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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280339/5/SCHI/Km

Linz, 27.03.1998

VwSen-280339/5/SCHI/Km Linz, am 27. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Schieferer, Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des F R, vertreten durch RAe Dr. F H, Dr. G H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 30.1.1997, GZ: 502-32/Sta/159/96j, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ASchG bzw. der BauV zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. II. Zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist ein Kostenbeitrag von 4.000 S, ds 20 % der verhängten Strafe, zu zahlen. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 30.1.1997, GZ: 502-32/Sta/159/96i, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 48 Abs.2 und 7 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er es als Vorstandsmitglied der Strabag Österreich AG mit dem Sitz in L, und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, daß - wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten festgestellt wurde - am 10.7.1996 auf der von der oa Aktiengesellschaft betriebenen Baustelle "W", der Arbeitnehmer der S Österreich AG, Herr A M, mit Nachputzarbeiten in einer bereits fertig maschinell ausgegrabenen ca. 2,5 m tiefen Künette beschäftigt war, wobei die Künettenwände weder abgeböscht, verbaut oder gepölzt, noch durch geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung gesichert waren, sodaß eine Gefährdung für den Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material bestand, obwohl § 48 Abs.2 der Bauarbeitenschutzverordnung vorschreibt, daß beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe, deren Wände durch Abböschen, Verbauen oder durch die Anwendung von geeigneten Verfahren zur Bodenverfestigung derart zu sichern sind, daß Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können und § 48 Abs.7 BAV vorschreibt, daß Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden dürfen, wenn die Sicherheitsmaßnahmen nach Abs.2 durchgeführt sind. 2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, daß eine Verletzung der Bestimmung des § 48 Abs.2 BauV nicht stattgefunden habe, weil es weder technisch möglich noch erforderlich sei, die Grabung der Künette und ihre Sicherung zugleich uno actu durchzuführen. Zwischen der fertigen Pölzung und dem Bagger verbleibe ein Teilstück in der Länge von etwa 3 m, das noch nicht gesichert sei, was auch den Regeln der Technik entspreche. Zur Verantwortung wurde ausgeführt, daß Herr Ing. M P gemäß § 23 ArbIG iVm § 9 VStG für den Bereich der Niederlassung Wien-NÖ zum verantwortlichen Beauftragten bestellt war und zum Tatzeitpunkt die Stellung eines Bauleiters und Niederlassungsleiters für den Bereich Wien - NÖ innehatte. Aus dem Bestellungsakt ergebe sich eindeutig eine räumliche Abgrenzung des Verantwortungsbereiches. Eine sachliche Einschränkung wurde nicht vorgenommen. Es sei aber weder durch das ArbIG noch durch das VStG ausdrücklich vorgeschrieben, daß für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nur ein verantwortlicher Beauftragter bestellt werden dürfe. Dagegen setzen Richtlinien des Rates vom 12.6.1989 (89/391/EWG) und vom 24.6.1992 (92/57/EWG) andere Prioritäten, nämlich in erster Linie den Schutz vor Gefahren für die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer und erst in zweiter Linie der allfällige Strafanspruch des Staates. Zur Schuldfrage wurde ein ausreichend aufgebautes Kontrollnetz behauptet und wie folgt dargestellt: Für die Durchführung der Gründungs- und Sicherungsarbeiten war der Polier Josef Auer zuständig. Bauleiter war Ing. Robert Reisinger. Unmittelbarer Vorgesetzter des Bauleiters war als Niederlassungsleiter und als Sicherheitsbeauftragter Ing. M P. Der Niederlassungsleiter selbst steht in ständigem und unmittelbarem Kontakt mit dem Vorstand. Die angeführten Mitarbeiter sind ihren Aufgaben bisher sachgerecht und klaglos nachgekommen und die am Bau tätigen Arbeiter wurden regelmäßig unterrichtet und überwacht. Abschließend wurde jedoch in der Berufung darauf hingewiesen, daß im Vorstand der Strabag Österreich AG eine Ressortverteilung dahingehend vorgenommen wurde, daß die Verantwortung für den Bereich Tiefbau den Vorsitzenden des Vorstandes, Herrn Ing. x, trifft. Es wurde daher die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. 3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zur Entscheidung berufen.

Zumal aufgrund der Akteneinsicht der entscheidungserhebliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist und auch bereits im Verfahren erster Instanz zugrundegelegt wurde, neue Sachverhaltsvorbringen in der Berufung nicht enthalten sind und die Berufungsausführungen nur Rechtsfragen betreffen und überdies eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen.

4. Im gesamten Verfahren wurde vom Bw nicht bestritten und steht nach der Lage des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes einwandfrei fest, daß am 10.7.1996 auf der von der S Österreich AG mit dem Sitz in L, betriebenen Baustelle W ihr Arbeitnehmer A M mit Nachputzarbeiten in einer bereits fertig maschinell ausgegrabenen ca. 2,5 m tiefen Künette beschäftigt war, ohne daß die Künettenwände geböscht, verbaut oder gepölzt oder durch Anwendung von geeigneten Verfahren zur Bodenverfestigung gesichert waren. Dieses Künettenstück befand sich in sandig-lehmigem Boden. Dabei kam es auch zu einem Arbeitsunfall. Der Bw war zum Tatzeitpunkt Mitglied des Vorstandes der S Österreich AG, und zwar neben den weiteren Vorstandsmitgliedern Ing. E N (Vorstandsvorsitzender), Dipl.-Ing. R J, Ing. A Z und Mag. W M, und er ist seit 1.7.1991 vertretungsbefugt.

Im Verfahren erster Instanz wurde eine Bestellungsurkunde über die Bestellung des Ing. M P, datiert mit 1.8.1995, Zustimmungserklärung vom 11.5.1995, für den räumlichen Zuständigkeitsbereich Niederlassung Wien - NÖ vorgelegt. Weitere Bestellungsurkunden zum verantwortlichen Beauftragten liegen hinsichtlich folgender Arbeitnehmer vor: Prok. G B für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Österreich" als "Bereichsabteilungsleiter Projektentwicklung", Dipl.Ing. H G für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Österreich" als "Bauleiter Ing. Tiefbau", Dipl.Ing. E J für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Österreich" als "Bereichsleiter Ing. Tiefbau", E L für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Wien, NÖ" als "NL-Kaufmann, Tiefbau", Ing. W L für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Österreich" als "Bauleiter Ing. Tiefbau", Prok. Dipl.Ing. R P für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Österreich" als "Niederlassungsleiter Ing. Tiefbau", Ing. J P für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Österreich" als "Bauleiter Großbaustellen Ing. Tiefbau", Ing. Mag. W Z für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Österreich" als "Projektleiter, Ing. Tiefbau", Dipl.Ing. K S für den räumlichen Zuständigkeitsbereich "Österreich" als "Bauleiter Ing. Tiefbau" uvam.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 48 Abs.7 der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr. 340/1994, dürfen Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden, wenn die Sicherungsmaßnahmen nach Abs.2 durchgeführt sind. Zufolge § 48 Abs.2 BauV ist beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretender Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzuführen, sodaß Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden. 1) Die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzu-böschen, 2) die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 51 und § 52 zu verbauen, oder 3) es sind geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (§ 53) anzuwenden.

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994, gilt die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 340/1994 (BauV), nach Maßgabe der folgenden Bestimmung als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt. 5.2. Aufgrund des festgestellten und unbestritten gebliebenen Sachverhaltes wurde der Bestimmung des § 48 Abs.2 und § 48 Abs.7 BauV zuwidergehandelt und daher der im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Tatbestand objektiv erfüllt. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens, daß es durchaus den Regeln der Technik entspreche und technisch nicht möglich und auch nicht erforderlich sei, in unmittelbarer Nähe des Baggers Sicherungen durchzuführen, ist einzuwenden, daß unbestritten die Künette fast senkrecht ausgehoben wurde, obwohl bei dem gegebenen sandig-lehmigen Boden eine Böschung von max. 60ï‚° Böschungswinkel zulässig gewesen wäre. Auch wurde weder ein Verbau noch eine Bodenverfestigung vorgenommen. Entgegen den Berufungsausführungen setzt § 52 Abs.3 BauV fest, daß der Verbau mit lotrechten Pfosten oder Kanaldielen (lotrechter Verbau) in vorübergehend standfesten Böden dem Aushub unmittelbar folgen muß. Er darf bei steifen oder halbfesten bindigen Böden (wie im gegebenen Fall) höchstens 50 cm (in der Tiefe) und dies auf eine Länge von nicht mehr als 5 m hinter dem Aushub zurückbleiben. Es wurde aber in der Berufung weder behauptet, daß es in der Künette um eine lotrechte Verbauung ging - vielmehr wurden keine Sicherungsmaßnahme durchgeführt - noch daß der Aushub an sich noch nicht abgeschlossen war, wie bei dieser Gesetzesstelle gefordert ist. Vielmehr blieb unbestritten und steht eindeutig fest, daß die Künette fertig maschinell ausgegraben war, und dies auf eine Tiefe von ca. 2,5 m (nicht etwa nur 50 cm), ohne daß eine Sicherung durchgeführt wurde. Die zitierte Ausnahmeregelung war daher hier nicht anzuwenden. Aber auch der Verbau mit waagrechten Pfosten oder Kanaldielen (waagrechter Verbau) muß stets dem Aushub fortschreitend von oben nach unten eingebracht werden. Das Einbringen des Verbaus darf hinter dem Aushub bei steifen oder halbfesten bindigen Böden um höchstens 50 cm zurückbleiben (§ 52 Abs.1 BauV). Auch dies wurde nicht erfüllt.

Ein weiteres Sachverhaltsvorbringen ist in der Berufung nicht enthalten. Es ist daher der gegenständliche Tatvorwurf einwandfrei erwiesen. Die angebotenen Beweise waren nicht zweckdienlich und daher nicht aufzunehmen. 5.3. Der Bw hat die vorgeworfene Verwaltungsübertretung als Vorstandsmitglied zu verantworten. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Bei der gegenständlichen S Österreich AG ist jedes Vorstandsmitglied zur Vertretung nach außen berufen und daher gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Zu der vom Bw ins Treffen geführten Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG hat bereits die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses eine richtige rechtliche Würdigung vorgenommen. Diese wird auch weiterhin aufrechtgehalten. Ergänzend wird dazu ausgeführt, daß bei der vorgelegten Bestellungsurkunde hinsichtlich Ing. M P als Arbeitgeber die S Österreich AG aufscheint, und auch die Unterschrift für die S Österreich AG firmenmäßig erfolgte, ohne daß also ein nach außen vertretungsbefugtes Organ, dessen Verantwortung delegiert werden soll, aus der Urkunde hervorgeht. Diese Bestellung ist insofern gesetzlich nicht gedeckt und daher rechtsunwirksam, weil nur zur Vertretung nach außen Berufene berechtigt sind, aus ihrem Kreis oder aber auch andere Personen für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens zu verantwortlichen Beauftragten zu bestellen (§ 9 Abs.2 VStG). Aus der Paraphe ist aber nicht ersichtlich, wessen Verantwortung delegiert werden soll, sondern scheint hier die Unterschrift von zwei Personen auf, wovon eine "iV", also als Prokurist gesetzt wurde. Auf einen Prokuristen finden aber die Bestimmungen des § 9 VStG von vornherein keine Anwendung (VwGH v. 24.3.1994, 92/18/0176, 0181). Es kann daher schon aus dieser Sicht eine gültige Bestellung nicht erfolgen, weil der Bestellende nicht aus der Urkunde hervorgeht. Aus der vorgelegten Bestellungsurkunde ist nicht ersichtlich, daß das tatsächlich zur Vertretung nach außen berufene Organ und nunmehr verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ, F R, einen verantwortlichen Beauftragten bestellen wollte. Es ist daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw auf keine andere Person, insbesondere nicht auf den in der Urkunde Genannten, übergegangen. Aber auch die übrigen im Verfahrensakt erster Instanz vorliegenden Bestellungsurkunden haben eine Verantwortungsdelegation zum verantwortlichen Beauftragten nicht rechtswirksam bewirkt, zumal einerseits das nach außen vertretungsbefugte Organ nicht eindeutig hervorgeht, dessen Verantwortlichkeit delegiert werden soll, und andererseits auch für ein und denselben räumlichen Verantwortungsbereich sowie aber auch für ein und denselben sachlichen Verantwortungsbereich mehrere Personen bestellt wurden, was nach der nunmehr ständigen Judikatur des VwGH nicht der Bestimmung des § 9 Abs.4 VStG im Hinblick auf einen "klar abzugrenzenden Bereich" entspricht und daher eine rechtswirksame Bestellung nicht bewirken konnte. Auf die bereits von der belangten Behörde angeführte Judikatur wird nochmals hingewiesen. Es vermögen daher die weitwendigen Ausführungen des Bw zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht zu überzeugen und der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen (VwGH v. 23.2.1993, 92/11/0258, v. 9.8.1994, 94/11/0217 und insbes. v. 7.4.1995, 94/02/0470).

