Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280368/21/GU/Km

Linz, 17.11.1997

VwSen-280368/21/GU/Km Linz, am 17. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Ewald LANGEDER, Berichter: Dr. Hans GUSCHLBAUER, Beisitzer: Dr. Hermann BLEIER) über die Berufung des Herrn O.P., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A.M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 21.4.1997, Ge96-269-1995 Ew, wegen Übertretung des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993, nach der am 28. Oktober 1997 in Gegenwart des Vertreters des Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk, zu Recht erkannt:

Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Sachverhalt VStG eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Kostenbeiträge zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 44a Z1 VStG, § 8 Abs.1 und 3, § 24 Abs.1 Z1 lit.d Arbeitsinspektionsgesetz 1993 iVm der Aufforderung des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 29. März 1995, Zl. 0010/31-9/995, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft .. hat am 21.4.1997 zur Zl. Ge96-269-1995/Ew, ein Straferkenntnis erlassen dessen Spruch lautet:

"Sehr geehrter Herr P. Sie haben es als gemäß § 9 Abs.2 VStG verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes betreffend die im Unternehmen beschäftigten Kraftfahrer des zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlichen Geschäftsführes F.S. und somit Verantwortlichen gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin R. und S. Transport-Gesellschaft m.b.H. mit dem (handelsrechtlichen) Sitz in T., P.str. 91, von Ihrem Büro im Betrieb in H., P.straße 4, aus zumindest bis 15.4.1995 unterlassen, dafür zu sorgen, daß dem Arbeitsinspektorat L. trotz dessen schriftlicher Aufforderung (gemäß § 8 Abs.3 ArbIG) vom 29.3.1995 die angeforderten Arbeitszeitaufzeichnungen (Diagrammblätter der mechanischen Kontrollgeräte aller im Betrieb beschäftigten Lenker und Beifahrer für den Zeitraum Oktober, November und Dezember 1994 und Jänner 1995) zur Einsichtnahme übermittelt wurden, obwohl gemäß § 8 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 Arbeitgeber/innen und die gemäß § 4 Abs.5 und 7 beauftragten Personen verpflichtet sind, den Arbeitsinspektionsorganen auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Zusammenhang stehen bzw. obwohl gemäß § 8 Abs.3 1.Satz ArbIG Arbeitgeber/innen dem Arbeitsinspektorat auf auf Verlangen die in Abs.1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 24 Abs.1 Ziff. 1 lit.d in Verb. mit § 8 Abs.1 und 3 Arbeitsinspektionsgesetz 1993, BGBl.Nr. 27/1993.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 24 Abs.1 des Arbeitsinspektionsgesetzes eine Geldstrafe von S 15.000,-, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, verhängt.

Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 10 % der Strafe, das sind S 1.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher S 16.500,--.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)." In seiner dagegen vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber im wesentlichen mangelndes Verschulden geltend, indem die angeforderten Diagrammblätter der mechanischen Kontrollgeräte der im Betrieb beschäftigten Lenker für den Zeitraum Oktober, November und Dezember 1994 zufolge irrtümlicher Entsorgung durch die Reinigungsfrau M. L. nicht mehr greifbar gewesen seien. Die Diagrammblätter für Jänner 1995 seien sehr wohl vorgelegt worden. Es müsse daher der Beschuldigte (der verantwortliche Beauftragte für die Einhaltung der im Gegenstand maßgeblichen Rechtsvorschriften des Unternehmens R. und S. Transport GesmbH) das Versehen der Reinigungsfrau nicht verantworten und liege diesbezüglich mangelndes Verschulden vor. Wenn Unterlagen nicht mehr vorhanden seien, so könnten diese auch nicht mehr vorgelegt werden und stelle somit die unterlassene Vorlage keine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 Z1 lit.d iVm § 8 Abs.1 und 3 ArbIG 1993 dar. Darüber hinaus sei die Nichtvorlage der Diagrammblätter für den Monat Jänner 1995 nicht erwiesen. Aus all diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber allenfalls nach Einvernahme der Reinigungsfrau M.L. die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 1997 erörterten Aktenlage steht fest, daß das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk am 29. März 1995, zur Zl. 0010/31-9/995, die R. und S. Transport Gesm.b.H. mit dem Sitz in T. aufforderte, dem Arbeitsinspektorat bis spätestens 15. April 1995 sämtliche Arbeitszeitaufzeichnungen (Diagrammblätter der mechanischen Kontrollgeräte aller im Betrieb beschäftigten Lenker und Beifahrer für den Zeitraum Oktober, November und Dezember 1994 und Jänner 1995 im Original oder in Kopie zu übermitteln. Unter Beischluß einer für das Arbeitsinspektorat nicht befriedigenden Antwort des Unternehmens, datiert mit 13. April 1995 erging am 21. August 1995 die entsprechende Anzeige und der Strafantrag an die Bezirkshauptmannschaft L., welche eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.9.1995, (die einen inhaltsgleichen Text wie die Tatbeschreibung im angefochtenen, vorhin zitierten Straferkenntnis enthielt) an den Beschuldigten richtete. Demnach ergibt sich bei Würdigung des Inhaltes, daß der ersten Instanz die Tatbeschreibung in der Aufforderung zur Rechtfertigung und im angefochtenen Straferkenntnis offensichtlich mißglückt ist.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gab den für das Tatbild essentiellen Bestandteil, nämlich die in der Aufforderung des Arbeitsinspektorates bestimmte Leistungsfrist nicht wieder. Die Formulierung "Sie haben es ... zumindest bis 15.4.1995 unterlassen, dafür zu sorgen, daß dem Arbeitsinspektorat L. trotz dessen schriftlicher Aufforderung (gemäß § 8 Abs.3 ArbIG) vom 29.3.1995 die angeforderten Arbeitszeitaufzeichnungen ... zur Einsichtnahme übermittelt wurden", bringt nicht zum Ausdruck, daß die Leistungsfrist bis zum 15.4.1995 noch offen stand und bis dahin kein vorwerfbares strafbares Verhalten vorlag und beschreibt andererseits beim vorliegenden Unterlassungsdelikt nicht (den Beginn der) Tatzeit bzw. des nach Tag bestimmten Tatzeitpunktes. Die Vorwerfbarkeit der Tat war erst am 16.4.1995 eingetreten. Damit fehlte es an einem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens bzw. war die Unterlassung bis einschließlich 15.4.1995 nicht sanktionsbewehrt (zum Unterlassungsdelikt siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage 1996, Seite 909 FN 4 und zum Thema Tatzeit, Anhang zu § 44a Z1 VStG, Punkt 13, Seite 977 des vorzitierten Schrifttums samt der dort zit. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Darüber hinaus wurden bei der Beschreibung des Tatvorwurfes zwei verschiedene Delikte, nämlich jenes gemäß § 8 Abs.1 AIG und gleichzeitig auch jenes gemäß § 8 Abs.3 AIG vorgeworfen.

Aufgrund der im Berufungsverfahren vorliegenden Sache im Sinn des § 66 Abs.4 AVG fand sich der O.ö. Verwaltungssenat nicht berechtigt eine Auswechslung der Tat vorzunehmen oder essentielle Ergänzungen einzufügen.

Da das Straferkenntnis an diesem nicht sanierbaren Mangel litt, war mit einer weiteren Beweisaufnahme nichts zu gewinnen und mußte die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens erfolgen.

Da die Berufung im Ergebnis Erfolg hatte, ist der Rechtsmittelwerber von der Pflicht befreit, Beiträge zu den Kosten des Verfahrens zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

Beschlagwortung: Spruchmangel; beim Unterlassungsdelikt hat der Beginn der vorgeworfenen Tat datumsmäßig aufzuscheinen oder aus dem Auftragsbescheid ersichtlich zu sein

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 17.5.2002, Zl.: 98/02/0035-5

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