Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280357/3/SCHI/Km

Linz, 28.10.1997

VwSen-280357/3/SCHI/Km Linz, am 28. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des Dkfm. G J, vertreten durch RA Dr. P W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. April 1997, Zl. GZ: 502-32/Sta/181/96i, wegen Übertretung des Strahlenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Berufungs-verfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 51e Abs.1 2.Fall VStG, § 66 Abs.1 VStG, § 42 Abs.1 Z1, § 44a Z1 VStG, § 39 Abs.1 Strahlenschutzgesetz.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde hat gegen den Rechtsmittelwerber am 24.4.1997 zur Zl. 502-32/Sta/181/96i, ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Der Beschuldigte, Herr Dfkm. G J, wohnhaft: L, hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V-A Stahl Linz GmbH. mit dem Sitz in L, V-A-S, und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verwantwortlicher zu vertreten, daß die V-A Stahl Linz GmbH. am 24.10.1996 eine gemäß § 10 Abs.1 Strahlenschutzgesetz, BGBl.Nr. 227/1969 i.d.g.F., bewilligungspflichtige Strahleneinrichtung, nämlich eine Feuchtmeßanlage in der Erzvorbereitung am Koksbunker 15 (Aktivität mit 300 mCi) im Werksgelände in L, betrieben hat, ohne daß die hiefür erforderliche Bewilligung vorgelegen wäre.

Der Beschuldigte hat hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs.1 i.V.m. § 10 Abs.1 Strahlenschutzgesetz, BGBl.Nr.227/1969 i.d.g.F., begangen und wird über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs.1 Strahlenschutzgesetz eine Geldstrafe von S 6.000,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 67 Stunden.

Der Beschuldigte hat gemäß § 64 Abs.2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10.v.H. der verhängten Strafe, das sind S 600,-- zu leisten." Begründend führt die erste Instanz unter anderem aus, daß ein strahlenschutztechnischer Amtssachverständiger festgestellt habe, daß es sich bei dem gegenständlichen Einbau der Sonde um keine nichtgenehmigungspflichtige Änderung im Sinn des § 8 Strahlenschutzgesetz gehandelt habe.

Eine Genehmigungspflicht der gegenständlichen Anlage sei offenkundig, da sich die Aktivität von 100 auf 300 mCi erhöht habe. Der Betrieb der gegenständlichen Strahleneinrichtung sei ohne Bewilligung erfolgt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte im wesentlichen geltend, daß der Einbau der Strahlenquelle in dem seinerzeit genehmigten Betriebsanlagenteil in Form einer modernen Sonde, wobei sich die Aktivität von 100 auf 300 mCi erhöht habe, nicht zwangsläufig eine weitere Genehmigungspflicht in strahlenschutzrechtlicher Hinsicht ausgelöst habe, da es sich bloß um die Anpassung an neue meßtechnische Belange und nicht um eine zusätzliche Gefährdung der Gesundheit gehandelt habe, zumal sich sowohl die alte als auch die neue Meßeinrichtung im eingebauten Zustand im Koksbunker befinde und nicht zugänglich sei. Darüberhinaus habe die Behörde gegen die Begründungspflicht verstoßen, weil sie reflektionslos die Behauptungen des Sachverständigen wiedergegeben habe.

Eventuell wird mangelnde Rechtswidrigkeit infolge Irrtums des Rechtsmittelwerbers eingewendet, darüberhinaus mangelndes Verschulden.

Hilfsweise wird die Anwendungspflicht des § 21 Abs.1 VStG ins Spiel gebracht, im Grunde jedoch die gänzliche Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses begehrt.

Da bereits die Aktenlage ausweist, daß das angefochtene Straferkenntnis zu beheben war, konnte eine mündliche Verhandlung entfallen. Demnach wurde mit Bescheid des Baurechtsamtes der Landeshauptstadt Linz vom 23.10.1978, GZ: 601/SO-214/76, zum Betreff gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung Akt 593, der V-A AG L, über deren Ansuchen ein Bescheid erteilt, dessen Spruchteil I. lautet:

"Auf Ansuchen wird gemäß den §§ 77, 333 und 359 der Gewerbeordnung 1973, (GewO 1973), BGBl.Nr. 50/1974, in Verbindung mit § 5 Abs.1 und 2 (§ 7 Abs.1 und 2 bzw. § 10) des Strahlenschutzgesetzes, BGBl.Nr.227/1969, mit § 27 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972, sowie dem Ergebnis der Augenscheinsverhandlung für die Errichtung (und den Betrieb) nachstehender Betriebsanlage die gewerbebehördliche Genehmigung erteilt: Berechtigter: V-A AG Art und Umfang der Anlage: Einbau von kontinuierlichen Feuchtmeßanlagen in der Erzvorbereitung an den Konksbunkern 14, 15, 44 und 45 Grdst.Nr. und KG: S Straße Haus Nr.: im Werksgelände Prüfvermerk der Projektsunterlagen, die dem Verfahren zugrunde lagen und die einen Bestandteil des Bescheides bilden: 23.10.1978." In der Folge wurden acht Auflagen vorgeschrieben.

Zu bemerken gilt, daß eine gleichzeitige Bewilligung einer Anlage nach § 5 und § 7 sowie § 10 Strahlenschutzgesetz sich untereinander ausschließt.

Aus dem Gegenstand der diesem Bescheid zugrundeliegenden Verhandlung vom 12.10.1978 ist nicht zu entnehmen, nach welcher Bestimmung des Strahlenschutzgesetzes das dem gewerbehördlichen Betriebsanlageverfahren integrierte Verfahren nach dem Strahlenschutzgesetz abgehandelt wurde.

Lediglich in der Äußerung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen findet sich die Bemerkung, daß die seinerzeit zur Erörterung gestandene Anlage im Sinn des § 7 des Strahlenschutzgesetzes einzustufen sei. Im Ansuchen um Genehmigung - es handelte sich beim nachfolgenden Bescheid um einen antragsgebundenen Verwaltungsakt und durfte demnach der Bescheid über nichts anderes absprechen - fand sich die Wortfolge: Wir ..... "ersuchen nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung bzw. jene des Strahlenschutzgesetzes, um die Erteilung der diesbezüglichen Errichtungs- und Betriebsbewilligungen".

In dem den Genehmigungsunterlagen beigefügten Gutachten einer staatlich autorisierten Versuchsanstalt wird auf einen Antrag um Betriebsbewilligung gemäß § 7 Abs.2 des Strahlenschutzgesetzes Bezug genommen.

Amtsintern wurde das Gesuch laut AV vom 8.3.1976 als Antrag auf Betriebsbewilligung im Sinn des § 7 Abs.2 Strahlenschutzgesetz betrachtet.

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Rechtsmittelwerber als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person, wie eingangs erwähnt, der Verstoß gegen § 10 Abs.1 Strahlenschutzgesetz vorgeworfen, indem er eine Feuchtmeßanlage in der Erzvorbereitung am Koksbunker 15 mit einer Aktivität von 300 mCi betrieben habe, ohne daß die erforderliche Bewilligung vorgelegen wäre.

Hiezu ist anzumerken: Aufgrund der Systematik des Strahlenschutzgesetzes, indem § 8 des Strahlenschutzgesetzes unmittelbar an die genehmigungspflichtigen Tatbestände der §§ 5 bis 7 anschließt und ausdrücklich bestimmt, daß auf jede Änderung und Erweiterung einer Anlage für den Umgang mit radioaktiven Stoffen oder für Strahleneinrichtungen, die geeignet ist, eine zusätzliche Gefährdung des Lebens, der Gesundheit von Menschen, einschließlich ihrer Nachkommenschaft durch ionisierende Strahlen herbeizuführen, die §§ 5-7 sinngemäß Anwendung finden sollen, ergibt sich, daß sich solche Genehmigungspflichten für Änderungen eben nur auf Anlagen im Sinn des § 5 oder des § 7 beziehen.

Eine Bestimmung, daß eine Änderung bei einem genehmigten (mindergefährlichen) sonstigen Umgang mit radioaktiven Stoffen oder Betrieb von Strahleneinrichtungen, für die eine Bewilligung nach § 10 des Strahlenschutzgesetzes erteilt worden ist, bewilligungspflichtig wäre, fehlt im Strahlenschutzgesetz.

Da Strafbescheide in Grundrechte eingreifen ist ein strenger Maßstab an die Konkretisierung des Lebenssachverhaltes und die Verwirklichung aller erforderlichen Tatbestandselemente anzulegen.

Einerseits steht, wie zuvor erwähnt, aufgrund des Genehmigungsbescheides des Baurechtsamtes vom 23.10.1978 nicht einmal fest, welche Bewilligung nach dem Strahlenschutzgesetz unter einem erteilt wurde, andererseits spricht das angefochtene Straferkenntnis im Spruch angesichts des Betriebes der Sonde von einem Verstoß gegen § 10 Abs.1 Strahlenschutzgesetz, nimmt aber in der Begründung auf eine genehmigungspflichtige Änderung im Sinn des § 8 des Strahlenschutzgesetzes Bezug, wodurch im Ergebnis nicht feststeht, welcher konkreten Tat der Beschuldigte bezichtigt wird.

Wesentlicher Streitpunkt im Verfahren nach der vom Unternehmen ohnedies aus eigenem Antrieb erfolgten Meldung der Änderung der Strahlenquelle an die Behörde in der Auseinandersetzung mit dem eingeschalteten Amtsachverständigen war, daß von seiten des Unternehmens die Auffassung vertreten wurde, daß für den Einbau der Sonde die Beibringung eines Gutachtens eines Sachverständigen oder einer staatlich autorisierten Anstalt des in Betracht kommenden Fachgebietes bezüglich des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen und der diesbezüglichen ausreichenden Vorsorgemaßnahmen nicht erforderlich sei. Der Amtssachverständige war anderer Meinung.

Eine solche Anhörung bzw. ein solches Gutachten ist kraft Gesetzes in einem Verfahren gemäß § 5 Abs.1 und 2 des Strahlenschutzgesetzes zwingend vorgesehen (siehe hiezu § 5 Abs.8 Strahlenschutzgesetz).

Dergleichen ist in einem Verfahren nach § 7 Abs.1 und 2 Strahlenschutzgesetz oder nach einem Verfahren im Sinn des § 10 Abs.1 Strahlenschutzgesetz von Gesetzes wegen nicht vorgesehen (siehe hiezu § 7 Abs.7 und § 10 Abs.5 des Strahlenschutzgesetzes).

Damit tritt die Unsicherheit, welcher Tat der Beschuldigte bezichtigt werden sollte, noch deutlicher hervor. Mangels einer konkreten Umschreibung eines Lebenssachverhaltes, der an eine seinerzeit erteilte Genehmigung anknüpfend, sich zu einem Vergleich mit den wesentlichen Merkmalen eines Tatbildes nach § 39 Abs.1 Strahlenschutzgesetz geeignet hätte, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Da die Berufung im Ergebnis Erfolg hatte, befreit dies den Rechtsmittelwerber von der Pflicht zur Leistung von Kostenbeiträgen für das Berufungsverfahren. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: Konkretisierung des Spruches, Bewilligungen nach § 5, § 7 oder § 10 schließen einander aus, Änderungen bei § 10 Genehmigungen sind nicht genehmigungspflichtig.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum