Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280319/4/KON/FB

Linz, 24.10.1997

VwSen-280319/4/KON/FB Linz, am 24. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die sich ausschließlich gegen die Strafhöhe richtende Berufung der Frau A H, S, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3. Dezember 1996, Ge96-81-1996, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 30.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 90 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 3.000 S herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch: "Sie sind handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der M Dachdeckerei und Spenglerei GmbH. mit dem Sitz in R, L6, und haben es als solche zu verantworten, daß Ihre Arbeitnehmer F K, F S, F B sowie A A B am 23.9.1996 um 10.35 Uhr auf der Baustelle in T, Eigentumswohnanlage gegenüber dem Wohnhaus T 73, auf dem Dach mit einer Neigung von 37 Grad und einer Traufenhöhe vom ca. 9 m zu Arbeiten (Verlegen von Rhombuseternitplatten), welche nicht geringfügig waren und sich nicht nur auf den Dachsaum oder den Giebelberiech beschränkten, herangezogen worden sind, ohne daß geeignete Schutzmaßnahmen (Dachfanggerüst oder Dachschutzblende) vorhanden waren, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 87 Abs. 3 und 5 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 340/1994 i.V.m. §§ 118 Abs. 3 und 130 Abs. 5 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994 Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß § 130 Abs.5 S 40.000,- ist, Ersatzfreiheitsstrafe von des Arbeitnehmer- 134 Stunden Innenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994 Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 4.000,--   als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher:

S 44.000,-- Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." Hinsichtlich der Strafhöhe führt die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG begründend aus, daß als straferschwerend zu werten war, daß das ungesicherte Arbeiten auf Dächern mit einer Traufenhöhe von 9 m eine massive Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer darstelle. Daß die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen habe, könne der Beschuldigten nicht zugute gehalten werden. Wenngleich gegen die Beschuldigte keine einschlägige Verwaltungsvorstrafe aufscheine, sei sie doch rechtskräftig wegen einer Übertretung nach der StVO bestraft worden, sodaß ihre "relative Unbescholtenheit" keinen Strafmilderungsgrund darstellen könne. Auch ihr Geständnis könne nicht strafmildernd gewertet werden, weil dieses für das Ermittlungsverfahren keine Rolle gespielt habe. Auch wenn die Beschuldigte lediglich über ein Einkommen von ca 15.000 S monatlich verfüge, ein Einfamilienhaus zur Hälfte besitze und für zwei Kinder zu sorgen habe, scheine die Geldstrafe in der Höhe von 40.000 S unbedingt erforderlich, um sie in Zukunft von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Das festgesetzte Strafausmaß sei auch insofern gerechtfertigt, als die Möglichkeit eines angemessenen Strafaufschubes oder einer Teilzahlung bestehe. Gegen dieses Straferkenntnis, und zwar lediglich gegen die Strafhöhe, hat die Beschuldigte Berufung erhoben. Zur Begründung bringt sie diesbezüglich im wesentlichen vor: 1. Auf Seite 3 Absatz 1 des angefochtenen Straferkenntnisses sei der Strafrahmen für die Erstbegehung mit 2.000 S bis 10.000 S angegeben. Da sie zuvor noch keine Übertretungen begangen habe, sei sie der Auffassung, daß dieser Strafrahmen auch auf sie zutreffe. 2. Das gegen sie festgesetzte Strafausmaß sei bei ihrem Einkommen von 15.000 S (brutto) und der Sorgepflicht für zwei schulpflichtige Kinder sowie Rückzahlungsverpflichtungen für Baukredite ein nicht aufbringbarer Betrag. Auch eine Teilzahlung bzw ein Zahlungsaufschub stelle im Grunde für sie keine Erleichterung dar, da der Strafbetrag der gleiche bleibe. Sie könne versichern, daß auch ein wesentlich geringerer Betrag ausreiche, um sie in Zukunft vor strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. 3. Ihre Bestrafung nach der StVO liege schon längere Zeit zurück und sehe sie keinen Zusammenhang mit der gegenständlichen Angelegenheit.