Ergänzend wird der Bw auch darauf hingewiesen, daß nicht die Behörde im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht den unter vielen bestellten verantwortlichen Beauftragten tatsächlich zuständigen verantwortlichen Beauftragten zu erheben hat, sondern daß nach der ständigen Judikatur des VwGH (siehe oben) der klar abgegrenzte Bereich bereits aus der Urkunde hervorzugehen hat, ohne daß es weiterer Erhebungen durch die Behörde bedürfte. Auch die Bestellung an sich hat nicht die Behörde von sich aus zu erheben, sondern - weil es sich um eine gewillkürte Verantwortungsdelegation handelt - hat der Bw initiativ der Behörde ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten und entsprechende Beweise vorzulegen. Hinsichtlich der vom Bw bezüglich der Zulässigkeit der Mehrfachbestellung von verantwortlichen Beauftragten ins Treffen geführten Richtlinien des Rates der EWG ist zu bemerken, daß die Richtlinie 89/391 eine Rahmenrichtlinie darstellt, wobei deren Bestimmungen (zB Evaluierungspflicht der Arbeitgeber) in weiteren Einzelrichtlinien (zB ua Richtlinie 92/57) konkretisiert und erweitert werden. Die einzelnen Richtlinien sehen eine Vielzahl von Informations-, Unterweisungs- und Beteiligungspflichten vor, enthalten aber absolut keine Aussagen zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit; sie können daher nicht im Widerspruch zur diesbezüglichen Judikatur des VwGH stehen. Weiters ist darauf zu verweisen, daß aus der Materialienleiste zum ASchG, BGBl.Nr.450/1994, hervorgeht, daß ua die vom Bw zitierten Richtlinien gerade mit dem ASchG (bereits aufgrund Art.67 des EWR-Abkommens, wobei Anhang XVII die Liste der umzusetzenden Mindestvorschriften enthält) ins österr. Recht umgesetzt wurden: 389 L 0391 = Richtlinie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit; 392 L 0057 = Richtlinie über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz. Da somit der behauptete Widerspruch zum EU-Recht in keiner Weise hervortritt, sah sich der O.ö. Verwaltungssenat auch nicht veranlaßt, iSd Anregung des Bw eine Vorabentscheidung gemäß Art. 177 EGV zu initiieren.

5.4. Der Bw macht mangelndes Verschulden geltend, indem er vorbringt, alle Maßnahmen getroffen zu haben, und sich auf eine sachgerechte Auswahl und Überwachung des verantwortlichen Bauleiters Ing. Mario Pröll beruft. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Ungehorsamsdelikten ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gehört zu den Ungehorsamsdelikten und ist daher Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen. Dem Bw ist ein Entlastungsnachweis nach § 5 Abs.1 letzter Satz VStG nicht gelungen. Der Bw hat nämlich nach der ständigen Judikatur des VwGH initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, insbesondere durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge. Dazu gehört auch, daß er konkret vorbringt und unter Beweis stellt, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Entsprechende konkrete Maßnahmen wurden aber vom Bw nicht behauptet. Weiters genügt es nicht, daß er die ihn treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person überträgt, sondern es bedarf des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Es ist daher die Einrichtung eines Kontrollsystems für die Einhaltung sämtlicher Vorschriften konkretisiert vorzubringen und nachzuweisen. Ein solches konkretisiertes Vorbringen fehlt zum Teil der Berufung, zum Teil ist das Vorbringen aber für eine Entlastung nicht geeignet. Wenn nämlich der Bw als Kontrollsystem die Kette vom Polier J A über den Bauleiter Ing. R R zum Niederlassungsleiter und Vorgesetzten des Bauleiters Ing. M P bis zum Vorstand, mit dem der Niederlassungsleiter in Kontakt steht, vorbringt, so kann er damit nicht darlegen, daß der Bw als nach außen vertretungsbefugtes und verwaltungsstrafrechtlich zu belangendes Organ selbst eine Kontrolle durchgeführt bzw ein Kontrollsystem unter seiner Leitung aufgebaut hat. Es wird nämlich - wie schon oben dargelegt - weder eine Bestellung des Ing. M P als verantwortlichen Beauftragten des Bw nachgewiesen, noch wurde in der Berufung jemals behauptet, daß der Bw den Bauleiter und Niederlassungsleiter Ing. M P kontrolliert habe. Vielmehr legt die Berufung dar, daß für die Belange des Tiefbaues der Vorstandsvorsitzende Ing. N zuständig sei. Die Ressortaufteilung bewirkt aber nicht, daß ein Vorstandsmitglied sich nur noch auf sein eigenes Arbeitsgebiet beschränken darf und sich um die Tätigkeit der anderen Mitglieder nicht mehr zu kümmern braucht. Die Pflicht zur unmittelbar verwaltenden Tätigkeit beschränkt sich auf den eigenen Arbeitskreis, hinsichtlich der Arbeitskreise der anderen Vorstandsmitglieder ist sie eine Pflicht zur allgemeinen Beaufsichtigung (Überwachung) geworden (VwGH v. 26.6.1996, 96/07/0097). Auch ein diesbezügliches Vorbringen fehlt schon der Berufung. Was das Erteilen von Weisungen anlangt, so ist nach der ständigen Judikatur des VwGH derlei nicht geeignet, eine Entlastung herbeizuführen, sondern ist vielmehr auch die Einhaltung der Weisungen zu kontrollieren und dies konkretisiert darzulegen (VwGH v. 23.4.1996, 96/04/0053). Da ein lückenloses Kontrollnetz vom Bw zu den an der konkreten Baustelle tätigen Personen nicht behauptet und auch nicht nachgewiesen wurde, war auch vom Verschulden des Bw auszugehen. Entschuldigungsgründe kamen nicht hervor. 5.5. Zur Strafbemessung hat bereits die belangte Behörde auf sämtliche Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Bedacht genommen. Erschwerungs- oder Milderungsgründe wurden in der Berufung nicht vorgebracht und sind im Berufungsverfahren nicht hervorgetreten. Die Unbescholtenheit hat die belangte Behörde bereits berücksichtigt. Zusätzlich ist noch heranzuziehen, daß konkrete nachteilige Folgen eingetreten sind, daß nämlich ein Arbeitsunfall stattgefunden hat. Es wurden daher genau jene Schutzzwecke verletzt, deren Einhaltung die Verwaltungsvorschrift dient, und wurden genau jene nachteiligen Folgen herbeigeführt, die es hintanzuhalten gilt. ISd Unrechtsgehaltes der Tat ist daher das festgesetzte Strafausmaß durchaus dem Unrechtsgehalt angepaßt. Die Strafe entspricht auch dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Bw und ist im übrigen erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten bzw ihn zu entsprechenden Vorkehrungsmaßnahmen zu veranlassen. Im Hinblick auf den gesetzlichen Höchstrahmen der Strafe schöpft die konkret verhängte Geldstrafe lediglich ein Fünftel des Strafrahmens aus und ist daher nicht überhöht. Die Strafe ist aber auch aus generalpräventiven Gründen, nämlich um auch andere Arbeitgeber von einer Tatbegehung abzuhalten, erforderlich. Das Strafausmaß wurde im übrigen vom Bw nicht bekämpft und war daher zu bestätigen. Schließlich ist noch anzuführen, daß weder ein Überwiegen von Strafmilderungsgründen festzustellen war, noch in Anbetracht der nachteiligen Folgen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gegeben waren. 6. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil der Berufung keine Rechnung getragen wurde, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe gemäß § 64 VStG festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. K l e m p t Beschlagwortung: Fels als Ausnahmetatbestand; Kontrollnetz ist nachzuweisen; Mehrfachbestellung für denselben räumlichen Verantwortungsbereich; Kein Widerspruch zu EU-Richtlinien; keine Vorabentscheidung erforderlich

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