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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280353/8/Ga/Km

Linz, 30.07.1999

VwSen-280353/8/Ga/Km Linz, am 30. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter: Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des K B, vertreten durch Dr. E H, Rechtsanwalt in L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 18. April 1997, Ge96-17-1997, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Schuld-

spruch wie folgt zu lauten hat: "Herr K B hat als zur Vertretung nach außen Berufener der B Baugesellschaft m.b.H., Sitz in der Gemeinde M, in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich dafür einzustehen, daß, wie von einem Arbeitsinspektor am 11. Jänner 1997 bei einer Unfallerhebung auf der Baustelle P in L, L 16, festgestellt wurde, an diesem Tag von dieser Gesellschaft bei Abbrucharbeiten im westlichen Teil dieser Arbeitsstätte ein Bagger, Typ Komatsu PC30, ohne Schutzdach eingesetzt wurde, obwohl dabei eine Gefährdung durch herabfallende schwere Gegenstände (Ytong-Deckenplatten) bestand und jedoch für derartige Arbeiten nur Bagger und Lader verwendet werden dürfen, die mit einem stabilen Schutzdach für den Fahrersitz ausgerüstet sind."

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung hingegen stattgegeben und die verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) auf 16.000 S (acht Tage), der vom Berufungswerber zu leistende Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafverfolgungsbehörde auf 1.600 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 18. April 1997 wurde der Berufungswerber einer Verletzung des § 113 Abs.2 Z1 iVm § 161 BauV iVm § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG für schuldig befunden. Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG):

"Von einem Arbeitsinspektor wurde am 11.1.1997 bei einer Unfallerhebung auf der Baustelle P, L, L, festgestellt, daß von Ihrem Unternehmen bei Abbrucharbeiten im westlichen Teil der Arbeitsstätte ein Bagger, Typ Komatsu PC30, ohne Schutzdach eingesetzt worden ist, obwohl dabei eine Gefährdung durch herabfallende schwere Gegenstände bestanden hat. Für derartige Arbeiten dürfen nur Bagger und Lader verwendet werden, die mit einem stabilen Schutzdach für den Fahrersitz ausgerüstet sind."

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) kostenpflichtig verhängt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, Schuld und Strafe bekämpfende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach ergänzenden Erhebungen zur Anhängigkeit eines gerichtlichen Strafverfahrens aus dem hier zugrunde liegenden Vorfall, nach Anhörung des Arbeitsinspektorats zum Inhalt der Berufung sowie nach Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Strafakt, erwogen:

Das Straferkenntnis begründend hielt die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht für erwiesen, daß zufolge des - unstrittigen - Unfalles am Einsatzort des Baggers eine Gefährdung durch herabfallende schwere Gegenstände auch bei den Zerkleinerungs- und Ladearbeiten bestanden habe. Demnach hätte für das Zertrümmern der (schon) am Hallenboden liegenden Deckenplatten nur ein Bagger mit einem Schutzdach eingesetzt werden dürfen. Vom Beschuldigten sei nicht bestritten worden, daß bei den Ladearbeiten ein Bagger ohne Schutzdach eingesetzt worden sei, weshalb der Baggerführer - der Arbeitnehmer P - dabei gefährdet und schließlich von einem herabfallenden Deckenelement schwer verletzt worden sei. In rechtlicher Hinsicht habe daher die Tatbestandsmäßigkeit angenommen werden müssen. Strafbemessend sei im Grunde der Verletzung des Arbeitnehmers von einem hohen Unrechtsgehalt auszugehen gewesen, weshalb - unter Bedachtnahme auf die geschätzten und vorgehaltenen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse sowie auf den bis 100.000 S reichenden Strafrahmen - die vom Arbeitsinspektorat Linz beantragte Strafe als dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen zu verhängen gewesen sei.

Dagegen wendet der Berufungswerber zunächst ein, es sei das angefochtene Straferkenntnis im Licht des § 44a Z1 VStG unbestimmt dadurch, daß ihm der Ver-

antwortlichkeitsgrund nicht entnommen werden könne. Weder sei die Zuordnung der Tat zur Person des Beschuldigten rechtlich nachvollziehbar noch § 9 VStG ange-

führt; zu keiner Zeit sei eine Verfolgungshandlung gegen den Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer gesetzt worden.

Wenngleich der Berufungswerber mit seiner Rüge des im Schuldspruch nicht ausdrücklich benannten Verantwortlichkeitsgrundes im Recht ist, so ist daraus für ihn noch nichts gewonnen. Immerhin nämlich ist der Aufforderung zur Rechtfertigung (AzR) vom 23. Jänner 1997, zugleich die erste Verfolgungshandlung, zu entnehmen, daß die Verfolgungsbehörde den Verantwortlichkeitsgrund zwar nur in die Adressierung ("als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen der B ....") aufgenommen, jedoch den Tatvorwurf als solchen - noch - hinreichend deutlich an den nunmehrigen Berufungswerber persönlich als Beschuldigten gerichtet hatte. Demgemäß läßt auch die schriftliche Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 11. Februar 1997 erkennen, daß er sich als für den Vorfall Verantwortlicher zur Stellungnahme aufgefordert fühlte. Damit aber war die Verfolgungshandlung zur Unterbrechung der Verjährungsfrist tauglich einerseits und der angefochtene Schuldspruch einer rechtlichen Richtigstellung durch das Tribunal zugänglich andererseits (durch Einfügung der die strafrechtliche Verantwortlichkeit begründenden Funktion des Beschuldigten, ohne daß im Sinne der Rechtsprechung des VwGH der § 9 Abs.1 VStG im Schuldspruch angeführt werden mußte). Gleiches gilt sinngemäß für die Ergänzung des Schuldspruchs hinsichtlich des hier maßgeblichen Tatortes, d.i. nach den Umständen dieses Falles der in M gelegene Unternehmenssitz der Arbeitgebergesellschaft, weil die AzR als erste Verfolgungshandlung wenigstens die Baustelle als jenen Ort, wo der Verstoß gegen die Schutzvorschrift aktuell geschah, genannt hatte (und sohin auch in diesem Punkt bestimmt genug, dh tauglich zur Verjährungsunterbrechung gewesen ist). Die Einfügung des Klammerausdrucks "(Ytong-Deckenplatten)" hingegen betrifft kein wesentliches Tatmerkmal, dient aber der sachverhaltsbezogenen Deutlichkeit des Schuldspruchs.

In der Sache selbst verteidigt sich der Berufungswerber, auf den Punkt gebracht, mit dem Einwand, es sei verfehlt gewesen, daß die belangte Behörde - in Entsprechung der Anzeige des Arbeitsinspektorates - die in Rede stehenden Arbeiten als Abbrucharbeiten gewertet habe. Abbrucharbeiten seien gar nicht (mehr) vorgelegen, weil "schon längst beendet" gewesen; deshalb hätte von einem tatbildlichen Verhalten nicht ausgegangen werden dürfen.

Mit dieser Argumentation aber hebt der Berufungswerber seine Gegenwehr, wie sogleich zu begründen sein wird, auf die Ebene der rechtlichen Beurteilung, indem er die hier maßgeblichen Sachverhaltselemente in Wahrheit außer Streit stellt. Als somit unbestritten und erwiesen ist festzustellen, daß am Vorfallstag an der Baustelle Ytong-Leichtbauplatten von der Decke - durch Ausheben und Drehen mit dem Baggerlöffel - abgebrochen wurden und die "bereits am Boden befindlichen Deckenplatten" für den Abtransport durch Lkw zwecks Lagerung dann mit der Schaufel des in Rede stehenden, mit keinem Schutzdach ausgestatteten Bagger zertrümmert wurden. Allerdings befanden sich restliche Deckenplatten noch an der Decke und eine davon (lt Rechtfertigung des Beschuldigten vom 11.2.1997 ein vorher "vom Baggerfahrer nicht bearbeiteter Teil") stürzte, ursächlich zufolge einer versehentlichen Berührung eines Betonträgers (auf dem die Platte auflag, jedoch "trotz vorgesehener Verankerungsöffnungen nicht verankert war"; Zitatquelle wie vorhin) mit dem Baggerarm, auf den Bagger herab und verletzte den Baggerfahrer.

Damit aber offenbart schon die Aktenlage unter Einbeziehung der Berufungsausführungen den aus dem Blickwinkel der verletzten Schutzvorschrift (§ 113 Abs.2 Z1 BauV) maßgebenden Sachverhalt als bereits vollständig geklärt und waren die vom Berufungswerber (freilich ohne konkretes Beweisthema) angegebenen Zeugen nicht zu vernehmen.

Gemäß § 113 Abs.2 BauV dürfen, wenn - bei Abbrucharbeiten unter Einsatz von Maschinen - eine Gefährdung durch herabfallende, schwere Gegenstände besteht, nur Bagger und Lader verwendet werden, die gemäß Z1 dieser Vorschrift mit einem stabilen Schutzdach für den Fahrersitz ausgerüstet sind.

Was konkret der Verordnungsgeber unter 'Abbrucharbeiten' iS des 16. Abschnittes der BauV verstanden wissen wollte, hat er weder in diesem Abschnitt noch im § 2 leg.cit. ("Begriffsbestimmungen") definiert, sondern den Inhalt dieses in der Bauwelt häufig stattfindenden Vorgangs als allgemein bekannt vorausgesetzt. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates geht jedoch der die Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer bei Abbrucharbeiten aus allgemeiner Sicht und aus der Sicht der verschiedenen Abbruchtechniken regelnde 16. Abschnitt der BauV davon aus, daß die Verbringung des Abbruchmaterials von der Abbruchstelle jedenfalls noch zu den Abbrucharbeiten gehört und nicht als selbständiger, von Abbrucharbeiten daher zu unterscheidender Arbeitsvorgang zu betrachten ist. So darf etwa iZhg mit allgemeinen Sicherungsmaßnahmen mit der Materialräumung (Schutt ua) erst begonnen werden, wenn geeignete Sicherheitsvorkehrungen getroffen sind (§ 111 Abs.5 BauV) und muß - generell - Abbruchmaterial in sicherer Weise gelagert werden (§ 111 Abs.6 BauV).

Vor diesem Hintergrund steht fest, daß nach den Umständen dieses Falles der in Rede stehende Bagger auf der Baustelle bei Abbrucharbeiten entgegen der Vor-

schrift des § 113 Abs.2 Z1 BauV ohne stabiles Schutzdach für den Fahrersitz verwendet wurde, obwohl dort eine nicht bloß abstrakte Gefährdung bestand. In vertretbarer Weise hat nämlich die belangte Behörde aus dem Umstand, daß im Zuge der Zertrümmerungsarbeiten mit dem Bagger ein noch an der Decke befindliches Deckenelement auf den Baggerfahrer herabstürzte, auf die iS der verletzten Schutzvorschrift tatbildliche Gefährdung geschlossen. Daß der Absturz des Deckenelementes durch ein, wie der Berufungswerber angibt, versehentliches Manöver des Baggerfahrers verursacht wurde und dieses Element, wäre es nur richtig verankert gewesen, gar nicht hätte abstürzen dürfen, steht der Annahme der Tatbestands-mäßigkeit nicht entgegen. Andererseits führt gerade die Darstellung des Berufungswerbers, daß nämlich die "bereits am Boden befindlichen Deckenplatten" - somit Abbruchmaterial - nur für den Abtransport zertrümmert worden seien, den zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem dort zuvor erfolgten Abbrechen der Leichtbauplatten von der Decke deutlich vor Augen, sodaß insgesamt und gerade unter Einbeziehung der Berufungsgründe in der Rechtsbeurteilung von "Abbrucharbeiten" im Sinne der Schutzvorschrift auszugehen war.

Schuldseitig ist die belangte Behörde - allerdings entgegen § 60 AVG nur konkludent - im Grunde des § 5 Abs.1 VStG von der demnach zu vermuten gewesenen Fahrlässigkeitsschuld des Berufungswerbers als für die Gewährleistung der Einhaltung der Schutzvorschriften verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der involvierten Gesellschaft ausgegangen. Dem steht vorliegend nicht entgegen, daß, wie der Berufungswerber dartut, für Abbrucharbeiten nur ausgesuchte, langjährige Mitarbeiter herangezogen, diese auch jährlichen Sicherheitsschulungen unterzogen werden und die Poliere seitens der Firmenleitung bzw. durch den Berufungswerber angehalten seien, keine Arbeitsanweisung ohne gleichzeitige Sicherheitsanweisung auszusprechen.

Im Hinblick nämlich auf das Fehlen eines "wirksamen Kontrollsystems" (das der Berufungswerber in den Einzelheiten initiativ darzulegen gehabt hätte; vgl zB VwGH 20.12.1996, 93/02/0306) konnte die belangte Behörde daher auch zu Recht vom Verschulden des Berufungswerbers ausgehen.

Was die Strafbemessung anbelangt, ist die belangte Behörde zwar nachvoll-

ziehbar und fallbezogen bei ihrer diesbezüglichen Ermessensentscheidung anhand der Kriterien des § 19 VStG vorgegangen. Sie hat jedoch übersehen, daß der Berufungswerber - jedenfalls nach Ausweis des vorgelegten Strafaktes - absolut unbescholten ist und dies iS des § 34 Z2 StGB als mildernd hätte angerechnet werden müssen. Bei gleichzeitigem Fehlen besonderer Erschwerungsgründe rechtfertigt sich daraus und auch aus dem Umstand, daß die belangte Behörde von keinen Sorgepflichten ausgegangen ist, der Berufungswerber - von der belangten Behörde unwidersprochen - jedoch Sorgepflichten "für Gattin und Kinder" geltend gemacht hat, die im Spruch verfügte Herabsetzung der Strafe.

Einer noch stärkeren Herabsetzung steht freilich der von der belangten Behörde mit Blick auf die Unfallfolge zutreffend als beträchtlich gewertete Unrechtsgehalt entgegen. Ebenso zutreffend hat die belangte Behörde begründet, daß vorliegend nicht iS des § 21 VStG von der Strafe - auch nicht unter Ermahnungserteilung - abgesehen werden durfte.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden. Bei diesem Ver-

fahrensergebnis war auch der dem Berufungswerber von der Strafbehörde auferlegte Kostenbeitrag entsprechend zu kürzen. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungs-

verfahrens war hingegen nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Grof

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