Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280399/9/KON/FB

Linz, 31.03.1998

VwSen-280399/9/KON/FB Linz, am 31. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn F H, O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H L, M, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 17. September 1997, Ge96-102-1996, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes (AZG), BGBl.Nr. 461/1969, zuletzt geändert durch das BGBl.I Nr. 46/1997, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der unter Faktum 1) und 3) angelasteten Ver- waltungsübertretungen (Einsatz über die zulässige Lenkzeit hinaus und Einsatz über die zulässige Einsatzzeit hinaus) keine Folge gegeben und das ange-fochtene Straferkenntnis hinsichtlich dieser beiden Fakten bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat jeweils 20 % der zu Faktum 1) und Faktum 3) ver- hängten Geldstrafen, ds insgesamt 2.200 S, als Beitrag zu den Kosten des Be-rufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

III. Hinsichtlich der unter Faktum 2) angelasteten Verwaltungsübertretung (Nicht- gewähren der täglichen Ruhezeit) wird der Berufung Folge gegeben, das ange-fochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt. Rechtsgrundlage: zu III.:§ 66 Abs.4 - AVG iVm § 24 VStG und § 45 Abs.1 Z1 1. Fall VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch: "Die J OHG, O, war vom 3.10.1996 bis 5.10.1996 Arbeitgeber des C B, geb. 16.01.1961, und beschäftigte diesen in O als Berufskraftfahrer. Anläßlich einer Kontrolle am 5.10.1996 um ca. 8.45 auf der B, bei KM wurde festgestellt, daß C B als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges , 1. vom 3.10.1996, 21.30 bis 5.10.1996, 08.05 Uhr eine Gesamtlenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten von ca. 14 Stunden aufwies, obwohl diese 9 Stunden bzw. 2 x pro Wochen 10 Stunden nicht überschreiten darf. Die J OHG hat daher den Lenker über die zulässige Lenkzeit hinaus eingesetzt; 2. innerhalb eines Zeitraumes von 30 Stunden (Beginn 3.10.1996, 21.30 Uhr) keine ausreichende Ruhezeit eingelegt hat, obwohl diese mindestens 8 zu-sammenhängende Stunden betragen muß. Die J OHG hat daher die tägliche Ruhezeit nicht gewährt; 3. vom 3.10.1996, 21.30 bis 5.10.1996, 08.05 Uhr, eine Gesamteinsatzzeit von ca. 34 Stunden und 35 Minuten aufwies, obwohl diese entsprechend dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe bei 2-Fahrer-Besatzung 22 Stunden nicht überschreiten darf. Die J OHG hat daher den Lenker über die zulässige Einsatzzeit hinaus eingesetzt.

Die angeführten Verwaltungsübertretungen haben Sie als persönlich haftender Gesellschafter und damit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der J OHG, O, zu verantworten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

zu 1) § 28 Abs. 1a Ziff. 4 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969 in der Fassung BGBl. 446/1994 (AZG) in Verbindung mit Art. 6/Abs. 1 EG- Verordnung 3820/85 zu 2) § 28 Abs. 1a Ziff. 2 AZG in Verbindung mit Art. 8, Abs. 2 EG- Verordnung 3820/85 zu 3) § 28 Abs. 1a Ziff. 7 in Verbindung mit § 16 Abs. 3, AZG, Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß § Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von zu 1) 5.000,-- 60 Stunden 28, Abs. 1 a AZG zu 2) 6.000,-- 72 Stunden 28 Abs. 1 a AZG zu 3) 6.000,-- 72 Stunden 28 Abs. 1 a AZG Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 1.700,--   Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich S 200,-- ange- rechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 18.700,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG).

