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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280391/7/KON/Pr

Linz, 06.07.1998

VwSen-280391/7/KON/Pr Linz, am 6. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn F.J.H., vertreten durch die RAe Dr. H., DDr.M., Dr. W., Dr. M. und Dr. G.-W., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 13. August 1997, GZ: Ge-455/97, wegen Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 (Übertretung des § 86 Abs.1 AAV) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß die Verwaltungsstrafnorm (44a Z3 VStG) zu lauten hat: § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG.

Der Bestrafte hat zuzüglich zu den Verfahrenskosten I. Instanz 20 % der gegen ihn verhängten Geldstrafe, das sind 800 S als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991-AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991-VStG, § 16 Abs.1VStG und § 19 VStG. zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Hinsichtlich Faktum 2 (Übertretung gemäß § 130 Abs.5 Z2 iVm § 125 Abs.3 und 5 ASchG iVm Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9.2.1988, Zl. MBA 4/5-Ba 41764/1/87) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehende Schuld- und Strafaussprüche: "Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma H.Handelsgesellschaft mbH. verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, daß am 6.5.1996 in der Filiale oa. Firma den beiden Arbeitnehmern oa. Firma in dieser Filiale keine zur Aufbewahrung und zur Sicherung gegen Wegnahme von deren Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung ausreichend große, luftige und versperrbare Kästen zur Verfügung gestellt wurden, in dem die Kleidung gegen Einwirkunen, wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche, geschützt ist, obwohl jedem Arbeitnehmer ein solcher Kasten zur Verfügung zu stellen ist. Dies stellt einer Übertretung der Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) dar. kein Befund eines befugten Fachmannes gem. § 12 ÖVE-E 5, Teil 1/1981 i.d.g.F., über den vorschriftsmäßigen Zustand der elektrischen Anlage des gesamten Betriebes, insbesondere über die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen bei indirektem Berühren - welcher mindestens alle zwei Jahre zu erstellen ist und zur Einsicht behördlicher Organe im Betrieb bereitzuhalten ist - zur Einsicht bereitgehalten wurde. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) und des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 9.2.1988, Zl.: MBA 4/5 - Ba 41764/1/87, dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

ad 1) § 86 (1) AAV, BGBl. 218/1983 i.V.m. §§ 108 (2) und 130 (5) Ziff.1 ASchG, BGBl. 450/1994 ad 2) § 130 (5) Ziff.2 i.V.m. § 125 (3) u. (5) ASchG, BGBl. 450/1994 i.V.m. Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9.2.1988 (Zl.: MBA 4/5 - Ba 41764/1/87).

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von ad 1) S 4.000,-- 48 Stunden § 130 Abs.5 Ziff. 1 ASchG ad 2) S 4.000,-- 48 Stunden § 130 Abs.5 Ziff. 2 ASchG S 8.000,-- 96 Stunden Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 800,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 8.800,-- Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." In bezug auf Faktum 1 führt die belangte Behörde begründend im wesentlichen aus, daß der objektive Tatbestand anläßlich der Überprüfung durch Organe des Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk am 6.5.1996 in der gegenständlichen Firma und Filiale festzustellen gewesen sei. Da auch die vorgebrachten Rechtfertigungsgründe des Beschuldigten nicht ausgereicht hätten, sein Unverschulden glaubhaft darzulegen, sei auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt. Infolge Außerachtlassens der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt habe der Beschuldigte verkannt, daß er durch sein Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirkliche und sei als Grad des Verschuldens zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin vorwegnehmend eingewandt, daß aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervorgehe, an wen er sich richte, obwohl jede individuelle Norm an eine bestimmte Person oder an mehrere bestimmte Personen gerichtet sein müsse. Fehle ein Adressat oder sei ein solcher nur ungenau umschrieben, sei ein Bescheid absolut nichtig. Der Adressat des Bescheides könne sich entweder aus der Anschrift des Bescheides, aus dem Spruch oder aus der Zustellverfügung ergeben. Im gegenständlichen Fall ergäbe sich aus der im angefochtenen Bescheid angeführten Anschrift, daß dieser an "Herrn Dr. M. als Rechtsvertreter von Herrn F. J. H." mit dem Vermerk "Zustellung zu eigenen Handen" gerichtet sei. Der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses beginne mit folgenden Worten: "Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer ...... der Fa. H. HandelsgesmbH. verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, daß ......".

Da der in der Anschrift angeführte Herr Dr. M., an welchen der bekämpfte Bescheid gerichtet sei, jedenfalls kein handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. H. GesmbH. und somit kein als Vertretung nach außen berufenes Organ sei, gehe aus dem bekämpften Bescheid nicht hervor, an wen er sich tatsächliche richte, daher absolut nichtig. Weiters wendet der Beschuldigte mit dem Hinweis auf eingetretene Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs.1 VStG ein, daß aus dem zu Faktum 2 erhobenen Tatvorwurf nichts hervorgehe, ob ihm vorgeworfen werde, daß er die entsprechenden Überprüfungsbefunde der elektrischen Anlage nicht erstellt, oder diese lediglich nicht in der Betriebsstätte zur jederzeitigen Einsichtnahme durch Organe der Behörden bereitgehalten habe.

Auf diesen Umstand habe er bereits im Schreiben vom 7.1.1997 an den Magistrat der Stadt Wien hingewiesen; die belangte Behörde sei jedoch darauf nicht eingegangen, sondern habe lediglich ausgeführt, daß: "Die Rechtfertigungsgründe von Herrn H. F.J. nicht ausgereicht hätten, seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen,.......".

Eventualiter wird vom Beschuldigten die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG mit näherer Begründung beantragt. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Entgegen dem einleitenden Berufungsvorbringen ist der Adressierung des bekämpften Bescheides nach, der Beschuldigte F.J. H. mit objektiv, ausreichender Klarheit, als dessen Adressat erkennbar. Dies ungeachtet, daß nach Ansicht des ha. Verwaltungssenates es besser wäre, den jeweiligen Beschuldigten in der Adressierung vor seinem Rechtsvertreter zu dessen Handen zugestellt wird, anzuführen. zu Faktum 1: Die hierin dem Beschuldigten vorgeworfene Übertretung des § 86 Abs.1 AAV ist aufgrund der Aktenlage in ihrer vollen Tatbestandsmäßigkeit als gegeben zu erachten und wird deren Begehung auch nicht in Abrede gestellt.

Was die Höhe der hiezu verhängten Geldstrafe betrifft, konnte keine den Bestimmungen des § 19 VStG, auf deren Wiedergabe aufgrund der rechtsfreundlichen Vertretung verzichtet werden kann, widersprechende Ermessensausübung festgestellt werden. In Anbetracht des hiefür vorgesehenen Strafrahmens, welcher sich zwischen 2.000 S bis 100.000 S bewegt, erweist sich die mit 4.000 S bemessene Geldstrafe dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat als durchaus angemessen. So hätte die Beachtung der Bestimmungen des § 86 Abs.1 AAV weder eines besonderen materiellen Aufwandes noch eines besonderen Maßes an Aufmerksamkeit bedurft. Da sohin die Tatbestandsverwirklichung ohne Schwierigkeiten hätte hintangehalten werden können, erweist sich das Verschulden als nicht mehr geringfügig. Auch ist der Mangel an dem im § 86 Abs.1 AAV vorgeschriebenen Kästen geeignet, jedenfalls mittelfristig die Arbeitsplatzqualität bzw. die Lebensqualität der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz und sohin deren Arbeitsbedingungen schlechthin zu beeinträchtigen. Aus diesen Gründen liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die beantragte Anwendung des § 21 Abs.1 VStG, nämlich geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Übertretung, nicht vor.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher in bezug auf Faktum 1 vollinhaltich zu bestätigen.

zu Faktum 2: Gemäß § 42 Abs.1 Z1 VStG hat die Aufforderung nach § 40 Abs.2 die deutliche Bezeichnung der den Beschuldigten zur Last gelegten Tat sowie die in Betracht kommende Verwaltungsvorschrift zu enthalten. Nach dieser Gesetzesstelle ist es geboten, den Beschuldigten in der eine Verfolgungshandlung bildende Aufforderung zur Rechtfertigung (§ 14 Abs.2 VStG) die Tat in einer dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG entsprechenden Weise innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) vorzuhalten. Dem in § 44a Z1 VStG gründenden Konkretisierungsgebot ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten innenhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, welche im gegenständlichen Fall 6 Monate beträgt, die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er im Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

Diesem Konkretisierungsgebot entspricht die Aufforderung zur Rechtfertigung des Magistrates der Stadt Wien vom 22. Juli 1996, Zl: MBA 4/5 - S 7411/96, als einzige Verfolgungshandlung insoferne nicht, als dem Beschuldigten alternativ zwei Verhaltensweisen, die sich im übrigen gegeneinander ausschließen, vorgehalten werden. Konkret wird in dieser Aufforderung dem Beschuldigten angelastet, die im zitierten Bescheid erteilte Auflage insoferne nicht eingehalten zu haben, "als diese Überprüfungsbefunde der elektrischen Anlage nicht erstellt bzw. nicht in der Betriebsstätte zur jederzeitigen Einsichtnahme durch Organe der Behörde bereitgehalten wurden." Abgesehen davon, daß bei einer solchen Tatumschreibung unklar bleibt, welches Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird, entweder die Nichterstellung der Befunde oder diese Befunde nicht in der Betriebsstätte zur jederzeitigen Einsichtnahme bereitgehalten zu haben, wird der Beschuldigte auch hiedurch in seiner Verteidigungsmöglichkeit beeinträchtigt. Dies deshalb, weil es für ihn unklar bleibt, für welchen Tatvorwurf er sich zu verantworten hat einerseits und zu welchem er seine Entlastungsbeweise anbieten soll, andererseits. Weiters ist dadurch, daß dem Beschuldigten zwei kontradiktorische Verhaltensweisen vorgeworfen werden, es a) dem Verwaltungssenat als Berufungsinstanz nicht möglich, nachzuprüfen, welche der beiden Unterlassungen als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Wie der Berufungswerber zutreffend vermerkt, wurde von ihm bereits im Schreiben vom 7.1.1997 an die, die Verfolgungshandlung setzende Behörde (Magistrat der Stadt Wien), auf diesen Umstand hingewiesen.

Der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht zwar dem Konkretisierungsgebot, als darin lediglich vorgeworfen wird, die Befunde nicht zur Einsichtnahme bereitgehalten zu haben, erfolgte jedoch erst lange nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist. Die Verfolgungsverjährung ist aber in Anbetracht des Tatzeitpunktes 6.5.1996 mit Ablauf 6.11.1996 eingetreten; das Straferkenntnis vom 13.8.1997 wurde jedoch erst am 18.8.1998 - sohin lange nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist - zugestellt. Da sohin die Tat den Beschuldigten nicht innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist in einer den Bestimmungen des § 44a Z1 VStG entsprechenden Weise vorgehalten wurde, erweist sich das vorliegende Straferkenntnis als rechtswidrig. Der dagegen erhobenen Berufung war daher stattzugeben und wie im Spruch zu entscheiden.

Verfahrenskosten: Die in bezug auf Faktum 1 ergangene Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Hinsichtlich Faktum 2 ist der Beschuldigte aufgrund des Verfahrensergebnisses von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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