Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280406/8/KON/Pr

Linz, 16.07.1998

VwSen-280406/8/KON/Pr Linz, am 16. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des H. H., vertreten durch RAe G. L. T. & P.,gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.10.1997, Zl.Ge96-8-1997-Pa, wegen Übertretung des Arbeitnehmer-schutzgesetzes (ASchG) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1, Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Der Beschuldigte, Herr H. H., hat es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. H. Gesellschaft m.b.H., (Fabriksmäßige Ausübung des Sägergewerbes im Standort) zu vertreten, wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 15.1.1997, Zl.1160/5-9/97, hervorgeht, daß am 4.10.1996, gegen 07.30 Uhr, vom Arbeitnehmer Herrn E. B. bei der Keilzinkfräsanlage in der Halle 6 seines Betriebes in die Schutzeinrichtung (Schutzgitter mit Sicherungsschalter) außer Funktion gesetzt wurde und es dadurch zu einem Arbeitsunfall kam, obwohl der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, daß bei der Benutzung von Arbeitsmitteln die für sie geltenden Bedienungsanleitungen einzuhalten sind und die Schutz- und Sicherheitsvorrichtungen bestimmungsgemäß verwendet werden.

Dadurch wurde(n) folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 35 Abs.1 Ziffer 2 und 4 in Verbindung mit § 130 Abs.1 Ziffer 16 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl.Nr.450/1994, i.d.g.F.; Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 5.000,-- 10 Stunden § 130 Abs.1 Ziffer 16 leg.cit." In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung des Beschuldigten hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln, verletzt.

Gemäß § 35 Abs.1 Z1 u. 4 AschG haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, daß bei der Benutzung von Arbeitsmitteln folgende Grundsätze eingehalten werden:

2. Bei der Benutzung von Arbeitsmitteln sind die für sie geltenden Bedienungsanleitungen der Hersteller oder Inverkehrbringer sowie die für sie geltenden elektrotechnischen Vorschriften einzuhalten (Z2).

4. Die Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen sind bestimmungsgemäß zu verwenden.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten (Z4).

Nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle (§ 44a VStG) ist es demnach geboten, im Spruche des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf widerlegen zu können. Dies bedarf im weiteren der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift (§44a Z1 VStG) erforderlich sind. Aus diesem Grund reicht es nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern ist die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

Diesen in § 44a Z1 VStG gründenden Erfordernissen entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses allein schon deshalb nicht, als daraus nicht hervorgeht, aufgrund welchen konkreten Tatverhaltens der Beschuldigte nicht dafür Sorge getragen hat, daß bei der Benutzung des Arbeitsmittels Keilzinkfräsanlage die im § 35 Abs.1 Z2 und 4 angeführten Grundsätze nicht eingehalten wurden. Dieses Sorgen für deren Einhaltung durch den Arbeitgeber ist aber Teil des objektiven Tatbestandes, dessen Vorliegen von der Behörde unter Beweis zu stellen ist. Dadurch, daß dieses, in der Regel ein Unterlassen darstellendes, Tatverhalten im Tatvorwurf nicht näher umschrieben ist, war zum einen dessen Subsumtion unter den gesetzlichen Tatbestand nicht möglich, zum anderen, wird der Beschuldigte dadurch in seiner Verteidigung beeinträchtigt, als es ihm hiedurch nicht ermöglicht wird, Beweise dafür anzubieten, daß er eben die ihm angelastete Unterlassung nicht begangen hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Beschuldigte von sich aus Beweise für eine ausreichende Einschulung des Arbeitnehmers B. an der gegenständlichen Keilzinkfräse vorgelegt hat.

So wäre es im gegenständlichen Fall für eine ausreichende Tatumschreibung erforderlich gewesen, im Tatvorwurf anzuführen, daß der Beschuldigte den Arbeitnehmer E. B. nicht ausreichend für die Bedienung der Keilzinkfräsanlage eingeschult und allenfalls auch die Einhaltung der in der Bedienungsanleitung enthaltenen Vorschriften durch den genannten Arbeitnehmer nicht ausreichend überwacht hat.

Zudem kommt, daß die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Formulierung "......, obwohl der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, daß bei der Benutzung ...." keinesfalls klar zum Ausdruck bringt, daß der Beschuldigte nicht für die Einhaltung der in Z2 und 4 des § 35 Abs.1 leg.cit. angeführten Grundsätze gesorgt hat und mit dieser Formulierung lediglich die verba legalia des Tatbestandes angeführt werden, denen jedoch kein konkretes Tatverhalten subsumiert werden kann.

Aufzuzeigen ist weiters auch, daß der Tatvorwurf nicht in Ansehung aller Tatbestandselemente des § 130 Abs.1 Z16 ASchG erhoben wurde.

Eine Sanierung des Spruches, die allenfalls unter Heranziehung der Begründung des bekämpften Bescheides hätte erfolgen können, war insoferne nicht möglich, weil bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses Verfolgungsverjährung eingetreten war. Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

D r . K o n r a t h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum