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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280306/11/GU/Mm

Linz, 25.09.1997

VwSen-280306/11/GU/Mm Linz, am 25. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Langeder, Berichter: Dr. Guschlbauer, Beisitzer: Dr. Bleier) über die Berufung des W. P., vertreten durch RA Dr. N. T., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L. vom 28.10.1996, Zl.502-32/Sta/153/96d, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, nach der am 15. April 1997 in Gegenwart der Parteien durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Die Berufung gegen die Schuldsprüche zu beiden Fakten wird abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß an Stelle der Wortfolge "in welcher 214 Arbeitnehmer", die Wortfolge "in welcher schwankend zwischen 195 und 206 Arbeitnehmer" zu treten hat.

Die verhängten Geldstrafen zu Faktum 1 und 2 werden je auf 20.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafen je auf zwei Tage und die erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeiträge auf je 2.000 S, herabgesetzt.

Der Rechtsmittelwerber hat für das Berufungsverfahren keine Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 16, § 19, § 65 VStG, § 1 Abs.1, § 2 Abs.1 und Abs.3, § 19 Abs.1, § 73 Abs.1, § 79 Abs.1, § 115 Abs.1 Z1, § 115 Abs.3 erster Satz, § 130 Abs.1 Z27 ASchG.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt L. als Bezirksverwaltungsbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der N.R. , Gebäudereinigung und Service Ges.mbH., mit dem Sitz in L., ..straße 2, welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der NR Gebäudereinigung und Service Ges.mbH. & CO.KG mit dem Sitz in L., ..straße ist und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der NR Gebäudereinigung und Service Ges.mbH. & CO.KG verantworten zu müssen, daß die o.a. Ges.mbH. & CO.KG in der Zeit von 29.2.1996 bis 22.8.1996 in ihrer Arbeitsstätte in L., ..straße , in welcher 214 Arbeitnehmer beschäftigt seien, der Verpflichtung 1. Sicherheitsfachkräfte und 2. Arbeitsmediziner zu bestellen, nicht nachgekommen, in dem weder Sicherheitsfachkräfte noch ein Arbeitsmediziner bestellt worden seien.

Wegen Verletzung des § 130 Abs.1 Z27 ASchG iVm 1. § 73 Abs.1 leg.cit. 2. § 79 Abs.1 ASchG, wurden dem Beschuldigten in Anwendung des § 130 Abs.1 Einleitungssatz ASchG, Geldstrafen von je 50.000 S und Ersatzfreiheitsstrafen von je 84 Stunden sowie erstinstanzliche Verfahrenskostenbeiträge von 10 Prozent der ausgesprochenen Geldstrafen auferlegt.

Die erste Instanz stützt ihren Schuldspruch einerseits auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 2.9.1996 und bezüglich des eingewendeten mangelnden Verschuldens, wonach der seinerzeitige noch bestehende weitere handelsrechtliche Geschäftsführer im Innenverhältnis die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung getragen habe, auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, welche einer bloßen internen Aufgabenverteilung keine schuldausschließende Bedeutung beimißt.

Bei der Strafbemessung wurde als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers gewertet und als straferschwerend die lange Dauer der Übertretung und der Umstand in Anschlag gebracht, daß die Präventivdienste trotz Aufforderung des Arbeitsinspektorates nicht eingerichtet worden seien, woraus sich eine gleichgültige Einstellung gegenüber den Fragen der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung ableite.

Weiters wurden spezialpräventive Gesichtspunkte angeführt. Hinsichtlich der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse ging die erste Instanz aufgrund einer unwidersprochen gebliebenen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 40.000 S und von einer Sorgepflicht für Ehegattin und ein Kind aus.

In der vom rechtsfreundlichen Vertreter dagegen eingebrachten Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber das Straferkenntnis wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung und führt aus, daß die erste Instanz keine exakte Feststellung der Zahl der Arbeitnehmer im Unternehmen getroffen habe, insbesondere nicht die Anzahl der Beschäftigten in auswärtigen räumlich getrennten Arbeitsstellen und auswertigen Baustellen. Dem komme jedoch eine entscheidungsrelevante Bedeutung zu, zumal § 2 Abs.3 ASchG bei der Beschreibung der Hoch- und Tiefbauarbeiten auf zeitlich begrenzten oder ortsveränderlichen Baustellen auch auf Reinigungsarbeiten Bezug nehme. Aufgrund dieser Bestimmung sei damit davon auszugehen, daß sämtliche im Betrieb der neuen Raumpflege Ges.mbH. & CO.KG verrichteten Arbeiten als Arbeiten auf Baustellen im Sinn des ASchG zu werten seien, zumal ausschließlich zeitlich begrenzte Arbeiten im Sinn der vorzitierten Reinigungsarbeiten verrichtet würden. Wenn die erste Instanz ausführe, daß die Festsetzung der Arbeitnehmerzahl durch Einrechnung der auf auswärtigen Arbeitsstellen Beschäftigten erfolgt sei, ergebe sich dadurch ein Widerspruch, da die gesetzliche Definition bezüglich auswärtiger Arbeitsstellen davon ausgehe, daß solche nur gegeben seien, wenn sie außerhalb von Arbeitsstätten gelegen seien und an welchen andere Arbeiten als Bauarbeiten durchgeführt würden. Die richtige rechtliche Qualifikation der Tätigkeit der Dienstnehmer, nämlich als Tätigkeit auf Baustellen, sei insoferne gemäß § 77 Abs.2 ASchG von Belang, weil Mindesteinsatzzeiten (für Präventivdienste) nicht für Arbeitnehmer auf Baustellen gelten, für die eine gesonderte sicherheitstechnische Betreuung eingerichtet sei. Ähnlich verhalte es sich bei den Arbeitsmedizinern.

Auf sämtlichen seitens der NR Gebäudereinigung & Service Ges.mbH. & CO.KG, in L. betreuenden Baustellen, seien ex lege gesonderte arbeitsmedizinische bzw. sicherheitstechnische Betreuung eingerichtet und ergebe sich daraus eine völlig andere Gesamtbeschäftigtenzahl im vorstehenden Unternehmen. Jedenfalls sei diese Zahl im inkriminierten Zeitpunkt deutlich unter 150 an anrechenbaren Arbeitnehmern gelegen gewesen, wodurch sich die Bestellung von Arbeitsmedizinern bzw. Sicherheitsfachkräften bislang erübrigt habe.

Nachdem keinerlei Fehlverhalten des Berufungswerbers gegeben gewesen sei, sei die Höhe der verhängten Strafen nicht gerechtfertigt. Außerdem ermangle es im Straferkenntnis an Ausführungen über den objektiven Unrechtsgehalt.

Der Vorwurf einer gleichgültigen Einstellung gegenüber den Fragen der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung sei unbegründet.

Der Rechtsmittelwerber beschäftige sich sehr eingehend mit diesen Fragen, was auch dadurch bewiesen werde, daß der Verwaltungsgerichtshof im Jahre 1992 abschlägige Bescheide betreffend arbeitnehmerschutzrechtliche Fragen kassiert habe.

Im übrigen würden die von der ersten Instanz angezogenen gesetzlichen Bestimmungen betreffend Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner in der Praxis unanwendbar erscheinen zumal selbst dann, wenn beim Reinigungsunternehmen Sicherheitsfachkräfte bzw. Arbeitsmediziner vorhanden wären, keinerlei Einfluß auf die Arbeitsbedingungen an örtlich dislozierten Arbeitsstätten genommen werden könnte. Dies deshalb, da ausnahmslos Dienst in Örtlichkeiten von Kunden verrichtet würde, an welchen größtenteils ex lege ohnedies bereits Sicherheitsfachkräfte bzw. Arbeitsmediziner dieser Vertragspartner vorhanden zu sein hätten. In der mündlichen Verhandlung ergänzt der Rechtsmittelwerber sein Berufungsvorbringen auch dahingehend, in dem er die Ansicht vertrat, daß der Gesetzgeber im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz in Hinblick auf die Reinigungsunternehmen keine Regelung getroffen habe.

Jedenfalls müßten Doppelgleisigkeiten im Sinne der Zweckinterpretation eines Gesetzes vermieden werden.

Allenfalls - so kommt es aus der Rechtfertigung des Beschuldigten hervor - müsse überlegt werden, falls die Reinigungsarbeiten nicht als Bauarbeiten qualifiziert werden, ob nicht bezüglich der Reinigungsarbeiten vor Ort, infolge der Eigenständigkeit des dort tätigen Reinigungspersonales, ihr Betätigungsfeld nicht als (jeweils selbständige) Arbeitsstätte qualifiziert werden müßte (was sich auf die Berechnung der Gesamtzahl der Arbeitnehmer und den Verpflichtungszeitpunkt für die Installierung der Präventivdienste auswirke). Aus all diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses hilfsweise die Herabsetzung der verhängten Strafen aufgrund mangelnden Verschuldens.

Aufgrund der Berufung wurde am 15.4.1997 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Rechtsmittelwerbers, seines Vertreters, eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk und einer Vertreterin der ersten Instanz durchgeführt.

In deren Rahmen wurde der Auszug aus dem Firmenbuch des LG L. vom 24.9.1996, ferner die Mitteilung der O.ö. Gebietskrankenkasse vom 13.12.1996 über die Zahl der bei der Kasse für die NR Gebäudereinigung und Service Ges.mbH. & CO.KG angemeldeten Dienstnehmer und zwar mit den Stichtagen 29.2., 31.3., 30.4., 31.5, 30.6., 31.7. und 28.8. je 1996 zur Erörterung gestellt. Ferner wurde in die vom Vertreter des Rechtsmittelwerbers mit Schriftsatz vom 4.3.1997 vorgelegte, auf den Stichtag 29.2.1996 bezug habende Kundenliste und die von den Kunden bestätigten Möglichkeiten der Mitbenutzung von sozial und sonstigen Einrichtungen eingesehen; es wurde der Beschuldigte vernommen und ihm Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten.

Demnach ergibt sich folgender Sachverhalt: Die NR Gebäudereinigung & Service Ges.mbH. & CO.KG hat ihren Sitz in L., ..straße , und ist als solche im Firmenbuch des Landesgerichtes L. protokolliert. Als persönlich haftender Gesellschafter der KG fungiert die NR Gebäudereinigung & Service Ges.mbH. ebenfalls mit dem Sitz in L. und ist im Firmenbuch des Landesgerichtes L. protokolliert. Der Rechtsmittelwerber war zur oben beschriebenen Tatzeit einer der handelsrechtlichen Geschäftsführer dieser Ges.mbH. und war zur selbständigen Vertretung berufen. Gegen einen weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer namens R.I.behängt wegen eines ähnlichen Tatvorwurfes (wie im vorzitierten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L.) infolge Berufung beim O.ö. Verwaltungssenat ein weiteres Berufungsverfahren. Eine förmliche Einschränkung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung auf einen bestimmten handelsrechtlichen Geschäftsführer oder die Delegation dieser Verantwortung an eine andere Person, welche für den Tatvorwurf einzustehen hätte, lag für den Tatzeitraum nicht vor. Den Hauptgegenstand des Unternehmens bilden Dienstleistungen auf dem Gebiet der Reinigung, wobei wiederum die sogenannte Unterhaltsreinigung - im Sinne einer täglichen Innenreinigung von Räumen in Gebäuden - über 90 Prozent des Geschäftsumfanges beträgt. Dementsprechend untergeordnet sind Sonderreinigungen wie Fassadenreinigungen, Fensterreinigungen, fallweise auch Grundreinigungen, Baufeinreinigung und ähnliche Dinge.

Am Sitz des Unternehmens in L. mit der Geschäftsanschrift .straße, werden die allgemeinen Verwaltungsarbeiten erledigt, wozu die Vorbereitungsarbeiten für Zeiterfassung, die Führung der Buchhaltung, der Lohnverrechnung und die Ausstellung der Faktura an die Kundschaften zählen und hinsichtlich der Personalverwaltung die Förmlichkeiten bei Abschluß oder Endigung von Dienstverträgen die Meldung bzw. Abmeldung bei der Sozialversicherung, ferner die Ausstellung von Krankenscheinen etc.; ferner laufen die Fäden betreffend die Materialbeschaffung über den dort etablierten Zentraleinkauf zusammen. Naturgemäß geschieht die grundlegende Disposition über die Geschäfte und der Abschluß von Verträgen mit Kundschaften von der Zentrale aus.

Räumlich gesehen erstreckt sich das operative Feld der Verwaltung in L. auf den gesamten Raum in Oberösterreich mit Ausnahme des politischen Bezirkes B., welcher von Salzburg aus betreut wird und schließt auch einen Teil von Niederösterreich - und zwar bis zum Traisenfluß - mit ein. Die östlichen Teile Niederösterreichs werden von Wien aus betreut. In Salzburg und Wien bestehen namensgleiche Unternehmen, welche rechtlich jedoch selbständig agieren.

Die NR Gebäudereinigung & Service Ges.mbH. & CO.KG mit dem Sitz in L., hatte am Stichtag 29.2.1996: 197 Dienstnehmer, am 31.1.1996: 195 Dienstnehmer, am 30.4.1996: 201 Dienstnehmer, am 30.5.1996: 197 Dienstnehmer, am 30.6.1996: 202 Dienstnehmer, am 31.7.1996: 201 Dienstnehmer und am 28.8.1996: 206 Dienstnehmer für den Standort L., ..straße 2, zur Pflichtversicherung gemeldet. Von diesen Dienstnehmern waren am 29.2.1996, 17 Dienstnehmer bei der BMW-Motoren Ges.mbH. in S., 10 Dienstnehmer bei der SCA L., 6 Dienstnehmer bei der NÖ. Landesregierung, 3 Dienstnehmer beim BG Krems, 10 Dienstnehmer beim BRG L., weitere 10 Dienstnehmer auf der Uni-Linz, 7 Dienstnehmer im Seniorenheim Bad Hall, 11 Dienstnehmer im Seniorenheim Linz, 6 Dienstnehmer in der Landessonderschule Leonding, 5 Dienstnehmer beim Arbeitsamt Wels, 2 Dienstnehmer im Wagner-Jauregg Krankenhaus Linz, 4 Dienstnehmer bei der Fa. H., 3 Dienstnehmer bei der Fa. L., 11 Dienstnehmer in der HTBLA-Wels, 2 Dienstnehmer in der HBLA-Wels, 2 Dienstnehmer im BRG Vöcklabruck, weitere 2 Dienstnehmer bei der HTBLA Vöcklabruck, 3 Dienstnehmer bei der Fa. I., 2 Dienstnehmer bei der Girokredit, 3 Dienstnehmer bei der Fa. O., 2 Dienstnehmer im Fernmeldebetriebsamt und weitere 2 Dienstnehmer bei der N.mit Reinigungsarbeiten im Einsatz. Die Dienstnehmer der KG sind teils Arbeiter teils Angestellte, letztere insbesondere in der Verwaltung und im technischen Dienst. Die Arbeiter werden laut Kollektivvertrag besoldet und zwar entsprechend der Verwendung nach jenem der Denkmal- und Fassadenreiniger und der Gebäudereiniger. An der Spitze der Unterhaltsreinigung, die das Hauptgeschäft des Unternehmens darstellt, steht ein technischer Betriebsleiter. In weiterer Gliederung sind Objektleiter bestellt. Bis zu dieser Stufe stehen die verwendeten Personen im Angestelltenverhältnis.

Bei größeren Kunden, das heißt, wenn zu Reinigungsarbeiten zahlreiche Dienstnehmer beschäftigt werden, gibt es vor Ort einen Objektleiter. Es bestehen aber auch Objektleiter, denen mehrere Objekte zugleich unterstehen. Bei einer geringeren Zahl von vor Ort Beschäftigten geschieht es auch, daß bloß eine Vorarbeiterin tätig ist. Ist ein(e) einzelne(r) Beschäftigte(r) tätig, dann untersteht sie (er) einem bestimmten Objektleiter, der mehrere dieser einzeltätigen Dienstnehmer betreut. Bereits die Vorarbeiterin und nicht nur der Objektleiter ist dazu berufen die Qualitätskontrolle durchzuführen, die Zeiterfassung der beschäftigten Dienstnehmer vorzunehmen, Material zu disponieren und zwar Materialeinsatzmenge und Nachbestellung vorzunehmen (dies allerdings im Wege über den Zentraleinkauf - die Auslieferung der Ware erfolgt z.B. zum Reinigungsobjekt BMW S.direkt nach S.) und den Kundenkontakt zu pflegen. Der Vorarbeiterin steht auch die Personaldisposition der ihr unterstellten Arbeiter bzw. Arbeiterinnen zu. Der Objektleiter ist in der Praxis das Bindeglied zwischen Unternehmensführung und dem am Ort der Tätigkeit vorhandenen Personal.