Hinsichtlich Pkt. 3) der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5.12.1996 (Nichtgewähren der erforderlichen Lenkpausen) wird eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage: § 21 Abs. 1, 2. Satz VStG." Hiezu führt die belangte Behörde, was die objektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretungen betrifft, begründend aus, daß die Überschreitungen der Tageslenkzeit, der Gesamteinsatzzeit sowie das Fehlen einer Ruhezeit aufgrund der Schaublätter und der Aussagen der Kraftfahrer erwiesen seien. Festzuhalten sei, daß abweichend von der Anzeige des Arbeitsinspektorats und dem Gutachten des Amtssachverständigen die Lenkzeit und die Einsatzzeit des Kraftfahrers B bereits am 5.10.1996 um 8.05 Uhr geendet habe, weil er zu dieser Zeit am Firmensitz in O angekommen sei und den Sattelanhänger abgehängt habe. Bei der anschließenden Fahrt bis 8.45 Uhr handle es sich um eine Privatfahrt vom Firmensitz nach Hause, sodaß sich die ursprünglich vorgeworfenen Übertretungen geringfügig verringert hätten. Das Vorliegen der subjektiven Tatseite wird von der belangten Behörde im wesentlichen damit begründet, daß die Rechtfertigungen des Beschuldigten sein Verschulden in Form von Fahrlässigkeit, nicht zu beseitigen vermögen. Gerade wegen der mangelnden, unmittelbaren Einflußmöglichkeit des Arbeitgebers, auf das konkrete Verhalten eines Berufskraftfahrers, der sich gerade im Ausland befände, müsse er ein funktionierendes Kontrollsystem einrichten, welches die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften durch die einzelnen Berufskraftfahrer mit gutem Grund erwarten lasse. Ein derartiges System bestehe aber im Unternehmen des Beschuldigten offensichtlich nicht, weil nach der klaren Aussage des Zeugen P (Berufskraftfahrer) nicht einmal neu eingestellte Kraftfahrer entsprechend belehrt würden. Bei nachträglich festgestellten Überschreitungen komme es bloß zu mündlichen Ermahnungen, die in der Praxis keinerlei nachteilige Auswirkungen auf die Berufskraftfahrer hätten. Hiemit sei wohl gemeint, daß die Berufskraftfahrer bei Überschreitungen außer einer Ermahnung keine weiteren Sanktionen zu gewärtigen hätten. Nach den Zeugenaussagen verlasse sich die Geschäftsleitung auf die Kenntnisse der Kraftfahrer und vertraue darauf, daß diese die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einhielten. Auch bei den gegenständlichen Überschreitungen, die sogar zu einem Verkehrsunfall geführt hätten, habe es mit Ausnahme von mündlichen Ermahnungen durch den Disponenten keinerlei Reaktionen durch die Unternehmensleitung gegeben. In bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß weist die belangte Behörde auf die Bestimmungen des § 19 VStG hin, welche sie in ihrer Begründung wiedergibt. Im gegenständlichen Fall sei es zu erheblichen Über- bzw Unterschreitungen der Lenk- und Einsatzzeiten bzw der Ruhezeiten gekommen. Die Einhaltung der Lenkzeiten, Ruhezeiten und Einsatzzeiten durch Berufskraftfahrer sei auch im Hinblick auf die Verkehrssicherheit besonders wichtig; im gegenständlichen Fall sei es auch tatsächlich zu einem Verkehrsunfall gekommen. Wenngleich der Beschuldigte keine einschlägigen Vormerkungen aufweise, so könne ihm wegen zahlreicher verkehrsrechtlicher Delikte aber auch nicht der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit zugutekommen. Das festgesetzte Strafausmaß erscheine ausreichend, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Im Hinblick auf den im § 28 Abs.1a AZG vorgesehenen Strafrahmen von 1.000 S bis 25.000 S wären die verhängten Geldstrafen ohnedies noch im unteren Bereich des Strafrahmens gelegen und entsprächen auch den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten. Was letztere betreffe, sei davon ausgegangen worden, daß er über ein monatliches Einkommen von 15.000 S verfüge, Hälfteeigentümer zweier Einfamilienhäuser und des Betriebes sei und für seine Gattin und drei Kinder zu sorgen habe.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und in dieser Mangelhaftigkeit des Bescheides wie insbesondere auch unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Hiezu führt er im wesentlichen begründend aus: Den beiden Berufskraftfahrern - im vorliegenden Fall dem Berufskraftfahrer B - wäre es im Zuge des Fahrtauftrages durchaus möglich gewesen, die gesetzlichen Lenkpausen, Ruhezeiten und Einsatzzeiten einzuhalten. Das abgeführte Beweisverfahren hätte auch ergeben, daß die Überschreitungen der Lenk- und Einsatzzeiten keineswegs im Interesse der Firma J OHG erfolgt seien, zumal der Lenker C B, wie dies von der belangten Behörde auf Seite 6 des angefochtenen Straferkenntnisses richtig ausgeführt werde, am 5.10.1996 um 8.05 Uhr am Firmensitz den Sattelanhänger abgehängt habe und anschließend mit dem Zugfahrzeug nach Hause gefahren sei. Alleine aus dieser Vorgangsweise ergebe sich eindeutig, daß die Ladung am 5.10.1996 nicht bei einer Entladestelle eingelangt hätte sein müssen, sodaß logisch und schlüssig nachvollziehbar sei, daß keine Rede davon sein könne, daß dem Fahrer C B von der Beschuldigtenfirma die tägliche Ruhezeit bzw die gesetzlichen Lenkpausen nicht gewährt worden seien. Ebensowenig könne davon die Rede sein, daß der Fahrer B aus Verschulden des Beschuldigten über die zulässige Lenkzeit bzw über die zulässige Einsatzzeit hinaus eingesetzt worden wäre. Es sei vielmehr so, daß die Angaben der als Zeugen vernommenen Lenker C B und K P, wonach sie die Lenkzeiten überschritten und Pausen nicht eingehalten hätten, um nicht erst am Samstagnachmittag sondern bereits am Samstagvormittag zuhause einlangen zu können, in absolutem Einklang mit der Vorgangsweise des C B am 5.10.1996 (abhängen des Sattelanhängers und Heimfahrt mit dem Zugfahrzeug) stehe. Damit sei aber auch eindeutig erwiesen, daß die gegenständliche Normenüberschreitung nicht im Interesse der Firma des Beschuldigten sondern im ausschließlichen Interesse der Fahrer B und P begangen worden seien. Die Vorwürfe, daß den Zeugen die gesetzlichen Lenkpausen nicht gewährt worden wären und die Zeugen über die zulässige Lenk- bzw Einsatzzeit hinaus eingesetzt gewesen seien, bestünden nur dann zu Recht, wenn die Fahrer den Auftrag gehabt hätten, bis 5.10.1996 zu einer bestimmten Uhrzeit bei einer bestimmten Entladestelle einzulangen. Nur diesfalls wäre ihnen von der Firma J OHG eine bestimmte Fahrzeit vorgegeben gewesen und die Zeitüberschreitungen bzw die Nichteinhaltung der gesetzlichen Pause, dem Beschuldigten zuzurechnen. Was nun den Vorwurf anlange, daß ein funktionierendes Kontrollsystem, welches die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten hätte lassen, nicht bestanden habe, weil nach der klaren Aussage des als Zeugen vernommenen Lenkers P nicht einmal neu eingestellte Kraftfahrer entsprechend belehrt worden wären, und es bei nachträglich festgestellten Überschreitungen bloß zu mündlichen Ermahnungen gekommen sei, müsse folgendes entgegengehalten werden:

Der Beschuldigte weise keine einschlägigen Vormerkungen auf, sodaß davon ausgegangen werden könne, daß das bestehende Kontrollsystem (Kontrolle anhand der Tachografenschaublätter und mündliche Ermahnungen der Kraftfahrer bei Verstößen) ein durchaus taugliches sei. So würden Berufskraftfahrer auch die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes kennen und auch einhalten, zumal sie selbst mit verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zu rechnen hätten, wenn sie Lenkpausen, Ruhepausen und Einsatzzeiten nicht dem Gesetz entsprechend einhielten. Im übrigen könne die belangte Behörde selbst nicht darlegen, wie ein funktionierendes Kontrollsystem gestaltet sein müsse. Es gebe auch keine normative Regelung dahingehend, wie ein Kontrollsystem auszusehen habe, sodaß vom Beschuldigten nur verlangt werden könne, daß er die Einhaltung der verfahrensgegenständlichen Normen kontrolliere. Daß dies erfolge, ergebe sich aus dem abgeführten Beweisverfahren und werde auch von der belangten Behörde nicht negiert. Es werde dem Beschuldigten lediglich der Vorwurf gemacht, daß das von ihm eingerichtete Kontrollsystem Normanstöße nicht zur Gänze ausschließe. Die belangte Behörde lege aber in keiner Weise dar, in welcher Art und Weise der Beschuldigte zu kontrollieren hätte, um sich nicht dem Vorwurf eines fahrlässigen Verhaltens aussetzen zu müssen. Insbesondere werde auch in keiner Weise von der belangten Behörde ausgeführt, wie die Unternehmensleitung nach den gegenständlichen Überschreitungen zu reagieren gehabt hätte. Es werde lediglich normiert, daß die erfolgten mündlichen Ermahnungen durch den Disponenten als Reaktion zu wenig seien.

