nichtbeachtung des § 9 ArbIG" als Verfahrensmangel geltend macht und damit offensichtlich die Nichtanwendung der Ermahnung durch das Arbeitsinspektorat rügt, so ist darauf zu verweisen, daß diese Bestimmung für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nicht präjudiziell ist, weshalb eine allfällige Verfassungswidrigkeit der Anzeigepflicht nach § 9 Abs.1 bis 3 ArbIG im gegenständlichen Verfahren vom O.ö. Verwaltungssenat nicht gemäß Art. 140 Abs.1 iVm Art.89 B-VG beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden kann (vgl. Mayr, verfassungsrechtliche Probleme der Arbeitsinspektorate, ZAS 1995, Seite 1ff, der in der vom § 21 Abs.1 VStG abweichenden Regelung des § 9 Abs.3 erster Satz ArbIG im Hinblick auf Art.11 Abs.2 B-VG eine Verfassungswidrigkeit erblickt).

d) Hinsichtlich der "unverschuldeten" Nichtverständigung des AI ist auf die Ausführungen oben unter Punkt 4.3. zu verweisen, weshalb es sich auch erübrigt, darauf näher einzugehen, daß der Prokurist Dirmhirn die Angelegenheiten (Meldung an das AI) jahrelang immer exakt erledigt habe und er sich auf ihn deshalb verlassen konnte. Es sei lediglich angemerkt, daß durch das Unterbleiben der Meldung an das AI der Konstitutivakt (Eintritt der Rechtswirksamkeit der Bestellung) eben nicht zustande kam, weshalb dieser Mangel auch durch ein noch so geringfügiges Versehen eines Mitarbeiters nicht substituiert werden konnte. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die bloße Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten durch einen Prokuristen nicht rechtswirksam gewesen wäre; vielmehr hätte die Bestellung durch ein zur Vertretung nach außen berufenes Organ der GesmbH durchgeführt werden müssen (VwGH vom 4.10.1996, Zl. 96/02/0274).

7. Zum Verschulden:

7.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2. April 1990, Zl. 90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde. Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Bw aber nicht erstattet.

7.2. Der Bw hat im gegenständlichen Fall nur das Existieren eines Kontrollsystems in generell-abstrakter Form glaubhaft gemacht, nicht hingegen, wie von der Rechtsprechung des VwGH für erforderlich erachtet (vgl. zB 8.7.1991, 91/19/0095) darlegen können, wie dieses Kontrollsystem konkret, insbesondere im gegenständlichen Fall funktionieren hätte sollen. Hier genügt es daher nicht Anweisungen zu erteilen bzw. Checklisten zu erstellen und lediglich Stichproben durchzuführen. Weiters hat der Bw kein Sanktionssystem dargelegt, welches bei Verstößen entsprechend eingreifen sollte.

Es war daher jedenfalls von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

8. Zur Straffrage:

8.1. Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14). Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

8.2. Im gegenständlichen Fall kann nicht davon die Rede sein, daß der Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert derart in den Hintergrund tritt, daß das Verschulden so geringfügig sei, daß ein Anspruch auf ein Absehen von der Strafe gegeben gewesen wäre. Es brauchte daher nicht mehr weiter untersucht werden, ob die Folgen der Übertretungen unbedeutend geblieben sind.

9. Zur Strafbemessung:

9.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

9.2. Die belangte Behörde bewertet im Zuge ihres Strafbemessungsverfahrens den Unrechtsgehalt der Tat als sehr erheblich, da sie beide Delikte mit nicht gerade geringfügigen, jedoch gleich hohen Strafen ahndete. Der O.ö. Verwaltungssenat kann im gegenständlichen Fall nicht finden, daß der Unrechtsgehalt in beiden Fällen gleich hoch zu veranschlagen gewesen wäre. Insbesondere war bei der Herabsetzung darauf Bedacht zu nehmen, daß der Notausgang in Z1 bzw. der Fluchtweg in Z1 doch "nur" zum Teil verstellt war, wobei die dort gelagerten Gegenstände im Notfall sicherlich leicht und schnell beseitigbar gewesen wären; anders hingegen die Lagerung der Sessel und Tische auf der Stiege, wobei sich ein Durchgang von nur mehr 30 cm ergab, was sohin einer faktischen Unbenützbarkeit gleichkam. Aus diesem Grund war in beiden Fällen eine verschieden hohe Geldstrafe zu verhängen, wobei entsprechend dem Unwertgehalt zu differenzieren war. Die solcherart herabgesetzten Strafen entsprechen dem Unrechtsgehalt der Tat, sind schuldangemessen und keinesfalls überhöht und scheinen geeignet, den Bw vor weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

10. Bei diesem Verfahrensergebnis waren die Verfahrenskostenbeiträge für das Strafverfahren erster Instanz entsprechend zu verringern, wobei infolge der Herabsetzung für das Berufungsverfahren keinerlei Kostenbeiträge vorzuschreiben waren.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer

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