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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280411/21/KON/Pr

Linz, 13.10.1998

VwSen-280411/21/KON/Pr Linz, am 13. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der Frau A. L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28.7.1997, Zl.Ge96-109-1996, wegen Übertretungen der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) BGBl.Nr. 340/1994, zuletzt geändert mit BGBl.Nr. 121/1998, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich beider unter Faktum 2 und 3 zur Last gelegten Übertretungen behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Hinsichtlich Faktum 2 erfolgt die Einstellung gemäß § 45 Abs.1 Z1, 2. Fall VStG, hinsichtlich Faktum 3 gemäß § 45 Z3 leg.cit.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält unter Faktum 2 und Faktum 3 nachstehende Schuldsprüche:

Faktum 2: "Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführerin der Firma Pf.l Elektro-Sanitär- und Heizungs GmbH, mit dem Sitz in somit zur Vertretung nach außen Berufene und sohin strafrechtlich Verantwortliche, zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 29.5.1996, um ca. 9.45 Uhr, in , Wasserleitungsbaustelle Weißenbach, neben dem Objekt Waldsiedlung, den Arbeitnehmer P. W., geb. 14.7.1959, mit Rohrmontagearbeiten ohne Sicherheitsschuhe und ohne Schutzhelm beschäftigt hat, obwohl jedem Arbeitnehmer für den durch herabfallende, umfallende oder fortschleuderne Gegenstände oder Materialien, sowie pendelnde Lasten die Gefahr der Kopfverletzung besteht, ist gemäß § 27 (2) BauV ein geeigneter Schutzhelm zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere für Bauarbeiten in Gruben, Gräben und Künetten. Die zweckentsprechende Verwendung ist zu überwachen. Jedem Arbeitnehmer, für den die Gefahr der Fußverletzung durch herabfallende Materialien und Gegenstände besteht, müssen geeignete Sicherheits- oder Schutzschuhe zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt insbesondere für Bauarbeiten in Künetten (§ 28 BauV).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 27 (2) BauV i.V.m. § 130 (1) Z.26 ASchG.

Faktum 3: Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma Pf. Elektro-Sanitär- und Heizungs GmbH, mit dem Sitz in somit zur Vertretung nach außen Berufene und sohin strafrechtlich Verantwortliche, zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 29.5.1996, um ca. 9.45 Uhr, in , Wasserleitungsbaustelle Weißenbach, neben dem Objekt Waldsiedlung, den Arbeitnehmer P. W., geb. 14.7.1959, mit Rohrmontagearbeiten ohne auf der Baustelle zur Ersten-Hilfe-Leistung entsprechende Mittel in ausreichender Zahl in staubdicht schließenden, gekennzeichneten Behältern bereitgehalten zu haben, beschäftigt hat, obwohl gemäß § 31 Abs.1 i.V.m. Abs.2 BauV auf der Baustelle zur Ersten-Hilfe-Leistung gemäß ÖNORM Z 1020 entsprechende Mittel in ausreichender Zahl in staubdicht schließenden, gekennzeichneten Behältern bereitzuhalten sind.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 31 Abs.1 i.V.m. Abs.2 BauV i.V.m. § 130 (1) Z.15 ASchG." Die Begründung der belangten Behörde stützt sich dabei im wesentlichen auf das Ergebnis der Beschuldigteneinvernahme vom 20.9.1996, wonach Faktum 2 nicht bestritten werde und Faktum 3 den Tatsachen entspreche.

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und mit näherer Begründung ihr Verschulden bestritten.

In Entscheidung über die vorliegende Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Zu Faktum 2 (Verwaltungsübertretung gemäß § 27 Abs.2 BauV iVm § 130 Abs.1 Z26 ASchG):

Bezüglich des Tatvorwurfes, wonach der Arbeitnehmer P. W. mit Rohrmontagearbeiten ohne Sicherheitsschuhe und ohne Schutzhelm beschäftigt wurde, "obwohl jedem Arbeitnehmer .... gemäß § 27 Abs.2 BauV ein geeigneter Schutzhelm sowie gemäß § 28 BauV Sicherheits- oder Schutzschuhe zur Verfügung zu stellen sind", ist zunächst festzuhalten, daß aufgrund der Tatsache, daß ein Arbeitnehmer keinen Schutzhelm trägt, deswegen noch nicht feststeht, daß sein Arbeitgeber gegen die Bestimmungen des § 27 Abs.2 und § 28 BauV verstoßen hat. So wäre es nämlich durchaus möglich, daß der Arbeitnehmer die ihm zur Verfügung gestellte Schutzausrüstung (Helm und Arbeitsschuhe) entgegen der ihn gemäß § 69 Abs.3 ASchG treffenden Verpflichtung nicht verwendet hat. Möglich wäre weiters auch, daß der Arbeitgeber entgegen den Bestimmungen der vorzitierten Gesetzesstelle dieses Verhalten des Arbeitnehmers geduldet hätte.

Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers ohne Schutzhelm und Schutzschuhe (§ 27 Abs.2 und § 28 BauV) stellt für sich allein noch keine Verletzung der BauV und Verwaltungsübertretung nach dem ASchG dar, sondern wäre richtigerweise der Beschuldigten das Nichtzurverfügungstellen der Schutzausrüstung anzulasten gewesen. Dies ist aber im angefochtenen Straferkenntnis nicht der Fall gewesen, weil in dessen Schuldspruch die Gebote der §§ 27 Abs.2 und 28 BauV lediglich als rechtmäßiges Alternativverhalten in bezug auf die eigentlich angelastete Tat "Beschäftigung ohne Schutzhelm und ohne Sicherheitsschuhe" angeführt wurde.

Richtigerweise hätte die belangte Behörde allenfalls der Beschuldigten das Nichtzurverfügungstellen eines Schutzhelmes und der Schutzschuhe entgegen den Bestimmungen des § 27 Abs.2 und § 28 BauV als Tat anlasten müssen, wobei gleichzeitig auf das Vorliegen des Tatbestandes gemäß § 27 Abs.1 BauV hinzuweisen gewesen wäre.

Da, wie schon oben ausgeführt, die der Beschuldigten angelastete Tat keine Verwaltungsübertretung gemäß § 27 Abs.2 BauV darstellt, war wie im Spruch zu entscheiden.

Im übrigen ergab auch das unter VwSen-280410 geführte Berufungsverfahren, daß die Beschuldigte für das Geschehen in der Künette am 26.5.1996 keine Verantwortlichkeit trifft.

Zu Faktum 3 (Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.1 iVm Abs.2 BauV):

Gemäß § 31 Abs.1 BauV muß auf jeder Baustelle bei Verletzung oder plötzlichen Erkrankungen Erste-Hilfe geleistet werden können. Nötigenfalls ist der Verletzte oder Erkrankte sofort einer ärztlichen Behandlung zuzuführen.

Gemäß § 31 Abs.2 leg.cit. müssen für die Erste-Hilfe-Leistung gemäß der ÖNORM Z 1020 "Verbandskästen für Betriebe und Einzelschutzräume" vom 1.6.1989 entsprechende Mittel in einer ausreichenden Zahl von staubdicht schließenden Behältern, jederzeit gebrauchsfertig und in hygienisch einwandfreiem Zustand bereitgestellt sein.

Gemäß 31 Abs.9 leg.cit. finden, werden auf einer Baustelle von einem Arbeitgeber weniger als 5 Arbeitnehmer nicht länger als einen Arbeitstag mit Arbeiten mit geringer Unfallgefahr beschäftigt, die Abs.2, 3, 7 und 8 keine Anwendung. Der Arbeitgeber hat jedoch geeignetes Material für die Erstversorgung zur Verfügung zu stellen.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Demnach ist es geboten, die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, daß der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Dies macht weiters erforderlich, im Schuldspruch alle in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale anzuführen, um die Subsumtion des inkriminierten Tatverhaltens unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (§44a Z2 VStG) vornehmen zu können.

Diesem in § 44a Z1 VStG begründeten Erfordernis entspricht der zu Faktum 3 ergangene Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus folgenden Gründen nicht:

Eine Verpflichtung gemäß § 31 Abs.2 (Bereitstellung zur Erste-Hilfe-Leistung entsprechender Mittel gemäß der ÖNORM Z 1020 auf der Baustelle) besteht nur bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs.9 leg.cit., was dann der Fall ist, wenn mindestens 5 Arbeitnehmer länger als einen Tag mit Arbeiten von nicht geringer Unfallgefahr auf einer Baustelle beschäftigt werden.

Dies bedeutet, daß die in § 31 Abs.9 BauV normierten Voraussetzungen Tatbestandsmerkmale der Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.1 iVm Abs.2 BauV iVm § 130 Abs.1 Z15 ASchG darstellen und als solche im Tatvorwurf anzuführen sind.

Diese, die Verpflichtung gemäß § 31 Abs.2 begründenden Voraussetzungen gemäß Abs.9 leg.cit. scheinen jedoch in dem zu Faktum 3 erhobenen Tatvorwurf nicht auf, sodaß eine Subsumtion der angelasteten Tat unter den Straftatbestand nicht möglich ist.

Eine Sanierung des Schuldspruches war wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich. Die Tat wurde für den 26.5.1996 vorgeworfen, die Berufung ist aber erst am 15.12.1997, sohin lange nach Ablauf der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt.

Der Berufung war daher auch bezüglich Faktum 3 Folge zu geben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren wegen mangelnder Verfolgbarkeit einzustellen.

Aufgrund der vorliegenden Verfahrensergebnisse ist die Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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