In der Regel werden jene Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen die, wie vorhin erwähnt, in den Gebieten disloziert arbeiten und praktisch ansonsten keinen Kontakt zur Zentrale haben, aus der Umgebung des in Aussicht genommenen Wirkens rekrutiert und von der Vorarbeiterin oder dem Objektleiter aufgenommen. Die Anmeldung mit Formblatt bei der Gebietskrankenkasse erfolgt dann über die Zentrale in L.. Die Vorarbeiterinnen sind vom Unternehmen geschult und besitzen demnach die Anwendungstechnik für den richtigen Einsatz von Reinigungsmittel und Reinigungsgeräten. Dies betrifft auch das Tragen der Schutzkleidung. Bezüglich der Außenreinigung sind die entsprechenden Dienstnehmer auf das Tragen von Schutzhelmen, Schutzausrüstung, Schutzkleidung und Sicherheitsgurten belehrt und kontrolliert.

Wenngleich bei der dislozierten Tätigkeit eine gewisse Ähnlichkeit mit überlassenen Arbeitnehmern vorliegt, weil ja die Reinigungsarbeiten angepaßt an die örtlichen Verhältnisse und an die Wünsche des Kunden - insbesonders was den zeitlichen Ablauf anlangt - geschieht, liegt eine Überlassung von Dienstnehmern nicht vor, weil die Weisungsbefugnisse und alle sonstigen wesentlichen Merkmale des Dienstverhältnisses vom Unternehmen der NR Gebäudereinigung und Service Ges.mbH. & CO.KG gesteuert werden. Je nach Dienstnehmerstand steht dem Reinigungspersonal von den Auftraggebern eine Räumlichkeit zur Verfügung, welche nicht nur für die Aufbewahrung der Reinigungsgeräte und Reinigungsmittel Platz bietet, sondern wo auch Schreibwaren und Schreibgeräte sowie Sitzmöglichkeiten untergebracht werden können. Die Gespräche mit der Zentrale in L. fernmündlicher Art werden, sei es über Handy, sei es über öffentliche Einrichtungen, sei es unter Mitbenützung der Fernmeldeeinrichtung des Kunden, abgewickelt. Krankenscheine werden von der Vorarbeiterin aus L. angefordert. Ab acht Dienstnehmern ist die Vorarbeiterin faktisch nur mehr in Verwaltung und Organisation tätig. Bei bloß drei Dienstnehmern arbeitet sie noch teilweise mit, wobei der Verwaltungsanteil der Vorarbeiterinnen gerade in Urlaubszeiten oder bei Witterungsschwankungen (starke Verschmutzungen) und sonstigen Engpässen in der Personalsituation, oft sehr unterschiedlich ist.

Objektsleiter, denen die Aufsicht über Reinigungsobjekte bei nur wenig oder nur einzeln tätigen Personen obliegt, haben einen Schreibtisch im Büro der Zentrale in L. und fahren dann häufig zur Kontrolle und zur Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben die Reinigungsobjekte an.

Über den Personalstand kann ein Objektsleiter bzw. ein Vorarbeiter vor Ort nicht entscheiden. Dies ist grundsätzlich durch den Vertrag mit dem Vertragspartner bestimmt, worin die Anzahl der Arbeitsstunden und zum Teil auch die Anzahl der zum Einsatz kommenden Personen geregelt ist. Nur in diesem Rahmen ist der Objektleiter bzw. der Vorarbeiter befugt Personal einzustellen bzw. zu ersetzen. Wenn sich für ein bestimmtes Objekt niemand findet oder in einer entfernten Region ein Kunde gewonnen werden soll und noch kein Stützpunkt besteht, wird in dieser Region geworben und ein Objektsleiter begibt sich hinaus, um das Personal anzusehen und es aufzunehmen. Der Sachverhalt ist unstrittig und, was den Ablauf der Geschäftstätigkeit anlangt, ohnedies der glaubwürdigen, weil der Lebenserfahrung entsprechenden Verantwortung des Rechtsmittelwerbers entnommen.

In Frage bzw. als strittig hingestellt wurde von seiten des Rechtsmittelwerbers im wesentlichen der Punkt, ob die Vorschriften über die Präventivdienste auf Reinigungsunternehmen überhaupt anzuwenden seien, ob die durchgeführten Reinigungsarbeiten nicht unter den Begriff "Baustellen" fielen, für die gesonderte, dem ASchG entsprechende sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuungen eingerichtet sind und darum bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl nicht mitzurechnen seien. Allenfalls ergibt sich sinngemäß aus dem Vorbringen, wenn schon diese Art der Ausnahme nicht tragfähig erscheine, ob nicht die Objekte der Reinigungsarbeiten vor Ort (gesonderte) Arbeitsstätten im Sinn des ASchG bildeten, bei denen durch die damit gegebene Aufsplitterung eine gesonderte Ermittlung der Beschäftigtenzahl stattzufinden habe und wodurch der Zeitpunkt zur Pflicht der Einrichtung der Präventivdienste mit 1.1.1996 nicht gelte weil jeweils eine Zahl von 150 Arbeitnehmern nicht erreicht werde. Ferner wird, wie im Eingang erwähnt, auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des für die Tatzeit noch bestellten weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer Ittmann verwiesen.

Zum letzten Vorbringen war zu bedenken: Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit (um eine solche handelt es sich bei der in Rede stehenden KG), sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Das ASchG bestimmt nichts besonderes über die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung. Die zur Vertretung nach außen Berufene ist im gegenständlichen Fall die NR Gebäudereinigung & Service Ges.mbH., welche wiederum vom zwischenzeitig verstorbenen E. H., W. P. - dem Beschuldigten - und R. I.als handelsrechtliche Geschäftsführer vertreten wurden.

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreise eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Eine förmliche Bestellung einer bestimmten Person aus dem Kreise der Geschäftsführer, welche für die zum Vorwurf gemachte Tat die Verantwortung tragen müsse, liegt nicht vor. Auch die Bestellung einer anderen Person zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der in Rede stehenden Verwaltungsvorschriften wurde nicht nachgewiesen. Das bloße Innenverhältnis, welches ohnedies nicht eindeutig ist, weil I. und der Beschuldigte einander wechselseitig die Verantwortung zuschieben, vermochte, weil keine förmliche Delegation der Verantwortung auf I. vorliegt, den Rechtsmittelwerber aus der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung nicht zu entlasten. Der Rechtsmittelwerber hat für die Unterlassung als außenvertretungsbefugtes Organ voll miteinzustehen.

Im übrigen war zu bedenken:

Gemäß § 1 Abs.1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG - gilt dieses Bundesgesetz für die Beschäftigung von Arbeitnehmern.

Die von der NR Gebäudereinigung & Service Ges.mbH. & CO.KG entfalteten Tätigkeiten fielen im Tatzeitraum nicht unter die Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs.2 und 3 ASchG, BGBl.Nr. 450/1994.

Demnach konnte sich der Rechtsmittelwerber nicht darauf berufen, daß die Bestimmungen des ASchG, darunter auch jene, die die Pflicht zur Einrichtung der Präventivdienste, insbesonders die Bestellung von Sicherheitsfachkräften und von Arbeitsmedizinern, für Reinigungsunternehmen grundsätzlich nicht gelten würden.

Folglich war zu bedenken:

10.Gemäß § 2 Abs.1 ASchG sind Arbeitnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes alle Personen, die im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig sind. Gemäß § 2 Abs.3 sind Arbeitsstätten im Sinn dieses Bundesgesetzes Arbeitsstätten in Gebäuden und Arbeitsstätten im Freien. 11.Baustellen im Sinn des Bundesgesetzes sind zeitlich begrenzte oder ortsver- änderliche Baustelle, an denen Hoch- und Tiefbauarbeiten durchgeführt werden. Dazu zählen insbesondere folgende Arbeiten: Aushub, Erdarbeiten, Bauarbeiten im engeren Sinn, Errichtung und Ausbau von Fertigbauelementen, Einrichtung oder Ausstattung, Umbau, Renovierung, Reparatur, Abbauarbeiten, Abbrucharbeiten, Wartung, Instandhaltungs-, Maler- und Reinigungsarbeiten, Sanierung. 12.Auswärtige Arbeitsstellen im Sinn dieses Bundesgesetzes sind alle Orte au- ßerhalb von Arbeitsstätten an denen andere Arbeiten als Bauarbeiten durchgeführt werden.

Gemäß § 2 Abs.4 ASchG ist ein Arbeitsplatz im Sinn dieses Bundesgesetzes der räumliche Bereich, in dem sich Arbeitnehmer bei der von ihnen auszuübenden Tätigkeit aufhalten.

13.Gemäß § 34 Abs.1 Arbeitsverfassungsgesetz gilt als Betrieb jede Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mittel die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht.

Unter Arbeit wird nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine zielgerichtete Anstrengung, unter Stätte eine Örtlichkeit bzw. ein Platz verstanden, an dem "etwas stattfindet".

14.Gemäß § 8 Abs.1 ASchG gilt bezüglich der Koordination folgendes: Werden in einer Arbeitsstätte auf einer Baustelle oder einer auswärtigen Arbeitsstelle Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber beschäftigt, so haben die betroffenen Arbeitgeber bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten. Sie haben insbesondere 1. ihre Tätigkeit auf dem Gebiet der Gefahrenverhütung zu koordinieren und 2. einander, sowie ihre Arbeitnehmer und die zuständigen Belegschaftsorgane über die Gefahren zu informieren.

Gemäß § 8 Abs.2 leg.cit. gilt: Werden in einer Arbeitsstätte Arbeitnehmer beschäftigt, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu den für diese Arbeitsstätte verantwortlichen Arbeitgebern stehen, (betriebsfremde Arbeitnehmer), so sind die für diese Arbeitsstätte verantwortlichen Arbeitgeber verpflichtet, sich zu vergewissern, daß die betriebsfremden Arbeitnehmer entsprechend informiert und unterwiesen wurden und erforderlichenfalls für eine entsprechende Information und Unterweisung zu sorgen, (Fassung vor der Novelle BGBl.Nr. 9/1997), deren Arbeitgebern im erforderlichen Ausmaß Zugang zu den Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten zu gewähren, die für die betriebsfremden Arbeitnehmer erforderlichen Schutzmaßnahmen im Einvernehmen mit deren Arbeitgebern festzulegen und für die Durchführung der zu ihrem Schutz in der Arbeitsstätte erforderlichen Maßnahme zu sorgen.

Gemäß § 8 Abs.5 Arbeitnehmerschutzgesetz wird durch die Absätze 2-4 die Verantwortlichkeit der einzelnen Arbeitgeber für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften hinsichtlich ihrer Arbeitnehmer nicht eingeschränkt.

15.Gemäß § 19 Abs.1 ASchG sind Arbeitsstätten alle Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen sowie Teile von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in denen Arbeitsplätze eingerichtet sind oder eingerichtet werden sollen oder zu denen Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben (Arbeitsstätten in Gebäuden) sowie alle Orte auf einem Betriebsgelände zu denen Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben (Arbeitsstätten im Freien).

16.Gemäß § 73 Abs.1 ASchG haben Arbeitgeber Sicherheitsfachkräfte zu bestel- len. Diese Verpflichtung kann erfüllt werden: Durch Beschäftigung von Sicherheitsfachkräften im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (betriebseigene Sicherheitsfachkräfte) oder durch Inanspruchnahme externer Sicherheitsfachkräfte oder durch Inanspruchnahme eines sicherheitstechnischen Zentrums.

17.Gemäß § 76 Abs.1 ASchG haben Sicherheitsfachkräfte die Aufgabe, die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Sicherheitsvertrauenspersonen und die Belegschaftsorgane auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der menschenge rechten Arbeitsgestaltung zu beraten und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf diesen Gebieten zu unterstützen.

Gemäß § 77 Abs.1 ASchG sind Sicherheitsfachkräfte in dem zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausmaß, mindestens aber im Ausmaß der Mindesteinsatzzeit zu beschäftigen. Gemäß Abs.2 leg.cit. richtet sich die Mindesteinsatzzeit nach der Anzahl der Arbeitnehmer, die in einer Arbeitsstätte von einem Arbeitgeber beschäftigt werden.

Die auf Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen beschäftigten Arbeitnehmer sind einzurechnen. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer auf Baustellen, für die eine gesonderte, diesem Bundesgesetz entsprechende sicherheitstechnische Betreuung eingerichtet ist.

Eine Ergänzung dieser Bestimmung brachte die Novelle 9/1997 bezüglich der Teilzeitbeschäftigten. 18.Gemäß § 79 Abs.1 AnSchG haben Arbeitgeber Arbeitsmediziner zu bestellen. Die Verpflichtung kann erfüllt werden: Durch Beschäftigung von geeigneten Ärzten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (betriebseigene Arbeitsmediziner) oder durch Inanspruchnahme externer Arbeitsmediziner oder durch Inanspruchnahme eines bewilligten arbeitsmedizinischen Zentrums.

Gemäß § 82 Abs.1 Arbeitnehmerschutzgesetz sind Arbeitsmediziner in dem zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausmaß, mindestens aber im Ausmaß der Mindesteinsatzzeiten zu beschäftigen. Die Mindesteinsatzzeit richtet sich nach der Anzahl der Arbeitnehmer, die von einem Arbeitgeber in einer Arbeitsstätte beschäftigt werden. Die auf Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen beschäftigten Arbeitnehmer sind einzurechnen. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer auf Baustellen für die eine gesonderte, diesem Bundesgesetz entsprechende arbeitsmedizinische Betreuung eingerichtet ist. Auch bezüglich der Arbeitsmediziner brachte die Novelle BGBl.Nr. 9/1997 eine Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigten, was aber für den gegenständlichen Fall nicht von Relevanz ist.

19.Gemäß § 115 Abs.1 ASchG tritt für Arbeitsstätten, in denen ein Arbeitgeber regelmäßig bis zu 250 Arbeitnehmer beschäftigt, die Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen in Kraft: Für Arbeitsstätten in denen regelmäßig 151 bis 250 Arbeitnehmer beschäftigt werden mit 1.Jänner 1996. Für Arbeitsstätten in denen regelmäßig 101 bis 150 Arbeitnehmer beschäftigt werden mit 1.Jänner 1997. - 5. ...

Gemäß § 115 Abs.3 ASchG sind Arbeitnehmer, die auf Baustellen oder auswärtigen Arbeitsstellen beschäftigt werden, bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahlen nach Abs.1 und 2 jener Arbeitsstätte zuzurechnen, der sie organisatorisch zugehören, im Zweifel dem Unternehmenssitz. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer auf Baustellen für die eine gesonderte, diesem Bundesgesetz entsprechende sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung eingerichtet ist.

Gemäß § 130 Abs.1 Z27 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den zu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung zur Bestellung oder zur Beiziehung von Sicherheitsfachkräften oder von Arbeitsmedizinern verletzt, sie nicht im erforderlichen Ausmaß beschäftigt, ihnen die erforderlichen Informationen und Unterlagen nicht zur Verfügung stellt, oder nicht dafür sorgt, daß sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen.

20.Festzuhalten gilt im Rückblick auf das Arbeitnehmerschutzgesetz BGBl.Nr. 234 vom 30.5.1972, daß der Anknüpfungspunkt für die Pflicht zur Einrichtung eines sicherheitstechnischen Dienstes und der betriebsärztlichen Betreuung im Sinn der §§ 21 Abs.1 und 22 Abs.1 leg.cit. der Betrieb war, in dem regelmäßig mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt waren, wobei auf den Umfang des Betriebes die Zahl der Beschäftigten sowie das Ausmaß und den Grad der allgemeinen bzw. der Gefährdung der Gesundheit der Arbeitnehmer entsprechend Bedacht zu nehmen war und als Mindestzahl 250 Arbeitnehmer als Auslöser für die Bestellungspflicht benannte. Eine Zahl darunter löste dann in Unternehmen mit mehreren Betrieben oder in mehreren räumlich getrennten Arbeitsstellen die Bestellungspflicht aus, wenn jeweils weniger als 250 insgesamt jedoch mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt waren, wenn für einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer eine besondere Gefährdung bestand. 21.Diese Anknüpfungspunkte enthält das ASchG 1994, welches auf gegenständli- chen Fall anzuwenden ist, nicht mehr. Die geltende Rechtslage benennt als Anknüpfungspunkt die Arbeitsstätte und je nach bestimmten Arbeitnehmerzahlen verschiedene Zeitpunkte für die Pflicht zur Einrichtung der Präventivdienste.

22.Was den Versuch des Rechtsmittelwerbers anlangt, die Örtlichkeiten, in denen die Arbeitnehmer der KG ihre Reinigungsdienste disloziert verrichten, als Baustellen zu qualifizieren, so vermag dem der O.ö. Verwaltungssenat nicht zu folgen, zumal es sich bei den Reinigungsarbeiten, wie in den Feststellungen ausgeführt, um sogenannte Unterhaltsreinigung, welcher auf die Vertragsdauer ausgelegt, das Moment des ständig Wiederkehrenden innewohnt, handelt. Baustellen sind aber, wie § 2 Abs.3 ASchG beschreibt, zeitlich begrenzte veränderliche Orte an denen Hoch- und Tiefbauarbeiten durchgeführt werden, wozu allenfalls im Sinne der nicht erschöpfenden Aufzählung, nach der Natur der Sache und der Systematik des Begriffes Baustelle, Reinigungsarbeiten der Baustelle, sohin die Baufeinreinigung als zeitlich begrenzte Verrichtung verstanden werden kann, nicht aber eine immer wiederkehrende Reinigung eines Platzes oder Rauminneren nach Baufertigstellung und ständiger Benützung durch den Auftraggeber.

Im übrigen hat der Rechtsmittelwerber nicht dargetan, daß auf den (von ihm so benannten) Baustellen (im Auge hatte der Gesetzgeber offensichtlich Großbaustellen für Kraftwerke, Tunnelanlagen o.ä.) gesonderte auf den Baustellen bestandene dem Arbeitnehmerschutzgesetz entsprechende sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuungseinrichtungen vorhanden gewesen wären. Nur bei Vorliegen einer solchen Baustelle hätten die Arbeitnehmer auf Baustellen zur Ermittlung der Auslösezahl nicht gezählt (vergl. § 115 Abs.3 letzter Satz ASchG).

Aus diesen Gründen mußte das Hauptargument des Rechtsmittelwerbers schon vom Ansatz her versagen.

23.Nicht von vornherein zu vernachlässigen war das Argument, daß es sich bei den dislozierten Tätigkeitsorten und -feldern der Arbeitnehmer der KG begrifflich um Arbeitsstätten handelte, wobei durch die Zerlegung der Dienstnehmerzahl auf die einzelnen Arbeitsstätten ein späteres Wirksamwerden der Pflicht zur Einrichtung der Präventivdienste gestanden wäre. Obwohl der Gesetzgeber über § 2 ASchG den Titel "Begriffsbestimmungen" setzte, verliert er sich in § 2 Abs.3 leg.cit. zum Wort Arbeitsstätten nur in eine Aufteilung und gibt keine Definition. Ähnlich verhält es sich, wenn § 19 Abs.1 Arbeitsstätten als Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen einerseits, als Arbeitsstätten in Gebäuden und andererseits Arbeitsstätten im Freien beschreibt und zwar als Orte in denen Arbeitsplätze eingerichtet sind oder eingerichtet werden sollen oder zu denen Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben.

Arbeitsplatz wiederum im Sinn des ASchG 1994 ist der räumliche Bereich in dem sich Arbeitnehmer bei der von ihnen auszuübenden Tätigkeit aufhalten (§ 2 Abs.4 leg.cit.).

Dem ASchG 1994 wohnt somit bezüglich des Versuches der Begriff Arbeitsstätte zu definieren im Ergebnis ein Zirkelschluß inne.

Nachdem § 34 Abs.1 den Betriebsbegriff von jenen der Arbeitsstätte ableitet, kann unter Zuhilfenahme des allgemeinen Sprachgebrauches zum Begriff Arbeitsstätte daraus nur gefolgert werden, daß diese jedenfalls einen geringeren Organisationsgrad als ein Betrieb aufweist (vgl. Schwarz/Löschnigg Arbeitsrecht, 5. Auflage (1995), Seite 165, 9.4.4.1.).

Die organisatorische Einheit, welche den Begriff "Betrieb" prägt, wird erst dann zu einem solchen, wenn dieser Einheit ein gewisses Maß an Selbständigkeit, besonders in technischer Hinsicht eingeräumt ist und auch dem Ergebnis des Arbeitsvorganges dieser Einheit eine, wenn auch beschränkte Abgeschlossenheit oder Unabhängigkeit von anderen Betriebsvorgängen eigen ist. Dies besagt jedoch nicht, daß es sich um eine vollkommen selbständige in sich geschlossene Einheit handeln muß.

Ob die einzelnen Betriebsabteilungen weit von einander entfernt liegen oder nicht ist von untergeordneter Bedeutung. Unerheblich für die Betriebseigenschaft ist auch die Anzahl der Arbeitnehmer. Da die Arbeitsstätte als der Überbegriff von Betrieben beschrieben ist, gelten diese Parameter in noch loserem Ausmaß. In Lang, Handbuch ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Stand April 1997, sind zahlreiche Beispiele für Arbeitsstätten und für auswärtige Arbeitsstellen angeführt; zu letzterer Zuordnung wird vor allem auf den Anwendungsbereich für Reinigungsunternehmen, Bewachungsunternehmen, Zeitungsverlage, Versicherungsunternehmen, Autobusunternehmen und Güterbeförderungsgewerbe verwiesen. Ein Versuch der Abgrenzung von Arbeitsstätte und auswärtige Arbeitsstelle "per definitionen", findet sich aber nicht.