Was den erwähnten Verkehrsunfall betrifft bringt der Beschuldigte vor, daß sich aus den Feststellungen in keiner Weise ergebe, daß die gegenständlichen Überschreitungen zu diesem geführt hätten. Auch aus diesem Grunde erweisen sich die verhängten Strafen als weit überhöht. Anzufügen sei noch, daß die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 21 VStG ebenfalls rechtswidrig erfolgt sei, weil die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis nicht einmal ausführt, wann diese, der Ermahnung zugrundeliegende Verwaltungsübertretung begangen worden wäre.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu Faktum 1) und Faktum 3):

Die objektive Tatseite der diesen Fakten zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen, nämlich der Einsatz des Lenkers C B über die zulässige Lenkzeit bzw über die zulässige Einsatzzeit hinaus, ist aufgrund der Aufzeichnungen in den Schaublättern aus dem EG-Kontrollgerät, deren Richtigkeit auch durch das Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrtechnik bestätigt wurde, als erwiesen anzusehen und werden im übrigen auch vom Beschuldigten nicht in Abrede gestellt. Der Beschuldigte bestreitet nach seinem wiedergegebenen Vorbringen in der Berufung lediglich sein Verschulden am Zustandekommen dieser Lenk- bzw Einsatzzeitüberschreitungen. Diesem Bestreiten ist entgegenzuhalten, daß Ermahnungen seitens des Arbeitgebers an die von ihm beschäftigten LKW-Lenker die Einsatz- und Lenkzeiten einzuhalten, als Maßnahme nicht ausreichen, die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen des AZG bzw der entsprechenden EWG-Verordnungen zu gewährleisten. Dies zeigt sich letztlich darin, als der Beschuldigte in der Berufung vorbringt, bei festgestellten Überschreitungen den Lenkern Ermahnungen ausgesprochen zu haben. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausspricht, reicht die Erteilung von Weisungen und Ermahnungen zur Einhaltung der Vorschriften des AZG alleine nicht aus, wenn deren Befolgung nicht zugleich wirksam und intensiv überwacht wird. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung zum AZG weiters festhält, reichen auch bloß stichprobenartige Kontrollen nicht aus, den Arbeitgeber von seiner Verantwortung für die Einhaltung der Bestimmungen des AZG zu befreien. Der Arbeitgeber ist demnach von seiner Verantwortlichkeit für Verstöße gegen das AZG nur dann befreit, wenn er auf ein entsprechend intensives Kontrollsystem verweisen kann, welches die Einhaltung der AZG-Bestimmungen - sieht man von nicht vorhersehbaren Ereignissen ab - berechtigterweise erwarten lassen kann. Vom Vorliegen eines solchen Kontrollsystems kann im gegenständlichen Fall aber nicht die Rede sein bzw wird ein solches vom Beschuldigten auch gar nicht behauptet. Unter Bezugnahme auf seine entsprechenden Ausführungen in der Berufung ist dem Beschuldigten entgegenzuhalten, daß übereinstimmend mit der Judikatur des VwGH es jedenfalls nicht Aufgabe der Strafbehörde ist, dem Arbeitnehmer darzulegen, wie ein solches Kontrollsystem beschaffen sein muß. Ohne die Schwierigkeiten einer wirkungsvollen Überwachung gerade im Güterbeförderungsgewerbe zu verkennen, steht jedenfalls eines fest, daß die bloße Ermahnung und auch Rügen ohne weitere Sanktionen bei festgestellten Lenk- bzw Einsatzüberschreitungen objektiv gesehen keine solche Maßnahmen darzustellen vermögen, denenzufolge die Einhaltung der AZG-Bestimmungen mit gutem Grund erwartet werden kann. Eine solche Maßnahme könnte beispielsweise die Einführung eines Prämiensystems darstellen, welches Lenker begünstigt, die ihren Einsatz in AZG-konformer Weise vollbringen. Der Umstand, daß die Fahrer nicht nach Kilometerleistung entlohnt würden und daß die Fahrtroute so ausgelegt war, daß Lenk- bzw Einsatzüberschreitungen nicht notwendig gewesen seien, reicht nicht aus, den Beschuldigten aus seiner Verantwortlichkeit für die erfolgten Übertretungen zu befreien. Die zu Faktum 1) und Faktum 3) erfolgten Schuldsprüche sind daher zu Recht ergangen.

In bezug auf das jeweils festgesetzte Strafausmaß ist zunächst festzuhalten, daß jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG, welche die belangte Behörde in ihrer Strafbegründung anführt, vorzunehmen hat. Daß die belangte Behörde den Verkehrsunfall, in den der Lenker Berger involviert war, als Straferschwerungsgrund herangezogen hätte, ist ihren begründenden Ausführungen nach, nicht zu entnehmen. Vielmehr geht aus der Begründung indirekt hervor, daß Erschwerungsgründe nicht zu berücksichtigen gewesen seien, die zahlreichen StVO-Vormerkungen des Beschuldigten hingegen aber dem Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit entgegenstünden (".... aber auch der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zugute"). Aus der Begründung zum Strafausmaß läßt sich keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafbemessung feststellen und erweist sich diese vielmehr als angemessen. Es war sohin auch das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der zu Faktum 1) und Faktum 3) verhängten Strafen zu bestätigen.

Zu Faktum 2): Gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S zu bestrafen. Gemäß Art.8 Abs.2 der Verordnung EWG 3820/85 idF der Berichtigung AB Nr. L206/30/7/86, muß, während jedes Zeitraumes von 30 Stunden, in dem sich mindestens zwei Fahrer im Fahrzeug befinden, jeder von ihnen eine tägliche Ruhezeit von mindestens 8 zusammenhängenden Stunden einlegen. Daß der Beschuldigte dem Fahrer B die gemäß der zitierten Verordnungsstelle einzulegende Ruhepause nicht gewährt hätte, kann aufgrund des Ergebnisses des von der belangten Behörde durchgeführten Beweisverfahrens nicht als erwiesen erachtet werden. Das Tatbestandsmerkmal des "Nichtgewährens" iSd § 28 Abs.1a Z2 AZG ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als ein - vorsätzliches - Nichtbewilligen, Nichtzugestehen, Nichtstattgeben, wie insbesondere im Hinblick auf die den Lenker treffende Verpflichtung zum Einlegen einer Ruhepause, auch ein Nichtermöglichen, zu verstehen. So gaben aber die Lenker B und P übereinstimmend als Zeugen an, daß es ihnen möglich gewesen wäre, nach dem Beladen in Lüttich eine zumindest 6 Stunden lange Ruhepause einzulegen. Sie hätten jedoch darauf verzichtet, um bereits am Samstagvormittag in O einzulangen, was um 8.05 Uhr erfolgte. Der als Zeuge einvernommene Disponent J H gab an, daß die Zusammenstellung der Tour durchaus die Einhaltung einer 8stündigen Ruhepause ermöglicht hätte, allerdings wären die Fahrer nicht schon am Vormittag, sondern erst Samstagnachmittag um ca 15.00 Uhr am Firmenstandort eingelangt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Fahrer bereits am Samstag, den 5.10.1996 vormittags am Firmenstandort hätten einlangen müssen, liegen jedenfalls nicht vor, zumal die Aussagen aller Zeugen als widerspruchsfrei und mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang stehend gewertet werden können. Für die Möglichkeit eines späteren Einlangens als zum Zeitpunkt 8.05 Uhr spricht auch der Umstand, daß beide Fahrer sogleich nachdem sie am Firmenstandort angekommen sind, nach Hause gefahren sind und keine Entladetätigkeit mehr vorgenommen haben. Von diesen Darlegungen abgesehen, erweist sich der zu Faktum 2) ergangene Schuldspruch aber auch als nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG entsprechend. Dies deshalb, weil der Tatvorwurf nur die verba legalia des Nichtgewährens der Ruhezeit enthält, aus ihm jedoch nicht hervorgeht, durch welches konkrete Verhalten, dieses Nichtgewähren der Ruhezeit erfolgt sein soll. Hiedurch wird der Beschuldigte in seinen Verteidigungsmöglichkeiten insofern beeinträchtigt, als er nicht in die Lage versetzt wird, Beweise dafür anzubieten, daß er das ihm angelastete Verhalten, welches zur Tatbildmäßigkeit führte, eben nicht gesetzt hat. Aufzuzeigen ist, daß gemäß Art.15 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 das Unternehmen - und sohin den Beschuldigten - die Verpflichtung trifft, regelmäßig zu überprüfen, ob die Bestimmungen dieser Verordnung - so auch Art.8 Abs.2 - eingehalten werden. Dabei sind bei Zuwiderhandlungen vom Unternehmen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit sich diese nicht wiederholen. Nach dieser Verordnungsstelle wäre der Beschuldigte sohin verpflichtet, auch die Einhaltung der Ruhepausen zu überwachen. Allerdings ist eine Verletzung dieser Verordnungsbestimmung im AZG als Straftatbestand nicht positiviert.

Aus diesen Gründen war in bezug auf Faktum 2) der Berufung stattzugeben und wie im Spruch zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens (Spruchabschnitt II.) ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Hinsichtlich Faktum 2) (Spruchabschnitt III.) ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h Beschlagwortung: bloßes Anführen der verba legalia "... Ruhezeit nicht gewährt", reicht zur Tatkonkretisierung iSd § 44a Z1 VstG nicht aus; Tatvorwurf muß ausweisen, wodurch Ruhezeit nicht gewährt wurde.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum