Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280331/13/SCHI/Km

Linz, 27.03.1998

VwSen-280331/13/SCHI/Km Linz, am 27. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichter: Dr. Schieferer, Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des J S, vertreten durch Rechtsanwälte Prof. Dr. A H & Partner, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14.1.1997, Ge96-134-1996-Ng-Kob, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ASchG bzw. der BauV, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 24.3.1.998, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufge hoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG. zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14.1.1997, Ge96-134-1996-Ng-Kob, wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe es als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften bei der Baustelle "Abwasserbeseitigungsanlage R" der Firma "W Kanal- und Straßenbau Ges.m.b.H. & Co.KG." (Baumeistergewerbe im Standort P) zu vertreten, wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, daß am 3. September 1996, bei der genannten Baustelle, und zwar beim Abwasserkanal in der Straße vor dem Haus R, die beiden Arbeitnehmer des Betriebes H K und M A, mit dem Versetzen des Schachtbodens in der 2,7 m tiefen, 4 m langen und 1,5 m breiten Künette, bei der die Wände senkrecht hergestellt waren und es sich beim Boden um steifen bzw. halbfesten bindigen Boden handelte, beschäftigt waren, obwohl die Wände der Künette weder abgeböscht noch verbaut waren und auch keine Bodenverfestigung erfolgt ist. Der Bw habe deshalb § 48 Abs.2 BauV iVm § 118 Abs.3 und § 130 Abs.5 ASchG verletzt, weswegen über ihn gemäß § 130 Abs.5 ASchG eine Geldstrafe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen) verhängt worden ist. Gemäß § 64 VStG wurde der Bw verpflichtet, einen Kostenbeitrag in der Höhe von 1.500 S zu leisten.

2. Mit Schriftsatz vom 30.1.1997 hat der Bw gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, der Berufung Folge zu geben, das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, bzw. in eventu die Geldstrafe auf 5.000 S herabzusetzen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 sowie § 51e Abs.2 VStG wurde die Berufung dem Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz zur Kenntnis gebracht; dieses gab mit Schreiben vom 10.9.1997, Zl. 1160/67-9/97, eine Stellungnahme ab, die dem Bw mit der Ladung zur Verhandlung zur Kenntnis gebracht wurde.

3.3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat aufgrund des Berufungsantrages am 24.3.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Berufungswerber, die Bezirkshauptmannschaft Freistadt und das Arbeitsinspektorat f.d. 9. Aufsichtsbezirk in L als Parteien geladen worden sind; weiters wurden der Polier G D und Dipl.Ing. H T vom Arbeitsinspektorat Linz als Zeugen geladen.

4. Aus dem vorgelegten Akt in Verbindung mit der Berufung und dem Ergebnis der Verhandlung ist folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen anzunehmen:

Mit Bestellungsurkunde vom 10.7.1996 wurde der Berufungswerber als "verantwortlicher Beauftragter" für den Arbeitnehmerschutz im räumlichen Zuständigkeitsbereich unter anderem für "BV ABA Ried/Riedmark" vom Prokuristen der Firma W Kanal- und Straßenbau Ges.m.b.H. & Co.KG., R T (Unterschrift vom 12.7.1996) "bestellt"; der Berufungswerber hat mit Datum vom 12.7.1996 hiezu seine Zustimmung schriftlich erklärt. Diese Urkunde wurde an das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz gesandt. Mit Schreiben vom 17.9.1996, Zl. 1160/108-9/96, hat das Arbeitsinspekotrat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz den gegenständlichen Verstoß gegen die BauV vom 3.9.1996 an die Bezirkshauptmannschaft Perg angezeigt. In der Folge wurde das Verfahren gemäß § 29a VStG der Bezirkshauptmannschaft Freistadt übertragen, welche das angefochtene Straferkenntnis mit dem oben im Punkt 1) enthaltenen Inhalt erlassen hat.

In der Verhandlung wurde vorgebracht und durch Vorlage von Urkunden belegt, daß der Bw bereits seit August 1996 für die Baustelle "Tiefgraben" als verantwortlicher Beauftragter bestellt worden ist. Weiters wurde darauf verwiesen, daß der Bw - obzwar keine förmliche "Abberufung" als Verantwortlicher für die ggst. Baustelle vorgenommen worden war - er tatsächlich hiefür nicht mehr verantwortlich gewesen wäre, zumal diese Baustelle (ab dem angeführten Zeitpunkt) nicht mehr in seinen Aufgabenbereich gefallen ist. 5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Nach Abs.2 dieses Paragraphen sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Zufolge Abs.4 dieses Paragraphen kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

5.2. Gemäß § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG) wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Dies gilt nicht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten auf Verlangen der Behörde gemäß § 9 Abs.2 VStG. Zufolge Abs.2 dieses Paragraphen können Arbeitnehmer für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes zu verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG rechtswirksam nur bestellt werden, wenn sie leitende Angestellte sind, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind.

5.3. Zunächst ist davon auszugehen, daß ein verantwortlicher Beauftragter nur von den zur Vertretung nach außen Berufenen iSd § 9 Abs. 1 VStG rechtswirksam bestellt werden kann (VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0176, 0181). Weiters ist darauf zu verweisen, daß ein Prokurist nicht zu den zur Vertretung nach außen berufenen Personen iSd § 9 Abs.1 VStG gehört (VwGH 8.7.1993, 93/18/0140). Es ergibt sich daher schon aus dem (römischrechtlichen) Grundsatz nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet (Ulp.D. 50, 17, 54), daß eine gültige Bestellung durch den Prokuristen nicht erfolgen konnte. 5.4. Da somit der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt gemäß § 66 VStG die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K l e m p t

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