Nachdem aus der begrifflichen Deutung des zusammengesetzten Wortes Arbeit = zielgerichtete Anstrengung mit dem Wort Stätte = Örtlichkeit, an der was von statten geht, nichts gewonnen ist und auch der Versuch der Negativabgrenzung vom Betrieb, mit der Umschreibung;" die Arbeitsstätte unterscheidet sich vom Betrieb durch einen geringeren Organisationsgrad" noch nichts entscheidendes festzumachen ist, war zur Frage der Methode der Begriffsbildung (vergl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Auflage, Seite 300), die "ratio legis" gegenüber der zu keinem Ergebnis führenden klassischen Typuskonzeption zu ermitteln. (derselbe auf Seite 546). Geht man in verfassungskonformer Interpretation davon aus, daß das ASchG allen Arbeitnehmern denselben Schutz und somit auch die angenommenen Präventivdienste gewährleisten soll (Art.7 B-VG, Art.2 StGG) und setzt man dies um, indem (dieser Schutz) und diese Präventivdienste in den Arbeitsstätten vorhanden und von dort aus organisiert werden sollen, dann müssen Arbeitsstätten, um als solche im Sinne des Arbeitnehmerschutzgesetzes angesehen werden zu können, über die Macht bzw. Organisationsgewalt verfügen, die geforderten Präventivdienste einzurichten. Daß die Vorarbeiterinnen oder Objektleiter, welche über die Dienstnehmer die Aufsicht führten, die in der "Liste der verwendeten Orte, per Stichtag 29.2.1996" enthalten waren, diese Macht besessen hätten, ist durch nichts erwiesen. Der O.ö. Verwaltungssenat erachtet es nach den zuvor beschriebenen Sachverhaltsfeststellungen in Verbindung mit der Rechtslage, wonach das Arbeitnehmerschutzgesetz außer dem Begriff Arbeitsstätten, Baustellen oder auswärtige Arbeitsstellen keine weiteren Begriffe kennt, als zutreffend, daß es sich bei den Reinigungsarbeiten, da die Eigenschaften als Baustellen und (selbständige) Arbeitsstellen nicht vorliegen, um auswärtige Arbeitsstellen des Reinigungsunternehmens handelte.

Zufolge der Zweifelsregelung im § 115 Abs.3 ASchG waren daher die in der Zeit zwischen 29.2.1996 und 28.8.1996 von der KG beschäftigten Personen, welche bei der O.ö. Gebietskrankenkasse für das in Linz niedergelassene Unternehmen zur Pflichtversicherung angemeldet waren, zum Unternehmenssitz zur Ermittlung der Beschäftigtenzahl zuzurechnen.

24.Daß für den vorgeworfenen Zeitraum keine Sicherheitskräfte und keine Arbeits- mediziner bestellt waren, ist nicht bestritten. Somit erscheint der Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht.

Bei dem gegenständlichen Delikt handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt.

25.Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof bei Reinigungspersonal es als gegeben angenommen hat, daß für einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer eine besondere Gefährdung besteht, zumal eine Verletzungsgefahr der Haut und Augen besteht (vergl. VwGH 28.7.1995, 95/02/0191), hätte ein maßgerechter außenvertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer die Zeit für die Einführung der Präventivdienste nicht ungenutzt verstreichen lassen dürfen, um sich durch weit hergeholte Interpretationsversuche der Sache zu entziehen, sondern hätte eine erstrebenswerte Koordination mit den ständigen Vertragspartnern gesucht und gefunden um unter Vermeidung langwieriger Anfahrts- und Wegezeiten - allenfalls unter Beteiligung an den maßgeblichen Kosten auch das Reinigungspersonal vor Ort unter die entsprechende Vorsorge zu stellen.

Das Schleifenlassen der Dinge bedeutete kein geringgewichtiges Verschulden.

26.Nachdem die objektive und subjektive Tatseite als erwiesen zu erachten ist, war bei der Strafbemessung zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen beträgt, wie bereits dargetan, in Geld von 2.000 S bis 100.000 S.

Folgen der Tat sind für die Verwirklichung des Tatbestandes nicht erforderlich. Sie sind im gegenständlichen Fall aber auch nicht erwiesen. Daß ein gewisser Präventivdienst, welcher von den Sicherheitsvertrauenspersonen gewährleistet werden muß, ohnedies funktioniert hat, ist nicht widerlegt. Dies ließ den Unrechtsgehalt nicht so massiv erscheinen, daß selbst, wenn man das Verschulden nicht als gering erachtet und daher ein Absehen von einer Bestrafung nicht in Frage kam, trotz Unbescholtenheit die Hälfte des Strafrahmens hätte ausgeschöpft werden müssen, um den Rechtsmittelwerber zur Nachholung des Fehlenden zu veranlassen.

Wenngleich das Einkommen des Beschuldigten mit 40.000 S monatlich als wesentlich über dem Durchschnitt liegend bezeichnet werden kann, so wird dieses durch die Pflicht für seine Ehegattin und ein Kind angemessen zu sorgen, nicht unbedeutend in Anspruch genommen.

Alles in allem erachtet es der O.ö. Verwaltungssenat Geldstrafen von je 20.000 S als hinreichend und zweckdienlich, um alle Strafzwecke zu befriedigen und geeignet, daß der Beschuldigte das von ihm geführte Unternehmen wachrüttelt um entsprechendes Geld in die Präventivdienste fließen zu lassen.

Besondere Erschwerungsgründe sind auch im Berufungsverfahren nicht hervorgekommen.

Aufgrund des Teilerfolges der Berufung befreite dies den Rechtsmittelwerber von der Pflicht zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen für das Berufungsverfahren (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 23.11.2001, Zl.: 98/02/0305-8

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