Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280315/5/Kl/Rd

Linz, 22.12.1997

VwSen-280315/5/Kl/Rd Linz, am 22. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22.11.1996, GZ 101-6/3-330039338, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem KJBG zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat sind 20 % der verhängten Strafen, ds 2.200 S, zu leisten. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG. zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22.11.1996, GZ 101-6/3-330039338, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1) 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen), 2) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) und 3) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 30 KJBG iVm 1) § 11 Abs.1 KJBG, 2) § 17 Abs.1 KJBG und 3) § 16 KJBG verhängt, weil er als haftbarer Betriebsinhaber der Einzelfirma "W", Linz, zu verantworten hat, daß diese die Jugendliche Anita D, geb. 18.8.1980, wie folgt entgegen den Bestimmungen des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 599/1987 idgF (kurz: KJBG), beschäftigt hat:

Bei Hausmessen im Hotel E in Klagenfurt am 28.9.1995 von 08.00 Uhr (Abfahrt) bis 00.30 Uhr (Ankunft) und im Grandhotel W in Graz am 19.10.1995 von 08.00 Uhr (Abfahrt) bis 24.00 Uhr (Ankunft), woraus 1) Überschreitungen der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit von 8 Stunden und 2) Verletzungen der gesetzlichen Nachtruhe von 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr resultieren. Ferner wurde im Anschluß an die Hausmessen 3) keine mindestens 12-stündige Ruhezeit gewährt, indem am 29.9. und 20.10.1995 der Arbeitsbeginn um 09.00 Uhr angesetzt wurde.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher sich der Bw darauf stützt, daß die Jugendliche Anita D zu keiner wie immer gearteten Arbeit eingesetzt worden sei, sondern ausdrücklich nur freiwillig zur Messe mitgefahren sei. Weil sie nur wenige Tage im Betrieb war, hätte sie auch nicht als Arbeitskraft eingesetzt werden können. Auch werde die Höhe der Strafe angefochten, weil kein straferschwerender Umstand vorliegt und der Beschuldigte absolut unbescholten sei. Auch sei es unmöglich die Strafe zu bezahlen. Es wurde die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Magistrat der Stadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das zuständige Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk wurde am Verfahren beteiligt und dieses beantragte die Bestätigung des Straferkenntnisses. Weil sich der Bw lediglich gegen die rechtliche Beurteilung und gegen die Höhe der Strafe richtet und in zwei Fällen die Höhe der Strafe 3.000 S nicht überschreitet und auch eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG). Im übrigen hat der O.ö. Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt anhand des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes vorgefunden und es hat die belangte Behörde das Erhebungsergebnis auch dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundegelegt. Vom Bw wurde das Erhebungsergebnis im Grunde nicht bestritten, sondern die Qualifizierung des Einsatzes der Jugendlichen als Arbeitsleistung bestritten. Der Bw hat aber keinen weiteren Beweisantrag gestellt und keine Beweismittel vorgebracht. Es konnte daher ein weiteres Beweisverfahren unterbleiben. Im Grunde des umfangreichen und erschöpfenden Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde sowie auch im Grunde eines bereits vor dem O.ö. Verwaltungssenat rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Bw war festzustellen, daß die Jugendliche Anita D, am 18.9.1995 als Lehrling im Lehrberuf "Bürokauffrau" im Betrieb des Bw eingestellt, vom 18.9.1995 bis 2.11.1995 als Lehrling beschäftigt wurde, obwohl dem Bw mit Bescheid des Magistrates Linz vom 27.2.1991 die Ausbildung von Lehrlingen gemäß § 4 Abs.4 lit.d Berufsausbildungsgesetz untersagt wurde. Dies wurde mit Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 9.6.1997, VwSen-221355/8/Kl/Ka, rechtskräftig festgestellt und der Bw wurde diesbezüglich rechtskräftig bestraft.

Aufgrund des im Verwaltungsstrafakt ausgewiesenen Beweisverfahrens steht fest, daß die Jugendliche Anita D zu den im Straferkenntnis angeführten Tagen und Zeiten im Rahmen ihres Lehrverhältnisses herangezogen worden war.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 30 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 - KJBG, BGBl.Nr. 599/1987 idF BGBl.Nr. 257/1993, ist, wer diesem Bundesgesetz oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 1.000 S bis 15.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S bis 30.000 S, oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden.

Gemäß § 10 Abs.1 KJBG ist die tägliche Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Einrechnung der Ruhepausen. Die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen darf acht Stunden, ihre Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten, soweit nicht anderes bestimmt ist (§ 11 Abs.1 KJBG). Gemäß § 16 KJBG ist nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit den Jugendlichen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden zu gewähren. Gemäß § 17 Abs.1 KJBG dürfen Jugendliche in der Nachtzeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht beschäftigt werden.

4.2. Die zur Tatzeit zum Bw in einem Lehrverhältnis stehende Anita D, geb. am 18.8.1980, ist eine Jugendliche iSd § 3 KJBG. Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes, welcher in der Berufung auch nicht mehr bestritten wurde, begann die Arbeit am 28.9.1995 um 8.00 Uhr und endete am 29.9.1995 um 0.30 Uhr. ISd § 10 Abs.1 ist daher der dazwischenliegende Zeitraum als tägliche Arbeitszeit zu werten, jedoch ohne Einrechnung der Ruhepausen. Eine Aufzeichnung der Ruhepausen ist nicht erfolgt und es konnte der Bw auch in seiner Berufung solche Ruhepausen konkret nicht geltend machen und nicht nachweisen. Es hat daher die tägliche Arbeitszeit wesentlich länger als acht Stunden gedauert. Ebenso wurde auch am 19.10.1995 die zulässige tägliche Arbeitszeit von acht Stunden überschritten. Weil aber gleichzeitig das Arbeitsende jeweils nach 20.00 Uhr gelegen war, wurde auch die gesetzlich angeordnete Nachtruhe von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr gemäß § 17 Abs.1 KJBG nicht eingehalten. Weiters wurde jeweils am darauffolgenden Tag der Arbeitsbeginn mit 9.00 Uhr festgesetzt, sodaß die gemäß § 16 KJBG erforderliche ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden nicht gewährt wurde. Es hat daher der Bw die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen eindeutig begangen. Zu seiner Entlastung konnte der Bw nichts vorbringen, was sein Verschulden mindern oder aufheben würde. Als Dienstgeber bzw. Ausbildner hätte er von den bestehenden Bestimmungen Kenntnis haben müssen bzw. hätte er sich Kenntnis verschaffen müssen und er hätte auch für deren Einhaltung Sorge tragen müssen. Dieser Sorgfaltspflicht ist er offensichtlich nicht nachgekommen, weshalb auch Verschulden vorliegt.

4.3. Den Berufungsausführungen, daß die Jugendliche zu keinem Arbeitseinsatz herangezogen worden sei bzw. genügend Pausen eingeräumt worden seien, ist dem Bw entgegenzuhalten, daß mit Ausnahme der aufgezeichneten und tatsächlich gewährten Ruhepausen jede Inanspruchnahme eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber für seine Zwecke als Arbeitszeit gilt, ohne Rücksicht darauf, ob diese Zeit mit einzelnen Verrichtungen des Arbeitnehmers tatsächlich ausgefüllt ist. Der Arbeitnehmer, der sich zur vorbestimmten Zeit am Arbeitsort einfindet und bereit ist, Arbeit nach Weisung des Arbeitgebers auszuführen, erbringt die von ihm geschuldete Arbeitsleistung, gleichgültig, ob der Arbeitgeber von der ihm angebotenen Leistung Gebrauch macht oder nicht. In diesem Sinne gab der Bw im Verfahren erster Instanz selbst an, daß die Jugendliche minimale Hilfstätigkeiten, wie Werbematerial auf die Tische legen oder per Telefon Getränke für die Kunden zu bestellen, geleistet hat. Auch die Jugendliche selbst gab als Tätigkeiten Hilfstätigkeiten wie Auf- und Abbau der Diskothekgeräte, Ein- und Ausstecken der Geräte, Auflegen von Werbematerial, Versorgung der Kunden, Getränkebestellungen und Servieren etc. an Fixe Pausen gab die Jugendliche nicht an, dennoch hätte sie aber Zeit zum Ausruhen und zum Essen zwischendurch gehabt. Es mußte daher einwandfrei von Arbeitsleistungen, wenn auch nur von Hilfstätigkeiten, ausgegangen werden.

4.4. Zur Strafbemessung hat bereits die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses rechtsrichtig auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungsgründe gemäß § 19 VStG Bedacht genommen. Insbesondere hat die Behörde auf die persönlichen Verhältnisse des Bw Bedacht genommen und die Unbescholtenheit als Milderungsgrund gewertet. Straferschwerend hat sie nichts gewertet. Im Grunde der doch erheblichen Überschreitungen der zulässigen täglichen Arbeitszeit bzw. Unterschreitung der Ruhezeiten bzw. der zu gewährenden Nachtruhe, war iSd Unrechtsgehaltes der Tat aber ein über der Mindeststrafe gelegener Strafsatz angemessen. Weil die verhängten Geldstrafen aber jeweils im unteren Drittel des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens liegen, waren die verhängten Geldstrafen tat- und schuldangemessen, den persönlichen Verhältnissen angepaßt, und nicht überhöht.

Es konnte daher das Straferkenntnis in allen drei Punkten sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt werden. Hinsichtlich allfälliger Zahlungsschwierigkeiten wird der Bw auf § 54b Abs.3 VStG hingewiesen, wonach er bei der Behörde erster Instanz um Bewilligung eines Aufschubes oder der Teilzahlung ansuchen kann.

5. Im Grunde dieses Verfahrensergebnisses, weil der Berufung kein Erfolg beschieden ist, war ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der jeweils verhängten Strafe, also insgesamt in der Höhe von 2.200 S gemäß § 64 VStG festzulegen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt