Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280383/2/SCHI/Km

Linz, 20.02.1998

VwSen-280383/2/SCHI/Km Linz, am 20. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung der E R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J L und Dr. E W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Stadt Steyr vom 25.7.1997, Ge-1225/96, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Die Berufungswerberin hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 600 S zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin (Bw) für schuldig erkannt, sie habe es als Gewerbeinhaberin der Firma R E in S, und somit verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Arbeitgeberin zu vertreten, daß der Arbeitnehmer o.a. Firma, Herr B H - wie anläßlich einer Kontrolle durch Organe der BPD St. Pölten am 10.9.1996 in 3100 St. Pölten, auf der S, festgestellt wurde - am 6.9.1996 innerhalb einer Lenkzeit von 4,5 Stunden nur eine Lenkpause von 15 Minuten eingehalten habe, obwohl innerhalb einer Lenkzeit von 4,5 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten, aufgeteilt auf mehrere Lenkpausen von mindestens 15 Minuten, einzuhalten sei. Sie habe dadurch § 15 Abs.2 und 3 AZG iVm Art.7 Abs.1 und 2 VO 3820/85 iVm § 28 Abs.1a Z5 und 6 AZG verletzt; deswegen wurde über sie gemäß § 28 Abs.1a Z5 und 6 AZG eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde sie verpflichtet einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in erster Instanz in Höhe von 300 S zu leisten.

2. Dagegen hat die Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Auf die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ausdrücklich verzichtet. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Erstbehörde aufgrund des Beweisverfahrens ausdrücklich hätte feststellen müssen, daß es dem Arbeitnehmer H B selbst überlassen worden wäre, seine Lenkzeit am 6.9.1996 einzuteilen und die vom Gesetz vorgeschriebenen täglichen Ruhezeiten einzuhalten. Darüber hinaus würden in ihrem Betrieb sämtliche Tachographenscheiben wöchentlich auf die Einhaltung der Ruhezeiten kontrolliert, und zwar insbesonders im Zusammenhang mit der Arbeitszeiterfassung zur Lohnverrechnung. Es handelte sich daher nicht nur um eine stichprobenmäßige, sondern um eine umfassende Kontrolle. Sollte dabei festgestellt werden müssen, daß ein Fahrer die Zeit einmal überzogen hätte, so werde er von der Bw oder einem leitenden Angestellten zur Einhaltung der Ruhezeit ermahnt, im Wiederholungsfall mit Kündigungsdrohung verwarnt. Weiters hätte festgestellt werden müssen, daß in dem Betrieb der Bw keinerlei Druck auf die Kraftfahrer ausgeübt werde, und daß auch kein Anreiz für die Kraftfahrer gegeben sei, die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten zu mißachten. Aufgrund dieses Sachverhaltes hätte die Erstbehörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu dem Ergebnis kommen müssen, daß das eingerichtete Kontrollsystem zur Hintanhaltung von Ruhezeitenüberschreitungen als wirksam zu erachten sei und sie damit alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Einhaltung der Ruhezeiten getroffen habe, sodaß hier keine Fahrlässigkeit im Sinne des § 5 VStG vorzuwerfen sei.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Da eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt worden war und außerdem die Bw ausdrücklich auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet hatte, war von einer solchen abzusehen (§ 51e Abs.2 und 3 VStG).

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen. Diesen Sachverhalt, der im übrigen von der Berufungswerberin gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 15 Arbeitszeitgesetz - AZG ist nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von höchstens vier Stunden eine Lenkpause von mindestens 30 Minuten einzulegen (Abs.1). Abweichend von Abs.1 ist beim Lenken von Kfz, die 1. zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, oder 2. zur Personenbeförderung dienen und die nach ihrer Bauart und Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers zu befördern, nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von höchstens 4 1/2 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen (Abs.2).

Durch Kollektivvertrag kann zugelassen werden, daß die Lenkpause von mindestens 45 Minuten durch mehrere Lenkpausen von 15 Minuten ersetzt wird, die in die Lenkzeit oder unmittelbar nach dieser so einzufügen sind, daß bei Beginn des letzten Teiles der Lenkpause die Lenkzeit von 4 1/2 Stunden noch nicht überschritten ist (Abs.3).