4. Die Dacharbeiten hätten am Montag, den 23.9.1996 um 8.00 Uhr auf der Baustelle begonnen. Um 10.00 Uhr seien die Arbeiten vom Arbeitsinspektor Ing. W eingestellt worden. Die Meldung an das Arbeitsinspektorat hätte am nächsten Tag erfolgen sollen, da nicht absehbar gewesen wäre, ob die Baustelle aufgrund des Baufortschrittes durchgehend zu besetzen sei. Unter Punkt 5 und 6 ihrer Berufungsbegründung bringt die Beschuldigte vor, daß ihr Geständnis als strafmildernd zu werten sei, da sie keinesfalls versucht habe, die Tatsachen zu bestreiten und bzw zu verdrehen. Sie sei auch sehr wohl um die Gesundheit ihrer Arbeitnehmer besorgt; dies nicht nur aus einer moralischen Verpflichtung heraus, sondern es sei ihr natürlich auch bewußt, daß ein sorgfältiger Umgang mit der Gesundheit sehr viele Kosten erspare. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Vorwegnehmend ist aufzuzeigen, daß der für die Beschuldigte in Betracht kommende Strafrahmen sich zwischen 2.000 S bis 10.000 S bewegt. In der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses wurde die Strafobergrenze offensichtlich irrtümlich mit 10.000 S beziffert.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die massive Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer der Beschuldigten durch das ungesicherte Arbeiten in einer Traufenhöhe von 9 m auf einem 37ï‚° steilen Dach jenen Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ausmacht, zu dem das Strafausmaß in einem adäquaten Verhältnis stehen muß. Allerdings kann der Unrechtsgehalt der Tat nicht wie von der belangten Behörde vorgenommen, zusätzlich noch als Straferschwerungsgrund herangezogen werden. Die Strafzumessung erweist sich sohin schon durch diese unrichtige Heranziehung eines Erschwerungsgrundes als fehlerhaft. Ein weiterer Grund von einem überhöhten Strafausmaß auszugehen ist darin zu erblicken, daß die verhängte Strafe gerade im Hinblick auf den Strafzweck der Spezialprävention nicht eines solchen Ausmaßes bedurft hätte, da die Beschuldigte noch vor Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses durch den nachweislichen Ankauf von Schutzblenden glaubwürdig bekundete, daß sie in Hinkunft die verletzten Bestimmungen der BauV einzuhalten bemüht sein wird. Dieser Umstand wurde von der belangten Behörde in zu geringem Ausmaß berücksichtigt bzw wurde der Strafzweck der Spezialprävention bei der Strafzumessung überbewertet. Der unabhängige Verwaltungssenat sah sich daher veranlaßt, das verhängte Strafausmaß um ein Viertel, sohin auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Für eine weitere Herabsetzung der Strafe reichen die von der Berufungswerberin vorgebrachten Gründe jedoch nicht aus. So ist im Hinblick auf ihre Einkommens- und Familienverhältnisse zu bemerken, daß bei der Strafbemessung nicht nur diese, sondern auch die Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen sind. An Vermögenswerten besitzt die Beschuldigte den Hälfteanteil eines Hauses sowie laut im Akt erliegenden Firmenbuchauszug Gesellschafteranteile in der Höhe von 375.000 S. Aufgrund dieser Vermögensverhältnisse wäre ihr sogar die ursprünglich verhängte Geldstrafe ungeachtet des relativ geringen monatlichen Einkommens und ihrer Sorgepflichten wirtschaftlich zumutbar gewesen. Auch ihr Tatsachengeständnis vermag keinen Milderungsgrund darzustellen, da der ihr angelastete Tatbestand in hohem Maße offenkundig vorlag.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses waren Kosten für das Berufungsverfahren nicht vorzuschreiben (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

Beschlagwortung: Unrechtsgehalt darf nicht auch noch als Straferschwerungsgrund herangezogen werden.

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