Zufolge Art.7 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr ist nach einer Lenkzeit von 4 1/2 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt (Abs.1). Diese Unterbrechung kann durch Unterbrechungen von jeweils 15 Minuten ersetzt werden, die in die Lenkzeit oder unmittelbar nach dieser so einzufügen sind, daß Absatz 1 eingehalten wird (Abs.2).

Gemäß § 28 Abs.1a AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenkpausen gemäß § 15 Abs.1 bis 4 nicht gewähren (Z5) bzw. Lenkpausen gemäß Art.7 Abs.1, 2 oder 4 der VO (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren (Z.6), sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S zu bestrafen.

4.2. Das Vorliegen des objektiven Tatbestandes (Nichteinhaltung der Lenkpause im Ausmaß von 45 Minuten) wurde im gegenständlichen Fall nicht in Abrede gestellt.

5.1. Mit den oben unter Punkt 2 wiedergegebenen wesentlichen Teilen der Berufung hat die Bw richtig erkannt, daß die Notwendigkeit der Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems die Frage des Verschuldens des Arbeitgebers bei Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften betrifft. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus dem Gebot des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG, wonach bei sogenannten Ungehorsamsdelikten (zu denen auch Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften zählen - vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, bei E 25 lit.e zu § 5 VStG angeführten Entscheidungen) der Täter glaubhaft zu machen hat, daß ihn an der Verletzung einer Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Spruch eines Straferkenntnisses ist daher grundsätzlich nicht die subjektive Tatseite, sondern nur der objektive Tatbestand zu umschreiben. Ein Zuwiderhandeln gegen Arbeitszeitvorschriften durch den Arbeitgeber liegt dem objektiven Tatbestand nach immer dann vor, wenn ein in dessen Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer bei seiner beruflichen Tätigkeit Arbeitszeitvorschriften verletzt. Das Zuwiderhandeln im Sinne des § 28 AZG besteht in der Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers unter Verletzung einer Arbeitszeitvorschrift (vgl. VwGH vom 29.1.1987, Zl. 86/08/0172, 0173); ein "tätiges Verhalten" des Arbeitgebers ist dazu nicht erforderlich (vgl. VwGH vom 22.4.1997, Zl. 94/11/0108). 5.2. Im gegenständlichen Fall ist daher festzuhalten, daß entgegen den Ausführungen in der Berufung die Bw ein offenbar nicht funktionierendes Kontrollsystem eingerichtet hatte, denn sonst hätte es zu der gegenständlichen Übertretung nicht kommen dürfen. Weiterhin ist aber darauf zu verweisen, daß der Kfz-Lenker H B bereits bei der Verkehrskontrolle am 11.9.1996 angegeben hat, daß die Fahrzeit am 6.9. seiner Route entspreche und er keine anderen Pausen machen könne, weil ihm die Tour so eingeteilt werde. Diese Angaben hat der Lenker H B am 11.12.1996 anläßlich seiner Vernehmung zeugenschaftlich vor der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land bestätigt. Diese Angaben widersprechen somit diametral den Ausführungen in der Berufung, wonach die Bw es dem Arbeitnehmer H B selbst überlassen habe, seine Lenkzeit am 6.9.1996 einzuteilen. Da diese Aussagen auch zeugenschaftlich bestätigt wurden und somit wegen der Sanktionen im Hinblick auf eine falsche Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde einem erhöhten Wahrheitsgehalt unterliegen, war diesen Angaben mehr Glauben zu schenken, als der Rechtfertigung der Bw, die sich ohne Sanktionen befürchten zu müssen, nach jeder Richtung hin frei verantworten kann.

5.3. Es war daher im vorliegenden Fall auch von einem schuldhaften Verhalten der Bw auszugehen. 6. Zur Strafbemessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die Bw nichts vorgebracht; auch der O.ö. Verwaltungssenat kann im Hinblick auf die Vorgabe des § 19 VStG sowie den Strafrahmen des § 28 Abs.1a AZG nicht finden, daß die verhängte Geldstrafe überhöht wäre. Auch hat die belangte Behörde die Strafzumessungsgründe entsprechend abgewogen und die Höhe der Strafe aufgrund der geschätzten Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse bemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis hat die Bw einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs.2 VStG in der Höhe von 20 % des Strafbetrages, d.s. 600 S zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: Lenkpause, Nichteinhaltung - Kontrollsystem

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